Ich habe Jane Eyre gelesen, weil mir eine Verfilmung sehr gut gefallen hat, mit Charlotte Gainsbourgh und William Hurt. Ich war jetzt überrascht, wie viel umfangreicher das Buch ist, jedenfalls kann ich mich vom Film her nur an Gateshead, Lowood und Mr. Rochester erinnern, nicht aber an die ganze Zeit, die Jane bei dem Pfarrer und seinen Schwestern verbringt, wo sie dann Dorflehrerin wird. Hätte ich gewusst, dass "Jane Eyre" einen sehr großen Teil des Buches gar nicht bei Mr. Rochester spielt, hätte ich befürchtet, dass mir die anderen Passagen zu lang geworden wären, weil ich vor allem die Liebesgeschichte lesen wollte. Tatsächlich aber habe ich alle Stationen ihres Lebens gefesselt verfolgt und nie gedacht, jetzt müsste es aber mal weitergehen.
Es ist ein herrliches Buch, bis auf ein paar doch arg schwülstig geratene Dialoge mit Mr. Rochester (vor allem von seiner Seite aus) habe ich es durchgehend sehr gern gelesen und war immer stark beteiligt. Jane Eyre, als Ich-Erzählerin, wächst einem einfach ans Herz, vor allem am Anfang, weil man da Mitleid mit ihr hat und sie gleichzeitig für ihren Mut und ihren großen Gerechtigkeitssinn bewundert. Manchmal musste ich auch über sie lachen, wenn sie so ernst und gleichzeitig hitzköpfig war.
Interessant ist auch, wie selbstverständlich hier über Gott gesprochen wird. Man merkt sofort, dass es damals die Regel war, an Gott zu glauben. Sehr modern wirkte auf mich dann aber wieder die Freundin Jane Eyres in Lowood, die ihren ganz eigenen Glauben hat, den sie sich selbst zurechtgelegt hat und der, obwohl sie sich an Jesus orientiert, für mich eher buddhistisch anmutete.
Dass der Roman damals für Aufregung gesorgt hat, kann ich mir vorstellen. Auch heute empfinde ich die Figur Jane Eyre als außergewöhnlich selbstständig und modern. Einfach eine tolle Frau, muss ich sagen!
Und das Buch liest sich tatsächlich wie ein Pageturner, man braucht keine Angst vor der Sprache oder dem Stil zu haben.