'Naokos Lächeln' - Seiten 135 - 242

  • Dieses Kapitel weckt mich doch ein wenig auf.
    Die handelnden Personen zeigen deutlich mehr Persönlichkeit. Torus Fahrt in die abgeschiedene Klinik nimmt das Thema seiner Lektüre gerade sehr schön auf.
    Reiko finde ich - obwohl scheinbar freundlich und aufmerksam - ein wenig übergriffig. Schließlich ist sie eine Patientin wie Naoko auch.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Dieses Kapitel weckt mich doch ein wenig auf.
    Die handelnden Personen zeigen deutlich mehr Persönlichkeit. Torus Fahrt in die abgeschiedene Klinik nimmt das Thema seiner Lektüre gerade sehr schön auf.
    Reiko finde ich - obwohl scheinbar freundlich und aufmerksam - ein wenig übergriffig. Schließlich ist sie eine Patientin wie Naoko auch.


    Ich muss leider sagen, dass mich die nüchterne, ja fast kalte Art, wie alle die jungen Leute über Sex und ihre sexuellen Handlungen sprechen, sehr befremdet. Für mich hat das nichts mit unverklemmt zu tun, das ist einfach nur traurig.
    Reiko kann ich schwer einschätzen, aber ich gebe dir Recht, dass sie ein wenig übergriffig ist.


    Ich werde nicht warm mit dem Roman, kann es im Moment aber schwer in Worte fassen. Die Figuren und die Geschichten, die sie zu erzählen haben, sind nicht schön, nicht hässlich, nicht gut, nicht schlecht - einfach nur kühl und von einer unpersönlichen Distanz.

  • Clare, ich hatte zweitweise den Eindruck, es ginge bei Sex nicht um Lust und Leidenschaft, sondern um eine Art hygienische Vorsichtsmaßnahme. Mich hat das auch ein wenig erschüttert.
    Mit Reiko habe ich mich inzwischen angefreundet. Es scheint das Prinzip dieser Klinik zu sein, den Patienten viel Freiheit zu lassen.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Clare, ich hatte zweitweise den Eindruck, es ginge bei Sex nicht um Lust und Leidenschaft, sondern um eine Art hygienische Vorsichtsmaßnahme. Mich hat das auch ein wenig erschüttert.
    Mit Reiko habe ich mich inzwischen angefreundet. Es scheint das Prinzip dieser Klinik zu sein, den Patienten viel Freiheit zu lassen.


    Ich kann dir nur zustimmen. Mein Eindruck war auch, dass es eher um körperliche Ertüchtigung geht, wie Frühsport oder abendliches Joggen, um gesund zu bleiben, als um Lust und Intimität schon gar nicht. Die Geschichte, die Reiko Toru von ihrer Klavierschülerin erzählt, hat mich komplett aus dem Buch geschleudert. Es ist besonders die Art, wie es erzählt wird, die mich, ich muss es leider so sagen, abstößt. Ist das Absicht? Sicherlich. Reden und gehen Japaner wirklich so miteinander um, auch Eheleute untereinander?

  • Da kann ich nur sagen, keine Ahnung, mangels Kenntnissen.
    Allerdings gibt es auch hier bei uns äußerst seltsame Paare. Mir erscheint aber eher der Freund von Midori äußerst absonderlich. :-(


    Abstoßend fand ich Reikos Erzählung nicht, sie hat vor allem Kopfschütteln ausgelöst. Mir geht es im Gegenteil so, dass ich in diesem Abschnitt merke, dass es sich tatsächlich um lebende Wesen handelt, die Gefühle haben, die irgendwas tun. Auch wenn ich nicht alles nachvollziehen kann.
    Dennoch bleibt immer ein sehr trauriger, fast hoffnungsloser Unterton. Definitiv kein Buch für melancholische Zeiten.


    edit ergänzt noch:
    Überhaupt bemerke ich, dass mich das Buch nicht nur traurig macht, sondern regelrecht sprachlos. So als wäre die Stimmung im Buch ansteckend.
    Auch Eltern und Kinder scheinen kaum eine Beziehung zueinander zu haben. Genauso verblüffend finde ich, wie zwei junge Männer monatelang im gleichen Zimmer leben und schlafen, ohne sich auch nur im mindesten für den anderen zu interessieren.

  • Je länger ich das Buch lese um so besser gefällt es mir. Ich kann es nicht genau in Worte fassen. Aber zum einen Teil empfinde ich mich als einen außenstehenden Betrachter, der sich über die Einsamkeit und Nüchternheit der Personen im Buch wundert, aber zum anderen Teil empfinde ich auch einzelne Szenen richtig intensiv mit. Zum Beispiel als Naoko in der Nacht zu Torus Bett kommt und sich für kurze Zeit ihr Nachthemd auszieht. Ich habe wirklich gedacht ich wäre mit ihm Zimmer und könnte ihren schönen Körper im Mondlicht sehen. Sie selber scheint dabei anscheinend gar nicht wirklich wach gewesen zu sein, nachdem sie sich am nächsten Tag nicht daran erinnern kann.


    Naoko tut mir sehr leid. Wenn man in diesem Abschnitt erfährt, dass sich auch ihre ältere Schwestern das Leben genommen hat und Naoko sie sogar dabei gefunden hat ist es nicht verwunderlich, dass sie psychisch so angeschlagen ist. Sie musste in ihren jungen Jahren dann schon zwei Verluste von ihr so engstehenden Menschen miterleben. Und sie scheint auch von ihren Eltern keinen richtigen Trost zu bekommen. Auf jeden Fall erfährt man über ihre Eltern gar nichts, ob sie mal zu Besuch kommen zum Beispiel.


    Mit Reiko hatte ich auch am Anfang ein paar Probleme, sie kam mir eher wie eine Verantwortliche in diesem Heim vor und nicht wie eine Patientin. Aber jetzt zum Ende dieses Abschnittes mag ich sie eigentlich ganz gerne.


  • Eigentlich ging es mir sehr ähnlich wie dir, und doch übte das Buch eine große Faszination auf mich aus.
    Genau das ließ mich nicht aufhören zu lesen.
    Und das ist doch nicht das schlechteste, was man über einen Roman sagen kann.

  • Bis jetzt habe ich die Erzählsweise ja immer so empfunden, als würde Toru mit einigen Jahren Abstand als Erwachsener auf seine Vergangenheit zurückblicken. Hier in diesem Abschnitt hat sich das etwas verändert. In dieser doch etwas skurillen Klinik, habe ich das Gefühl ganz dicht dabei zu sein. Mein "Kopfkino" hat sozusagen klarere Farben und wirkt nicht so blass wie Torus vorherige erzählte Erinnerungen. Dafür versinkt die "Außenwelt" in einem Nebel.
    Ich kann Torus Verwirrung nach seiner Rückkehr gut nachvollziehen.


    Ähnlich wie im vorherigen Abschnitt bei Midori, kann ich im Moment Reiko und ihre Geschichte nicht wirklich einschätzen. Einerseits geht es mir wie Toru und ich finde sie sympathisch. Andererseits empfinde ich ihre vereinnahmende Art als unangenehm.


    Ob Naoko in dieser Abgeschiedenheit wirklich so gesund werden kann, dass sie in der realen, hektischen Welt stabil wird leben können? Ich bezweifle das.

  • Reiko tut mir so leid. Sie lebt in ihrer abgeschlossenen Welt und traut sich nicht raus. Aber scheinbar hilft sie Naoko sehr. Die beiden sind ein gutes Team - zumindest nach außen. Ich bin mal gespannt, ob sich das als etwas anderes entpuppt.


    Den Besuch im Heim fand ich sehr interessant und habe mich gefragt, ob es wirklich solche Erholungsheime gibt. Kennt jemand sowas? Ich habe mich noch nie damit befasst.


    Zitat

    Original von Clare


    Ich werde nicht warm mit dem Roman, kann es im Moment aber schwer in Worte fassen. Die Figuren und die Geschichten, die sie zu erzählen haben, sind nicht schön, nicht hässlich, nicht gut, nicht schlecht - einfach nur kühl und von einer unpersönlichen Distanz.


    Ich glaube, bei dem, was sie erlebt haben - Naoko hat immerhin schon zwei geliebte Menschen begraben müssen (ich hoffe, ich habe jetzt nicht gespoilert) - können sie einfach nicht anders. Ich mag das Buch allerdings total gern. Ohne es zu merken bin ich immer total gefesselt. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass es mir gelesen genauso gehen würde. Ich bin froh, dass ich mich für das Hörbuch entschieden habe.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Da kann ich nur sagen, keine Ahnung, mangels Kenntnissen.
    Allerdings gibt es auch hier bei uns äußerst seltsame Paare. Mir erscheint aber eher der Freund von Midori äußerst absonderlich. :-(


    Ja, den empfinde ich auch als total seltsam. Ob wir ihn noch kennen lernen werden? Es muss ja dann auch noch einen Grund geben, warum Midori immer wieder die Nähe zu Toru sucht.


    Zitat

    Original von Saiya


    Ob Naoko in dieser Abgeschiedenheit wirklich so gesund werden kann, dass sie in der realen, hektischen Welt stabil wird leben können? Ich bezweifle das.


    Ich glaube da auch nicht dran. Es war ja für Toru schon viel zu viel wieder in die normale Welt zurück zu kommen. Und er war nur drei (?) Tage da. Als Hörer fand ich das auch irgendwie seltsam. Die Stimmung in dieser Klinik kam daher wirklich so rüber, wie der Autor es rüber bringen wollte. Zumindest für mich.

  • Wenn man es sich leisten kann, findet man solche Kliniken auch heute und hier. Nur die zahlt die Krankenkasse eher nicht.
    Der Einwand, ob es denn sinnvoll ist, jemanden auf Dauer so vor der Welt zu verstecken und abzusondern, ist schon berechtigt. Für eine kurze Zeit ist das eine gute Sache, damit jemand mal Abstand gewinnen kann. Aber für Monate?

  • Ich bin gerade total verwirrt.
    Ich habe diese "kleine" Ausgabe des Buches aus dem btb-Verlag. Das 7. Kapitel endet bei mir auf Seite 331.
    Würde mir bitte jemand den letzten Satz des Abschnittes schreiben?
    Das wäre super. :kiss

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Saiya
    Letzter Satz, Kapitel 7, bitteschön. :-)


    Danke! :knuddel1
    Die Seitenzahlen weichen ganz schön doll ab.


    Mir gefällt das Buch ausgesprochen gut.
    Erstaunlich finde ich, wie viele Gefühle Murakamis nüchterner Schreibstil in mir auslöst.
    Sehr gelungen finde ich auch die Gegensätze, mit denen er arbeitet. Die geradezu leichte und beschwingte Stimmung zum Beispiel in dem Kapitel, als Toro zum Sanatorium wandert. Er weiß nicht, was auf ihn zukommt, in welcher Verfassung Naoko ist. Diese Wanderung hat mich sehr an "Aus dem Leben eines Taugenichts" erinnert.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    ...
    Reiko finde ich - obwohl scheinbar freundlich und aufmerksam - ein wenig übergriffig. Schließlich ist sie eine Patientin wie Naoko auch.


    Reiko finde ich eine ganz faszinierende Figur. Übergriffig finde ich sie nicht, eher ein wenig forsch und klar in dem, was sie will. Ihre Funktion ist mir noch nicht ganz klar, aber die Geschichte mit der Klavierschülerin har mich doch sehr bewegt.
    Kennt ihr das auch, dass sich so richtig intrigante Personen mit ihrem Lügengebilde durchsetzen? Mir ist das auch einmal in der Schule passiert und ich erinnere mich sehr gut, wie demütigent das war und wie hilflos ich mich gefühlt habe.
    Reiko hat ihre Familie aufgegeben. Ist das selbstlos oder egoistisch? Schließlich wächst ihr Kind ohne sie auf.


    Zitat

    Original von Clare
    ...
    Ich muss leider sagen, dass mich die nüchterne, ja fast kalte Art, wie alle die jungen Leute über Sex und ihre sexuellen Handlungen sprechen, sehr befremdet. Für mich hat das nichts mit unverklemmt zu tun, das ist einfach nur traurig.


    Die erste Sexszene im ersten Abschnitt zwischen Naoko und Toro habe ich auch so empfunden. Im Nachhinein sehe ich die Szene jetzt anders. Naoko empfindet in diesem Moment eine überwältigende Trauer um Kuzuki. So gesehen dominiert hier nicht Leidenschaft und Erotik, sondern eben die Trauer um den Freund.


    Die nächtliche Szene im Sanatorium ist sehr zärtlich geschrieben.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Clare
    .... Die Geschichte, die Reiko Toru von ihrer Klavierschülerin erzählt, hat mich komplett aus dem Buch geschleudert. Es ist besonders die Art, wie es erzählt wird, die mich, ich muss es leider so sagen, abstößt.
    ...


    Die Szene hat mich eher in das Buch gezogen. Die Absicht des kleinen Luders war ja klar und dennoch war die Erotik dieser Szene durch und durch spürbar, aufgeheizt durch die Atmosphäre des Verbotenen. Genauso empfindet es Reiko ja auch. Sie verbietet sich, Lust zu empfinden und kommt bie heute mit diesem Gefühl nicht klar. Ich habe mich gefragt, ob diese NEtscheidung richtig war. Vernünftig sicherlich und auch den gesellschaftlichen Normen entsprechend. Aber für ihre Entwicklung? Vielleicht ginge es ihr heute besser, wenn sie sich eine Liebhaberin gönnen würde.


    Zitat

    Original von Clare
    ...
    Ist das Absicht? Sicherlich. Reden und gehen Japaner wirklich so miteinander um, auch Eheleute untereinander?


    Keine Ahnung, ich kenne keine Japaner. Schade eigentlich. :-(


    Zitat

    Original von Rouge
    Je länger ich das Buch lese um so besser gefällt es mir. Ich kann es nicht genau in Worte fassen. Aber zum einen Teil empfinde ich mich als einen außenstehenden Betrachter, der sich über die Einsamkeit und Nüchternheit der Personen im Buch wundert, aber zum anderen Teil empfinde ich auch einzelne Szenen richtig intensiv mit. Zum Beispiel als Naoko in der Nacht zu Torus Bett kommt und sich für kurze Zeit ihr Nachthemd auszieht. Ich habe wirklich gedacht ich wäre mit ihm Zimmer und könnte ihren schönen Körper im Mondlicht sehen. Sie selber scheint dabei anscheinend gar nicht wirklich wach gewesen zu sein, nachdem sie sich am nächsten Tag nicht daran erinnern kann.
    ...


    Ich lese deinen Beitrag erst jetzt, Rouge. Genauso empfinde ich die Szene auch.


    Zitat

    Original von Rouge
    ...
    Naoko tut mir sehr leid. Wenn man in diesem Abschnitt erfährt, dass sich auch ihre ältere Schwestern das Leben genommen hat und Naoko sie sogar dabei gefunden hat ist es nicht verwunderlich, dass sie psychisch so angeschlagen ist. Sie musste in ihren jungen Jahren dann schon zwei Verluste von ihr so engstehenden Menschen miterleben. Und sie scheint auch von ihren Eltern keinen richtigen Trost zu bekommen. Auf jeden Fall erfährt man über ihre Eltern gar nichts, ob sie mal zu Besuch kommen zum Beispiel....


    Selbstmord, Tod und der Kampf ums Weiterleben ist im Moment der rote Faden, der sich durch dieses Buch zieht.
    Ich weiß nicht, ob man so ein traumatisches Erlebnis je ganz verarbeiten kann. Und dann kommt es für Naoko doppelt. Während des Lesens muss ich ganz oft an den deutschen Titel denken und wann ein Lächeln auf Naokos Gesicht erscheint. Wenn auch sie endlich sterben darf? Dieser Gedanke shcießt mir immer wieder durch den Kopf.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Saiya
    ...
    Ob Naoko in dieser Abgeschiedenheit wirklich so gesund werden kann, dass sie in der realen, hektischen Welt stabil wird leben können? Ich bezweifle das.


    Darüber habe ich auch nachgedacht. Diese Klinik wirkt wie ein paradiesischer Ort, total von der Welt entrückt. Auf der anderen Seite scheint die Kombination aus geregeltem Tagesablauf, Aufgaben, Wohngruppen, Arbeitsgemeinschaften ja irgendwie zu funktionieren. Und das ohne Beruhigungsmittel und Psychopharmaka.


    Ich frage mich auch, warum die Patienten nicht wieder zurück kehren dürfen, wenn sie einmal draußen waren. Gibt es noch ein Geheimnis?

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin