Fragen an Joan Weng

  • Ich lege das mal


    "Im Grund eine literaturwissenschaftliche Motivanalyse zum Thema "Frauenschönheit" basierend auf der Theorie, dass Schönheit in den 20er Jahre erstmals für jede/n käuflich zu erwerben ist, woraus sich dann besonders bei Vicki Baum (Pariser Platz 13), Irmgard Keun (Das kunstseidene Mädchen) und Stefan Zweig (Marie Antoinette) ein Warencharakter der Frau ergibt, der allein mit dem Mittel der Bildung (Vicki Baum "stud chem. Helene Wilfuer") zu umgehen ist - da wären wir dann auch wieder dabei, dass Frauen seichte Bücher lesen (müssen), weil ihnen die Bildung für anspruchsvollere fehlt und es keine weiblichen Autoren gibt, etc.. Die Beispiele die Vicky anführt - der Kükentisch im Romanischen - sind historisch."


    "Jein, mein Thema ist die weibliche Schönheit in der Literatur der Weimarer Republik gewesen, Schönheit und Mode als Weg zur Emanzipation. Ich hab mich zwar auch mit Triviallitertur beschäftigt - Vicki Baum, Feutchtwanger - aber der Schwerpunkt lag mehr auf den "Klassikern" der Zeit Roth, Remarque, Zweig, Tergit, etc."


    in diesen Thread, da ich gerne mehr über Diss erfahren wollen würde.


    Lag die Entscheidung, die Analyse vorwiegend anhand der Klassiker vorzunehmen bei Dir oder bei der Betreuung?

    Gibt es überhaupt schon genauere Auseinandersetzungen zu der leichteren Literatur oder Frauenliteratur dieser Zeit?

    Den Einbezug von Stefan Zweig (Marie Antoinette) verstehe ich nicht ganz, da hier ja eine andere Epoche den Hintergrund bildet und die Frauenfigur aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht stammt. Ich möchte aber keineswegs absprechen, dass Marie Antoinette als Ware gedient hat, denn in der Heiratspolitik Felix Austria nube war sie als Tochter von Maria Theresia nämlich nichts anderes, wobei die Mutter selbst Frau die Verkäuferin war.

  • Weil wir in dem anderen Thread über Clara Immerwahr gesprochen haben, muss ich hier anbringen, weil es mich gerade so nachdenklich macht ...

    Du schreibst, dass für Frauen Bildung ein Mittel war, um dem Warenschicksal zu entgehen.

    Ich kenne das Buch von Vicki Baum nicht, aber an anderer Stelle sagst Du ja, dass Helene, als Bespiel für eine rein fiktive Romanfigur, in den Armen ihres Professors landet. Das weitere Schicksal kenne ich nicht.

    Als realhistorische Figur haben wir dann Clara Immerwahr, die dann den Freitod wählt.

    Was bringt der Frau dann die Bildung? Ist Bildung wirklich ein Mittel zur Emanzipation? Am Ende ist die Frau trotz aller Bildung doch nur wieder Ware (= Opfer?) des Mannes?

    Ach herrje ... wenn ich das jetzt weiterspinne: Könnte man das Ganze auf das Motiv der Frau als Hure und Heilige, beide Beispiele natürlich ganz überspitzt, übertragen?

  • Sindolino , könntest du bitte, falls das, was du hier über Helene und Clara Immerwahr erzählst, Teil des Buches ist, die Spoilerfunktion entsprechend benutzen oder im entsprechenden Leseabschnitt diskutieren. Danke!


    Diesen Thread lese ich unabhängig von der Leserunde und des Buchinhalts. Ich möchte das ehrlich gesagt vorher nicht wissen, was mit beiden Frauen passiert.

  • Wie in der Beschreibung oben steht:

    "Hier könnt ihr Joan Fragen stellen, die nicht das Buch der aktuellen Leserunde "Die Frauen vom Savignyplatz" betreffen."

    Meine Anmerkungen hier betreffen Figuren/Personen, die nicht Teil des Buches sind und nicht Teil der Handlung sind.

    Wie ich oben schreibe: "da ich gerne mehr über Diss erfahren wollen würde.", stelle ich hier Fragen, die die Diss von Joan betreffen.

  • Lag die Entscheidung, die Analyse vorwiegend anhand der Klassiker vorzunehmen bei Dir oder bei der Betreuung?


    Gibt es überhaupt schon genauere Auseinandersetzungen zu der leichteren Literatur oder Frauenliteratur dieser Zeit?


    Den Einbezug von Stefan Zweig (Marie Antoinette) verstehe ich nicht ganz, da hier ja eine andere Epoche den Hintergrund bildet und die Frauenfigur aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht stammt. Ich möchte aber keineswegs absprechen, dass Marie Antoinette als Ware gedient hat, denn in der Heiratspolitik Felix Austria nube war sie als Tochter von Maria Theresia nämlich nichts anderes, wobei die Mutter selbst Frau die Verkäuferin war.

    Der Schwerpunkt auf den Klassikern hat sich im Laufe der Arbeit aus verschiedene Faktoren ergeben 1) und wichtigstens: Die Trivialliteraturtitel - wie Selinkos "Ich war ein hässliches Mädchen", Vicky Baums "Paris Platz 13" oder Lili Grüns Werke - ähnelten sich in den Motiven sehr stark und waren daher in der Häufung für die Arbeit unerheblich. Ich habe deshalb Baums "Pariser Platz 13" als beispielhaftes Werk genommen und nehme nur an ausgewählten Stellen Bezug auf andere Titel des Genres 2) Durch eine Festlegung auf Titel der Trivialliterartur hätte sich ein verzerrtes Bild ergeben, da gerade auch die Intelligentia sich sehr mit dem Thema beschäftigt hat und 3) gab es kaum nennenswerte männliche Autoren, die in trivialliterarischen Werken das Schönheitsideal besprochen haben - summa summarum hätte sich durch eine Schwerpunktverschiebung einfach eine andere Arbeit ergeben, als die, die ich machen wollte.


    Soweit ich weiß, sind mehrere Promotionen zu der Thematik "Weibliches Schreiben in der WR" in der Mache, wie weit sie sind, weiß ich allerdings nicht - do Promotionen ziehen sich ja gern mal. Eine zum Thema "Männlicher Blick auf weibliche Kriminelle in der Literatur der WR" ist gerade in den letzten Zügen :)


    Ich habe Zweigs historische Romane deshalb ausgewählt, weil er sie sehr stark mit einem männlichen Blick der Zeit verfasst hat und seine Werke ja auch als Beitrag zur politischen, gesellschaftlichen Situation verstanden sehen wollte. Dasselbe gilt für Feuchtwangers die hässliche Herzogin, da sind wir ja auch im historischen Bereich.

  • Helene Willfuer entdeckt am Ende des Romans ein Serum ewiger Jugend, wird dadurch sehr reich und bekommt den Professor - sie hat es durch Bildung geschafft alles zu bekommen, der Prof ist nur die Kirsche auf dem Kitschkuchen ;) Helenes Schicksal ist nicht in die Wirklichkeit übertragbar und spielt auch in einer fiktiven Zukunft.


    Was mangelnde Bildung - in der Literatur - bringt sieht man an Keuns Kunstseidenem Mädchen, das ausruft "Gott, mach mir eine Bildung, den Rest mach ich mir selbst mit Schminke!" Gott erhört sie - wen wundert's - nicht und am Ende lebt sie auf der Straße, obwohl sie im Laufe des Romans mehrfach die Möglichkeit gehabt hätte, eine andere Zukunft zu bekommen, wenn sie nur durch Bildung eine klarere Weltsicht hätte.