Das Papierhaus - Carlos María Domínguez

  • Meine Meinung:


    "Bücher verändern das Schicksal der Menschen"


    Oh ja, das tun sie! Aber anscheinend machen sie dies nicht immer nur auf eine positive Art und Weise, wie Emily Dickinson feststellen muss, als sie eines Tages beim Lesen eines Buches ums Leben kommt. Natürlich kann sie selber es nicht mehr feststellen, da sie ja stirbt, aber dennoch verbindet ihre Geschichte das mit anderen Menschen, die die Bücher zum Leben brauchen wie das tägliche Brot.


    Ein paar Tage nach ihrem Tod erhält der Ich-Erzähler des Papierhauses ein Buch, welches mit Mörtelresten verklebt ist und ohne Absender verschickt wurde. Natürlich versucht er, der Absicht dieser Post auf die Schliche zu kommen und macht sich auf den Weg nach der Lösung, die immer mehr zur Obsession wird.


    Gibt es wirklich irgendwo da draußen in dieser Welt einen Menschen, der Bücher so sehr liebt, dass er sich sogar ein Haus aus dessen Papier gebaut hat? Und gibt es wirklich Menschen, die ihre Bücher nachts neben sich so ins Bett legen, dass sie einen Körper darstellen? Lest dieses Buch und Ihr werdet es erfahren.


    Ein kleines Buch mit der Liebe zu mindestens einer Million Büchern innendrin. Es liest sich, als würde man fast Angst haben, es würde keine Bücher mehr auf dieser Welt geben und dennoch ruht im Leserherz das Wissen, dass alle Bücher dieser Welt nur darauf warten, gelesen zu werden.


    Ich liebe generell Bücher, in denen es um Bücher geht und dieses ist eines davon!

  • Das Papierhaus
    "La casa de papel", 2004

    Übersetzung aus dem Spanischen: Elisabeth Müller, 2004
    Meine Rezension bezieht sich auf die Ausgabe
    Eichborn, ISBN: 978-3821857305


    Dass Bücher ein Eigenleben besitzen, wissen wir nicht erst, seit Walter Moers uns in der Stadt der traumenden Bücher mit Büchern der ganz besonderen Art bekannt gemacht hat. Nein, der ein oder andere ahnt es wohl auch schon beim Anblick der eigenen liebgewonnenen Bibliothek, beim Stöbern in Antiquariaten, dass diese Bücher eine Lebensgeschichte besitzen. Welcher Büchernarr kennt sie nicht, die vorlauten Bücher in der Buchhandlung, die sich einem förmlich aufdrängen, die einen so lange rufen, bis man nachgibt?


    Aber Bücher sind nicht nur harmlos. Sie können verführen, süchtig machen, Anlass für Diebstahl und Mord sein. Und Bluma Lennon, Hispanik-Dozentin in England, stirbt an einem, an Emily Dickinsons 'Poems' um genau zu sein. Natürlich ist es nicht das zweite Sonett, dass sie in den Tod katapultiert, sondern das Auto, das sie während des Lesens nicht gesehen hat, aber das klingt gleich viel banaler. Und banal möchte dieses Buch nicht sein.


    Es beschwört Bilder, die bei jedem Bücherliebhaber ein Schmunzeln hervorrufen, es jongliert ein wenig mit Namen der Weltliteratur, präsentiert die Spezies des distinguierten Büchersammlers wie die des manischen Büchernarren und liefert die ein oder andere Erkenntnis über den Stellenwert der Bücher in unserem Leben.


    Handlungstechnisch kann es nur wenig vorweisen, es plaudert ein wenig herum, die Handlung ist vielleicht an sich tatsächlich ein wenig banal. Da stirbt eine Dozentin, und ihr Kollege findet daraufhin einen Brief mit einem zementverdreckten Buch, dessen Herkunft er ergründen möchte, was ihn zu der Lebensgeschichte und dem Unheil des Büchernarren Carlos Bauer und dessem seltsamen Häuschen am Strand führt.


    Die Handlung steht aber nicht im Vordergrund und schon auf der ersten Seite wird ein wenig von ihr abgewichen, die ein oder andere Anekdote angerissen. Denn all diese kleine Gedankengänge, einzelne Bilder machen die Stärke des Buches aus. Bluma ist schnell vergessen, verschwindet für lange Zeit aus den Gedankengängen, die sich lieber damit beschäftigen, ob uns die Bücher nicht überrollen oder überfordern.


    Ähnlich wie ich mich von Neuerscheinungen jedes Jahr wieder überrollt sehe, muss sich Carlos Brauer angesichts seiner eigenen Büchersammlung gefühlt haben, nur dass es bei ihm sehr viel schlimmer ist. Wie soll er sie ordnen, diese Tausende von Büchern? Nach Verweisen, welches Buch passt zu welchem? Wird er sie je alle lesen können? Bücher als Bedrohung, vielleicht als Zwang, ein wenig kenn ich das auch, wenn ich mir bewusst mache, wie lange ich dafür bräuchte, mein RuB abzulesen...


    Schwachpunkt und Stärke zugleich sind die einzelnen Bilder, die diese Geschichte beschwört. Carlos' Haus in den Dünen und sein Untergang gehören dazu. Oder die Bücherkartei, die in Flammen steht, wie ein Gedächtnis, das eine böse Laune ausradiert hat. Aber die Verbindung dieser Elemente wird bald schon dem Vergessen anheim fallen. Der Erzähler der Geschichte, Blumas Tod sind nicht so bedeutsam, trotz detail-liebkosender Sprache geht ihnen die Bedeutung und mein Interesse daran verloren. Schade eigentlich, aber da wurde etwas verschenkt. Es fehlt diesem Buch das besondere 'Etwas', das Büchern die eigene Geschichte und die eigene Stimme verleiht.


    Nichtsdestoweniger hat mir das Buch gefallen, vom Cover bis zur schönen, wenn auch leicht überflüssigen Karte, von der ersten bis zur letzten Seite, enthält das Buch schöne, feine Gedankengänge, die doch in Teilen ähnlich ungeordnet wie Brauers Bibliothek erscheinen und eine Bücheratmosphäre, wie sie in gemütlichen alten Antiquariaten anzutreffen ist. So überragend, wie sie angepriesen und ausgezeichnet wurde, ist diese kleine Erzählung allerdings nicht.


    7/10 Pkt.


    :wave bartimaeus


    Edits: Fehlerkorrektur, Link nachgetragen

  • Auch ich habe dieses Büchlein an einem Nachmittag durchgelesen.
    Zuerst ist mir die Aufmachung aufgefallen - ein kleines feines Taschenbuch mit einer schönen Karte, nett gestaltet.


    Dann hat mich natürlich das Thema gereizt, jeder Bücherfan liest ja gerne Bücher über Bücher.


    Ich fand es ganz nett so für zwischen durch - mein Lieblingsbuch wird es aber sicherlich nicht.
    Die Überlegungen und Ausführungen über Bücherleidenschaft fand ich sowohl spannend wie auch erschreckend, ja, auch Bücher können einen wahnsinnig machen.
    Dennoch fand ich das Geschichtchen darum herum zu konstruiert, zu gewollt. Mich hat das Buch mit einem Stirnrunzeln zurück gelassen, letztendlich wurde hier nicht viel erzählt. Klar, das Buch ist nicht lang, viel Geschichte passt da nicht hinein. Diese Geschichte würde aber auch auf ein Post-It passen und bleibt, meines Empfindens nach zu fragmenthaft.


    Ich vergebe 5 von 10 möglichen Punkten.


    Gerne lasse ich das Büchlein bei Interesse wandern! :wave

  • Für mich ist das eine kleine Buchperle, die ich aufbewahren möchte, um sie später noch einmal genießen zu können.


    Vermutlich ist es ein wenig narzißtisch, wenn der Bibliomane (also ich) genüßlich über die Macken und Eigenarten anderer im Bezug auf Bücher kaufen schwelgt. In vielem konnte ich mich wiederfinden; manchmal bekam ich allerdings auch ein wenig Angst. :grin


    Manchmal ist es einfach schön, wenn man Sätze liest, die einem selber im Kopf herumschwirren, oder Empfindungen beschrieben werden, die man selber fühlt, aber für die man keine klaren Worte finden kann.


    Allerdings habe ich keine 18.000 Bücher in meinem Haus. Nicht einmal annähernd.


    8 Punkte von mir (und vielen anderen, wie ich sehe).

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“