Chester Bennington ist tot

  • Hallo Tom,


    deinem ersten Abschnitt stimme ich weitgehend zu, nur:


    Zitat

    (…) nicht der richtige Platz ist, um diese Form der Verlustbewältigung gemeinsam zu betreiben (…)


    Ebenso wenig erscheint ein Forum mir der richtige Platz zu sein, die Form der Verlustbewältigung bei anderen Menschen in Frage zu stellen oder zu kritisieren.


    Zu deinem zweiten Absatz:


    Zitat

    (…) die bessere Wahl sein, zu versuchen, im Hier und Jetzt mit dem Leben zurechtzukommen (…)


    D’accord. :-) Aber muss das die Frage nach dem, was du Mythen nennst, zwangsläufig so absolut negieren? Du redest von Strohhalmen, die keine sind. Das ist deine Erfahrung. Dürfen andere Menschen nicht die Erfahrung gemacht haben, dass diese "Mythen" vielleicht doch der Strohhalm, das Hanfseil, die Kette oder was auch immer waren, die sie vor dem Verrücktwerden in einer an sich ausweglosen Situation bewahrt haben? Du schreibst, dass du weißt, wovon du sprichst. Ich weiß es auch. :-) Und ich glaube, alle, die schon ein bisschen gelebt haben, wissen beim Thema Tod, wovon sie sprechen, denn man hat es im Umfeld oft genug erlebt. Und dennoch weiß letztendlich niemand, wovon gesprochen wird, denn kein Lebender hat es selbst durchgemacht und kann sich ein abschließendes Urteil erlauben. Deswegen stört mich diese Absolutheit, mit der du hier das abtust, was du „Strohhalme“ nennst. Das sind deine Erfahrungen und andere Menschen machen andere Erfahrungen.


    Zu deinem letzten Absatz: Ja, es gehört nicht hierher. Daher meine Bitte an die Mods: Könnten diese Beiträge abgespalten und in einen irgendwie sinnvoller platzierten Thread verschoben werden? Danke!

  • Hallo, Nadezdha.


    Zitat

    Aber muss das die Frage nach dem, was du Mythen nennst, zwangsläufig so absolut negieren?


    Das habe ich nicht getan - ich hätte es vor drei, vier Jahren noch getan. Ich habe von "sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit" gesprochen, wenn es um diese Mythen ging. Allein, es bleiben Mythen. Daran ändert sich auch nichts, nur weil das Millionen oder Milliarden Menschen glauben wollen. Millionen Menschen wollen auch glauben, dass sie im Lotto gewinnen, dabei müssten sie fast 3 Millionen Jahre lang wöchentlich einen Tip abgeben, um den Jackpot zumindest statistisch betrachtet abzuräumen. Das ist fast vierzigtausend Mal mehr als die durchschnittliche Lebenszeit. Die ältesten Fossilien des Homo Sapiens, die bisher gefunden wurden, sind 300.000 Jahre alt. Sie werden nicht im Lotto gewinnen. Das ist einfach so. Trotzdem mag der Gedanke tröstlich sein, dass es vielleicht doch passiert. So, wie möglicherweise tröstlich ist, dass der Mythos vom Leben danach tatsächlich ein Körnchen Wahrheit enthält. Ihn unterscheidet vom Lottogewinn, dass letzterer zumindest gelegentlich ja doch eintritt: Es gibt Leute, die gewonnen haben. Glaubwürdige Jenseitsrückkehrer oder -beweise: Null.


    Und damit sind wir abermals an der Stelle, um die es mir ging, jetzt - versprochen - letztmalig. Wenn man davon spricht, dass jemand seinen Frieden gefunden, sich von der Last befreit hat, dann verleihen wir insbesondere dem Selbstmord eine Romantik, die er meiner Überzeugung nach einfach nicht haben dürfte, die gefährlich ist. Solche Formulierungen statten den Suizid mit einem gewissen Reiz aus. Sie geben dem Gedanken daran etwas Verlockendes. Eine mögliche Lösung. Vielleicht sogar ein Neuanfang. Möglicherweise ist es "dahinter" besser. Nichts davon stimmt - sehr, sehr, sehr wahrscheinlich. Das Leben ist hier und jetzt. Es gibt hier und jetzt eine Lösung, jedenfalls fast immer. Und jedenfalls immer eine bessere, als das beschissene Leben gegen das absolute Nichts zu tauschen, das den Dahingeschiedenen mit sehr, sehr, sehr großer Wahrscheinlichkeit erwartet.

  • Ich denke, ob es nach dem Tod weitergeht oder nicht, kann keine Seite mit Bestimmtheit sagen. Da wäre es müßig, hier einen weiteren "Indizienprozess" zu führen ;-)

    Ich gehöre zu denjenigen, die daran glauben, dass mit dem Tod noch nicht alles zuende ist, aber das tröstet mich in diesem Fall nicht. Weil ich Cester als Mensch nun mal nicht kannte. Da gebe ich Tom recht, so zu trauern fände ich anmaßend. Ich trauere um diese großartige Stimme, die für immer verstummt ist und meiner Meinung nach nicht ersetzt werden kann. Sicherlich könnte die Band einen neuen Sänger casten ( Chester ist seinerzeit auch auf diesem Weg deren Sänger geworden). Aber es wäre niemals mehr dasselbe, und das ist so schade!


    Und ich fürchte, romantisiert oder nicht, sein Selbstmord wird für einige schwache Geister der Anlass sein, ihm folgen zu wollen. Ähnlich wie damals bei Kurt, aber hoffentlich nicht derart viele!

  • Guten Tag, Tempe,

    meine Meinung deckt sich weitgehend mit deinen Ausführungen.
    Ich wollte auch keinem andern User seine - in welcher Form auch immer, als ein persönlich Betroffener oder, wie hier sicher die meisten, als indirekt Betroffener, weil man den Verstorbenen nicht persönlich kannte, ihn aber für sein eigenes Leben als relativ wichtig empfand - Trauer in irgendeiner Weise streitig zu machen versuchen.
    Auch denke ich, dass es die Entscheidung eines jeden Einzelnen ist, ob er den Weg des Selbstmordes wählt oder nicht.
    Trotzdem hatte mich Toms Posting beeindruckt, denn ich las daraus etwas, worüber ich mir bisher noch nie Gedanken gemacht hatte, was ich aber als einleuchtend empfinde.
    Natürlich liegt es nahe, dass man, wenn beispielsweise ein schmerzgeplagter im wahrsten Wortsinn "lebens-müder" Mensch "normal" stirbt oder selbst seinem Dasein ein Ende gesetzt hat, ein Bild im Kopf hat, dass er nun keine Schmerzen mehr hat (hat er ja auch nicht, egal, ob es ein Weiterleben gibt oder nicht).
    Was ist aber mit einem jungen Menschen, erste Pickel, erste große und unglückliche Liebe, verständnislose, überforderte und als nervend empfundene Eltern und Lehrer und kein hilfreicher Dr. Sommer von der Bravo in Aktion? Ein Mensch, der sich danach sehnt, allem entfliehen zu können, Ruhe zu finden, der evtl. von einem "Neustart" träumt? Wenn man in Zusammenhang mit einem Suizid davon spricht, wieviel "besser" es dem Verstorbenen jetzt gehe, könnte das gefährliche Signale setzen.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von Tom


    Niemand ruht in Frieden. Die Person, die ruhen könnte, existiert nicht mehr. Der Tod ist das Ende von allem.


    Das glaubst DU. Andere glauben aber vielleicht etwas Anderes und für manche Menschen ist ihr Glaube sehr wichtig und vielleicht alles, was sie noch haben. Das solltest du ihnen nicht nehmen. :-) Ist nicht böse gemeint.

  • Hallo, Jenks.


    Das hat mit Glauben wenig zu tun, es ist das, was offensichtlich geschieht. Gravitation und Energie und Sinneswahrnehmungen usw. haben auch mit Glauben nichts zu tun, sondern sind auch Phänomene - die wir teilweise noch nicht vollständig erklären können -, die offensichtlich auftreten. Es mag jemand daherkommen, und behaupten, dass die Gravitation eigentlich etwas ist, das durch ein unsichtbares, riesiges Monster ausgelöst wird, das die Erde umschwebt und alle Gegenstände mit seinen unsichtbaren Tentakeln am Boden hält, aber es gibt damit längst noch keinen Anlass, an dieses Monster zu glauben - oder diese Theorie wenigstens dem Offensichtlichen gleichrangig gegenüberzustellen. Kein vernünftiger Mensch würde das tun. Trotzdem wird von vernünftigen Menschen verlangt, dass sie das Offensichtliche - etwa das Ende der physischen Existenz - als "Glauben" betrachten, weil andere der Überzeugung sind, dass dies längst nicht das Ende wäre, obwohl es dafür keine Beweise und nicht einmal Indizien gibt. Diese Behauptung nicht zu glauben ist nicht das gleiche wie Glauben. Es sei Dir und jedem aber trotzdem unbenommen, das zu glauben.


    Aber mal angenommen, Dein Glauben ist falsch, und es gibt kein Leben nach dem Tod, kein Paradies, keinen Himmel - keiner von diesen Dutzenden Mythen stimmt. Nur mal angenommen. Was, wenn Du die ganze Zeit davon geplaudert hast, dass man anderen "folgen" könnte, dass es einen "Frieden" gäbe, dass man "ruhen" würde, dass die eigentliche Erfüllung eintritt - und all das stimmt nicht? Aber leichtgläubige Menschen haben Dir das abgekauft, haben sich überlegt, dass es dann ja nicht zu schlimm ist, zu sterben, jedenfalls nicht so schlimm wie dieses beschissene Leben hier, wo ich gerade bankrott gemacht habe, mein Lebenspartner fremdgegangen ist, mein Lieblingsmusiker gestorben ist. Und ziehen die Reißleine. Und sind einfach weg. Haben das bisschen Existenz weggeschmissen, das ihnen zur Verfügung stand, weil sie Dir das abgekauft haben. Etwas, von dem Du zwar überzeugt bist, aber ohne erklären zu können, warum überhaupt. Weil es überliefert ist. In heiligen Schriften steht. Von Pfaffen und Imamen und Gurus behauptet wird.


    Ich finde, auch wenn man das glaubt, sollte man damit sehr vorsichtig sein, das anderen als Wahrheit anzudrehen, denn es ist keine. Und die Verantwortung im Fall der Fälle wäre sehr, sehr groß. Glaubt doch alle, was Ihr wollt, aber lasst andere damit in Ruhe. Vor allem kleine Kinder. Die sind sehr leichtgläubig. Lasst sie groß werden und dann selbst entscheiden, was von all diesen Geschichten für sie plausibel ist und was nicht.

  • Zitat

    Original von Jenks
    ... und vielleicht alles, was sie noch haben. Das solltest du ihnen nicht nehmen.


    Frei nach Aldous Huxleys “unser tägliches Soma gib uns heute“.


    Ja, Religion kann wie eine Medizin wirken, hat bei anderer Dosierung aber auch was von Droge und Gift. Bei der Differenzierung ist auch immer entscheidend, ob man über die eigene Religion urteilt oder über eine fremde. Die eigene ist meist gut, rein und richtig.

  • Hi ihr. Als riesiger Chester Bennington- Fan bin ich momentan am Boden zerstört.
    Aber zu allererst muß ich was los werden:
    Es heißt in seinem Fall korrekt: angeblicher Suizid. So steht es in den original Akten, und auch in fast allen Schlagzeilen.
    Daß bei den Ermittlungen zu Chris Cornell´s angeblichem Selbstmord nicht korrekt ermittelt wurde, hat man mittlerweile sogar zugegeben.
    Und für einen Selbstmord Chesters gibt es keinerlei echte Beweise. Nur Annahmen. Darum steht in seiner Akte auch "angeblich".
    Und trauern darf man ja wohl noch!!! Ohne Diskussion.
    Für mich ist es ein enormer Verlust. Er sprach unzähligen aus der Seele. Und auf der Bühne "lebte" er seine Songs.
    Er war ein wahnsinns- Stimmtalent. Egal ob "Blackout" oder "rolling in the deep" von Adele- Chester war just awesome.
    Für Fans: hört euch mal von DEAD BY SUNRISE "Fire" an.
    Wir vermissen dich, Chester. RIP


    Übrigens: könnt ihr diese Glaubens- Diskussion nicht in nem eigenen Thread führen? Muß das unter diesem Titel hier laufen?
    Gehört doch eigentlich nicht so recht hier her, oder?

    "I do not have the talent of conversing easily with people I have never met before."
    Mr. Darcy

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