Das Antiquariat der Träume - Lars Simon

  • Produktinformation

    • Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
    • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (22. Mai 2020)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3423219319
    • ISBN-13: 978-3423219310
    • ASIN: B07ZRV1CQY


    Kurzbeschreibung (Verlag):

    Die Magie der Bücher – und der Liebe

    Im Spätsommer 1983 verliert Johan Andersson bei einem Schiffsunglück seine große Liebe Lina. Er bricht alle Brücken hinter sich ab und beginnt ein neues Leben als Antiquar und Cafébesitzer. Doch die Veränderungen in seinem Leben greifen weiter: Seit dem traumatischen Ereignis erscheinen Johan die Figuren seiner Lieblingsbücher leibhaftig. William von Baskerville, Pippi Langstrumpf und Sherlock Holmes bringen aber nicht nur Trost und Zerstreuung. Sie zwingen Johan auch zu einer Entscheidung: Will er ein neues Leben beginnen oder seine verloren geglaubte große Liebe finden? Ein geheimnisvoller Fremder bringt Johan schließlich auf die entscheidende Spur, denn Lina scheint nicht die gewesen zu sein, für die sie sich ausgegeben hat …


    Zum Autor (Verlag):


    Lars Simon, Jahrgang 1968, hat nach seinem Studium lange Jahre in der IT-Branche gearbeitet, bevor er mit seiner Familie nach Schweden zog, wo er als Handwerker tätig war. Heute lebt und schreibt der gebürtige Hesse wieder in der Nähe von Frankfurt am Main. Bisher sind von ihm bei dtv eine dreibändige Comedy-Reihe, das Weihnachtsbuch ›Gustafssons Jul‹ sowie die Urban-Fantasy-Reihe um Zauberlehrling Lennart Malmkvist und seinen sprechenden Mops Bölthorn erschienen. Lars Simon ist ein Pseudonym.


    Meine Meinung:

    Johann Andersson hat gerade seine große Liebe kennengelernt, als er sie auch schon wieder verliert. Bei einem Schiffsunglückgehört Lina wohl zu den Toten, die nie wieder gefunden wurden. Da er mit dem Verlust nicht zurechtkommt, gibt er sein Leben als Verlagsleiter in Stockholm auf und zieht aufs Land um dort ein Literaturcafé mit angeschlossenem Antiquariat zu eröffnen. Gelegentlich tauchen auch literarische Figuren wie William von Baskerville und Sherlock Holmes bei ihm auf, um mit ihm im Dialog herauszufinden, wohin es mit seinem Leben weiter gehen soll.


    Lars Simon zeichnet hier ein tolles Setting, das Literaturcafé würde ich zu gerne auch einmal besuchen. Und auch das Antiquariat ist wirklich sehr idyllisch, Johann merkt man auch die unbedingte Liebe zu alten Büchern immer wieder an. Das Auftauchen der literarischen Figuren bringt ihn gelegentlich in skurrile Situationen, die gerade auf dem Dorf zu besorgten Verhalten seiner Freunde dort führt. Eines Tages bietet sich ihm die Möglichkeit in sein altes Leben in Stockholm zurück zu kehren und da sind ihm seine literarischen Ratgeber wieder eine wertvolle Hilfe, sich über das eigene Leben und auch die gewünschte Zukunft klar zu werden.


    Ich habe Johann sehr schnell ins Herz geschlossen, man wünscht ihm wirklich, dass er in seinem Leben nicht nur zufrieden, sondern auch glücklich ist. Die Geschichte um Linas Verschwinden bestimmt sein Leben immer noch und er muss nun endlich einen Abschluss finden. Das ganze Buch hat etwas magisches und manche Dinge sind nicht mit logischen Mitteln zu erklären. Aber genau diese Magie macht den Spaß am Buch auch aus. Muss ja auch nicht immer alles erklärbar sein.

    Ich habe das Buch tatsächlich nur wegen des Titels und des Covers ausgewählt, hier hat der Verlag definitiv alles richtig gemacht!


    Das Buch wird sicher noch eine Weile in mir nachklingen und ich kann es daher nur empfehlen.

    Und zum Abschluss noch ein sehr wahres Zitat: „Die Augen nach guten Menschen und guten Büchern offenzuhalten, lohnt sich jedenfalls immer.“


    9 von 10 Punkte


    ASIN/ISBN: 3423219319

  • DANKE!

    Das hört sich wirklich toll an!

    Und das von Dir zum Abschluss gewählte Zitat

    Die Augen nach guten Menschen und guten Büchern offenzuhalten, lohnt sich jedenfalls immer.“

    ist nicht nur wahr, sondern wunderschön! :)

  • Lars Simon: Das Antiquariat der Träume


    Durch eine sehr schöne und warmherzige Buchbesprechung - siehe oben - sowie das wundervoll gestaltete Cover bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden.

    Nach einem schweren Schicksalsschlag zieht sich der Verleger Johan in die Einöde Schwedens zurück, eröffnet dort ein Antiquariat mit anhängendem Literaturcafe und gewinnt dort viele neue Freunde. Einige von diesen sind real, nämlich die Dorfbewohner, die immer ein Auge auf ihn haben und ihn unterstützen, einige jedoch sind nicht ganz real, aber nicht minder eine Unterstützung für Johan. Diese Freunde sind Figuren seiner Lieblingsbücher und so stehen ihm William von Baskerville, Sherlock Holmes aber auch Pippi Langstrumpf bei wichtigen Entscheidungen stets zur Seite. An einem gewissen Punkt kommt es zu einer tiefgreifenden Entscheidung, bei der es heißt, folge ich dem schwarzen Pudel, der die Zukunft darstellt, oder dem weißen Kaninchen, das für die Vergangenheit steht.

    Ein sehr schönes Buch, nicht nur aufgrund seines gelungenen Covers, sondern vor allem aufgrund der Geschichte zwischen den Seiten. Hier stimmt wirklich alles zusammen: Der Körper und die Seele des Buches. Eine wundervolle Beschreibung, wie sie im Buch genannt und vermittelt wird. Die Figuren sind schön und deutlich gezeichnet und in der Tat kommen die unsympathischen sehr unsympathisch rüber, sogar die ganze Szenerie ist hier so klar beschrieben, dass beim Leser die Alarmglocken läuten und man ständig versucht ist, Johan zurückzuhalten. Die Geschichte ist sehr warmherzig und voller Liebe, insbesondere voller Liebe zur Literatur und zu Büchern. Es sind tolle Aussagen enthalten, wie z.B. dass auch wenn man sich für eine Seite entscheiden muss, die sich im ersten Moment nur als Schwarz oder Weiß zeigen, können sich daraus ganz viel graue Schattierungen ergeben – ein Ansatz zu Grautönen findet sich auf S. 63, einfach wunderschön. Vor allem ist es aber die Aussage: Lest Bücher, lasst euch von Büchern verzaubern und lasst euch nicht einreden, ihr seid verrückt, weil ihr lest oder euch von Büchern verzaubern lasst.


    Streifi hat das Buch so toll besprochen und sie endet mit einem Zitat aus dem Buch. Auch ich möchte dieses Zitat zum Ende anbringen, doch ein wenig erweitern:

    „Die Augen nach guten Menschen und guten Büchern offenzuhalten, lohnt sich jedenfalls immer. Wer sollte einem sonst erscheinen und aus der Patsche helfen, wenn einen alle anderen verlassen haben.“

    Denn es sind eben die Bücher, die mir jederzeit zur Seite stehen, wo Menschen schon längst gegangen sind.

    Für mich persönlich auch sehr interessant, war das Buch, das in der Geschichte eine große Rolle eingenommen hat: Singoalla von Viktor Rydberg. Ich kannte bisher weder den Autor noch den Titel.

  • Lars Simon: Das Antiquariat der Träume. Roman, München 2020, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-21931-0, Hardcover, 313 Seiten, Format: 13,1 x 3 x 19,6 cm, Buch: EUR 12,00 (D), EUR 12,40 (A), Kindle: 8,99.


    „Ob diese Frau lebt oder nicht, ja selbst, ob sie je gelebt hat oder nicht, ist im Grunde nicht von Bedeutung. Man kann ein Gespenst genauso lieben wie eine Erinnerung, wie eine Idee, wie ein Land, ein Haus oder ein Buch, letztlich sogar wie einen Menschen. Wichtig ist nur, dass Ihr weiter nach der Wahrheit sucht. Was liebt Ihr wirklich und wo werdet Ihr es finden, das sind die großen Fragen.“ (Seite 231/232)


    Hedekas, im Südwesten von Schweden, 1987: Johan Andersson ist ein typischer Lars-Simon-Held: ein kluger und menschenscheuer Eigenbrötler Anfang 30, dem in Beziehungsangelegenheiten das Pech an den Hacken klebt.


    Verliebt und verloren

    Nur zwei Wochen sind ihm mit der zauberhaften Lina Berglund vergönnt. Im September 1983 lernt er die junge Fotografin aus Göteborg auf einer Kreuzfahrt kennen, verliebt sich heftig in sie — und verliert sie dann bei einem tragischen Unglück. Sie ertrinkt in der Ostsee. Das wirft ihn derart aus der Bahn, dass er seinen Job als Verlagsleiter in Stockholm aufgibt, in einem winzigen Dorf einen Bauernhof erwirbt und dort ein Antiquariat nebst Literaturcafé eröffnet. Agnes Eklöv, die verwitwete und etwas altjüngferlich wirkende Schwester des Pastors, hilft ihm dabei.


    Über Linas Tod kommt Johan einfach nicht hinweg. Vielleicht hätte er Abschied nehmen können, wenn er ihm möglich gewesen wäre, ihr Grab zu besuchen. Doch trotz intensiver Recherche hat er nichts über Lina oder ihre Angehörigen herausgefunden. Ob ihre Leiche doch noch gefunden wurde und wo sie beerdigt ist, das weiß er nicht. Es ist, als hätte es Lina Berglund nie gegeben.


    Literarische Halluzinationen

    Manchmal fragt er sich tatsächlich, ob er sich diese Wirbelwindromanze an Bord der Leksand nicht nur eingebildet hat. Seit er auf dem Dorf lebt, verschwimmen für ihn nämlich die Grenzen zwischen Realität und Phantasie: Er hat literarische Halluzinationen. Ihm erscheinen die Figuren aus seinen Lieblingsbüchern: William von Baskerville, Sherlock Holmes, Cyrano de Bergerac, Harry Haller und manchmal auch Pippi Langstrumpf. Mit ihnen spricht er über sein Leben und seine Zukunft. Das bringt nur nicht viel, denn jeder Romanheld hat nicht nur seinen eigenen Sprachduktus, sondern auch eine eigene Meinung. Und so rät ihm jeder etwas anderes.



    Johan kann einfach nicht loslassen. Vielleicht hat Lina das Schiffsunglück ja doch überlebt? Womöglich sucht sie ihn ebenfalls, kann ihn aber wegen seines Allerweltsnamens nicht finden. Facebook hat’s ja in den 1980er-Jahren noch nicht gegeben. Er beschließt, seine Suche nach ihr zu intensivieren.


    Vergangenheit oder Zukunft?

    Oder sollte er vielleicht doch auf seinen ehemaligen Geschäftspartner Magnus Löfwing hören? Der bietet ihm nämlich in einer personellen Notsituation seinen alten Posten als Verlagsleiter in Stockholm wieder an. Magnus findet, Johan solle sich nicht länger auf dem platten Land vor der Welt verstecken, sondern endlich wieder nach vorne schauen.




    Wer meint’s gut mit dem Helden?

    Da fragt man sich, wer hier eigentlich Johans Wohlergehen im Blick hat und wem es nur ums Rechthaben geht. Gut meint es auf jeden Fall Agnes Eklöv, Johans Mitarbeiterin in Hedekas – und ist in ihrer freundschaftlichen Sorge dabei, alles gründlich zu vermasseln. Es hat ihr aber auch niemand gesagt, wie kompliziert und schräg Johans Suche nach seiner verschwundenen Freundin inzwischen geworden ist.


    Ach, ist das herrlich! Die streitenden Romanfiguren, die sich redlich mühen, den unentschlossenen Johan in die richtige Richtung zu schubsen! Dumm nur, dass jeder eine andere Auffassung davon hat, was gut für ihn ist. Sie verunsichern den armen Mann immer mehr und ärgern sich dann, dass er nicht in die Puschen kommt. Besonders Sherlock Holmes hat die fruchtlosen Gespräche satt: Ein Leiden mit Halluzinationen als Symptom erklärt dem daran Erkrankten die Gründe der eigenen Existenz? Das ist grotesk!“ (Seite 291)


    Lange wird Johan Andersson aber nicht mehr abwägen und zaudern können. Bis Mittsommer muss er sich zwischen Vergangenheit und Zukunft entschieden haben. Wer das bestimmt? Einer, mit dem man besser nicht lange herumdiskutiert ...


    Liebeserklärung an die Literatur

    Es ist eine melancholische Liebesgeschichte, aber durchaus mit Humor. Es ist aber auch eine wunderbare Liebeserklärung an die Literatur, insbesondere an alte Bücher. In den schwärmerischen Ausführungen eines betagten Bücherfreunds bekommen selbst Fruchtfliegen-Leichen etwas Romantisches.

    „Wer verstünde das nicht?“, sagte Johan tief beeindruckt. (...)
    „Wer das nicht verstünde? Oh, herzlose Idioten natürlich“, antwortete der Antiquar ruhig, aber wie aus der Pistole geschossen. „Und von denen gibt es viele.“
    (Seite 241)
    Eine Menge passionierte Leser*innen werden dem skurrilen alten Herrn beipflichten und, wie Johan, zustimmend nicken. Diese Menschen dürften DAS ANTIQUARUAT DER TRÄUME lieben.


    Der Autor

    Lars Simon hat nach seinem BWL- und Politologie-Studium zuerst lange Jahre als Marketingleiter einer IT-Firma gearbeitet, bevor er als Touristen-Holzhaus-Handwerker mit seiner Familie mehr als sechs Jahre in Schweden verbrachte. Heute lebt er in der Nähe von Frankfurt/Main.


    ASIN/ISBN: 3423219319

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Hm, ich bin geteilter Meinung.

    Eigentlich ein schönes Buch, aber irgendwie war es auch ein bisschen lahm. Nennen wir es ruhig. Vielleicht hatte ich etwas anderes erwartet.

    Das Ende war mir zu kitschig.


    7 Punkte gibt es aber trotzdem, dafür, dass es eine so große Liebeserklärung an die Bücher ist.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“