'Aufbruch' - Seiten 396 - 488

  • Wieder per Prozentrechnung das ungefähre Abschnittsende berechnet. Ich hoffe, dass es so stimmt. :grin


    Es tut mir wirklich Leid, und ich will dem Roman auch kein Unrecht tun, denn es liegt wahrscheinlich an mir, aber ich habe mich in diesem Abschnitt über weite Strecken gelangweilt, leider.


    Nach wie vor ist das Grundproblem, dass Hilla nicht mehr so richtig das eigene Leben lebt, sondern eine Art Scheinleben. War sie einst voller Wissensdurst und Unbefangenheit, so ist sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Selbst ihre ärmliche Bedürftigkeit hat sie, so beschreibt sie es selber, früher, vor der Lichtung, unbefangen vor sich her getragen. Jetzt drückt diese sie und sie schämt sich.
    Ich hatte sehr auf die Veränderungen, die das Studium für sie bringen würde, gehofft...Immerhin kann sie nun wieder lesen, wenn auch nur als eine Art wissenschaftliche Betrachtung und ohne echte Beteiligung des Herzens.


    Seltsam auch der Spaziergang mit dem Vater. Zwischen den Beiden ist eine Fremdheit, die nicht mehr zu überbrücken ist, auch wenn der Vater zu ihr steht und es ihr ermöglichen wird, in Köln zu wohnen, wo sie auch studiert. Es ist zu spät.


    In die Länge zog sich für mich der Besuch bei Maria und die Katalogschau mit den Verwandten, eine reine Frauenrunde.
    In dem Maße, wie auch Hilla innerlich und emotional nicht dabei ist, bin auch ich beim Lesen unaufmerksam und gefühlsmäßig nicht beteiligt.

  • Zitat

    In dem Maße, wie auch Hilla innerlich und emotional nicht dabei ist, bin auch ich beim Lesen unaufmerksam und gefühlsmäßig nicht beteiligt.


    :write :write :write


    Ich wollte eigentlich nur noch fertig werden.


    Vorher hat sie mal geschrieben, das sie ein Buch nur dann gerne liest , wenn sie sich mit der /dem Held/in identifizieren kann.
    Normalerweise hätte ich gedacht , das sie irgendwann wieder kämpft, da sie ja für mich schon eine Kämpferin ist.





    Es ist zwar verständlich, das sie keine Nähe hat zu ihren Vater und das ihr das plötzliche Geständniss zuviel ist, aber irgendwas fehlt da für mich ...

  • Zitat

    Original von Carlinda


    :write :write :write


    Ich wollte eigentlich nur noch fertig werden.


    Es wäre schön gewesen, wenn du früher so weit gewesen wärest zum posten, denn ich war hier ganz schön einsam. :-(



    Zitat

    Vorher hat sie mal geschrieben, das sie ein Buch nur dann gerne liest , wenn sie sich mit der /dem Held/in identifizieren kann.
    Normalerweise hätte ich gedacht , das sie irgendwann wieder kämpft, da sie ja für mich schon eine Kämpferin ist.


    Eine Kämpferin ist sie, das würde ich ihr nicht absprechen. Ich denke, dass ihr eine enge Freundin fehlt oder eine Therapie. Sie muss mit allem allein zurechtkommen, und daran scheitert sie. Immerhin gibt sie nicht das Leben an sich auf.


    Zitat

    Es ist zwar verständlich, das sie keine Nähe hat zu ihren Vater und das ihr das plötzliche Geständniss zuviel ist, aber irgendwas fehlt da für mich ...


    Hier merke ich sehr, dass ich das Vorgängerbuch nicht gelesen habe. Der Bogen zur Vergangenheit, der uns ihrer Beziehung zum Vater hätte besser verstehen lassen, kann so nicht geschlossen werden. Das hat mir schon gefehlt.

    - Freiheit, die den Himmel streift -

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  • Clare, ich stimme dir zu. Ohne das verborgene Wort gelesen zu haben, ist das Buch kaum nachvollziehbar.


    Gerade diese Szene mit dem Vater, in der er von diesem grausamen Stiefvater berichtet, der ihn halb totgeschlagen hat. Schlimm ist nämlich, dass er Hilla in ihrer Kindheit selbst massiv misshandelt hat. Das harmloseste war der Gürtel.... Und hier kann man erkennen, dass da von Seiten des Vaters ganz viel Neid, nicht verarbeitete eigene Erfahrung, Missgunst, im Spiel war. Hier wird für mich die schreckliche Weitergabe von Gewalt deutlich.


    Was Hilla nach der Vergewaltigung durchmacht ist furchtbar. Heute würde man es als psychische Störung einordnen. Sie ist ja schon lange eine Außenseiterin. In der Familie, wo ihr (außer vom Bruder) ja immerzu vorgeworfen wird, dass sie nicht dazugehören will, höher hinaus will. Auch hier muss man eigentlich die schrecklichen Szenen des ersten Buchs vor Augen haben, wo Hilla Hochdeutsch sprechen will, beginnt, mit Messer und Gabel zu essen. Dadurch darf sie nicht mehr dazugehören.
    Und in der Schule gehört sie nicht dazu, weil sie platt spricht. Weil sie sich nicht benehmen kann, wie die anderen.
    Jetzt gehört sie im Dorf nicht mehr dazu. Weil sie aufs Aufbaugymnasium geht. Sie, das Kind eines Proleten.
    Und jetzt kann sie ihre eigenen Gefühle nicht mehr ertragen und deshalb nicht mehr in die geliebte Buchwelt flüchten.
    Ehrlich gesagt ist das für mich kaum zu ertragen und ich kann immer nur kleine Portionen lesen.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Clare, ich stimme dir zu. Ohne das verborgene Wort gelesen zu haben, ist das Buch kaum nachvollziehbar.


    ...Und jetzt kann sie ihre eigenen Gefühle nicht mehr ertragen und deshalb nicht mehr in die geliebte Buchwelt flüchten.
    Ehrlich gesagt ist das für mich kaum zu ertragen und ich kann immer nur kleine Portionen lesen.


    Mit ihrer neuen Unfähigkeit zu lesen ist ihr ihre letzte Zuflucht, die ihr immer sicher war, genommen. Das war wirklich schrecklich zu lesen.
    Und sie entfremdet sich dem Bruder, dem sie ja auch nichts erzählen kann und der ihre Veränderung nicht verstehen kann. Mehr allein kann man vielleicht gar nicht mehr sein.

  • Zitat

    Original von Clare
    ...
    Es tut mir wirklich Leid, und ich will dem Roman auch kein Unrecht tun, denn es liegt wahrscheinlich an mir, aber ich habe mich in diesem Abschnitt über weite Strecken gelangweilt, leider.
    ...


    Das ging mir genau andersherum. :grin


    Zitat

    Original von Clare
    ...
    Nach wie vor ist das Grundproblem, dass Hilla nicht mehr so richtig das eigene Leben lebt, sondern eine Art Scheinleben. War sie einst voller Wissensdurst und Unbefangenheit, so ist sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Selbst ihre ärmliche Bedürftigkeit hat sie, so beschreibt sie es selber, früher, vor der Lichtung, unbefangen vor sich her getragen. Jetzt drückt diese sie und sie schämt sich.
    Ich hatte sehr auf die Veränderungen, die das Studium für sie bringen würde, gehofft...Immerhin kann sie nun wieder lesen, wenn auch nur als eine Art wissenschaftliche Betrachtung und ohne echte Beteiligung des Herzens.
    ...


    Ich finde, Hahn beschreibt diese gebrochene Seele so gut, dass es mich beim Lesen oft schmerzt.
    Hilla wird dieses Erlebnis wahrscheinlich nir verarbeiten können und das tut mir in der Seele weh.


    Zitat

    Original von Clare
    ...
    Seltsam auch der Spaziergang mit dem Vater. Zwischen den Beiden ist eine Fremdheit, die nicht mehr zu überbrücken ist, auch wenn der Vater zu ihr steht und es ihr ermöglichen wird, in Köln zu wohnen, wo sie auch studiert. Es ist zu spät.
    ...


    Das stimmt, für die Vater-Tochter-Beziehung ist es zu spät. Der Vater hat keinen Ausweg aus seiner eigenen Misshandlung gefunden, als diese an die ihm doch so ähnliche Tochter weiterzugeben. Ein altes Muster.
    Ich verstehe den Spaziergang als riesengroße Hand, die der Vater Hilla zur Versöhnung reicht. Die beiden total von der Welt abgekapselten verständigen sich irgendwie. Eine Entschuldigung und einen Dank bekommen beide nicht über die Lippen. Ich dachte in diesem Abschnitt tatsächlich, dass der Vater Hilla wahrscheinlich am ehesten verstanden hätte.
    Auf jeden Fall bietet Köln eine Chance für einen Neuanfang.


    Zitat

    Original von Clare
    ...
    In die Länge zog sich für mich der Besuch bei Maria und die Katalogschau mit den Verwandten, eine reine Frauenrunde.
    In dem Maße, wie auch Hilla innerlich und emotional nicht dabei ist, bin auch ich beim Lesen unaufmerksam und gefühlsmäßig nicht beteiligt.


    Das :write. Dem Roman hatten ein paar beherzte Kürzungen gut getan.


    @ Clare: Es tut mir sehr leid, dass du so einsam gelesen hast. Ich hatte mich einfach auf den 27.12. eingerichtet und mit dem frühen Start nicht gerechnet. :knuddel1

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Regenfisch, ich glaube, Hillas Versuche, dieser Welt zu entkommen waren mit ein Grund für die Misshandlungen und die Probleme mit dem Vater. Sie konnte etwas tun, was ihm nicht gelungen war. Damit konnte er einfach nicht anders umgehen.
    Es ist auf beiden Seiten eine tragische Geschichte.


    Mir ging es auch öfter wie dir - es tut weh, einige Stellen zu lesen.

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    ...
    @ Clare: Es tut mir sehr leid, dass du so einsam gelesen hast. Ich hatte mich einfach auf den 27.12. eingerichtet und mit dem frühen Start nicht gerechnet. :knuddel1


    Ging mir genau so, denn ich hatte auch den Termin Ende Dezember auf dem Schirm. Nun war es halt so.
    Aber du kennst mich ja: Wenn es dran ist, dann ziehe ich es durch. :lache
    So hatte das Ganze für mich schon ein Wenig etwas von einem Monolog.
    Ich glaube allerdings nicht, dass ich meine große Liebe zum Buch entdeckt hätte, wenn wir alle gleichzeitig gelesen hätten. ;-)

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Schade, dass keine von uns das Buch kannte, sonst hätten wir gemeinsam mit dem ersten Band beginnen können. Ich glaube, das hätte schon einiges geändert.


    Doch, ich kenne es. Wir haben es im letzten Jahr im Literaturkreis gelesen. Das war ein ganz toller Abend. Es war ein älteres Ehepaar vom Niederrhein zu Gast, die hatten viel zu erzählen und haben mir die Zeit und die Gegend richtig nahe gebracht.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Auch ich habe diesen Abschnitt fertig und hatte wie andere auch in dieser Leserunde so meine Schwierigkeiten, es zieht sich etwas.


    Hilla leidet logischerweise unter der Vergewaltigung und somit leidet auch ihr Studium darunter. Ich glaube auch nicht, dass sich das so bald bessert.


    Auch das Thema "Vater" wird wahrscheinlich nichts mehr werden, auch wenn er ihr jetzt etwas entgegenkommt, der Zug ist abgefahren.


    Viele Grüße :wave