Als wir unsterblich waren - Charlotte Roth

  • Der Roman „Als wir unsterblich waren“ von Charlotte Roth spielt auf zwei Zeitebenen. Bei der Maueröffnung 1989 drängelt eine von Neugierde und Bierseligkeit geleitete Menschenmenge die Ostberliner Studentin Alexandra mitten in die Arme von Oliver aus dem Westteil der Stadt. Es ist, wie könnte es anders sein, Liebe auf den ersten Blick. Doch die Wende konfrontiert Alexandra gleichzeitig mit der Vergangenheit ihrer Großmutter, die den Traummann der Enkelin irgendwoher zu kennen scheint und einen Herzinfarkt erleidet.


    Der weitaus umfangreichere Teil des Romans beginnt kurz vor dem 1. Weltkrieg mit einer ganz ähnlichen Figurenkonstellation, wenn es auch zur gegenseitig bekundeten Liebe noch ein Weilchen hin ist. Die junge Paula und der charismatische Clemens träumen von einer gerechteren Welt und finden in der Frauen- und Arbeitnehmerbewegung und der erstarkenden SPD eine Heimat. Doch der Krieg frisst seine Kinder und die Nackriegs-Ära, jene goldenen Zwanziger, die wohl nur für begüterte Kreise halbwegs auszuhalten gewesen sein müssen, erweist sich als eine Sackgasse, die Liebe zum Randgeschehen verkommen lässt. Verrat, Brutalität und Dummheit scheinen zu obsiegen.


    Dass sich ein Roman ausgerechnet diese wahrlich unrühmliche Epoche deutscher Geschichte und der Proteste einer heute längst erschlafften Volkspartei, der SPD, widmet, verdient ein Lob. Soviel Chuzpe muss eine Autorin erst einmal haben. Und tatsächlich gelingt es Charlotte Roth den Leser in die Kaiserzeit zu entführen und mitfühlen zu lassen, beim Hungern, revoltieren, töten, retten und feiern. Die wenigen Passagen, an der Westfront fand ich außergewöhnlich gut geschrieben. Negativ aufgefallen sind mir die etwas schablonenhaft wirkenden Figuren, wie ins Korsett eines Unterhaltungsromans gepresst, der mehr Wahrheit einfach nicht verträgt. Auch konnte ich nicht immer alle Handlungs- und Denkweisen nachvollziehen. Die Kohlköpfige Wendezeit dient als reiner Stichwortgeber und um die Vergangenheitsgeschichte mit einer fulminanten Überraschung aufzulösen. Aber das sind relativ leichte Schwächen, die dramaturgisch nicht ins Gewicht fallen.


    Das Buch ist klug durchdacht, inhaltlich sehr unterhaltsam, glänzend recherchiert und informativ, ohne sich in geschichtlichen Details zu verheddern. Weitere Stärken sind der gefühlvoll prägnante Schreibstil und die anhaltende Spannung bis zum Schluss.

  • Vielen Dank fuer eure Rezensionen, Aly und Luc.
    Dass du die Figuren als schablonenhaft erlebt hast, tut mir leid, Luc. Umso netter, dass du trotzdem zu Ende gelesen hast (was ich selbst ganz bestimmt nicht gemacht haette).


    Einen schoenen Samstag wuenscht
    Charlie

  • Das Cover passt sehr gut zu dem Roman. Innen sind Bilder aus Berlin 1915 und 1989.
    Der Roman fängt 1989 mit dem Mauerfall an. Er ist in die Gegenwart und Vergangenheit angelegt.
    Einmal geht es um Alex, sie lebt mit ihrer 93jährigen Momi im Osten Berlins.
    Alex fährt mit ihrer Freundin in den Westen und fällt Oliver wortwörtlich in die Arme. Sie verlieben sich und als Alex ihrer Großmutter Oliver vorstellen will, reagiert die panisch.
    Jetzt möchte Alex wissen, was in der Vergangenheit geschehen ist.
    Dann werden wir in die Vorkriegszeit des 1. Weltkrieges katapultiert. Paula und die Freunde ihres Bruders Manfred treffen sich im Strandbad und Paula verliebt sich in Clemens und Harry verliebt sich in Paula.
    Die Studenten treffen sich im Strandbad und debatieren über die Partei und sind politisch sehr aktiv. Sie kämpfen für die Genossen, sie wollen bessere Arbeit und Leben der Arbeiter.
    Die Autorin bringt mir die Zeit sehr nah, ich bin mittendrin. Man erfährt von den Zweifeln der uns zu Freunden gewordenen Personen . Auch die Nebenfiguren sind mir lieb geworden, besonders der Kaffeebudenbesitzer Kuttel. Sie hat ihre Protagonisten mit ihren Höhen und Tiefen, Stärken und Schwächen beschrieben.
    Die Weimarer Zeit kennt man sonst nur aus dem Geschichtsunterricht, in diesem Roman erleben wir sie mit. So geht es bis zum 2. Weltkrieg.
    Paula überlebt und landet mit ihrer Tochter in Ostberlin.
    Der Roman ist eine wunderbar geschriebene Familiengeschichte, in die ich eintauchen konnte.
    Der Autorin ist es gelungen, ein Stück Geschichte lebendig einzufangen.

  • Ich höre gerüchtehalber wie die Spatzen zwei angebliche Tatsachen aus der Buchbranche von den Dächern pfeifen. Einerseits sollen Historische Romane sich in einem argen Tief befinden, zu allen wichtigen und unwichtigen zeithistorischen Personen und zu allen grossen und kleinen Schlachten vergangener Zeiten gibt es unzählige dramatische Liebesgeschichten, aber andererseits fallen mir die vielen Neuerscheinungen die sich mit und rund um den 1. Weltkrieg befassen auf. Sind die Bücher deren Handlung sich vor fast genau einhundert Jahren abgespielt hat, Sachbücher mal ausgenommen, etwa keine Historischen Romane? Ich finde schon ... nur gilt es die raren Perlen in der Flut der aktuellen Publikationen ausfindig zu machen und zu lesen.


    Die Autorin Charlotte Roth sagt mir auf den ersten Blicks nichts und ist mir gänzlich unbekannt, auf den zweiten Blick entdecke ich eine geschätzte Schriftstellerin die sich hinter diesem Pseudonym verbirgt. Für mich eine klare Sache, ich muss das Buch haben und es lesen. Kurzbeschreibung und Cover zielen auf die weibliche Leserschaft ab aber jegliche Befürchtungen in diese Richtung wurden rasch zerstreut, auch männliche Leser dürfen bedenkenlos zu diesem Buch greifen. Es beginnt mit der kleinen Nebengeschichte im Jahre 1989 just in den Tagen des Mauerfalls und der Wende. Alexandra aus der Ex-DDR begegnet der Liebe auf den ersten Blick in Gestalt des Westlers Oliver. Als sie die stürmische Liebe ihrer Grossmutter vorstellt, erleidet diese einen Herzinfarkt. Sie erkennt in Oliver einen Geist der Vergangenheit ...


    Dann setzt der dominierende Handlungsstrang beginnend im Jahre 1912 ein. Schnell erobern die jungen Berliner Paula und ihren Bruder Manfred, ihre Freunde Clemens, Harry und Joachim die Gunst der Leser/-innen und ziehen einem in eine spannende Zeit voller politischer und gesellschaftlicher Veränderungen. Was die Leserschaft weiss, aber die Figuren noch nicht, ist das der 1. Weltkrieg unmittelbar bevorsteht. Die sorglosen Tage am Wannensee werden bald von den Wirren des Krieges abgelöst und verlangen den Protagonisten einiges ab. Sie entwickeln sich und werden eigenständiger, schreiben Artikel in Zeitungen, ziehen in den Krieg und kümmern sich um die verarmte Arbeiterschaft. Sie erleben das Ende des Krieges, die Anfänge der Weimarer Republik und die beginnende Macht der Nazis bis sich der Bogen wieder im Jahre 1989 schliesst.


    Es ist eine fesselnde Geschichte die uns Charlotte Roth erzählt. Die Figuren müssen sich in einer rasant verändernden Welt behände zurechtfinden. Sie reifen und nehmen entschlossen den Platz ein den das Leben für sie bereithält. Das die Autorin die Politik nicht ausspart und die Rolle der Sozialdemokratie und ihrer Bewegung in diesen Roman mit einbringt hat mir als politisch interessierter Leser besonders gut gefallen. Quasi lebendiger Geschichtsunterricht in Romanform. Ein kleines Wagnis vielleicht aber eines das sich gelohnt hat. Wer die Schriftstellerin von anderen Büchern her kennt, dem kann ich mitteilen, dass dieser Roman vom erzählerischen/sprachlichen Stil her zum Lesen das bisher "leichtfüssigste" Werk ist. Wohlgemerkt, das bezieht aber rein auf den Schreibstil und nicht auf den Inhalt den der ist wie gewohnt Erstklassig.


    Ich kann beim besten Willen nichts anmerken was mir nicht gefallen hat. Zu kritisieren habe ich null, nix, nada, niente, ich steh diesbezüglich mit leeren Händen da und auch deshalb auch die sehr gute Wertung von 9 Eulenpunkten. Dieses Werk wird es ziemlich sicher nicht in den Kanon der Weltliteratur schaffen, aber es ist ein lesenswerter Historischer Roman mit Anspruch und gute Unterhaltungsliteratur.

  • Lieber sapperlot, dass du die Berliner Badewanne, Wannensee nennst, sei Dir als Eidgenosse verziehen.


    Charlie wird sich jedoch sehr über Deine Rezi freuen und ich auch, vor allem weil es eben eine männliche Stimme gibt, der dieses Buch zusagt.

  • Im November 1989 passiert viel in Berlin.
    Alexandra eine junge Frau ist mit ihrer Freundin bei der Öffnung der Mauer dabei, hier lernt sie Oliver aus dem Westen kennen und bei beiden ist es Liebe auf den ersten Blick.
    Doch es gibt auch noch das Berlin vor dem ersten Weltkrieg, hier leben Paula und Clemens die sich für die Arbeiter einsetzen.
    Die damalige Verbundenheit setzt sich über Jahrzehnte hindurch fort und Alexandra wird das Wissen darum vielleicht für immer verändern.


    Dies ist mein erster Roman den ich von der Autorin Charlotte Roth gelesen habe. Zwar hat sie schon unter anderem Namen Romane geschrieben, die ich aber irgendwie noch nicht gelesen habe.
    Das Thema des Buches hat mich angesprochen, auch das die Handlung auf zwei Zeitebenen aufgebaut ist fand ich ansprechend.
    Auch kam ich mit dem Schreibstil gut klar, allerdings habe ich mich im Laufe des Buches mit der Handlung etwas schwer getan wieso auch immer.
    Im Prinzip erzählt Paula ihr Leben und erst je weiter die Handlung voran schreitet versteht man dann wie die zwei Zeitebenen zusammenhängen.
    Gerade dies fand ich interessant und ich war auch erstaunt wie ein Mensch das erlebte Komplett verdrängen kann und es schafft in ihrer eigenen kleinen Welt zu leben ohne allzu viel von ihrer Umwelt mitzubekommen.
    Das was Paula und Clemens mit ihren Familien und Freunden erlebten und wie sie sich für die Arbeiter eingesetzt hat war wirklich gut erzählt.
    Alle Figuren die im Laufe des Romans auftauchen, waren so ausführlich beschrieben, so dass man sich diese während des Lesens gut vorstellen konnte.
    Eine wirkliche Lieblingsfigur hatte ich eigentlich nicht, da mir Paula trotz ihres Mutes doch immer wieder etwas Naiv vorkam.
    Auch Alex hätte ich gerne etwas geschüttelt, aber gut ich hatte auch eine Oma die über diese Zeit gesprochen hat und nie geschwiegen hat.
    Die Handlungsorte waren auch sehr gut beschrieben und viele Bilder die hier erzählt werden kennt man auch aus Büchern oder auch aus Dokumentationen von den Aufständen oder dem Krieg.
    So konnte man sich auch während des Lesens die Orte gut vor Augen führen.
    Wenn die Handlung nicht doch irgendwann etwas zu langatmig geworden wäre hätte mir das Buch eindeutig besser gefallen.
    Wer an diesem Teil der deutsch-deutschen Geschichte interessiert ist, dem wird dieses Buch gefallen.
    Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

  • Zitat

    Original von Findus


    Charlie wird sich jedoch sehr über Deine Rezi freuen


    Und ob!
    Und ueber "Wannensee" freu ich mich auch. Fuer uns passt das. Wir haben fast alle da schwimmen gelernt (nur ich nicht, ich hab's in der Krummen Lanke gelernt).


    Besonders vielen Dank auch fuers Einstellen bei Amazon, sapperlot! Das hilft sehr weiter. Ich freu mich, dass Du's gern gelesen hast und ich freu mich, dass Du's leichtfuessiger fandest als den Rest. Das ist mein Wunsch und mein Ziel schon so lange und es ist ein so muehsamer Weg ...


    Alles Liebe von Charlie

  • „Als wir unsterblich waren“ beginnt im November 1989 in Berlin. Dort erlebt die Ostberliner Studentin Alexandra hautnah die aufregenden Stunden des Mauerfalls und verliebt sich dabei Hals über Kopf in den Westberliner Oliver. Die beiden lassen sich glücklich verliebt von der Euphorie der Wendetage treiben. An jenem Tag jedoch, als Alexandra beschließt Oliver ihrer Großmutter Momi vorzustellen wird ihre Liebe auf eine harte Probe gestellt, denn Momi erleidet bei Olivers Vorstellung einen Herzanfall. Mit dem Tode ringent beschwört sie Alex, dass diese sich von Oliver und seiner Familie fernhalten soll. Doch Alex will um ihre Liebe kämpfen und beschließt zu ergründen, welche Ereignisse in der Vergangenheit Momi zu dieser Reaktion getrieben haben. Der Beginn dieser Geschichte liegt vergraben in Berlin in den Tagen vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Alex kämpt bei der Suche nach ihren Wurzeln gegen die Zeit, den Momi hat nur noch wenige Tage zu leben und nur sie kann noch Antworten geben auf längst vergessen zu scheinende Fragen.


    Als ich zum ersten Mal die Inhaltsangabe zu „Als wir unsterblich waren“ las wusste ich bereits, dass ich dieses Buch haben muss. Auch der Titel verspricht ja schon großes Kopfkino. Zum Cover kann ich nur sagen, dass der Verlag voll ins Schwarze getroffen hat. Die beiden Fotografien in der Klappbroschur sagen dabei schon unheimlich viel über die Story und auch über die Historie allgemein aus.


    Charlotte Roth thematisiert in ihrem Buch eine ganze Reihe von historischen Ereignissen, die Deutschland im vorangegangen Jahrhundert bewegt haben. Vom Ersten Weltkrieg, Novemberrevolution, Weimarer Republik und Naziterror erzählt die Autorin nicht nur spannend sondern auch lehrreich, ohne dabei kompliziert zu werden. Eingebettet ist das Ganze in eine Geschichte, die auf zwei Zeitebenen spielt. Die Geschichte von Paula, die im Jahr 1915 beginnt, hatte dabei für mich weitaus mehr Tiefgang als die von Alex.
    Für mich nahm das Buch erst knapp vor der Hälfte richtig Fahrt auf, weil ich erst zu diesem Zeitpunkt mit den Charakteren warm wurde. Dann jedoch zog es mich so in seinen Bann, dass ich nicht mehr aufhören konnte zu lesen bis ich am Ende angelangt war.


    „Als wir unsterblich waren“ ist eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die sich für die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts interessieren und dabei auf Unterhaltung nicht verzichten wollen. Bitte mehr davon!

  • Meine Meinung:


    "Als wir unsterblich waren" ist ein Roman, der (zumindest mir) ungeheuer viel Wissen vermittelt, allerdings ohne dabei belehrend zu wirken. Durch die sympathischen Figuren erlebt man ein Stück deutscher Geschichte hautnah. Im Gegensatz zum Geschichtsunterricht, wo meist nur Daten und Faktern vermittelt werden, wird hier Geschichte lebendig.


    Die Figuren sind lebensdig, sympathsich und lebensecht gezeichnet. Vor allem der Wechsel von der Rahmenhandlung mit Alex 1989 zu Paula in der Zeit um den 1. Weltkrieg und wieder zurück ist sehr gut gelungen. Hier werden die letzten Sätze des vorherigen Abschnitts im nächsten wieder aufgenommen und so wird das Geschehen auf besondere Weise verknüpft. In der Form habe ich das in noch keienm andern Buch gelesen und mit hat das sehr gut gefallen. Die Figuren haben ihre Ecken und Kanten, sind detailiert ausgearbeitet und sind mir in kürzester ZEit so sehr ans Herz gewachsen, dass ich auch über sie und die handlung nachgedacht habe, wenn ich gerade nicht gelesen habe.


    Zur Handlung selbst wurde schon genug gesagt. Ich fand sie spannend und wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.


    Der sprachliche Stil ist eingänglich, flüssig zu lesen und lässt schnell Bilder im kopf entstehen. Mühelos fliegen die Sieten nur so dahin und ich hätte mir gewünscht, dass das Buch ncoh sehr viel dicker gewesen wäre. So wie es ist, ist es absolut rund, ich hätte einfach gerne noch mehr gelesen.


    Ich kann in dieser Rezi keinen wirklichen Kritikpunkt finden. Vielleicht waren einige Passagen etwas lang, in denen es um politische Aktionen ging, aber sogar das hat für mich da reingepasst.


    Von mir 10 Punkte (mit Sternchen, wenn das geht!).

  • Kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges lebt die junge Paula mit ihrer Familie in Berlin. Sie setzt sich leidenschaftlich für die Rechte von Frauen und Arbeitern ein, an ihrer Seiten kämpfen ihre Freunde für eine gerechtere Gesellschaft.
    Im November 1989 erlebt Alex das Niederreißen der Berliner Mauer und die Öffnung nach Westen. Sie lässt sich mitreißen und findet sich auf einmal in Westberlin und in der Armen eines Mannes wieder. Die Liebe schlägt ein wie ein Blitz und verändert das Leben von Alex in Minuten.
    „Als wir unsterblich waren“ erzählt auf grandiose Art und Weise ein Stück Deutscher Geschichte, die eng verbunden ist mit der Geschichte von Alex und Paula. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts hat das deutsche Volk geprägt, sie ist die Geschichte eines Volkes, das auf der Suche nach sich selbst ist. Die Geschichte hat tiefgreifende Einschnitte in das Leben der Menschen zur Folge, sodass die Wunden auch noch nach Jahren nicht gänzlich verheilt sind.
    Besonders beeindruckt hat mich die überzeugende Darstellung der beiden Protagonistinnen. Beide agieren überzeugend in den jeweiligen Situationen und wachsen an ihnen. Sie machen Fehler und zeigen Stärke, sie sind authentisch, sodass man sie am liebsten bei einer Tasse Kaffee kennen lernen möchte. Auch sprachlich überzeugt die Autorin wieder auf der ganzen Linie, denn sie schafft es die Sprache einer Epoche einzufangen und dennoch ihren eigenen Stil nie ganz zu verlieren.
    Die großen Themen der Menschheit spielen natürlich auch in diesem Roman eine große Rolle: Liebe, Freundschaft, Familie, Vertrauen, Schuld, Neid, Eifersucht: alles, was das Leben zu bieten hat. Das pralle normale Leben von Menschen, die das Leben genießen wollen und denen die Geschichte einen Strich durch die Lebensplanung macht. Aber es geht auch um Schwachheit und Ohnmacht, das untätige Mitansehen, dass etwas aus dem Ruder läuft und man nur dabeistehen kann.
    Charlotte Roth hat einen Roman geschrieben, der mich sehr bewegt hat. Auch noch Stunden nach dem ich das Buch aus der Hand gelegt hatte, ließen mich Paula, Alex und ihre Freunde nicht los, ich saß in der U-Bahn und machte mir Gedanken wie es wohl weitergehen könnte.
    Ich möchte mehr solche Bücher lesen, die nicht nur eine Geschichte erzählen, sondern unsere Geschichte, die Geschichte unseres Landes und Volkes, ein Geschichte, die bis in die Gegenwart hineinwirkt und weiterhin wirken wird. Eine Geschichte die berührt und nicht mehr los lässt. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung an alle, denn dieses Buch ist nicht irgendein Buch, es ist unser Buch!

  • Das ist ein bisschen ZU schoen, Eliza ... aber ich freu mich trotzdem wie sonstwas. Und druck's mir aus. DANKE!


    Vielen Dank, N8eulchen und Quasselstrippe! Es ist sehr schoen, zu lesen, dass ihr das Buch gern gelesen habt, Quasselstrippe trotz Umzugsstress und N8eulchen sogar mit dem Wunsch, noch weiter zu lesen.


    Und an Juliane besonderen Dank fuers Trotzdem-Durchhalten.


    Alles Liebe von Charlie

  • Meine Meinung:


    Mir hat „Als wir unsterblich waren“ von Charlotte Roth sehr gut gefallen.


    Der Roman erzählt abwechselnd auf zwei Zeitebenen. Die Rahmenhandlung beginnt am 9. November 1989, dem Tag des Mauerfalls in Berlin. Die Ostberliner Studentin Alexandra lernt an diesem Tag ihre große Liebe, den Westberliner Studenten Oliver kennen.


    Der zweite Erzählstrang, der wesentlich umfangreichere, erzählt vom Leben der jungen Berlinerin Paula, von ihrer Familie und von ihren Freunden gegen Ende der Kaiserzeit, während des Ersten Weltkriegs und während der Weimarer Republik.


    Dieser Teil des Buches ist nicht immer leicht verdaulich und ich musste ein paar Mal schlucken, denn diese Jahre sind geprägt von Armut, Arbeitslosigkeit, Gewalt und Krieg. Trotzdem habe ich die Paula-Kapitel am liebsten gelesen. Mit Paula hat die Autorin eine bemerkenswerte Frauenfigur geschaffen. Sie wurde für mich beim Lesen zu einem lebendigen Menschen. Ich habe mit ihr gelebt, geliebt und geweint. Ihre beeindruckende Lebensgeschichte hat mich sehr gefesselt.


    Auch alle anderen Charaktere des Romans – die sympathischen wie auch die unsympathischen - fand ich durch die Bank glaubwürdig, sie sind mehrschichtig und sie entwickeln und verändern sich innerhalb des Buches weiter.


    Neben Paula war der Kaffeebudenbesitzer Kutte eine Lieblingsfigur von mir. Er hat dafür gesorgt, dass es bei all den ernsten Themen auch mal etwas zum Schmunzeln gab.


    Da ich über den 1. Weltkrieg und die Weimarer Republik nur sehr wenig wusste, fand ich es sehr interessant, etwas über die politischen Hintergründe der damaligen Zeit zu erfahren. Dank der Autorin, die Geschichte leichtverständlich und unterhaltsam verpackt vermittelt, habe ich sehr viel über den 1. Weltkrieg und die Weimarer Republik dazugelernt.


    10 von 10 Eulenpunkten!

  • Eine starke Frau, nein, es sind mehrere starke Frauen, von denen hier berichtet wird. Es beginnt mit der Maueröffnung im November 1989 – ein Ereignis, das Alexandra, die Enkelin der Protagonistin, aus ihrem Tiefschlaf langsam erwachen lässt. Sie lebt bei ihrer Großmutter Momi, und sie bekommt von der Welt um sie herum nicht sehr viel mit. Ihre Familiengeschichte kennt sie nicht, und sie ist auch nicht interessiert daran. Ihre Mutter ist sehr früh gestorben, ihren Vater kennt sie nicht, und Momi redet nicht darüber. Das wird sich ändern. Neben den Ereignissen Ende 89 wird die Geschichte von Paula erzählt, die 1912 beginnt. Paula ist sechzehn und hoffnungslos verliebt in Clemens, den charismatischen SPD-Mann aus wohlhabender Familie. Ein Freundeskreis trifft sich jeden Sommer am Wannsee zum Baden und Kaffeetrinken mit Bienenstich. Die SPD erfährt viel Zuspruch, man wird Mitglied, man arbeitet für die Partei, und man verehrt August Bebel. Clemens, der auch ein Auge auf Paula geworfen hat, obwohl er noch mit einer anderen verbändelt ist, setzt sich stark für die Arbeiterrechte ein. Viele in der SPD sehen das misstrauisch, da er ja aus einem reichen Elternhaus kommt. Doch Clemens versteht es, Menschen zu überzeugen. Das alles spielt am Vorabend des ersten Weltkrieges, der Leser bekommt einen Eindruck davon, wie die Menschen das damals erlebt haben. Die Autorin beschreibt die politischen Ereignisse und die zwischenmenschlichen Beziehungen im Licht des Geschehens. Dabei springt sie immer mal wieder zu dem Geschehen im Jahr 1989, das ebenfalls interessante Wendungen aufweist. Relativ schnell wird dem Leser klar, dass es sich bei der Momi von Alexandra um eben jene Paula handelt, die von den tragischen Ereignissen der Vergangenheit gezeichnet ist, und die das gern verdrängen möchte. Das diese starke Kämpferin am Ende doch noch ihren Frieden findet, ist das Verdienst von Alexandra und Oliver. Ein wunderbares Buch, wie ich fand, in dem viele interessante Figuren auftauchen. Persönlich hat mich neben den Hauptfiguren der Kutte besonders angesprochen mit seiner „Berliner Schnauze“ und dem Herz am rechten Fleck. Meine Empfehlung: unbedingt lesen, nicht nur als Frau!

  • Ich bedanke mich sehr, sehr herzlich fuer diese zwei schoenen Rezensionen.
    Ganz besonders freut mich, dass meine persoenliche Lieblingsfigur Kutte (gefolgt von Joachim) euch fuer sich erobern konnte, Selma und Sorko. Ich hatte das Gefuehl, Kutte begleitet mich schildschwenkend durch den Roman, und als er zu Ende war, habe ich ihn vermisst.


    Euch noch einmal vielen Dank - Selma dir auch fuer deine vielen interessanten Eindruecke in der Leserunde, die ich so gern gelesen habe.


    Alles Liebe von Charlie

  • Titel: Als wir unsterblich waren
    Autorin: Charlotte Roth
    ISBN: 978-3-426-51206-7
    Originalausgabe Mai 2014
    Verlag: Knaur
    Seiten: 575


    Klappentext:


    November 1989 „Willkommen in Westberlin“ dröhnt es aus allen Lautsprechern, als die Ostberliner Studentin Alexander von der Menschenmenge in die Arme eines jungen Mannes gedrängt wird: Liebe auf den ersten Blick!
    Berlin vor dem ersten Weltkrieg. Die junge und mutige Paula setzt sich leidenschaftlich für Frauen- und Arbeitsrechte ein. Ihre Träume von einer neuen gerechteren Welt teilt sie mit dem charismatischen Studentenführer, mit dem sie Seite an Seite kämpft.
    Damals als sie unsterblich waren beginnt ihre dramatische Geschichte, die auch die Geschichte unseres Landes ist und die Jahrzehnte späte Alexandras Welt für immer verändern wird.



    Meine Meinung:


    100 Jahre seit Ausbruch des I. Weltkrieges. Mit Paula erleben wir ab 1912 wie alles begann – die Liebe aber auch der Krieg bis zur Wende über den II. Weltkrieg. Wie erlebten die Leute die schlimme Zeit? Die Wende.
    Gleichzeitig lernen wir ihre Enkelin Alexandra kennen und erleben wie sie die Wende 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer erlebt. Wie sie ihre große Liebe kennenlernt.
    Ob Karlshorst oder Kudamm; Lindenstraße, Leopoldplatz – jede Straße hat Menschen und Schicksale erlebt. Manche waren politisch aktiv und andere suchten ihren Vorteil. Sie taten alles für ein paar Strümpfe und erhielten nie für sie eingezahlte Versicherungen.
    Ein Buch über 100 Jahre – aber hat sich wirklich etwas verändert bei den Menschen?


    Fazit:


    Ein empfehlenswertes Buch, locker und doch sehr nachdenklich.
    Ich gebe 9 Punkte.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Hier kommt nun auch meine Rezension:


    Als wir unsterblich waren
    Autorin: Charlotte Roth
    ISBN: 978-3-426-51206-7
    Originalausgabe Mai 2014
    Verlag: Knaur
    Seiten: 575


    Klappentext:


    November 1989 „Willkommen in Westberlin“ dröhnt es aus allen Lautsprechern, als die Ostberliner Studentin Alexander von der Menschenmenge in die Arme eines jungen Mannes gedrängt wird: Liebe auf den ersten Blick!
    Berlin vor dem ersten Weltkrieg. Die junge und mutige Paula setzt sich leidenschaftlich für Frauen- und Arbeitsrechte ein. Ihre Träume von einer neuen gerechteren Welt teilt sie mit dem charismatischen Studentenführer, mit dem sie Seite an Seite kämpft.
    Damals als sie unsterblich waren beginnt ihre dramatische Geschichte, die auch die Geschichte unseres Landes ist und die Jahrzehnte späte Alexandras Welt für immer verändern wird.


    Meine Meinung:
    Ich habe das Buch im Rahmen einer Leserunde gelesen.
    Als ich das Buch bekommen habe, dachte ich kurz, schon wieder ein Buch über die deutsche Kriegsgeschichte. Aber bereits nach wenigen Seiten hat mich das Buch gefesselt und nicht mehr losgelassen. Sehr einfühlsam berichtet die Autorin in zwei Zeitsträngen einmal über das Leben von Paula, die Anfang des 20. Jahrhunderts die Liebe zu Clemens und die Leidenschaft zur Politik entdeckt und dann das Jahr 1989, als Alexandra den Fall der Berliner Mauer miterlebt. Die Charaktere werden dem Leser so nahe gebracht, dass man so größtenteils lieb gewinnt, allen voran Kutte, der am Wannsee seinen Kaffeestand betreibt und ein Berliner Urgestein ist. Ich mochte ihn am meisten. Als Berlinerin sind mir natürlich auf viele Schauplätze ein Begriff.
    Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, es hat mir viel Spaß gemacht und es bekommt von mir die volle Punktzahl mit unbedingter Leseempfehlung.
    Außerdem hat mir sehr gut gefallen, wie Charlie die Leserunde begleitet und kommentiert hat. Ebenso wie die angeregte Diskussion innerhalb der Leserunde.

  • Mir hat es auch riesigen Spass gemacht, das Buch mit euch zu lesen, saphiria.


    Und was mich unheimlich freut:
    Normalerweise schafft es meine eigene Lieblingsfigur nie, auch die Herzen der Leser zu erobern, sondern ist immer eher die, die zum Durchschuetteln reizt.
    Diesmal nicht!
    Mein Liebling war auch der Liebling der Runde - der Sieger ist Kaffee-Kutte!
    Das goenn' ich ihm.


    Vielen Dank, dass Du mitgemacht hast!
    Alles Liebe von Charlie

  • Ich habe dieses Buch eher spontan gelesen und bin sehr froh darüber.
    Der Klappentext alleine hatte mich schon neugierig gemacht und die Leserunde hier mit Charlie hat mich bewegt, trotz des Subs das Buch doch gleich zu lesen.


    Das Buch entführt uns sowohl mit Alex Geschichte in der "Gegenwart" als auch mit Paulas in der Vergangenheit mir Zeiten der Geschichte, die man in Unterhaltungsromanen bis jetzt eher selten antrifft.
    Gerade über die Zeit des ersten Weltkriegs wurde bis dato ja eher wenig geschrieben. Genau diese Zeit bringt uns Charlie so lebendig nahe, dass man meint dabei zu sein und endlich wird nicht nur das Grauen des Stellungskriegs sondern auch das alltägliche Leid der Frauen daheim deutlich gemacht.


    Man lebt und leidet mit Paula und ihren Freunden hautnah mit. Und fragt sich, wie wohl die Verbindung zu den Personen im Jahr 1989 zustande kommen wird, ist dies doch lange Zeit eher unklar.


    Die Geschichte von 1989 ist eher ein Rahmen um Paulas Lebensgeschichte und manchmal fiel es mir schwer mit Alex warm zu werden, weil ich diese Zeit so ganz anders empfunden habe als sie. Trotzdem fand ich es spannend zu erfahren, wie sich die Dinge aus der Vergangenheit aufgelöst haben.


    Ich konnte das Buch nur schwer zur Seite legen, sind mir doch alle Protagnisten sehr ans Herz gewachsen. Das Kopfkino lief von der ersten Seite an und gerade der erste Alex-Teil hat mir Gänsehaut beschert, weil ich mich selbst noch sehr intensiv an diese Geschehnisse erinnern kann.


    Das Buch ist definitiv eines meiner Jahreshighlights und ich werde es sicher noch anderen weiterempfehlen.


    Von mir 10 von 10 Punkte