'Adams Erbe' - Seiten 301 - Ende

  • Ich habe das Buch gerade beendet und es hat mich ziemlich mitgenommen. Das muss ich erst einmal sacken lassen und dann werde ich morgen noch etwas ausführlicher zu den einzelnen Abschnitten etwas schreiben. Ich kann aber jetzt schon sagen, dass ich sehr froh bin, es über die Querbeet-Runde für mich entdeckt zu haben. Das ist eines der Bücher, die ich sicherlich nochmal lesen werde. "Elsa Ungeheuer" habe ich mir auch schon bestellt.

  • In diesem Abschnitt hat sich auch mein Eindruck von Adam völlig geändert. Er ist weder zurückgeblieben noch geistig minderbemittelt sondern schlicht und einfach anders.
    Vielleicht bekäme er heute ein "ADHS" diagnostiziert.


    Seine Zeit in Polen zeigt jedenfalls, dass er ein ernsthafter und liebenswerter junger Mann ist, der nicht mit dem Strom schwimmt und sich erlaubt, seine eigene Meinung zu haben.
    Auch wenn er sie nicht immer zeigen darf.


    Eigene Szenen mit Herakles sind herzzerreißend. Ein Kind, das Blumen nicht kennt, sondern meint, sie seien aus Papier. Man kann kaum schöner symbolisieren, was diesen Menschen genommen worden ist.

  • Hier haben wir wieder diesen Gegensatz der harten Realität, der Grausamkeit und Greueltaten dieser Zeit und dann dieser "eigene Raum", diese Wohnung, die sich diese vier so unterschiedlichen Menschen im Ghetto teilen. Dieser Abschnitt ist voll mit Gedanken, auch schönen Momenten und so viel Schmerz.


    Die Dialoge in diesem Teil fand ich sehr intensiv und voller Wahrheiten, die mich sehr berührt haben. Ein Bespiel dafür (aber es gibt noch viele andere):


    Zitat

    „Aber ich hoffe, dass man nicht vergessen wird, dass es Menschen waren, die uns vertrieben haben, dass es Menschen waren, die dieses Ghetto errichtet haben, dass es Menschen sind, die da draußen schießen, dass es Menschen sind, die diese Züge in Bewegung setzen. (...)
    Es gibt höhere Gewalten, Orkane und Erdbeben. Aber was wir hier erleben, ist keine Naturkatastrophe, sondern das Werk von Menschen."


    Ein wenig makaber ist natürlich die Vorstellung, dass das Adams Geschichte mithilfe von Puppen aus Lumpen gerettet wurde. Ähnlich dem, womit Eduard sein Geld verdient. Die ihm nachgesagte Ähnlichkeit mit Adam im negativen Sinne, wandelt er selbst mit dem Besuch bei Anna in etwas Positives um. Am Ende besteht für ihn so die Hoffnung seinem Leben einen Sinn zu geben. Wie sehr es doch manchmal hilft, seine eigenen Wurzeln zu entdecken. Seine Mutter konnte ihm keine geben, sein Vater war nie präsent, seine Kindheit mehr als chaotisch. Erst die Beschäftigung mit Adams Geschichte, seiner Urgroßmutter und auch seinem Großvater Moses erdet ihn. Das ist ein sehr hoffnungsvolles Ende für so eine traurige Geschichte.

  • Fast ein wenig beängstigend, diese Zusammentreffen, findest du nicht auch? Gerade das mit den Puppen.


    Und für Moses doppelt schade, dass er Adams Geschichte nie gelesen hat. Ich glaube nämlich doch, dass es ihm geholfen hätte. Zu wissen, dass sein Bruder kein nutzloser, leichtfertiger Geselle war. vielleicht hätte er sogar seine eigene Großmutter besser verstanden. Und hätte sich mit ihrer Entscheidung, in Berlin zu bleiben, versöhnen können.

  • Mich hat das Buch auch sehr berührt, vor allem auch dieser letzte Abschnitt mit Adams Zeit im Ghetto.


    Die Paralelle mit den Puppen ist mir beim Lesen gar nicht so bewusst geworden, aber es ist wirklich fast ein bisschen makaber.


    Ich denke auch, für Moses wäre es ganz, ganz wichtig gewesen, Adams Erinnerungen zu lesen, ich glaube auch, dass ihm das sehr geholfen hätte.

  • Zitat

    Original von Saiya
    Ich habe das Buch gerade beendet und es hat mich ziemlich mitgenommen. Das muss ich erst einmal sacken lassen und dann werde ich morgen noch etwas ausführlicher zu den einzelnen Abschnitten etwas schreiben. Ich kann aber jetzt schon sagen, dass ich sehr froh bin, es über die Querbeet-Runde für mich entdeckt zu haben. Das ist eines der Bücher, die ich sicherlich nochmal lesen werde. "Elsa Ungeheuer" habe ich mir auch schon bestellt.


    Das geht mir ganz genauso. Ein ganz wundervolles Buch.
    Im letzten Abschnitt habe ich Rotz und Wasser geheult.
    Nach wie vor finde ich die Mischung aus Traurigkeit und Liebe so genial geschrieben. Ich bin ganz voll gerade. Das klingt zwar doof, ist aber so.
    "Elsa ungeheuer" liegt hier auch schon Vielleicht schaffen wir es, es zusammen zu lesen?
    Es gab schon eine Leserunde bei den Eulen dazu.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Regenfisch, das wäre schön. Ich lese das Buch sehr gern mit dir gemeinsam. :wave


    Ich bin gestern beim "Zappen" bei Markus Lanz hängen geblieben, als er mit dem Holocaust-Überlebenden Noah Klieger gesprochen hat. Ich habe bei diesem Gespräch ständig an Adams Zeit im Ghetto denken müssen und vor allem Uch an das obige Zitat. Denn es ging in diesem Gespräch auch darum, wie unbegreiflich es bis heute ist, dass Menschen Menschen so etwas antun konnten.

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Nach wie vor finde ich die Mischung aus Traurigkeit und Liebe so genial geschrieben. Ich bin ganz voll gerade. Das klingt zwar doof, ist aber so.


    Klingt überhaupt nicht doof, genau so fühlt es sich an!


    Die Geschichte und ihre Figuren füllen einen dermaßen aus, dass man am Ende gar nicht weiß, was man dazu und darüber schreiben soll.
    Ich habe jetzt ein paar Tage Abstand gewonnen und versuche mich mal mit ein paar Eindrücken.


    Der kleine Herakles und sein Schicksal - stellvertretend für viele kleine Kinder, die nichts anderes kennenlernen durften als das trostlose Ghetto-Leben.
    Adam konnte ein kleines bisschen Licht und Liebe in sein trauriges Dasein bringen. Ich fand es unglaublich berührend, wie sehr er sich in den Kleinen einfühlen konnte. Wie er ihm flott ein passendes Paradies kreiert (S. 334), weil ihm das herkömmliche einfach nur Angst macht - großartig.


    Es wird ja lange gerätselt in der Familie und in Adams Kindheit und Jugend, wozu er wohl taugen könnte - am Ende bin ich zu dem Schluss gekommen, es ist die Liebe. Zu Anna, für die er letztlich sein Leben gibt, aber auch zu all seinen Mitmenschen, jedem hat er etwas zu geben.

  • Das hast du sehr schön ausgedrückt, Lumos! Genauso empfinde ich dieses Buch auch. :anbet


    Adam taugt zur Liebe- das ist ein wundrebarer Schlussgedanke.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Das hast du sehr schön ausgedrückt, Lumos! Genauso empfinde ich dieses Buch auch. :anbet


    Adam taugt zur Liebe- das ist ein wundrebarer Schlussgedanke.


    Oh ja, da stimme ich zu!
    Ich hatte das Buch noch Freitag ausgelesen, hatte dann aber kein Internet mehr.
    Naja, mich hat das Buch auch sehr berührt und mitgenommen. Irgendwie war das Buch mal was ganz anderes, als die, die ich sonst zum Thema Holocaust und NS-Zeit gelesen habe.
    Wirklich ein ganz tolles Buch, das es überhaupt nicht verdient hatte, solange ungelesen bei mir zu liegen! Und von der Autorin würde ich auch noch mehr lesen. Ich fand ihren Schreibstil großartig.