'Vor dem Frost' - Henning Mankell

  • Amazon schreibt:


    Ein Kalb wird bei lebendigem Leib verbrannt, und sechs brennende Schwäne fliegen über den Marebo-See. Frauen verschwinden, eine Amerikanerin wird in der Kirche erdrosselt, und ein Lastwagen voller Dynamit lässt den Dom von Lund in Flammen aufgehen. In seinem Kriminalroman spannt Henning Mankell den Bogen von dem furchtbaren Massaker in Jonestown, Guyana 1978, wo ein religiöser Fanatiker seinen Anhängern befahl, Selbstmord zu begehen, bis zum 11. September 2001. Mankell... Lesen Sie mehr


    Ich habe dieses Buch gerne gelesen, auch wenn ich
    anfangs wegen Linda sehr skeptisch war.
    Ein Krimi mit gutem Hintergrund.
    Aber ich denke, dass ich in Zukunft durchaus mit
    ihr leben kann. Zumal sie wohl Verstärkung von Lindmann bekommt,
    den man in der 'Rückkehr des Tanzlehrers' kennenlernt.

  • Was ??????????
    Das wußte ich ja gar nicht, daß die Figur von Lindman da auch drin vorkommt....
    Gute Info!!!

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Hallo, Melkat.


    Ja, ich, vor einiger Zeit. Das war meine Meinung:


    Der neueste Wallander-Roman ist ein WallanderIn-Roman: Linda, die Tochter des dickköpfigen, dickbäuchigen, etwas mürrischen, aber überaus akribisch arbeitenden Kriminalkommissars Kurt hat die Führung übernommen. Sie ist soeben von der Polizeihochschule nach Ystad zurückgekehrt, lebt sieben Tage in der Wohnung des Vaters, bis am 11. September 2001 Außen- und Ordnungsdienst beginnen sollen.


    Vorher jedoch gibt es seltsame Dynamitdiebstähle, brennende Schwäne, einen schwelenden Jungbullen, ein abgefackeltes Zoogeschäft. Eine ältere Dame, die sich das Auffinden verschollener Pfade zur Lebensaufgabe gemacht hat, wird selbst aufgefunden - jedenfalls teilweise. In einer Hütte tief im Wald entdeckt man ihren Kopf, ihre abgeschnittenen Hände, zum Gebet gefaltet. Etwa zu diesem Zeitpunkt verschwindet Anna, die beste Jugendfreundin Lindas, mit der sie anläßlich ihrer Rückkehr nach Ystad wieder Kontakt aufgenommen hatte. In einer von zwei zeitgleich brennenden Kirchen schließlich entdeckt man die Leiche einer Frau, die vor dem Altar mit einem Schiffstau erdrosselt worden ist.


    "Vor dem Frost" handelt davon, wie religiöser Fanatismus entsteht, jedenfalls soll das Buch davon handeln, nicht umsonst endet es ausgerechnet am 11. September 2001. Hundertprozentig gelingt das nicht - Motivation, Entwicklung, Gedankenwelt der letztlich treibenden Täterfigur bleiben nebulös, auch, wenn sich Mankell sehr um Erklärungen be-, fast abmüht. Selbiges gilt für die Anhänger, die christlichen Glaubenskrieger, die bis zur Selbstopferung bereit sind, ihrem vermeintlichen Messias zu folgen - all das muß hingenommen und geglaubt werden, die gereichten Erklärungen allerdings sind wenig glaubwürdig, wirken spröde und passiv, wie die Sektierer selbst: Am Reißbrett entstanden. Mankell hat sich mit dem Thema etwas verhoben.


    Dadurch bleibt dann nicht viel mehr, als ein wiederum gut erzählter, sehr literarischer Krimi, der allerdings nicht besonders spannend ist, mit den üblichen Versatzstücken arbeitet, etwa der immer wiederkehrenden Situation, in der ein Ermittler - in diesem Fall Linda - irgendeinen Zusammenhang ahnt, aber nicht ausmachen kann, derlei mehr. "Vor dem Frost" läßt einige Handlungsstränge offen, verknüpft nicht alle Fäden, wie auch der Täter letztlich zwar identifiziert, aber nicht gestellt wird.


    Bemerkenswert an diesem Buch ist natürlich, daß Tochter Linda das Erbe des großen Vaters antreten soll, der zwar eine nicht unerhebliche Rolle spielt, aber immer nur im Dialog mit der Linda, die ihrerseits reichlich kriminalistische Gaben geerbt zu haben scheint, in vielem dem Vater sogar gleicht - sie ist nur hübscher und jünger -, sich allerdings auf eine Art und Weise verhält, die zumindest in Deutschland zu ihrer sofortigen Suspendierung führen würde. Sie mischt sich in die Ermittlungen ein, handelt eigenständig, gefährdet alles, letztlich sich selbst - kein besonders gutes Beispiel für einen professionell ermittelnden Polizeibeamten, aber sie steht ja am Anfang ihrer Karriere.


    Insgesamt und die Vorgänger betrachtend ist "Vor dem Frost" eher Durchschnittsware, streckenweise arg konstruiert, die Ähnlichkeiten zwischen Wallander und seiner Tochter sind zu deutlich, der selbst formulierte Anspruch wird häufig nicht erfüllt. Es gibt ein seltsames, etwas unbefriedigendes Ende, dick mit einem zuckrigen Epilog bestreut.
    Ganz großes "Na ja".

  • Ich habe es auch vor einiger Zeit gelesen.


    War anfangs etwas enttäuscht aber das hat sich dann gegeben, nun bin ich gespannt wie es mit Linda weiter geht.


    In Tiefe war ja nichts mit Wallander, mal sehen was als nächstes kommt

  • Dieser Wallanderkrimi war der letzte, der mir noch in meiner Sammlung fehlte. Irgendwie bin ich von dem Buch enttäuscht, obwohl ich die Mankell-Bücher sehr mag. Linda ging mir ziemlich auf die Nerven, denn mit ihr wurde eine Person gezeichnet, die ohne Erfahrung munter in alle Gefahrensituationen tappert. Diese Naivität mag ja sehr anrühren, aber ich habe mich oft dabei ertappt, dass ich beim Lesen dachte: Kind, du kannst doch nicht mitten in der Nacht in irgendwelche Wohnungen laufen, irgendwelche obskuren Personen besuchen und verhören und überhaupt zeigte Linda wenig Verstand :-) Saß sie mal in der Tinte, in die sie durch eben dieses Verhalten hereingetappt war, kam natürlich sofort Pappa und rettete sie aus misslichen Situationen. Bisschen realitätsfern das Ganze.


    Was mir an dem Buch positiv auffiel: Wie bei allen Wallanderromanen wird man sofort in den Sog der Mankell-Bücher hineingezogen, ich habe das Buch in zwei Tagen gelesen und einen Teil meiner Nacht dafür geopfert. Ebenfalls positiv fand ich, dass man in diesem Roman durch Linda sehr viel über Wallander erfuhr.


    Fazit: ganz nett, aber bei weitem nicht die Qualität wie bei den guten Wallanderromanen. Mein Favorit ist immer noch "Die weisse Löwin".

  • Habe es heute angefangen, bin mal gespannt, ob ich Eure eingeschränkte Begeisterung teilen werde ...

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Tja, was soll ich sagen: zwischendurch fand ich ihn recht spannend und ich habe mich auch immer aufs Weiterlesen gefreut, aber vom Hocker gehauen hat er mich nicht ...


    Ich kann Toms Rezi fast uneingeschränkt unterschreiben, bis auf folgendes:


    Zitat


    Motivation, Entwicklung, Gedankenwelt der letztlich treibenden Täterfigur bleiben nebulös, auch, wenn sich Mankell sehr um Erklärungen be-, fast abmüht. Selbiges gilt für die Anhänger, die christlichen Glaubenskrieger, die bis zur Selbstopferung bereit sind, ihrem vermeintlichen Messias zu folgen - all das muß hingenommen und geglaubt werden, die gereichten Erklärungen allerdings sind wenig glaubwürdig, wirken spröde und passiv, wie die Sektierer selbst: Am Reißbrett entstanden. Mankell hat sich mit dem Thema etwas verhoben.


    Da muß ich sagen, reichten mir die Gedanken des "Anführers" als Erklärung, ich konnte alles nachvollziehen.

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Hallo,


    mal eine kurze Frage.
    Habe "Vor dem Frost" geschenkt bekommen und überlege, es zu lesen, obwohl ich erst bei "Die weiße Löwin" angelangt bin. Ist das sinnvoll oder sollte ich erst die anderen Wallander-Romane lesen?


    Gruß
    TequilaSunrise :wave

  • Kürzlich habe ich auch versucht, dieses Buch zu lesen. Nach etwas über einem Monat und ca. 300 Seiten habe ich jedoch aufgegeben, ich fand das Buch einfach nur langweilig. Anfangs war ich noch neugierig und lies mich deshalb nicht von Mankells langatmigen Stil abhalten, irgendwann war mir jedoch einfach nur noch egal, was passieren würde. Mankell hat das schon mal besser gemacht ... :-(

  • Nach langem habe ich wieder einen Mankell gelesen. Zuletzt war ich durch Wallanders Erster Fall etwas abgeschreckt von ihm und hatte nach einer Überdosis Wallander einen Entzug dringend notwendig. Die Zeit dazwischen war gut, jetzt konnte ich wieder etwas frischer an den Roman herangehen.


    Sehr gut gefallen hat mir, dass Mankell den Leser in diesem Fall die gewohnte Sicht von Kurt Wallander auf sein Ermittlungsteam durch eine neue Sicht austauscht. Nicht mehr aus dem Blickwinkel vom mürrischen aufbrausenden Kurt Wallander, sondern aus dem Blickwinkel der aufbrausenden Linda, die ihre ersten Schritte in der Welt der Polizei macht, ohne noch Polizistin zu werden.


    Dabei bekommen wir nicht nur neue Sichtweisen über Linda selbst, sondern auch über das gesamte Umfeld. Gestört hat mich, dass Mankell sich aus der Situation, die er am Ende von Brandmauer im Ermittlerteam zurückgelassen hat, durch Schweigen hinauslaviert. Die Spannungen werden mit keinem Wort mehr erwähnt und es spielt sich so ab, als wäre nie etwas passiert.


    Die Mordfälle selbst sind wieder etwas ganz anderes, als Mankell bisher gezeigt hat. Dennoch hat er auch in diesem Krimi gezeigt, dass er es nicht verlernt hat. Geschickt baut er die Spannung auf. Zeigt wieder dem Leser ein wenig mehr vom Verbrechen als den Ermittlern, läßt diese wieder aufholen und überholen.


    Auch wenn Linda das Szepter noch nicht vollständig an sich geriessen hat und Kurt Wallander immer noch deutlich ins Geschehen eingreift, so hat Mankell gezeigt, dass er auch mit anderen interessanten Figuren hervorragende Krimis schreiben kann.

  • Na gut, ich gestehe, ich habe für das Buch drei Tage gebraucht, aber nur, weil ich zwischendurch zur Arbeit musste ... :lache Ich fand es spannend und gut geschrieben. Auch Linda kam dabei sehr gut an.

  • Also wenn du mich fragst, spielt Jonestown keine allzugroße Rolle. Nur Im Epilog wird es wirklich aufgenommen, danach nur noch am Rande erwähnt.


    Zum Buch muss ich sagen, dass es auch für mich stellenweise etwas konstruiert gewirkt hat, grade wenn es um die Ähnlichkeiten zwischen Linda und ihrem Vater geht. Ansonsten hat es mir aber sehr gut gefallen. Mich interessiert das Thema Sekten seit jeher und ich fand es spannend, wie Linda und ihr Vater nahc und nach immer mehr in dieses seltsame Thema vorstoßen.
    Nicht der beste Wallander, aber ein guter :)

  • Lange hatte ich keinen Wallander gelesen und war auch etwas überdrüssig. Mit einigem Abstand zu den Vorgängerbänden hat mir Vor dem Frost gut gefallen. Ein stilles Buch, keine Durchschnittsware und interessant wie zwei Generationen Wallander aufeinander treffen.


    Neun Punkte von mir

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein

  • Mich hat "Vor dem Frost" etwas enttäuscht zurückgelassen, ich hatte es doch in deutlich besserer Erinnerung.
    Zum einen wirkt die gesamte Handlung sehr konstruiert, zum anderen fehlt es ganz einfach an Spannung.
    Linda ist mir zwar durchaus sympathisch, doch ist sie ihrem Vater ganz einfach zu ähnlich, nicht nur menschlich, sondern auch, was den kriminalistischen Aspekt anbelangt.
    Insgesamt betrachtet kein schlechter Krimi, aber auch nicht mehr als Durchschnitt.