Beiträge von engi

    Paris, die Hauptstadt des 19. Jahrhunderts ...

    Ich habe mal kurz zurück gerechnet und festgestellt, dass ich vor zwanzig Jahren das letzte Mal in Paris war. Umso mehr freute ich mich über die Chance mich mit Marie Lacrosse auf den Weg dorthin machen zu dürfen, um Elise Lambert und Valérie Dumas kennenzulernen, deren Startbedingungen in ihren jungen Leben nicht hätten unterschiedlicher sein können. Während Elises Mutter jeden Tag um das Überleben und die Sicherheit ihrer Familie kämpfen muss, wächst die kleine Valérie behütet in einer wohlhabenden Familie auf. Doch auch sie muss kämpfen, denn sie lebt in einer Art goldenem Käfig mit einer Mutter als Wächterin, die sie am liebsten nicht vor die Türe lassen würde. Beide Mädchen haben ihren eigenen Traum vor Augen, um den sich das Kämpfen zu lohnen scheint. Während die begabte Tochter des Kunsthändlers Dumas tatsächlich ein Kunststudium beginnen darf, gibt Elise alles, um in den immer bekannter und beliebter werdenden Varietés auftreten zu können. Der Weg ist für Beide steinig und gelegentliche Zweifel und dicke Stolpersteine bleiben nicht aus. Doch beide junge Frauen lassen sich nicht die Butter vom Brot nehmen, denn jede Wolke am Himmel hat für sie auch einen Silberstreifen …

    Was für eine Welt du mir beim Lesen eröffnet hast, liebe Marie, einfach fantastisch. So viele bekannte und auch mir bis dato unbekannte Persönlichkeiten liefen mir über den Weg, besonders Henri de Toulouse-Lautrec fand ich sehr schillernd. Während ich einige seiner Bilder kannte, war mir über sein privates Schicksal nichts bekannt. Aber auch die Entstehung des CanCans und der Wandel des Montmartre mit dem Bau der „Moulin Rouge“ sind sehr spannend dargestellt und so hatte ich beim Lesen stets nebenher ein kleines Kopfkino laufen. Alles in allem erhielt ich einen wunderbaren Einblick in das Paris des 19. Jahrhunderts und das Buch hat mir Lust auf eine erneute Reise in die Stadt der Kunst und der Liebe gemacht. Ein paar kleine Längen zogen sich durch die zweite Hälfte, aber dennoch bekommst du von mir überzeugte vier Sterne verbunden mit der Vorfreude auf den zweiten Band, der ja schon Ende des Jahres erscheinen soll. Vielen Dank, liebe Marie für diese schöne Reise. Ich wünsche dir viel, viel Erfolg mit dem Buch!

    Merkmale einer dysfunktionalen Familie ...

    Ich liebe ja komplizierte Familiengeschichten und so sprach mich auch dieser Klappentext sofort an. Ich begebe mich mit Anna Hope auf eine Reise auf die Insel, genauer gesagt in den Süden Englands, nach Sussex. Hier finde ich mich mit der Familie Brooke auf einem riesigen Anwesen wieder, doch leider ist der Anlass ein trauriger – das Familienoberhaupt Philip Brooke lebt nicht mehr und die Kinder und Enkel treffen sich dort zu seiner Beerdigung. Wer jedoch glaubt, ein solches Event schweißt die drei Geschwister enger zusammen, wird enttäuscht sein. Denn während die älteste Tochter Frannie versucht stark zu sein – sie will das Anwesen ja auch übernehmen und renaturieren – brechen die beiden Jüngeren, Milo und Isa, seelisch und körperlich zusammen. Was hat der Vater kaputt gemacht in dieser mächtigen Familie? Seine Kinder scheinen jedenfalls fürs Leben gezeichnet. Als schließlich noch die vermeintliche Tochter Clara von Vaters Geliebter auftaucht, nimmt die Katastrophe ihren Lauf …

    Ich brauchte eine Weile, bis ich mich in dieses Buch eingelesen hatte, aber schließlich schien ich angekommen zu sein auf dem Anwesen und in der Familie. Jeder Protagonist hat sein Päckchen zu tragen und die einen verkraften es besser als die anderen. In dieser Familie stimmte es von Anfang an nicht und keiner will Verantwortung dafür tragen. Während sich mir die Vergangenheit langsam erschließt, taucht noch eine weitere Geschichte von Seiten Clara auf, die mir den Roman schließlich ein wenig verleitete. Somit erhält dieses Buch von mir leider nur 3,5 von Sternen mit einer bedingten Leseempfehlung.

    Hier passt alles ... Fakt und Fiktion verwoben zu einer spannenden Geschichte ... absolute Empfehlung!

    Auf das neue Buch einer meiner Lieblingsautorinnen Claire Winter habe ich regelrecht hin gefiebert und was soll ich sagen, ich wurde auch diesmal nicht enttäuscht. Sie greift mit der schrecklichen Zwangsarbeit in Deutschland während des Zweiten Weltkrieg mal wieder ein brisantes Thema auf, das noch viel mehr Beachtung finden sollte.

    Der Roman schildert die Geschichte rund um die sehr vermögende Unternehmerfamilie Liefenstein, die an sich zwar fiktiv ist, jedoch genau so hätte passieren können. Cosima Liefenstein, die Tochter einem der Söhne der Familie, hat es sich auf die Fahne geschrieben, durch den Krieg bedürftig gewordene Frauen zu unterstützen. Sie gründet eine Stiftung und kann es kaum glauben, was durch und mit ihrer Arbeit langsam, aber sicher über ihre Familie zu Tage tritt. Immer mehr steigert sie sich in die Aufdeckung der schrecklichen Taten, die in der Fabrik ihres Großvaters aber auch in ihrer eigenen Familie geschahen …

    Immer wieder schafft es die sympathische Autorin Claire Winter mich in eine Art Leserausch zu katapultieren. Die Geschichte, die nicht nur historischen Charakter trägt, sondern auch durchaus Krimielemente aufweist, liest sich so spannend, dass man das Buch schwer aus der Hand legen kann. Geschickt mischt sie Wahrheit und Fiktion und wieder einmal war ich zudem schwer begeistert von der extensiven Recherche, die diesem Roman zugrunde liegt.

    Von mir gibt es hierfür die volle Punktzahl und natürlich eine Leseempfehlung. Zudem wünsche ich dir, liebe Claire, ein Riesenerfolg und dem Buch viel Anerkennung und Wertschätzung. Der Roman an sich aber auch das sprachlos machende Thema haben es verdient!

    Von der Gestapo Hauptzentrale zur Gedenkstätte ... so geht Geschichte!

    Der Roman „Hotel Silber“ von dem mir bis dato unbekannten Autor Kai Bliesener konnte mich wirklich restlos überzeugen. Er behandelt ein delikates Thema: wie lief es in Deutschland, nachdem der Zweite Weltkrieg verloren war? Um einen kleinen Einblick zu bekommen, begebe ich mich lesender Weise nach Stuttgart. Hier lerne ich den jungen Polizeibeamten Paul Kramer kennen, der selbst in den letzten Kriegstagen, als sich viele schon längst ergeben hatten, noch in die Mühlen der Gestapo gelangt und in den heiligen Hallen deren Hauptquartiers „Hotel Silber“ gequält und gefoltert wird. Er hat Glück, überlebt die Tortur und findet sich schließlich Wochen später bei der neu gegründeten deutschen Polizeigruppe wieder. Während die Polizeilandschaft noch überwiegend von den Alliierten Streitkräften geprägt ist, versucht man auch mit deutschen Polizisten wieder für Recht und Ordnung zu sorgen. Schnell kristallisiert sich heraus, wer aus dem schrecklichen Krieg gelernt hat und wer am liebsten weitermachen würde wie zuvor. Während Paul an der ehrlichen Aufklärung vorliegender Verbrechen interessiert ist, gibt es genug Kollegen, denen das gar nicht schmeckt. Schnell gerät Paul selbst wieder in das Visier der Unverbesserlichen und muss um sein aber auch um das Leben seiner Freundin Hilde fürchten …

    Kai Bliesener schildert das Leben im Jahr 1945 auf sehr anschauliche Weise. Er schafft es eine lebendige Atmosphäre zu kreieren, die den Leser mitreißt und mehr als einmal mit dem Kopf schütteln lässt. Hier würde ich mir wünschen, dass ich mit Paul Kramer noch viele weitere Fälle lösen darf. Wird es wohl eine Fortsetzung geben? Ich vergebe für den vorliegenden Band sehr gerne mit fünf Sternen die volle Punktzahl und spreche auch eine uneingeschränkte Empfehlung aus. Toll, dass ich auf diesem Ausflug nach Stuttgart mit von der Partie sein durfte.

    Every cloud has a silver lining ...

    Der neueste Roman der von mir sehr geliebten Autorin Anne Stern dreht sich diesmal primär um zwei Frauen. Zum einen lerne ich Lisa kennen, die sich als alleinerziehende Mutter durchs Leben schlägt und von dem Kindsvater zwar Unterhalt, sonst jedoch recht wenig Unterstützung erhält, da er aus der ehemals gemeinsamen Umgebung weggezogen ist. Lisa ist Musiklehrerin, nachdem es mit der Karriere als Berufsmusikerin, die allerdings nur die Mutter, nie sie selbst anstrebte, nicht funktioniert hat. Sie ist frustriert und fast einem Burnout nahe, so sehr überfordert sie die jetzige Situation. Als ihr Exmann Janusz Lisa überraschend das Angebot macht, den gemeinsamen Sohn Paul in den Sommerferien für ein paar Wochen mit nach Polen zu den Großeltern zu nehmen, versetzt sie das in leichte Panikstimmung. Wie soll sie die Zeit ohne Paul überbrücken? Ist er nicht ihr ein und alles? Plötzlich beginnt Lisa ihr eigenes Leben in Zweifel zu stellen. Wofür lebt sie? Wofür brennt sie? Warum ist ihr Verhältnis zu ihrer eigenen Mutter so angespannt und was hat das alles mit der Vergangenheit und ihrem Großvater zu tun, der zu Kriegszeiten ein strammer Nazi war?

    Zum anderen begegne ich Ute auf ihrem Kirschenhof, die ihrerseits – vor allem bedingt durch ihre raumeinnehmende Krankheit – mit sich hadert. Sie lebt allein mit ihrem alten Vater, der sich immer mehr in seiner Werkstatt und tief in seinem eigenen Inneren vergräbt und seiner Tochter gefühlsmäßig wenig beistehen kann. Als schließlich Lisa und Paul in Utes Kirschgarten stehen, scheint für sie ein wenig die Sonne aufzugehen und ein klitzekleiner Hoffnungsstreif zeigt sich am Horizont …

    Aus abwechselnden Perspektiven erfahre ich im Laufe der 33 Kapitel, die sich auf 382 Seiten verteilen, mehr über die beiden Protagonistinnen, die beide schwer an ihrem seelischen und, wie in Utes Fall, körperlichem Gepäck zu tragen haben. Ich tauche mit ihnen ein in die Vergangenheit, versuche aber auch mit Lisa und Ute ihre Gegenwart zu verarbeiten, immer in der Hoffnung, dass das Leben doch eigentlich so viel mehr zu bieten hat, als die Beiden in ihrer jetzigen Situation zu sehen vermögen. Während ich Lisa am Anfang einfach nur schütteln wollte mit ihrem ewigen Gejammer über ihre doch so furchtbare Situation, hatte ich für Ute von Anfang an ein wenig mehr Sympathie, wenn auch manchmal wenig Verständnis. Umso begeisterter war ich miterleben zu dürfen, wie sich Beide im Laufe der Story weiterentwickeln und am Ende alles doch sehr viel positiver aussieht.

    Wie von Anne Stern gewohnt, war auch „Wenn die Tage länger werden“ wieder in einem sehr bildhaften und flüssigen Stil geschrieben. Ich flog durch die Geschichte und war ganz überrascht, wie schnell ich das Ende erreicht hatte. Ich vergebe hier sehr gerne absolut verdiente vier Sterne verbunden mit einer uneingeschränkten Leseempfehlung.

    Es ist schon viel zu lange her, dass ich Paris, die Stadt der Liebe und der Kunst, besucht habe. Und so machte ich mich natürlich gerne durch die literarischen Augen der Autorin Catherine Durant, vielen auch bekannt unten den Namen Petra Mattfeldt, Caren Benedict und Ellin Carsta, auf die Reise ins Jahr 1951. Kaum angekommen treffe ich als erstes auf den sympathischen Amerikaner Jack, der Dank der sogenannten G. I. Bill der US Army ein Künstlerleben in der französischen Hauptstadt genießen darf. Das Geld ist knapp aber die Liebe ist groß, mit der er die zauberhafte Französin Rose Chevalier überschüttet, ein Mädchen aus gutem Hause, das auch ihm nicht abgeneigt ist. Auch Frank Levant ist Amerikaner und hat es als Sänger in Paris zu Ruhm gebracht und ist zudem der kleinen Blumenverkäuferin Amelie hoffnungslos verfallen. Die Liebe der beiden Paare könnte so schön sein, wenn nicht einige gutgehütete Geheimnisse, den französischen Himmel verdunkeln würden. Schnell finden sich die Vier inmitten einer Spionagegeschichte wieder, die mich als Leserin streckenweise die Luft anhalten ließ. Kommen die jungen Leute da heil wieder raus oder holt den ein oder anderen seine Vergangenheit ein?

    Was hier als locker, leichter Liebesroman beginnt, entwickelt sich beim Lesen schnell als eine Spionagegeschichte vom Feinsten. Wie von der Autorin gewohnt, lässt ihre extensive Recherche vor Ort keine Wünsche offen. Als würde ich selbst durch Paris schlendern, konnte ich so die Charaktere begleiten und hatte die schönsten Bilder vor Augen. Die Bemühungen, jedem der Protagonisten eine Kunstrichtung zuzuweisen, sind wunderbar gelungen und so war es mir möglich Jacks Malerei, Roses einzigartige Fotografien, Jacks Musik und Amelies Blütenzauber beim Lesen auf mich wirken zu lassen.

    Hier kommen weder Spannung noch die Liebe zu kurz und das Ganze fügt sich zusammen zu einer rasanten Story. Durch das informative Nachwort der Autorin bekam ich nochmal einen tiefen Einblick in die tatsächlichen Fakten und so vergebe ich hier natürlich sehr gerne mit fünf farbigen Sternen die Bestnote. Alle Bücher, inklusive diesem aktuellen, bekommen von mir eine von Herzen kommende Empfehlung und ich freue mich heute schon auf weitere Geschichten aus ihrer Feder.

    Mit „Echo der Moore“ lerne ich eine für mich neue Autorin kennen und finde mich auch sofort in der Welt der ProtagonistInnen wieder. Hierzu zählen die Zwillinge Theresa und Chrissie sowie deren Mutter Helen. Doch neben den drei genannten Charakteren liegt leider noch ein Schatten auf der Familie, denn der kleine Bruder ist schwer krank und überfordert die Mutter in einem ungeahnten Maß. Sie fühlt sich nicht nur von den Ärzten, sondern auch von ihrem eigenen Mann im Stich gelassen und das Familienleben scheint daran zu zerbrechen. Die ultimativ Leidtragenden sind traurigerweise die Zwillingsmädchen, die in einem sehr jungen Alter nun auf sich selbst gestellt zu sein scheinen …

    In einer Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart lässt mich Nicole Wellemin am nicht immer einfachen Leben der Familie teilhaben. Doch es ist wie im wahren Leben, jeder hat sein Päckchen zu tragen, der eine schwerer, der andere weniger schwer. Die drei Frauen versuchen im Jetzt und Heute den Zusammenhalt der Familie wieder herzustellen, doch stoßen mehr als einmal an ihre Grenzen. Es ist ein Stück harte Arbeit mit mehr als einem Rückschlag, doch schließlich findet die Geschichte einen schönen und befriedigenden Abschluss. Der anschauliche und flüssige Schreibstil der Autorin macht das Buch zu einem angenehmen Leseerlebnis und so vergebe ich sehr gerne vier von fünf Sternen verbunden mit einer Leseempfehlung an alle Familiengeschichtenliebhaber. Das andere Buch der Autorin - „Späte Ernte“ - liegt schon auf meinem SuB und freut sich, für nächsten Monat auf meinen Stapel der zu lesenden Bücher gerutscht zu sein.

    Wenn Geheimnisse zu schwer wiegen, um sie mit ins Grab zu nehmen ...

    Clara, Elisabeth, Anja und Lena … vier Namen, vier Frauen, die in dem neuesten Roman von Katharina Fuchs eine tragende Rolle belegen. Erzählt wird die Geschichte von Clara, einer Frau, die in den 20er/30er Jahren des letzten Jahrhunderts jung war. Sie wurde mit drei Geschwistern in eine Familie an der Armutsgrenze geboren und musste schon früh mit anpacken, um den Familienunterhalt der Familie mitzubestreiten. Während ihre Arbeit als Flaschenwäscherin in der Berliner Brauerei Kindl eine harte ist, versucht sie doch ihr Leben zu genießen und zwackt hier und da etwas für die schönen Dinge im Leben ab. Schnell lernt sie jedoch auch, dass es Menschen gibt, denen es noch viel schlechter geht als ihr selbst und mit ihrer selbstlosen Art hilft sie, wo sie kann. Als sich schließlich mit dem Naziregime die Lage noch weiter zuspitzt, muss auch sie leider feststellen, dass sie an ihre Grenzen stößt.

    Ihre Nichte Elisabeth, inzwischen selbst 94 Jahre alt, hat lange geschwiegen zu den Vorkommnissen in der Familie und trägt nun schwer an dieser Last. Nach und nach öffnet sie sich schließlich gegenüber ihrer Tochter Anja und der Enkelin Lena, die während der Erzählungen wie gebannt an ihren Lippen hängen und schnell merken, wie sehr es Elisabeth zu schaffen macht, die Geheimnisse, besonders auch um Elisabeths Vater, aufzudecken.

    Doch auch die Gegenwart schreibt in diesem Buch Geschichten und so erfahren wir wie Anja, bedingt durch ihre Arbeit, die Pflege ihrer Mutter, die Wohnungsauflösung derselben und den erneuten Einzug beider Töchter auf einen dicken, fetten Breakdown zuzusteuern zu droht. Während die ältere Tochter Anabel „nur“ ein physisches Problem hat, sitzen die Traumata bei der jüngeren Tochter Lena tiefer. Wie soll Anja das alles bewerkstelligen?

    Neben der Familiengeschichte an sich, auf die ich mich sehr gefreut hatte – besonders den Part in der Vergangenheit rund um Clara – findet auch viel Zeitgenössisches den Weg in diesen Roman. Antisemitische Anfeindungen, nicht nur an den Hochschulen an der Tagesordnung sind, und der Konflikt zwischen Israel und dem Gazastreifen sind politisch höchst aktuell und verdienen immer wieder Erwähnung. Aber meiner Meinung nach nicht in diesem Ausmaß in einem Roman, der doch eigentlich Clara und die Vergangenheit im Fokus haben sollte. Bei mir führte es deshalb leider zu einer gewissen Enttäuschung, wenn sich auch das Buch an sich sehr angenehm und flüssig lesen lässt. Eine kleine Bonusfreude hatte ich jedoch, als ich Anna, die kleine Schneiderin aus „Zwei Handvoll Leben“ wieder treffen und somit durch die Heirat Claras mit ihrem Bruder Willy eine kleine Familienführung miterleben durfte. Ich vergebe für „Vor hundert Sommern“ 3,5 Sterne, die ich auf vier Sterne aufrunde. Eine Empfehlung spreche ich aus an alle LeserInnen, die Familiengeschichten lieben und mit der Mischung aus Gegenwart und Vergangenheit gut zurechtkommen. Ich bin gespannt, was sich Katharina als nächstes einfallen lassen wird.

    Theresa zieht dank ihrer frühen Aufzeichnungen Bilanz. Viel hat sie erreicht, da steht wohl auch einer Promotion nichts mehr im Weg. Sie stellt fest, dass sie ihren Platz gefunden hat im Leben. Endlich trifft sie durch einen Zufall auch Frau Loibl, ihre alte Lehrerin wieder, die noch immer kluge Ratschläge zum Leben hat. Nun wird sie wohl tatsächlich eines von Chrissis Kindern unterrichten. Ich finde es schön, wie sich manche Kreise schließen und es immer weitergeht.

    Korbi versetzt alle in Angst und Schrecken, als er nachts nicht nach Hause kommt. Durch eine Verknüpfung unglücklicher Umstände kommt tatsächlich David in Verdacht, etwas mit dem Verschwinden zu tun zu haben. Nach vielen Tränen, viel Tumult und Aufruhr, kommt aber alles wieder in Ordnung und Korbi hat sich endlich geoutet. Ich freue mich für ihn, denke aber dennoch, dass er und seinesgleichen nie ein einfaches Leben haben werden!

    Und in diesen ganzen Schlamassel platzt nun unangemeldet Helene ins Spiel. Sie ist vom schlechten Gewissen geplagt und bittet um Vergebung. Das war mir jetzt fast alles ein wenig zu „Friede, Freude, Eierkuchen“. Klar gab es ein wenig Protest seitens Chrissis aber im Großen und Ganzen hätte es doch für Helene nicht besser laufen können. Und auch die Sache zwischen Korbi und Flo löst sich zur Zufriedenheit aller auf. Wie gesagt, alles ein wenig zu rosa am Schluss, aber dennoch alles schön rund und flüssig zu lesen. Mir hat das Buch wirklich gut gefallen.

    Mittelmäßige Umsetzung einer eigentlich spannenden Idee ...

    „Not your darling“ von Katherine Blake ist ein Buch, das seit Ende letzten Jahres rund um den Erscheinungstermin an allen nur möglichen prominenten literarischen Webseiten auftauchte. So wanderte es schließlich auch auf meinen Stapel ungelesener Bücher und im März 2025 nahm ich es mir nun endlich vor.

    Die Autorin entführt mich ins Hollywood der 50er Jahre. Hier möchte die selbsternannte Visagistin Loretta Darling eine steile Karriere hinlegen, was ihr mit einigen Tricks und Kniffen auch gar nicht so schlecht gelingt. Sie ist talentiert und viele Prominente scheinen eine Art Narren an ihr gefressen zu haben. Doch schnell lernt sie auch die dunkle Seite der Medaille kennen und fällt zuweilen tiefer, als sie es sich je in ihren schlimmsten Alpträumen ausgemalt hatte, Hollywood ist ein hartes Pflaster!

    Ich hätte mir gewünscht, dass ich mich mit Loretta hätte anfreunden können, sah ich in ihr doch eine selbstbewusste junge Frau, die nicht auf den Mund gefallen ist. Doch das gelang mir leider nur mit mäßigem Erfolg. Während die Beschreibung der Filmwelt zur damaligen Zeit sehr gelungen war, fand ich die Entwicklung der Hauptfigur eher schwach. Immer wieder verliert sich die Autorin in Nebensträngen, die nicht wirklich viel zur Handlung beitragen und des Öfteren musste ich auch mal zurückblättern um mir zu Gegenwärtigen, wo und vor allem mit wem ich mich gerade in der Story befand. Ich fieberte fast dem Ende entgegen, das tatsächlich noch mit einer überraschenden Wendung aufwartete, mit der ich aber schon fast gerechnet hatte.

    Meiner Meinung nach hätte man viel mehr aus dieser Idee machen können. Ich denke, mir wird der Roman nicht lange im Gedächtnis bleiben. Ich vergebe drei von fünf Sternen, aber diesmal gibt es von mir keine wirkliche Leseempfehlung. Mir erschließt sich der Hype um „Not your darling“ leider nicht.

    Ich hatte es ja schon geahnt, dass Michi ein Arschloch (Entschuldigung :( ) ist. Aber meine Güte, er ist 32 und sie 15! Ihr mache ich keinen Vorwurf. In Chrissis Augen war er ein cooler Typ, und dass er ausgerechnet auf sie steht, schmeichelt ihr natürlich. Er hingegen widert mich direkt an, mit seinem verwanzten Wohnwagen, seinen ewigen Sexgedönse, seinen schlechten Manieren und natürlich, weil er die arme Chrissi schamlos ausnutzt. „So weh hat es doch gar nicht getan, oder?“ Meine Güte, dieser Typ ist echt das letzte! Ein Gewissen scheint er nicht zu haben. Dass natürlich ausgerechnet Lucas sie rettet, Lucas, in den Resi schon so lange verliebt ist, ist fast ein wenig tragisch. Kein Wunder, dass Resi ausflippt.

    Bei einem gemeinsamen Ausflug nach München in der Gegenwart öffnet sich Resi endlich ihrer Schwester gegenüber. Diese ist schockiert über deren Jobsituation und ihrer Sterilisation und auf einmal erscheint Resis Leben gar nicht mehr so erstrebenswert. Es hat mein Herz beim Lesen gewärmt, die Beiden endlich mal hemmungslos rumtoben zu sehen.

    Mit Helen bin ich inzwischen sauer. Klar versucht sie ihr Leben nach dem Tod ihres Sohns wieder in den Griff zu bekommen, doch vergisst sie darüber vollkommen, dass sie noch zwei gesunde Mädchen hat, die sie jetzt mehr denn je brauchen. Da finde ich ihr Verhalten doch ziemlich rücksichtslos.

    Korbi hat vor seiner geliebten Tante Resi sein „Coming out“. Dumm nur, dass genau in dem Moment David auf der Bildfläche erscheint. Doch die drei schaffen es, gemeinsam die Situation zu retten, wirklich stark! Übrigens, ob aus David und Resi mal mehr werden wird? Oder wäre das dann einfach zu viel Happy End auf einmal?

    Ursprünglich hatte ich nur für Theresa und Chrissi je eine Perspektive geplant. aber dann wurde mir ziemlich schnell klar, dass Helen auch eine braucht. Mir war es ein wahnsinniges Anliegen zu zeigen, dass hier niemald wirklcih SCHULD an der ganzen Misere hat, sondern jede ihr Bestes gibt. Ich wollte keine lieblose Mutter, die nur sich sieht oder die Größeren absichtlich vernachlässigt, oder dem Leid ihrer Töchter gegenüber blind ist, die es einem leicht macht, mit dem FInger auf sie zu zeigen und zu sagen: "Hätts'te mal ... kein Wunder", sondern eine Frau, die ihre Kinder liebt und ihr Bestes gibt und auch ihre Fehler sieht, aber von den Umständen zu Kompromissen gezwungen wird, denen sie nichts bis wenig entgegenzusetzen hat. ihrer eigenen Perspektive Helen auch ein wenig Absolution erteilen.


    Das war eine sehr gute Idee, die du da hattest. Ich finde ja Helen auch durchaus menschlich und sie tat mir auch sehr leid. Gut, vieles ging zu Kosten der Zwillinge, aber ich konnte sie in vielen Punkten auch verstehen. Was ihr wirklich gefehlt hat, war der Ehemann und Vater, der ihr unterstützend zur Seite steht. Ihm mache ich die größten Vorwürfe, auch wenn es für ihn sicher leichter war, sich einfach still und leise aus der Affäre zu ziehen.

    Meine Kinder sind inzwischen längst erwachsen, aber als sie noch klein waren, hatte mein älterer Sohn sehr ausgeprägtes ADHS. Ich erinnere mich, dass ich oft dachte, GsD ist der Kleine ruhig und ich kann meine Kraft auf den Großen verwenden, der mich schon oft sehr gefordert hat. Es ist nicht zu vergleichen mit einem Kind mit Mukoviszidose aber ich stieß schon manchmal an meine Grenzen ...