Wir sehen uns am Meer; Dorit Rabinyan

  • Inhaltsangabe:


    Die Tel Aviverin Liat lernt in New York den Maler Chilmi kennen, der aus Ramallah stammt. Die beiden verlieben sich, wohl wissend, dass ihre Liebe keine Zukunft hat: Wenn die Zeit in New York vorbei ist, wird auch die Beziehung, die eigentlich nicht sein darf, zu Ende gehen. Doch Liat und Chilmi haben die Rechnung ohne ihre Gefühle gemacht …
    In der Heimat hätten sie sich nie kennengelernt, aber durch einen Zufall treffen die Israelin Liat und der Palästinenser Chilmi in New York aufeinander und verlieben sich. Liat kämpft mit sich, denn weder ihre Eltern noch ihre jüdischen New Yorker Freunde dürfen von der Beziehung erfahren, die ein klares Enddatum hat: Wenn Liat zurück nach Israel geht, ist Schluss. Doch Gefühle lassen sich nicht einfach abstellen, und die Herkunft der beiden sowie die Perspektivlosigkeit belasten ihre Gegenwart – eine Zukunft scheint unmöglich. Gibt es einen Ausweg, oder ist das private Glück vor dem Hintergrund des Konflikts der beiden Völker unmöglich?


    Ein Roman, der mit großer Wucht und in einer bildreichen, emotionalen Sprache von einer aussichtslosen Liebe erzählt. Das Buch wurde von der israelischen Erziehungsministerin im Januar dieses Jahres von der Lektüreliste der Oberstufe gestrichen, was auch in Deutschland ein starkes Presseecho hervorrief.


    »Ich bin beeindruckt … ein präziser und eleganter Liebesroman, aufs Feinste gezeichnet.« Amos Oz




    Meine Meinung zur Autorin:
    Dorit Rabinyan, hat ein wundervolles Buch geschaffen. In leisen, einfühlsamen Tönen und mit viel Fingerspitzengefühl, erzählt sie das Leben der Israelin Liat und dem Palästinenser Chilimi. Zwei Glaubenswelten die hier aufeinander prallen und nicht unterschiedlicher sein könnten. Sehr deutlich kommen hier die Konflikte dieser zwei Religionen und Völker herüber. Von den Problemen, Vorurteilen, der Rivalität und dem Hass. Ihre Protagonisten sind sehr schön gezeichnet und alles ist sehr Bildhaft beschrieben. Ihr Schreibstil ist, Klar , Kraftvoll und sehr flüssig. Sie versteht es ihre Leser mit in die Geschichte mit ein zu beziehen. Auch die einzelnen Charaktere und Emotionen kommen sehr glaubhaft und real rüber. Schade das dieser Roman in Israel von der Lektüre liste für Oberstufen gestrichen wurde. Wirbt doch dieses Buch für ein Miteinander der Menschen und ihrem Glauben.
    Meine Meinung zum Inhalt:
    Sehr schön beschrieben hat sie die Israelische Studentin Liat und den Charmanten Künstler und Palästinenser Chilimi. Wie sich beide durch Zufall in New York kennen lernen. Ihre erste Verliebt- heit, die zarten Bande, die sich da langsam anschleichen. Man spürt auch wie Liat sich gegen diese Liebe wehrt, ihre innere Zerrissenheit, diese Selbstzweifel und das schlechte Gewissen der Eltern gegenüber, wenn sie mit ihnen Telefoniert. Sie dürfen von dieser Liebe nie etwas Erfahren, er bleibt ein Geheimnis. Chilimi dagegen ist dagegen sehr Liberal und Locker eingestellt. Liat, ist bewusst das diese Liebe keine Zukunft haben kann. Bald ist ihr Jahr in New York vorbei und sie muss zurück nach Israel. Dieser Druck lasset ihr auf der Seele, und es belastet sie schwer. Man hofft innig das sie sich noch anders besinnt, zu ihrer Liebe steht und über den eigenen Schatten springt. Ob Sie es schafft und den Eltern von ihrem Freund zu erzählen , scheint Aussichtslos. Gibt es ein Happy End oder trennen sich ihre Wege. Das muss jeder Leser selbst heraus finden.


    :lesend

    „Lesen heißt durch fremde Hand träumen.“ (Fernando Pessoa)

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  • Die jüdische Israelin Liat und der Palästinenser Chilmi begegnen einander zufällig im Herbst 2002 in New York, sie ist Philologin, 29, mit einem Stipendium erst seit zwei Monaten in den USA, er ist Maler, 27, schon seit über zwei Jahren im Land. Als ein Freund, mit dem sich Liat treffen möchte, kurzfristig verhindert ist, schickt dieser Chilmi, der ihm Arabischunterricht gibt. „Coup de Foudre“, denn Liebe auf den ersten Blick trifft es noch nicht annähernd: Die beiden sind von diesem Tag an zusammen. Chilmi entspricht Liats Begriff eines „vegetarischen Arabers“, nicht religiös, sehr weltlich – keinem Feindbild zuzuordnen.


    Liats Gefühle durchlaufen ein Wechselbad: anfangs Furcht aufgrund der Schauergeschichten, arabische Männer würden bevorzugt jüdische Frauen verführen und später versklaven, dann Schuldgefühle wegen der Besetzung, wegen der Dinge, die sie in Israel tun kann und er nicht. Er ist souveräner, beruhigt sie: „Weißt du, eines Tages …wird das Meer uns allen gehören, und wir werden dort gemeinsam schwimmen.“ S. 41
    Später, im Winter, kommt Verleugnung hinzu: während Chilmi unbefangen und offen zu Liat steht, verleugnet sie ihn, erzählt den Eltern nichts, versteckt sich, steht nicht zu ihm.


    Das große Können der Autorin Dorit Rabinyan besteht darin, dass diese Liat nicht unsympathisch wird, einerseits, weil sie als Ich-Erzählerin automatisch zu größerer Identifikation einlädt und der Leser an ihrem ganzen zerrissenen Innenleben inklusive der Scham über ihr Verhalten teilhat, andererseits, weil auch Chilmi in seiner Reaktion auf seine Erfolge als Maler mit einer chaotischen Besessenheit dargestellt wird, gegenüber der Liat immer als reifer, vernünftiger wirkt. Gleichzeitig wird beider Liebe sehr poetisch und sinnlich beschrieben: „Niemand erfährt, dass er für mich entbrennt wie trockenes Laub, mich immerzu begehrlich umschmeichelt und umwirbt. Unsere schönen Nächte sind wie eine Frucht, deren Fleisch stets nachwächst, so viel man auch abbeißt, unsere Lust steigert sich mit jeder Liebkosung, hungert uns aus und sättigt uns, bis wir wieder hungrig werden. Nehmen und Geben sind eins.“ S. 128f.


    Sie streiten viel, die Politik liegt immer nur ein Wort, ein Blick, einen Gegenstand entfernt, so ist für ihn ist ihre hebräische Bibel, die sie zur obligatorischen Soldatenzeit erhielt, nur das „faschistische Szenarium, Soldaten mit Gewehren und heiligen Büchern“ S. 91, nichts anderes als „die Kombination von Koran und Kalaschnikow“ bei der Hamas. Gleichzeitig bemerken diese beiden gerade in der Fremde Gemeinsamkeiten, im Umrechnen der Währungen, der Temperatur-Systeme, im Leiden unter dem strengen Winter – im Heimweh. Dennoch ist es eine „Liebe mit Verfalldatum“, mit einem antizipierten fixen Ende durch die Heimreise Liats – auch wenn sie nicht in der Lage sein wird, eine harmlose Cornflakes-Packung zu erwerben, die zufällig ihr Heimreisedatum als Verfallsdatum zeigt, akzeptiert sie diese Zäsur.


    Es ist unglaublich intelligent und einfühlsam, wie Rabinyan die Handlung dieses Buches aufbaut, von der Tatsache, dass diese Liebe ihren Anfang in New York nahm, bis hin zum „Wo“ und „Wie“ des Romanendes, nicht zu vergessen der Einstieg, als Liats hebräische Schriftzeichen den Verdacht des Terrorismus in einem Café provozieren und sie Besuch vom FBI bekommt, das dann, doppelte Ironie, wiederum nicht damit umzugehen weiß, dass ihre jüdischen Eltern aus dem Iran (ausgerechnet!) nach Israel eingewandert sind.


    Dieses wundervolle, poetische, sinnliche, tragische, intelligente Buch wurde vom israelischen Erziehungsministerium von der Lektüreliste für die Oberstufe gestrichen - die israelische Zeitung Haaretz zitierte eine Beamtin des Erziehungsministeriums mit der Einschätzung, der Roman ermutige zu Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden, die die »separate Identität« bedrohten, und fördere die Assimilation (vgl. z.B. Jüdische Allgemeine oder Deutschlandfunk im Internet). Anhand eines Films, den Chilmis Bruder daheim für ihn gedreht hat, bittet Liat ihn, ihr die Grenze zu zeigen, gemäß der Lage der arabischen Dörfer und der jüdischen Siedlungen. Er sagt „Sie ist hier …sie verläuft in unseren Köpfen.“ S. 215

  • Dorit Rabinyans Roman „Wir sehen uns am Meer“ schildert die Liebesgeschichte von israelischen Studentin und Übersetzerin Liat und dem palästinischen Künstler Chimi, die sich in New York kennen und lieben lernen. Die Autorin erzählt sehr einfühlsam und mit viel Fingerspitzengefühl über die kurze, zukunftslose Beziehung zwischen zwei jungen Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Liat ist durch das Militär und durch das Leben in ständiger Angst vor den Terroranschlägen und Entführungen geprägt, Chimi dagegen durch seine endlose Fluchtgeschichte. Zwei unterschiedliche Weltanschauungen, zwei Religionen und Sozialisationen prallen hier aufeinander. Da wird es dem Leser deutlich, welch Vorurteile, welche Rivalität und vor allem Hass die Beziehung zwischen zwei Völkern dominieren.
    Die Autorin zeichnet die Protagonisten authentisch und bildhaft. Ihre Sprache ist poetisch, kraftvoll und sehr flüssig. Auch die anderen Figuren und ihre Emotionen kommen sehr überzeugend und real rüber. Durch die Ich-Erzählerin Liat wird man buchstäblich in die Handlung einbezogen und fühlt, und leidet und freut sich mit den Charakteren mit.
    „Wir sehen uns am Meer“ ist kein reiner Liebesroman und keine „Julia-und-Romeo“ Story. Es ist ein wunderschön geschriebenes Buch über die seit langer Zeit ungelösten Konflikte zwischen zwei Völkern und die Grenzen im Kopf der Menschen, die dort zwischen zwei Fronten aufwachsen (müssen). Ein anderes Ende als die Trennung der Liebenden kann man sich an der Stelle nicht vorstellen. Meiner Meinung nach ist das Buch absolut authentisch, glaugwürdig und lesenswert.

  • Wir sehen uns am Meer - Dorit Rabinyan


    Kurzbeschreibung:
    Wem gehört das Meer?
    Diese Frage stellen sich Liat und Chilmi in Dorit Rabinyans Roman über eine unmögliche Liebe. Die Israelin Liat und der Palästinenser Chilmi lernen sich in New York kennen und verlieben sich unsterblich ineinander. Aber ihrer Liebe sind Grenzen gesetzt...


    Über die Autorin:
    Dorit Rabinyan wurde als Tochter einer iranisch-jüdischen Familie in Israel geboren. Ihre beiden Romane »Unsere Hochzeiten« und »Die Mandelbaumgasse« waren Bestseller und wurden mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Dieser dritte Roman wurde ebenfalls in Israel ein Bestseller und erscheint in zahlreichen Ländern. Er wurde mit dem wichtigen Bernstein-Preis ausgezeichnet.


    Über die Übersetzerin:
    Helene Seidler ist Deutsche und Israelin. Sie lebt in Jerusalem und übersetzt seit zwanzig Jahren hebräische Literatur ins Deutsche.


    Mein Eindruck:
    Ein geschmeidig geschriebener, gut lesbarer Roman über eine Liebesgeschichte, die realistisch mit allen ihren Höhen aber auch Problemem erzählt wird.
    Die Israelin Liat und den Palästinenser Chilmi trennt fast alles, besonders natürlich die politisch vollkommen verhärtetet Lage ihrer Heimat, aber dennoch lieben sie sich.


    Über weite Strecken des Buches ist es übrigens ein feiner New York-Roman. Hier aus der Distanz lassen sich die Probleme der beiden zunächst verdrängen bzw. erheben sich auf eine abstrakte Weise. Doch Liat und Chelmi wissen selbst, dass es nur eine Liebe auf Zeit ist, da das was sie trennt, unüberbrückbar scheint. Die Handlung des letzten Viertels spielt sich in Tel Aviv ab.


    Stilistisch handelt es sich um einen anspruchsvollen Unterhaltungsroman, der sich nicht scheut, sich dem bekannten Thema auf eine alltägliche Art zu nähern.
    In Israel höchst umstritten, wie es ein Buch ohne diese Aufmerksamkeit, nicht erreicht hätte. Vielleicht sollten mehr Schriftsteller auf zugängliche Art über das schreiben, was die Menschen so ungerechtfertigt trennt.

  • Es lohnt sich! Während du es liest, gefallen dir einige Dinge nicht - ich hätte zwischendurch gerne die Protagonisten "anders" gehabt, hätte gewollt, dass sie sich anders verhalten. Dann habe ich nachgedacht - das wirklich ernüchternde ist, dass sie kaum eine andere Chance haben.


    Das drückt es hoffentlich aus, ohne gleich zu viel Spoiler hinein zu bauen ;-)

  • In dem Buch 'Wir sehen uns am Meer' geht es um eine bewegende Liebesgeschichte zweier Menschen, welche sich aus politischer/ ethnischer Sicht nicht Nahe sein dürften/sollten - es jedoch trotzdem wagen. Es faszinierte mich, wie sehr bestimmte Kulturen vom Umfeld beeinflusst werden und wie die Gegebenheiten der Erziehung einen unterwerfen lassen.


    Noch bevor ich das Buch zum Lesen in die Hand nahm, hatte ich Bedenken, dass der Roman für mich etwas zu politisch (sprich: zu 'trocken') sein könnte, aber ich war überrascht, wie leicht ich mich von Seite zur Seite schwang - und im Nu war ich mit meiner Lektüre am Ende.


    Ich finde es überaus mutig von der Autorin, dass sie sich an dieses delikate Thema heran gewagt hat - und zudem mehr als gelungen umsetzen hat können. Ich würde das Buch jedem weiter empfehlen, der sich auch mal mit einer etwas ernsteren Liebesgeschichte auseinandersetzen möchte, denn die Geschichte berührt einen doch sehr.

  • Das Buch von Dorit Rabinyan ‚Wir sehen uns am Meer’ handelt von einer Frau und einem Mann, welche sich per Zufall in New York begegnen – bzw. (zueinander) finden; die zwei Jahre ältere Israelin Liat, und Chilmi, der Palästinenser. Obwohl sie sich in der USA befinden, verfolgt beide der Schatten des Konflikts ihrer beider Länder – bei Liat mehr als bei Chilmi, der die ganze politische Angelegenheit viel lockerer sieht als Liat, welche sich stets Gedanken macht, was andere denken könnten über ihre Verbindung und es auch um jeden Preis vor ihren Eltern verheimlichen will.
    Dieses Auf und Ab der Gefühle berührt mich ungemein, da der ethnische Hintergrund wohl bei keiner Kultur außer acht gelassen wird – egal in welchem Land, egal in welchem Alter, egal ob Mann oder Frau – es ist immer in den Köpfen allgegenwärtig.


    Der Einband ist unspektakulär gestaltet, aber sicherlich so gewollt um dem Inhalt des Buches noch mehr Ausdruck und Tiefe zu verleihen – hier symbolisiert das Gelb wohl den Sandstrand oder eben die Sonne über dem Meer. Da sich Liat und Chilmi in NY aufhalten, passt die Skyline wiederum prima…und durch die helle Wellendarstellung verbindet sich die Stadt mit dem Meer und wird eins...


    Kaufempfehlung: definitiv ja…jedoch mit etwas Vorbehalt, denn es ist keine Liebesgeschichte im herkömmlichen Sinne, darüber sollte man sich vorab im Klaren sein.

  • Ich fand das Buch ok, aber es ist kein 10-Sterne-Buch für mich, das mir ewig im Gedächtnis bleiben wird. Schlecht war es aber auch nicht, immerhin habe ich es an einem Wochenende durch gehabt. Teilweise fand ich es etwas klischeehaft. Die Vorurteile, Schwierigkeiten und Bedenken waren genau die, die ich auch erwartet hätte. Ich hätte gerne mal etwas gelesen, das mich überrascht.


    Liat hat mich tatsächlich relativ wenig genervt. Nur wenn sie ihren Gefühlszustand über Seiten mit immer noch einem Satz beschrieb, kam mir hier und da der Gedanke "Ja, ja, ja, ich hab's begriffen". Sowas zum Beispiel:


    "How do I describe him now? Where do I start? How do I distill the first impression created in those few distant seconds? How do I extract his finished portrait, composed of layer upon layer of colour, back into the pale, hasty pencil sketch that my eyes drew the first time they landed on him? How can I use a mere few lines to paint the whole picture, with all its breadth and depth? Is it even possible to attain that sort of scrutiny, that measure of lucidity, when the hands of loss keep touching the memory, staining it with their fingerprints?


    :rolleyes


    Insgesamt gefiel mir der New York-Teil besser als das letzte Viertel in Tel Aviv.


    Ich gebe mal 8 von 10 Punkten.


    Ich hab die englische Ausgabe gelesen, weil der Preis der Kindle-Ausgabe einfach unschlagbar ist.
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