Drei Tage und ein Leben [Trois jours et une nuit] - Pierre Lemaitre

  • Trois jours et une nuit
    Pierre Lemaitre


    Verlag Albin Michel, 2016
    279 Seiten
    ISBN 978-2226325730


    Der Autor


    Pierre Lemaitre hat mehrere Thriller veröffentlicht. Sein bisher größter Erfolg war der Roman: Auf Wiedersehen dort oben, für den er mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde.


    Inhalt und meine Meinung


    Antoine ist ein zwölfjähriger Junge, der mit seiner Mutter in einer kleinen Gemeinde lebt. Bei seinen Altersgenossen ist er ein Außenseiter, er zieht sich gerne in die Wälder zurück und spielt häufig mit dem kleinen Nachbarsjungen Remy und dessen Hund.
    Eines Tages wird der Hund von einem Auto angefahren und so schwer verletzt, dass Remys Vater das Tier erschießt. Vor den Augen der Kinder.
    Antoine gerät darüber so außer sich, dass er am nächsten Tag den kleinen Remy erschlägt. Er hatte ihm wehtun wollen, ihn für den Tod des Hundes bestrafen. Umbringen wollte er ihn nicht und ist darüber völlig verstört. Er versteckt die Leiche in einem wilden, wenig besuchten Waldstück.
    Natürlich wird der kleine Junge sofort vermisst und es beginnt eine intensive Suche.


    Dieser Roman beschreibt eindringlich und überzeugend, wie das Leben Antoines durch seine unbedachte Tat zerstört wird. Seine Zweifel, seine Angst vor der Entlarvung, seine Schuldgefühle. Lemaitre braucht keine blutigen Szenen, keine Verfolgungsjagden, um seine Leser zu fesseln.
    Ohne Pathos und in einer direkten, fast simplen Sprache stellt Lemaitre Fragen, die uns alle beschäftigen, nach persönlicher Schuld, Einsamkeit, Gewissensnöten und beleuchtet dabei die verborgenen Winkel des Seelenlebens seines Protagonisten und der Menschen um ihn herum. Besonders bedrückend fand ich das Schweigen zwischen Antoine und seiner Mutter.
    Diese Geschichte hat mich lange verfolgt, das Entsetzen über die Folgen einer unbedachten Tat, die Anteilnahme und das Mitgefühl mit dem verzweifelten Täter.


    Es wäre schön, wenn das Buch bald auch in deutscher Sprache erhältlich wäre.


    9 Punkte für dieses packende Buch.


    Edit: Titel und ISBN der deutschen Ausgabe eingetragen. LG JaneDoe

  • Pierre Lemaitre: Drei Tage und ein Leben
    Klett Cotta 2017. 270 Seiten
    ISBN-10: 3608981063
    ISBN-13: 978-3608981063. 20€
    Originaltitel: Trois jours et une vie
    Übersetzer: Tobias Scheffel


    Verlagstext
    Der neue Bestseller des Goncourt-Preisträgers Pierre Lemaitre
    »Innerhalb weniger Minuten hat sein Leben die Richtung geändert. Er ist ein Mörder. Doch die beiden Bilder passen nicht zusammen, man kann nicht zwölf Jahre alt und ein Mörder sein.«
    Ende Dezember 1999 verschwindet im französischen Ort Beauval ein sechsjähriger Junge. Eine großangelegte Suchaktion wird gestartet, Nachbarn und Freunde durchkämmen den angrenzenden Wald nach Spuren des vermissten Rémi. Doch am dritten Tag fegt ein Jahrhundertsturm über das kleine Dorf hinweg und zwingt die Einwohner von Beauval zurück in ihre Häuser. Während dieser drei Tage bangt der zwölfjährige Antoine darum, entdeckt zu werden. Denn nur er weiß, was an jenem Tag wirklich geschah. Und nur er könnte davon erzählen. Mit großer Sensibilität spürt Pierre Lemaitre dem grausamen Schicksal seines jungen Protagonisten nach und stellt die Frage, wie es sich mit einer lebenslangen Schuld leben lässt.


    Der Autor
    Pierre Lemaitre, geboren 1951 in Paris, ist Autor mehrerer preisgekrönter Romane und Kriminalromane. Sein letztes Buch, „Wir sehen uns dort oben“, wurde mit dem wichtigsten französischen Literaturpreis, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet. Der Autor lebt in Paris.


    Inhalt
    Antoine hat sich mit Theo und seinen Freunden im Wald ein Baumhaus gebaut. Doch als einer der Jungen eine Playstation geschenkt bekommt, hocken die Jungen nur noch bei ihm und Antoine bleibt allein. Antoine steckt mit 12 Jahren wie zwischen Baum und Borke. Während sein Baumhaus noch fest in einer kindlichen Abenteuerwelt verankert ist, nimmt er bereits die körperliche Entwicklung der pubertierenden Émilie wahr. Antoine muss sich nun nicht mehr mit Theo als selbst ernanntem Anführer herumschlagen. Er beginnt ein gewaltiges Bauprojekt, in das er sogar eine Seilrolle integriert, um Odysseus hochzuziehen, den Hund der Nachbarn. Odysseus ist wie ein Gefährte für ihn, Antoine darf selbst keinen Hund halten. Als Spielkamerad bleibt ihm nur der 6-jährige Rémi, der ihm vertrauensvoll in den Wald folgt. Nachdem Monsieur Desmedt vor Antoines Augen den Hund Odysseus getötet hat, zerstört Antoine in einem gewaltigen Wutausbruch die Hütte und erschlägt im Affekt Rémi. Die Suchaktion nach dem Kleinen bleibt erfolglos; denn Antoine hat die Leiche versteckt und verschweigt, dass Rémi mit ihm im Wald war. Selbst wenn die Polizei Antoines Version der Ereignisse glauben würde, bliebe immer noch die Frage, wie ein Zwölfjähriger ohne Hilfe Erwachsener mit der Schuld weiterleben soll, dass er getötet hat.


    Die Tat und Antoines erste Lüge wirken wie ein Stein, den man ins Wasser wirft und um den sich größer werdende Kreise bilden. Diese Ringe entstehen aus der Reaktion der Mutter auf Antoines auffälliges Verhalten nach der Tat, die schwierige wirtschaftliche Situation im Dorf, falsche Verdächtigungen untereinander und die Folgen des Orkans Lothar (1999). Feuerwehr und Bürgermeister können die Suche nach Rémi nicht fortsetzen, weil sie mit den Schäden durch den Orkan ausgelastet sind. Antoines Tat scheint vorerst unentdeckt zu bleiben, doch die Erinnerung an Rémis Tod wird ihn nicht mehr loslassen. Der Junge verlässt das Dorf so bald wie möglich und kehrt erst 12 Jahre später zu einer Feier zurück. Antoine ist im letzten Studienjahr seines Medizinstudiums. Er plant, als Arzt in ein unterentwickeltes Land zu gehen und damit eine möglichst große Distanz zwischen sich und seinem Heimatdorf zu schaffen. Rein juristisch ist Mord in Frankreich nach 10 Jahren verjährt, doch für den, der niemals reinen Tisch gemacht hat, stellt sich das anders dar. Nachdem der mittlere Teil des Romans für Antoine die Vergangenheit wieder aufgewühlt hat, entwickelt der überraschende Schluss beinahe Krimi-Qualität.


    Fazit
    In einfacher Sprache lässt Pierre Lemaitre einen auktorialen Erzähler Antoines Ängsten und Alpträumen bis ins Erwachsenenalter folgen. Erschreckend fand ich von Beginn an die Zwangsläufigkeit der Ereignisse, die sich bereits ankündigen in der stoischen Art, in der Mutter und Sohn auf die Trennung vom Vater reagieren. Mit Antoines Heranwachsen und seiner Distanz zum Mikrokosmos Dorf schleicht sich jedoch zunächst eine bissige Note in den Erzählton, gefolgt von einer Prise Krimi. Der feinfühlige Einblick in die Gefühle eines Jugendlichen war für mich der stärkste Teil eines insgesamt großartigen Buches.


    10 von 10 Punkten

  • Der Autor (Quelle: Amazon)
    Pierre Lemaitre, geboren 1951 in Paris, ist Autor mehrerer preisgekrönter Romane und Kriminalromane. Sein letztes Buch, »Wir sehen uns dort oben«, wurde mit dem wichtigsten französischen Literaturpreis, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet. Nun liegt sein neuer, hochgelobter Roman »Drei Tage und ein Leben« in deutscher Übersetzung vor.
    Der Autor lebt in Paris.


    Produktinformation
    Gebundene Ausgabe: 270 Seiten
    Verlag: Klett-Cotta; Auflage: 1 (9. September 2017)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3608981063
    ISBN-13: 978-3608981063
    Originaltitel: Trois jours et une vie


    Schuld ein Leben lang…
    Antoine (11) lebte mit seiner Mutter in einem Ort in Frankreich. Sein Vater hatte sie vor Jahren schon verlassen. Er hatte Freunde mit denen er eine Hütte im Wald baute. Doch eines Tages bekam sein Freund eine Spielkonsole geschenkt und seine Mutter ließ ihn nicht mehr zu ihm…
    Antoine, jetzt an zwei Tagen in der Woche allein, freundete sich mit dem Hund Odysseus an. Er baute im Wald ein Baumhaus. Sogar für Odysseus hatte er eine Möglichkeit geschaffen, dorthin zu kommen…
    Doch dann geschah etwas Furchtbares, das alles veränderte, und die Schuld an den folgenden Ereignissen trug…
    Durch dieses Furchtbare wurde Antoine so wütend, dass er sein Baumhaus zerstörte und Remi, der ihn gesucht hatte, noch dazu….
    Doch was nun tun, wohin mit Remi, fragte sich Antoine. Im Wald wusste er eine Stelle, wo man ihn nicht so schnell finden würde…
    Aber ab diesem Zeitpunkt lebte Antoine in der Angst, dass eines Tages die Gendarmen vor seiner Tür stehen und ihn abholen würden….
    Und dann war da noch Emilie, eine Schulkameradin …..
    Warum ließ Antoines Mutter ihn nicht mehr mit den Freunden spielen? Hatte sie etwas gegen diese Spielkonsolen? Wie hatte Antoine es geschafft, dass sogar Odysseus auf den Baum und in die Baumhütte kam? Was geschah, das alles veränderte? Wieso trug dieses Geschehen die Schuld an den folgenden Ereignissen? Wieso wurde Antoine so wütend und zornig, dass er sogar sein mühevoll errichtetes Baumhaus zerstörte? Was passierte mit Remi? Wo hatte Antoine ihn hingebracht? Wieso hatte er Angst, dass die Gendarmen doch noch dahinter kämen? Und was hatte es mit Emilie auf sich? Alle diese Fragen – und noch viel mehr - beantwortet dieses Buch.


    Meine Meinung
    Das Buch ließ sich sehr gut lesen, leicht und flüssig. Es war unkompliziert geschrieben, denn es gab keine Fragen nach dem Sinn von Wörtern oder Sätzen. Gleich zu Anfang erfährt man den Grund, der alles ins Rollen gebracht hatte: Der Tod des Hundes, den Antoine liebte. War er doch eigentlich noch sein einziger Freund, da er wegen der Spielkonsole mit seinen Kameraden nicht mehr spielen durfte. So gesehen hatte seine Mutter auch Schuld an den nachfolgenden Ereignissen, konnte das aber natürlich nicht wissen. Remi, der Antoine bewunderte, war ja erst sechs. Irgendwie tat mir Antoine schon leid, aber er hätte seinem Zorn und seiner Wut eben nicht nachgeben dürfen. Aber sage das mal jemand einem Zwölfjährigen. Doch Remi für etwas zu bestrafen, das sein Vater getan hatte, das war definitiv falsch. Er konnte doch gar nichts dafür, war ja dadurch selbst betraft worden. Und dann eben das Furchtbare, Remi war tot. Und Antoine musste in Angst leben. Auf eine Art tat er mir leid, war er doch auch ein Opfer der Ereignisse. Auf der anderen Art verurteilte ich ihn dafür, dass er seiner Wut und seinem Zorn freien Lauf gelassen hatte. Auf jeden Fall hat mich das Buch gefesselt und es war von Anfang bis zum Ende spannend. Von mir eine Lese-/Kaufempfehlung und volle Bewertungszahl

  • Was für eine Dramatik
    Der Autor Pierre Lemaitre hat einen guten, fesselnden und direkten Schreibstil. Das Cover zeigt die verzweifelte Pose eines ängstlichen Jungen.
    Der Roman spielt in einem kleinen französischen Ort.
    Es wird erst schön erzählt wie Antoine seine Zeit verbringt. Wie er seine Hütte im Baum baut und sogar für den Nachbarhund Odysseus eine Möglichkeit findet, ihn wie mit einer Seilbahn hoch zu bekommen.
    Dann wird der Hund angefahren und der Nachbar erschießt ihn vor Antoines Augen, das ist ein Schock.
    Damit beginnt jetzt ein Drama.
    Aber das er Reni erschlägt, das hätte ich nicht gedacht.
    Na gut, umbringen wollte er ihn nicht, es war ein tragischer Unglücksfall, ein Fehler, das er es vertuschen wollte.
    Der Autor trifft jetzt perfekt den Zwiespalt, in dem der Junge steckt, eingefangen.
    Der Roman dreht sich um die Ängste die er erlebt. Ein Alptraum in dem er jetzt leben muss. Allerdings fühle ich am meisten mit der Ungewissheit und Angst der Eltern, die eigentlich auch allein und ohne Trost dastehen.
    Der Autor zeigt wie ein Ort mit so einem Problem umzugehen versucht und wie es 12 Jahre später dort aussieht und was aus Antoine geworden ist,
    Der Roman lässt mich nachdenklich zurück.