Verlockung - Janos Szekely

  • Kurzbeschreibung
    János Székely, Exil-Ungar, begehrter Drehbuchautor in Hollywood, wo er mit Ernst Lubitsch und Marlene Dietrich Triumphe feierte und 1940 den Oscar gewann, hinterließ einen einzigen großen Roman. Die Geschichte des Bauernjungen Béla, der als Liftboy in einem Budapester Luxushotel eine vom nahen Untergang gezeichnete Welt kennenlernt, ist ein ebenso düsteres wie schillerndes Tableau des Ungarn der Zwischenkriegszeit.
    Pressestimmen:
    "Der ungarische Drehbuchautor ... hat mit Verlockung einen wirklich großen Roman geschrieben, der alles vereint: erzählerische Kraft, Sozialgeschichte, Witz, Wut, Trauer, Liebe und Idealismus." Brigitte
    "ein großartiger Roman" bücher
    "eine wunderbare, rasant geschriebene Abenteuergeschichte" InStyle
    "ein ebenso lebendiges wie lebenskluges Buch" SonntagsZeitung
    "Ein schillernder Roman aus der Zeit zwischen den Kriegen. Hinreißend schön!" Dresdner Morgenpost
    "János Székely erzählt in seinem packenden Roman - 1959 erstmals auf Deutsch erschienen und nun wieder aufgelegt - nicht nur die herzerweichende Geschichte eines einsamen, ungeliebten, doch selbstbewussten und wissbegierigen kleinen Helden. Er gibt auch Eindrücke von den Grauen des Horthy-Regimes, weckt Verständnis für jene Lebensbedingungen, die der Humus für Sozialismus und Kommunismus waren, und macht deutlich, wie sogar Menschen, die strengste Armut diszipliniert hat, in Dekadenz verfallen, sobald sie Geld, Champagner und erotische Leidenschaft dazu verführen. Ein zum Lesen und Weiterdenken hinreißendes Buch!" Salzburger Nachrichten
    „Ein großes Buch…ein herrlicher Abenteuerroman aus dem Ungarn der zwanziger/dreißiger Jahre, eine Lektüre, in der man vollkommen versinkt… Die verschiedenen Schichten der ungarischen Gesellschaft bilden hier ein meisterhaftes Fresko. Alle fundamentalen Fragen werden aufgeworfen: Armut, Reichtum, Hunger, Kälte, Freundschaft, Liebe, Sex. Es ist ein Buch voller Lebenswut…“ Magazine Littéraire



    Meine Meinung:


    Obwohl das Buch schon einige Jahrzehnte alt ist, ist mir die Sprache direkt als sehr angenehm aufgefallen, sie liest sich leicht. Szekely kann unwahrscheinlich schön beschreiben, irgendwie hatte ich den Eindruck, als ob mein Opa mir eine Geschichte erzählt.
    Die Handlung spielt in Ungarn zwischen den Weltkriegen, ganz Europa ist im Umbruch, Aufbruch, zwischen Revolution und Untergrund-Bewegungen. Was mich jetzt ein wenig irritiert ist, dass man in Ungarn sehr wohl wusste was Hitler vor hat (Juden und Europa). Merkwürdig :wow, dass die meisten Deutschen den Faschist nicht erkannt haben.


    „Verlockung“ ist ein wunderbares Buch, ich werde es zu meinen Lieblingsbüchern einreihen, weil es von der Sprache, Handlung und Hintergrund einfach hervorragend ist.

  • Hallo Heidi,


    ich bin auf dieses Buch bei der letzten Heidenreich-Sendung aufmerksam geworden und habe es mir notiert. Aufgrund deiner Meinung wird es jetzt ein Stück weit höher auf dem SUB rutschen.


    Danke!

  • Ich bin fast durch damit und mir gefällt die Sprache auch sehr. Am Anfang hat es mich ein klein wenig an den Stil von Siegfried Lenz erinnert. Die geschilderte Armut in Ungarn und sicher auch in anderen Ländern zu der Zeit, mag man sich gar nicht vorstellen...

  • ich habe das buch zum geburtstag bekommen aber noch nciht angefangen . meint ihr das ist auch etwas für jugendliche ? weil ich hätte mir das so eher nicht gekauft...


    lg carolotr

    and so the lion fell in love with the lamb...



    Ein Ring,sie zu knechten,sie alle zu finden,
    Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden
    Im Lande Mordor,wo die Schatten drohn.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von carolotr ()

  • Wer bei dem irreführenden Cover des Romans der Verlockung erliegt und auf einen verklärenden, romantischen Schmachtfetzen hofft, wird bei der Lektüre von Székelys gnadenlos gesellschaftskritischen Roman, mit seinen unbarmherzig ehrlichen Beschreibungen von Armut und Klassengesellschaft, ein böses Erwachen erleben.


    Székely lässt Protagonist Béla in seinem autobiographisch gefärbten Roman durch die Hölle gehen.
    In der ungarischen Provinz gibt Bélas junge Mutter den unehelich gezeugten Jungen in eine Art Heim für arme Bankerte und zieht nach Budapest, um dort zu arbeiten. Sie hat kaum eine Bindung zu dem Jungen.
    Betreut von der, ihm nicht sehr wohlgesonnenen, geldgierigen ehemaligen Hure Tante Rozika, wird der Junge in schlimmster Armut und Hunger groß. Liebe und Geborgenheit sind ihm fremd und machen ihn sogar Angst, wohl aber kann er Prügeln und lernt zu überleben. Trotz all dem hat Béla ein großes Bedürfnis nach Wissen und schafft es bald sogar die Schule besuchen zu dürfen. Er entpuppt sich als einer der gelehrigsten Schüler der Schule.
    Nach dem er eines Tages, in einem besonders harten Winter, beim Diebstahl von Schuhen erwischt wird, muss Béla das Dorf verlassen und muss zu seiner Mutter, mit der er jahrelang keinen Kontakt mehr hatte, nach Budapest ziehen. Anfangs scheint der Junge von der Veränderung in seinem neuen Leben und von der großen Stadt begeistert. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass die Mutter in sehr ärmlichen Verhältnissen lebt und Béla auch die geliebte Schule fortan nicht mehr besuchen darf, sondern eine Lehre in einem Hotel beginnen muss. Die Träume des Jungen zerplatzen, nur der Wunsch dieser Armut zu entkommen treibt ihn voran.
    In dem Hotel lernt Béla erstmals die andere Seite kennen, Reichtum und Dekadenz, die ihn zunächst magisch anzieht; verkörpert von der Exzellenz, einer betörend schönen, aber ebenso unberechenbaren Dame der High Society. Der junge Mann schwankt zwischen den Welten der schlimmsten Armut und des Reichtums. Als seine Exzellenz ihn zu ihrem Geliebten macht erliegt er schließlich der Welt des Glanzes und droht dabei sich selbst zu verraten und zu zerstören.


    In dem 800 Seiten langen Roman lässt Székely dem Leser viel Zeit und Raum, um den jungen Béla genauestens kennenzulernen. Die Kindheit des Jungen und auch seine Gedanken lassen den Leser nicht mehr los. So fühlt man sich denn auch sehr verbunden mit Béla, man versteht ihn, leidet und bangt mit ihm. Verlockung ist eine stilistisch einfach gehaltene Geschichte, aber mit berauschender Gedankenfülle und einmalig plastischen Bildern. Székelys Wut und Ohnmacht über die Zustände zu jener Zeit in seinem geliebten Heimatland scheint in jeder Zeile durch. Oft ist der Roman dadurch auch sehr sozialkritisch und/oder politisch. In einigen Monologen schreit der Autor förmlich: Schaut auf mein Land! Seht was wir durchgemacht haben und noch immer durchmachen! Der Leser wird in diesem Buch nicht in Watte gepackt, er wird mit der harten Keule traktiert.


    Auch heute ist das Buch noch sehr aktuell und einigen Menschen in meinem Umfeld würde ich dieses Buch gerne zur Pflichtlektüre machen. Vieles hat dieses Buch in mir bewirkt.


    Das Buch ist uneingeschränkt als Meisterwerk weiterempfehlen!

  • Das ist einer der perfektesten Romane, die ich je gelesen habe. Und ich kenne schon einige...


    Janos Székely schreibt hervorragend, seine Sprache ist wunderschön. Er zeichnet ein Bild Ungarns der 1920er Jahre derart fein und doch kraftvoll, die Lebensart der Reichen und Schönen im krassen Gegensatz zum Elend der Massen. Die Schicksale haben mich sehr betroffen gemacht, die Charaktere haben mich tief berührt.


    Was mir immer wieder in Romanen gefällt: wenn keine Schwarzweißmalerei betrieben wird. Wenn die Charaktere mit allen Stärken und Schwächen beschrieben werden und agieren dürfen. Wenn niemand restlos gut oder restlos schlecht ist.
    816 Seiten ist das Buch dick, aber Langeweile kam in keinem einzigen Absatz auf. Ich bedaure es sehr, dass Janos Székely seine Absicht aufgegeben hat, eine Fortsetzung zu schreiben. Obwohl der Roman an sich abgeschlossen ist, hätte mich Bélas weiteres Schicksal sehr interessiert.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Worum es geht

    Der kleine Béla, 1913 geboren, wächst als unehelicher Sohn einer Dienstmagd bei einer Ziehmutter unter ärmlichsten Bedingungen auf. Mit 14 Jahren wird er von seiner leiblichen Mutter, die er nur von wenigen kurzen Besuchen kennt, nach Budapest gebracht.
    Der Junge findet zwar Arbeit als Hotelboy, seine wirtschaftliche Lage verbessert sich dadurch jedoch kaum. Reichen Hotelgästen, überheblichen Vorgesetzten und fanatischen Kollegen dient Béla als Spielball für deren frivole Launen und politischen Interessen. Der junge Mann, der gerne weiter in die Schule gegangen wäre und sogar Gedichte schreibt, hat mit dem täglichen Existenzkampf genügend eigene Sorgen, und fühlt sich zunehmend in die Enge getrieben. Als die häusliche und berufliche Situation eskaliert, sieht er in seiner Heimat keine Zukunft mehr.


    Über den Autor (aus der biographischen Nachbemerkung im Buch):
    János Székely wurde 1901 geboren, und ist nach dem Tod des Vaters in äußerst bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Bereits mit 15 Jahren debütierte er als Dichter, verdingte sich als 18-jähriger in Berlin bei einer Speditionsfirma, und machte später als Drehbuchautor Karriere. Ab 1928 arbeitete er bei der Ufa, 1938 emigrierte er in die USA.
    1946 wurde sein autobiographisch gefärbter Roman „Verlockung“ veröffentlicht. Er ist als erster Teil einer Trilogie konzipiert, doch blieben die Folgebände ungeschrieben. Das Werk wurde von der Kritik als einer der großen Gesellschaftsromane der Zeit gefeiert, sein Autor mit Gorki und Zola verglichen.
    János Székely verstarb 1958 in Berlin.


    Meine Meinung
    Mit diesem Roman hat János Székely sowohl inhaltlich als auch stilistisch einen äußerst eindrucksvollen Roman vorgelegt, der dem Leser die sozialen Brennpunkte Ungarns in der Zwischenkriegszeit drastisch vor Augen führt. Die hohe Arbeitslosigkeit mit all ihren traurigen Folgeerscheinungen wie Hunger, Krankheit und Delogierung trieben viele Menschen zum Selbstmord. Es existierte kein soziales Netzwerk, um wenigstens die schlimmste Not zu mildern. Für den heutigen Leser sind viele Schilderungen von Armut und Elend kaum vorstellbar und oft nur schwer zu ertragen.
    Im Gegensatz dazu wird durch Bélas Arbeit in einem Luxushotel die Dekadenz der Zeit vor Augen geführt. Vom Betrag, den zahlreiche Gäste in einer einzigen Nacht für Champagner ausgeben, hätte der Liftboy mit seiner Mutter monatelang sehr gut leben können.
    Die Hilf- und Schutzlosigkeit des Personals vor den unmoralischen Wünschen mancher Gäste, aber auch der Versuch, arglose Jünglinge für Spitzeltätigkeiten zu gewinnen, hat der Autor in seinem Roman beeindruckend verarbeitet. Die psychische Belastung in dieser Situation muss unvorstellbar gewesen sein. Es verwundert nicht, dass Béla sich im täglichen harten Existenzkampf nicht als Retter der Nation sehen kann, sondern nur seine eigene Lage verbessern will. Diese Haltung hat ihn mir sehr realistisch und sympathisch erscheinen lassen. Sicher brauchte es Helden, um Veränderung herbeizuführen, aber Béla hatte dazu keine Kraft. Das entbehrungsreiche Leben von Kindheit an, die unglaublichen Strapazen, die er in Budapest auf sich nehmen musste, um überhaupt zur Arbeit zu gelangen und die Sorgen um seine kranke Mutter raubten ihm jeden Idealismus. Aber gerade dieser Charakterzug hat ihn so lebensecht erscheinen lassen.
    Stilistisch hat mir der Roman ebenfalls sehr gut gefallen. Er ist flüssig zu lesen, in einer einfachen und kraftvollen Sprache verfasst. Es fehlt auch nicht an Spannung, will man doch immer wissen, wie es Béla weiter ergeht, und ob sich sein Schicksal nicht doch noch zum Besseren wendet.
    Die Lektüre des Buches lohnt sich auf jeden Fall, obwohl die ungeschriebenen Folgebände natürlich fehlen, die die Geschichte sicher wunderbar abgerundet hätten.


    Ganz großes Kino!! <3<3<3<3<3:!:


    ASIN/ISBN: 3865550150