Beiträge von Titus Müller

    Sagen wir mal so: den "Schwerpunkt" auf die tatsächlich passierte Historie zu legen und die Figuren passend dazu agieren zu lassen ist für mich dein Markenzeichen. Das macht deine Bücher charakteristisch. Wenn du jetzt ein Buch schreiben würdest, in dem die Historie bloße Staffage ist, wäre ich sehr irritiert. :lache Von daher: alles gut.


    Bei dem Buch finde ich bislang, dass Asta mir persönlich etwas zu sehr "in ein Korsett gepresst" wirkt. Persönlicher Feldzug gegen Göring; Frau, die sich gegen die Militär-Männerwelt und deren Vorbehalte durchsetzen muss; russische Spionin ... - das ist schon gleich zu Beginn viel und so finde ich sie sehr "steif". Dagegen finde ich Leo, Robert oder auch Charlotte wesentlich "menschlicher". Mal sehen, wie sich das noch entwickelt.

    Stimmt, das mache ich gerne so. Muss nur aufpassen, nicht damit zu übertreiben, schließlich soll es ja noch ein Roman sein und sich auch so anfühlen. Bei Asta bin ich etwas weit gegangen ... Ich passe beim neuen Roman auf, dass auch die Figuren, die zum Erzählen der historischen Fakten wichtig sind, genug Innenleben erhalten. Da seht ihr's, wie wichtig diese Leserunde für mich ist!

    Ich finde es toll, dass die die Leserunden so viel geben und du dich so aktiv involvierst, Fragen beantwortest und Hinweise gibst. Das ist nicht selbstverständlich bei Leserunden 🌻🌻

    Ist doch das Beste, was mir passieren kann! Ich darf euch beim Lesen über die Schulter schauen und erfahre eure Gedanken und Eindrücke. Da lerne ich immer eine Menge. Man selbst ist nach einem Jahr Beschäftigung mit dem Roman betriebsblind und weiß oft nicht, ob man zuviel preisgibt oder zuwenig, ob die Figur genug Sympathie erzeugt oder nicht, usw. Euer Eindruck ist frisch und enorm kostbar für mich.

    :gruebel Sie hat doch wahrscheinlich noch die Urteilsverkündung dolmetschen müssen. Das kann nicht ganz ohne Emotionen bei ihr gegangen sein.

    Die wäre auch spannend zu schildern gewesen. Ich habe mich letztendlich dagegen entschieden (und den wichtigen Schluss des Prozesses unterschlagen), weil ich Sorge hatte, den Nazis zu viel Scheinwerferlicht zu geben. Der bleibende Eindruck sollte der Neuanfang sein, nicht der pompöse Untergang der Nazi-Elite. Aber da ich zu Anfang die Aufgabe stelle, sie zu besiegen, musste ich für diese Entscheidung einen hohen Preis bezahlen: Es fehlt das befriedigende Ende, zumindest was diese "Aufgabe" angeht. Es wird nur angedeutet: Als Göring gebrochen wirkt, und als Asta in der Wohnung tanzt und dann um ihre Tante weint.

    Zudem lässt mich dieser rote Faden am Ende etwas unbefriedigt zurück. Schön, dass sie ihr privates Glück mit Leo findet, aber war ihr Hauptanliegen nicht die Verurteilung Görings? Ich hätte gern gesehen, wie sie auf die gerichtliche Urteilsverkündung reagiert und dann auch auf Görings Selbstmord.

    Da hast du recht, das hätte das Hauptthema des Romans nochmal gut abgerundet. Ich schreib's mir auf, vielleicht bekommt der Roman nach einigen Jahren eine Überarbeitung (wie "Die Brillenmacherin" und "Der Kalligraph des Bischofs"), und dann kann ich das Ende noch erweitern. Danke dir!

    Na ja, die Zivilisten waren ja keinen Deut besser als die Uniformierten oder Trug Eichmann Uniform?

    Du hast recht, gar keine Frage! Interessant finde ich es aber trotzdem, denn es zeigt die innere Haltung in einer Mischung aus a) "Ich genieße juristische Immunität, die können mir nichts" und b) "Aber was, wenn doch? Dann bastle ich mir lieber einen Exit-Plan".

    Meine Rezi ist jetzt auch drin. :wave

    Ich danke dir sehr. Man hat ja als Autor insgeheim Dinge, die einem wichtig sind, und mit deiner Bemerkung, "wie wenig Fiktion das Buch letztlich enthält", erwischst du mich voll und ganz. Vielen Lesern wird das egal sein, aber mir (uns) nicht, ha!


    Danke auch, dass Asta ihren eigenen Kopf haben darf, das hast du gut geschrieben. (Auch wenn manches davon sicher geschickter zu lösen gewesen wäre von meiner Seite her.)


    Und dann du als Nürnbergerin, die sich wiederfindet und die Zeit ihrer Großmutter. Stark! Dankedankedanke!

    Die Recherche zu den Verhören war sicherlich nicht einfach. Gerade auch, weil da mehrere Nationen mitspielten. Das ist mit den Russen und ihrem „Überfall“ als Verhörteam auch gut gelungen, finde ich. Da bin ich noch gespannt, wie sich alles weiterentwickelt.

    Frage an Titus: Durftest du für deine Recherche in Verhörprotokolle reinlesen, oder sind diese immer noch unzugänglich unter Verschluss?

    Bei diesem Thema badet man in Material. Die Schwierigkeit ist eher, was lässt man weg. Weil du den "Überfall" der Russen als Verhörteam ansprichst, das ist zum Beispiel alles wirklich so gewesen, die Namen der Beteiligten stimmen und ich zitiere aus dem echten Verhör, ich habe nur kräftig gekürzt.

    Für mich schreit alles nach einer Fortsetzung. :bruell Die Protagonisten Asta und Leo sind noch nicht auserzählt. Wie geht es mit Robert weiter? Kann Charlotte Horst rauswerfen und ihr Leben in die eigene Hand nehmen?

    Ich mochte das Setting sehr, also: :dafuer.

    Der neue Roman, an dem ich gerade schreibe, spielt ja nur drei Jahre später: 1948/49. Es wäre nicht schwer, Asta und Leo wieder auftauchen zu lassen. Trotzdem gelingt mir so etwas nie, und ich werde es diesmal wohl gar nicht erst versuchen. Für "Die Dolmetscherin" zum Beispiel habe ich ein ganzes Kapitel mit Willy Brandt geschrieben (der in meinem Roman "Das zweite Geheimnis" wichtig war), er war ja auch beim Prozess dabei als Berichterstatter für eine norwegische Zeitung. Aber am Ende habe ich's wieder rausgeworfen. Es wirkte wie ein Fremdkörper.


    Ich glaube, ich kriege es besser hin, wenn ich mich ganz auf die neuen Figuren konzentriere. Bin aber ein bisschen neidisch auf die Autoren, die ganze Universen schreiben mit wieder auftauchenden Figuren, und die das gut hinbekommen.

    Das ist mir für diese Figur zu einfach, zu eindimensional. Göring war ein Pilot der aus bürgerlichen Verhältnissen kam und sich von lauter „.von“s in der Luftwaffe umgeben und verachtet sah. Er war keiner von ihnen, er gehörte nicht dazu und dann hat er sich durchgesetzt durch Leistung. Darauf war er- aus seiner Sicht mit vollem Recht- stolz. Er sah sich bis zuletzt als Soldat, als Offizier der seinen Dienst tut. Erschiessen ist für einen Offizier ein ehrenhafter Tod, erhängen eine Schande. Göring glaubte an seine Ehre und wollte nicht wahrhaben, dass er diese schon vor langer Zeit an die falschen verkauft hat. Er wusste aber auch, dass er mit dieser Aktion in der Bevölkerung großen Beifall erzielen würde. Der clevere Göring hat den Siegern ihren Triumph genommen, das war in der Generation meiner Eltern noch eine weit verbreitete Ansicht, verbunden mit Hochachtung. Wie es auch Titus beschreibt, Hitler war der entrückte, die vergötterte Führerfigur. Heute würde man Guru sagen. Göring war Nahbar, war Mensch und wurde geliebt.

    Das hast du gut auf den Punkt gebracht.


    An den Aspekt, dass Göring ein bewundertes Flieger-As war, musste ich mich auch immer wieder erinnern. In seiner Verfassung zur Zeit des Prozesses mochte man das nicht mehr so sehen, aber in den Köpfen war es noch.

    Irgendwo (ich finde die Stelle nicht mehr) habe ich darum gebeten, mit Rezensionen noch zu warten bis zum 13. August. Ich nehm's zurück! Mir melden immer mehr Leute, dass sie das Buch im Laden gekauft haben. Offenbar sind die Läden schon etwas früher beliefert worden.


    Ich lese hier gerne weiter mit und finde es hochspannend, welche Gedanken ihr euch zu den Figuren und zum Prozess macht.


    Danke von Herzen für eure Leseneugier und euer Dabeisein! Ich fühle mich so beschenkt. Vor der Leserunde habe ich gezittert. Aber jetzt gehe ich mit neuem Mut in die vielen Lesungen im Herbst. Euer Gespräch und eure Leseeindrücke lassen mich ganz gut erahnen, wo die Stärken und Schwächen des Romans liegen. Entsprechend suche ich die Lesestellen aus. 8) Nein, im Ernst: Es ist immer eine Freude, hier bei euch zu sein, ich hoffe, wir können das noch ganz oft machen. :knuddel1

    Ich bin gut gestartet in den ersten Teil. Finde Asta als unsere Protagonistin nur irgendwie nicht sonderlich sympathisch, so zumindest in diesem Teil. Sie kommt mir doch ein wenig zu dominat und fordernd rüber. Kann sein, dass man als Frau zu dieser Zeit, um sich in einer Männer dominierten Welt so geben muss, ich finde es allerding doch was überzogen.

    In der ersten Fassung des Romans war sie sanfter – das gefiel aber der Lektorin im Verlag und dem ersten Testleser nicht, also habe ich ihr in der zweiten Fassung mehr Durchsetzungskraft und Mut gegeben. Vielleicht habe ich es damit etwas übertrieben. ;)

    Mich würde interessieren, ob diese Simultanübersetzer hinterher auch eine Kopie von den Dialogen bekommen haben, um wenigstens nachlesen zu können, was sie da eigentlich gesagt hatten.

    Es gab zwölf Stenografen für jede der vier Sprachen und mehr als hundert Übersetzer, die das Mitstenografierte hinterher mit den Tonaufnahmen der Gerichtsverhandlungen verglichen und es bearbeiteten. Ob sich die Simultandolmetscher selber die Aufnahmen nochmal angehört haben, weiß ich nicht.

    Das kann ich nur unterschreiben. Und "Die Sekretärin von Fritz Bauer" wäre sicher ein Buch wert. Schon die Filme sind ja sehr packend und Titus würde das wunderbar auf seine lebendige Weise zu Papier bringen.



    Also wenn ich mir von Titus Müller einen Roman wünschen dürfte hiesse der „Die Sekretärin“ und hätte als Protagonistin die Sekretärin von Fritz Bauer. Auch wenn es über die Geschichte schon Bücher und Filme gibt, so gut wie Titus Müller verwebt keiner Geschichte mit Geschichten. So gut bringt keiner trockene Realität näher indem er Fleisch auf die Knochen packt, das echtem Leben entspringt. Eine Überlast durch die Berichte über den Prozess habe ich so nicht empfunden, schließlich hat die Spannung unter der Asta litt das Ganze getragen. Und auch wenn mir das Ende etwas zu viel offen lässt- (Robert?) Man kann auf eine Zukunft für das Paar hoffen, was doch zuversichtlich stimmt.

    Ich danke euch sehr!


    Und verrückt, über Fritz Bauer als Thema habe ich sogar schon mal nachgedacht. Aber jetzt sind erst mal andere Themen dran. :)