'Wölfe' - Teil 4

  • Teil 3 sowie Teil 4 finde ich zusammenhängender geschrieben als die beiden ersten Teile, es hat mehr von einem Roman. Richtig gepackt hat mich das Buch aber immer noch nicht, ich denke auch auf Grund der distanzierten Erzählweise. Wodurch das Buch aber doch eben so interessant wird.


    Die Darstellung von Thomas More finde ich von der Seite her erschreckend, das er als kalter, brutaler Mann dargestellt wird - ganz anders als im dunklen Thron von Gable.

    Eigentlich wirken alle Personen nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht, wer wendet sich da nicht, so wie der Wind gerade dreht. Und gerade Cromwell, der, wenn er so hoch kommt, kein liebenswerter Mann sein wird sondern berechnend und kalt agieren muss, wirkt noch am menschlichsten. Obwohl ja einige Szenen dabei sind, wie bspw bei Harry Percy, die sein Vorgehen zeigen.

  • Teil 4 finde ich insgesamt großartig, weil so viel auf den Punkt gebracht wird. Vermutlich überspitzt Mantel ihre Figuren auch ein wenig.

    Thomas More ist für mich der religiöse Fanatiker schlechthin. Der Glaube bedeutet ihm alles und steht für ihn sowohl über seinem persönlichen Wohlergehen als auch über dem Wohlergehen anderer Menschen.

    Für ihn gibt es das Bibelwort:" Liebe deinen Nächsten wie dich selber " schlicht nicht.


    Leider habe ich uralte Kleberchen benutzt, die inzwischen alle aus dem Buch rausgefallen sind, und finde viele Stellen nicht.

    Eine ist mir in Erinnerung geblieben, bei mir auf S. 371

    Thomas ist beim König und sie sprechen über sein Verhältnis zu Gardiner. Thomas Erkenntnis:

    "Der König will gar keine Ochsen, sondern Bestien, die Kopf an Kopf rennen und sich im Kampf um seine Gunst verletzen und selbst verstümmeln. Es ist völlig klar, dass seine Chancen beim König besser stehen, wenn er nicht mit Gardiner auskommt. Teile und herrsche."

    Besser kann man es kaum ausdrücken.

  • Ich hatte jetzt mehr Zeit und konnte mal am Stück lesen und inzwischen bin ich so richtig drin in der Welt der Intrigen, der Politik und der Religion. Ich finde auch, dass die Erzählweise hier flüssiger ist, ich komme viel besser klar, wer wer ist und worum es geht.


    Witzig finde ich, dass die Autorin Spitznamen verwendet wie Nenn-mich- für Wriothesley, das lockert es auf.


    Hier wird beschrieben, wieviel Macht Anne hat, am Ende hat sie es schließlich geschafft und den König in der Hand. Allerdings wird auch Cromwell immer wichtiger.


    Gut finde ich, das Kardinal Wolsey, obwohl er schon tot ist, immer wieder Erwähnung findet.


    Ich kann jetzt nicht mehr so ausführlich zu diesem Abschnitt posten, weil ich schon im nächsten bin und nicht zuviel verraten will.

  • Die Darstellung von Thomas More finde ich von der Seite her erschreckend, das er als kalter, brutaler Mann dargestellt wird - ganz anders als im dunklen Thron von Gable.

    Für mich kommt er hier als Monster rüber, nicht nur wegen seines religiösen Fanatismus, fast noch mehr wegen der Grausamkeiten seiner Familie gegenüber. Bei Wiki findet sich keinerlei Hinweis auf solche dunklen Seiten. Gibt es diesbezüglich andere Quellen, die Mantel veranlasst haben ihn derart zu charakterisieren.

    Seine Darstellung in Rebecca Gablés Roman hab ich natürlich schon wieder vergessen *seufz*, ein Grund mehr dieses Buch baldmöglichst noch einmal zu lesen ;).


    Für ihn gibt es das Bibelwort:" Liebe deinen Nächsten wie dich selber " schlicht nicht.

    So sieht es aus.

    Was bei Wiki zu finden ist, passt dazu so gar nicht:

    "Er war auch sehr freigiebig, ernährte während einer Hungersnot Hunderte aus seiner eigenen Tasche und entließ seine Landarbeiter auch dann nicht, wenn Mangel an Arbeit herrschte."



  • Ich finde auch, dass die Erzählweise hier flüssiger ist, ich komme viel besser klar, wer wer ist und worum es geht.

    Das finde ich eigentlich nicht. Bei mir liegt es eher daran, dass ich mich daran gewöhne, auch daran, dass ich nicht immer alles nachvollziehen und verstehen kann. Normalerweise kann ich mich mit so was nicht abfinden und lese die Stelle so lange, bis ich sie kapiert habe - oder breche das Buch frustriert ab :grin. Aber hier nehme ich das inzwischen locker, zumal diese Stellen nicht so sehr wichtig sind für das "Gesamtpaket".


    Cromwell und Johane geben in diesem Abschnitt ihr Verhältnis auf, weil Mercy dahintergekommen und dagegen ist. Ich hatte den Eindruck, sie bedauern es beide, beugen sich aber der Vernunft und bleiben sich trotzdem nah.


    Diese Anekdote mit dem "reichsten Mann der Welt", Bankier Agostini Chigi S. 363/364 hat mir gefallen. Auch hier hab ich mich gefragt, ob sie irgendwie überliefert oder ausgedacht ist.


    Und immer wieder fallen mir bizarre Metaphern auf, wie diese auf S, 383: "Anne ist spröde in ihrer Gesellschaft und geht so erbarmungslos mit ihren Komplimenten um wie eine Hausfrau, die Lerchen den Hals umdreht, bevor sie sie zum Essen serviert". :wow


    Wurde auch damals schon die Welt von Geld und wirtschaftlichen Interessen regiert :gruebel? "Seine" Gedankengänge auf S. 439 lassen darauf schließen.

  • Dieser Abschnitt zeigt, dass auch Cromwell einen Preis zu zahlen hat für seinen Erfolg - die Art, wie er mit dem jungen Percy umgegangen ist, fand ich schon ziemlich herzlos. Wie er überlegt hat, ob er ihn um Amt und Besitz bringen soll oder nicht, das wirkte abstoßend. Bis zu diesem Abschnitt wikte er vor allem integer auf mich, hier nun opfert er in meinen Augen ein Stück Gewissen für den Erfolg. Und Anne Boylen wirkte auf mich jetzt doch sehr berechnend. Eine unangenehme Person.

  • Dieser Abschnitt zeigt, dass auch Cromwell einen Preis zu zahlen hat für seinen Erfolg - die Art, wie er mit dem jungen Percy umgegangen ist, fand ich schon ziemlich herzlos. Wie er überlegt hat, ob er ihn um Amt und Besitz bringen soll oder nicht, das wirkte abstoßend. Bis zu diesem Abschnitt wikte er vor allem integer auf mich, hier nun opfert er in meinen Augen ein Stück Gewissen für den Erfolg. Und Anne Boylen wirkte auf mich jetzt doch sehr berechnend. Eine unangenehme Person.

    Ja, man hat schon den Eindruck sich unter "Wölfen" zu befinden. So hatte ich die Bedeutung des Titels ursprünglich auch interpretiert, bevor ich hier erfahren habe, dass das Buch im Original Wolf Hall heißt, wie und wahrscheinlich nach dem Stammsitz der Seymours.