'Die goldenen Jahre des Franz Tausend' - Seiten 229 - 310

  • Diesen Abschnitt fand ich sehr interessant, aber auch sehr bedrückend, gerade was das Schicksal von Ossietzky und viele seiner Schriftsteller-Kollegen angeht.


    Heinrich sitzt weiter zwischen allen Stühlen, versucht, Ossietzky zu helfen, ohne dabei selbst unter die Räder zu kommen, was ihm aber nicht so wirklich gelingt. Alle Versuche, Ossietzky zur Flucht zu bewegen, scheitern, Ossietzky landet im Gefängnis.


    Gleichzeitig wird Heinrich klar, dass Kahlen-Hunte ihn genau deshalb nach Berlin geholt hat - er sollte Ossietzky aus dem Land treiben, damit er aufhört, die Machenschaften der Regierung anzuprangern.


    In diesem Abschnitt kommt es nun zum Prozess von Franz Tausend. Heinrich muss als Zeuge aussagen und stellt entsetzt fest, dass das Gericht alles über ihn weiß, seine Kontakte zu Elisabeth, die Vermittlung von Kahlen-Hunte nach Berlin... Immerhin kommt er Elisabeth wieder näher und es bleibt ihm nur zu Wünschen, dass er bald den Absprung aus Berlin zurück nach München schafft, ehe er kommt unter die Räder kommt.


    Der Abschnitt von Thomas Mann hat mir wieder gut gefallen, wo er sich über den neuen Roman von Lion Feuchtwanger aufregt und darüber, dass er nicht in dessen neuem Buch vorkommt, nicht mal als negativer Figur! :lache


    Ossietzky sitzt nun in Einzelhaft, was für ihn als politischen, weltoffenen und kreativen Menschen seelischer Folter gleich kommt. Immerhin erreicht er noch, dass er wenigstens Schreibzeug und etwas Lesestoff bekommt.


    LG, Bella

  • Der Abschnitt von Thomas Mann hat mir wieder gut gefallen, wo er sich über den neuen Roman von Lion Feuchtwanger aufregt und darüber, dass er nicht in dessen neuem Buch vorkommt, nicht mal als negativer Figur! :lache

    Übrigens ein toller und lesenswerter Roman, "Erfolg" von Lion Feuchtwanger. Und tatsächlich erstaunlich, dass sämtliche wichtigen Größen des Münchner Literaturbetriebs in verkleideter Form auftreten im Roman, nur Thomas Mann nicht.

  • Hier geht es sehr politisch zu, es wird ganz klar, das Carl Ossietzky ein Bauernopfer ist.

    Man hatte so gehofft das er flieht, und ihn in der Presse als Landesverräter hätte darstellen können. So hätte man von den Waffen und der Aufrüstung ablenken können.

    Das Ausland ist empört über Ossietzky Verurteilung und interpretiert es richtig, sie haben das Spiel durchschaut.

    Der arme Ahrndt, wird auch missbraucht für die perfiden Spielchen, nur hat dieser das ganze durch schaut.

    Dieser Ahrndt wird mir immer sympathischer, ein Mann der für gerechtfertigt kämpft

    Franz ist im Prozess noch glimpflich mit 6 Jahren davon gekommen, Ahrndt wird bewusst, wieviel die Richter über ihn wissen, schon wirklich erschreckend.

    Übrigens das Schreiben von Thomas Mann, hat mir imponiert, er nahm kein Blatt vor den Mund.

    Die Liga für Menschenrechte ist an Ahrndt interessiert, was mich nicht verwundert, er passt hervorragend dahin.

  • Und so endet wohl die Geschichte um Franz Tausend. :/ Ich glaub jedenfalls nicht, dass da jetzt groß noch was folgt. Ich hätte mir schon gewünscht, etwas über die Verhaftung zu erfahren bzw. den weiteren Weg dorthin. Aber wahrscheinlich gibt es da auch nicht viel zu erzählen.


    Über Tausends Gefänignisaufenthalt mag ich auch nichts lesen, den stelle ich mir langweilig vor. Interessanter ist dagegen der Strang um Ossietzky samt Gefängnisaufenthalt. Letzteren fand ich gut dargestellt, ich kann regelrecht mitfühlen, wie es ihm im Gefängnis ergangen ist und welche Seelenqualen er leiden muss. Sein Widerstand, sein Eintreten für seine Ideale, seine Haltung sind übrigens bewundernswert. Auch wenn er ein ziemlicher Filou ist (was ich ihm seltsamerweise nicht übelnehme, Maud und Gusti sind für ihn beide, jede auf ihre Art, wichtig).


    Es ist nahezu gruselig, wie die einzelnen Rädchen des Regimes miteinander verzahnt sind. Heinrich beginnt zu begreifen, wie sehr er in allem drinhängt und dass seine Beteiligung an der Sache um Ossietzky von langer Hand geplant war. Hat er mit diesem Wissen denn keine Angst, dass er weiterhin unter Beobachtung steht und seine Verbindung zur Liga für Menschenrechte bekannt wird (oder schon ist)? Er hat recht, wenn er an einer Stelle feststellt, dass Ossietzky auf ihn abgefärbt hat. Er agiert allerdings auch sehr blauäugig, wenn ich da an die Rekrutierung der Beamten denke. Zum Glück hat Martin ihn da noch mal aus dem Schlamassel gezogen...


    Der Abschnitt von Thomas Mann hat mir wieder gut gefallen, wo er sich über den neuen Roman von Lion Feuchtwanger aufregt und darüber, dass er nicht in dessen neuem Buch vorkommt, nicht mal als negativer Figur! :lache

    Diese von Thomas Mann angestellte Überlegung fand ich auch amüsant. :grin Auch Mann steht für seine Ideale ein, wenn auch anfangs aus einer gewissen Eitelkeit heraus. Sein Brief in Sachen Ossietzky zeigt auch deutlich, wofür er steht. Sind dieser Brief und Ossietzkys Artikel auf S. 267/268 eigentlich Original-Abschriften? Und hat sich die Lesung in Berlin genauso ereignet?


    Nun geht es für mich in den letzten Abschnitt. Ich bin gespannt, wie es mit Ossietzky im Gefängnis (und überhaupt) weitergeht und auch, wie sich das Leben von Thomas Mann weiterentwickelt (dass er später in die Schweiz emigriert ist, weiß ich zumindest schon). Franz Tausend... nun ja, er interessiert mich gar nicht mehr, höchstens die Machenschaften Kahlen-Huntes, aber ich fürchte, da wird keine weitere Aufklärung stattfinden.

  • Es ist nahezu gruselig, wie die einzelnen Rädchen des Regimes miteinander verzahnt sind. Heinrich beginnt zu begreifen, wie sehr er in allem drinhängt und dass seine Beteiligung an der Sache um Ossietzky von langer Hand geplant war. Hat er mit diesem Wissen denn keine Angst, dass er weiterhin unter Beobachtung steht und seine Verbindung zur Liga für Menschenrechte bekannt wird (oder schon ist)? Er hat recht, wenn er an einer Stelle feststellt, dass Ossietzky auf ihn abgefärbt hat. Er agiert allerdings auch sehr blauäugig, wenn ich da an die Rekrutierung der Beamten denke. Zum Glück hat Martin ihn da noch mal aus dem Schlamassel gezogen...

    Ich finde es sehr gut erzählt, wie hilflos Heinrich, aber auch Ossietzky u. a. in Bezug auf die politischen Umwälzungen sind. Das Land rennt sehenden Auges in eine Katastrophe und die wenigen, die verstehen, worum es geht, können einfach nichts dagegen tun, weil die Machtübernahme einfach viel zu gut geplant ist.
    Das ist auch ein Grund von vielen (und viel schlimmeren), warum es so wichtig ist, das niemals zu vergessen und aus der Geschichte zu lernen.


    Ich persönlich hätte übrigens weder Franz Tausend noch Thomas Mann in diesem Buch gebraucht. Mir reichen Carl als historische Persönlichkeit und Heinrich völlig.

  • Auch Mann steht für seine Ideale ein, wenn auch anfangs aus einer gewissen Eitelkeit heraus. Sein Brief in Sachen Ossietzky zeigt auch deutlich, wofür er steht. Sind dieser Brief und Ossietzkys Artikel auf S. 267/268 eigentlich Original-Abschriften? Und hat sich die Lesung in Berlin genauso ereignet?

    Ja, das ist alles authentisch, Thomas Manns Brief, die Artikel von Ossietzky, und auch der Ablauf bei der Lesung im Beethovensaal.

    Im Grunde ist es streckenweise gar kein Roman. :grin

  • Ich finde es sehr gut erzählt, wie hilflos Heinrich, aber auch Ossietzky u. a. in Bezug auf die politischen Umwälzungen sind. Das Land rennt sehenden Auges in eine Katastrophe und die wenigen, die verstehen, worum es geht, können einfach nichts dagegen tun, weil die Machtübernahme einfach viel zu gut geplant ist.
    Das ist auch ein Grund von vielen (und viel schlimmeren), warum es so wichtig ist, das niemals zu vergessen und aus der Geschichte zu lernen.

    :write

    Diese Hilflosigkeit ist allgegenwärtig. Egal was die beiden auch tun, den Rechtsstaat, auf den sie bisher vertrauen durften, gibt es nicht mehr. Die, die ehrbar bleiben wollen, kommen unter die Räder. HInzu kommt ja außerdem, dass sie die Entwicklung nicht wahrhaben wollen oder sich nicht vorstellen können, dass das alles gerade wirklich passiert (Ossietzkys Abtun der NSDAP-Wahlergebnisse Gusti gegenüber z.B.).


    Ich persönlich hätte übrigens weder Franz Tausend noch Thomas Mann in diesem Buch gebraucht. Mir reichen Carl als historische Persönlichkeit und Heinrich völlig.

    Hm. Franz Tausend wird immer mehr zur Nebensache. Aber die Szenen um Thomas Mann möchte ich nicht missen. Er und Ossietzky sind ja beide auf ihre Art Sprachrohre der Gesellschaft und mehr oder weniger unbequem mit dem, was sie verbreiten. Sie ähneln sich auf dieser Ebene einerseits, gehen aber mit ihrer jeweiligen Situation völlig unterschiedlich um (das wird im letzten Abschnitt auch noch einmal besonders deutlich). Du hast recht, Ossietzky ist als historische Persönlichkeit allein schon hochinteressant. Aber mit Thomas Mann wird's für mich noch interessanter.

  • Zum letzten Abschnitt kann ich ja noch nichts sagen.

    Die Anekdoten rund um Thomas Mann sind sicherlich auch Geschmackssache. Ich finde sie ja unterhaltsam, aber für einen guten, in die Tiefe gehenden Roman über Carl von Ossietzky nicht nötig.

  • Ich bin mir gar nicht mal sicher, ob das Buch überhaupt ein Roman über Carl von Ossietzky sein will. Ich hab es bisher nicht so gelesen (und der Verlag will uns sogar glauben machen, es ginge hauptsächlich um Franz Tausend :chen). Für mich sind die beiden Handlungsstränge um Thomas Mann und Carl von Ossietzky irgendwie gleichrangig, auch wenn im Ossietzky-Strang sicher etwas mehr passiert, weil auch Heinrich Arndt stark eingebunden ist.

  • Das geht mir anders. Für mich geht es hauptsächlich um Ossietzky, der auch mit Abstand die interessanteste historische Figur in diesem Roman ist (für mich).

    Einen Roman über Thomas Mann hätte ich wohl auch nicht gelesen. Für mich gibt es in dieser Familie interessantere Persönlichkeiten.

  • Die Geschichte um Franz Tausend ist wohl zu Ende, er ist verurteilt und muss nun seine Haftstrafe antreten. Hier gibt es wohl nicht mehr viel zu erzählen.


    Auch Carl von Ossietzky wird verurteilt und muss in Haft, für ihn ist die Isolation besonders schlimm. Ich denke hier liegt noch ein wenig Potential, denn die Geschichte um Maud und Gusti ist noch nicht zu Ende. Wer wird gewinnen? Wird Maud ihre Alkoholsucht überwinden?....


    Thomas Mann ist auch wieder sehr einnehmend gewesen, ich bin immer wieder überrascht. Seine Rede war sehr deutlich....


    Unser lieber Kommissar merkt nun, dass er nur Spielball der Großen war. Er war nur das Mittel zum Zweck. Aber zumindest hat er bei der Verhandlung Elisabeth wieder getroffen. Ich würde es beiden wirklich sehr wünschen, dass sie noch zueinander finden. Eigentlich hat er in Berlin nichts mehr verloren und sollte gucken, dass er relativ schnell den Absprung schafft.


    Werde versuchen morgen das Buch zu beenden...

  • Sehr eindrücklich wird beschrieben, dass der Rechtsterrorismus schon weit vor 1933 stattgefunden hat. Vor allem dadurch, dass sich die NSDAP wichtigen Einfluss in staatlichen Organisationen gesichert hatte. Wehret den Anfängen! Und lernt aus der Vergangenheit. 18 % der Wählerstimmen hatten anfangs schon gereicht.


    Der Buchtitel müsste wohl allgemeiner sein. Eventuell sowas wie “Hochstaplerei in goldenen Zeiten“. Franz Tausend als Titelfigur ist da fast ebensolches. ;)



    Ein Hinweis für die Korrektur vor der nächsten Auflage: Auf Seite 309 müsste jemand in Zeile 7 aus dem “gebe“ ein “gäbe“ machen. :alter

  • Sehr eindrücklich wird beschrieben, dass der Rechtsterrorismus schon weit vor 1933 stattgefunden hat. Vor allem dadurch, dass sich die NSDAP wichtigen Einfluss in staatlichen Organisationen gesichert hatte. Wehret den Anfängen! Und lernt aus der Vergangenheit. 18 % der Wählerstimmen hatten anfangs schon gereicht.

    Das habe ich genauso empfunden.

  • irgendwie erinnert mich das mit der NSDAP, an die AFD, währet euch den Anfängen......

  • Arietta Aber doch nicht erst seit diesem Buch, oder? Da sind nicht nur Parallelen, sondern identische Aussagen und Handlungsweisen bereits seit vielen Jahren zu beobachten.


    Zum Buch: Siehe den Text auf der Umschlagsrückseite: “... und mit unerwarteten Parallelen zu unserer Zeit verblüfft.“. ;)

  • Arietta Aber doch nicht erst seit diesem Buch, oder? Da sind nicht nur Parallelen, sondern identische Aussagen und Handlungsweisen bereits seit vielen Jahren zu beobachten.


    Zum Buch: Siehe den Text auf der Umschlagsrückseite: “... und mit unerwarteten Parallelen zu unserer Zeit verblüfft.“. ;)

    Das wollte ich doch damit ausdrücken, das die Menschen zum größten Teil daraus nichts gelernt haben und die AFD nur als Spuk sehen.