'Die rote Tänzerin' - Seiten 001 - 053

  • Bei den Szenen mit Anita hab ich beim Lesen gedacht "was für eine verlorene Person"

    Auf mich macht Anita auch einen wahnsinnig verlorenen und einsamen Eindruck. Sie tut mir irgendwie furchtbar leid. Ich denke, sie gibt sich nach außen ganz anders, als sie in Wirklichkeit ist.

    Ich würde wirklich gerne noch mehr über ihr Leben und ihre Vergangenheit wissen. Es gibt ja bisher nur so einen kurzen Rückblick in ihre Kindheit, der mir sehr gefallen hat. Ich bin mal gespannt, ob da noch mehr Infos über ihre Kindheit oder Jugend kommen.:)

  • Ich habe keine Ahnung - ich bin aber auch beim Buchsatz vollkommen unbewandert ;)

    Müssen Autoren natürlich auch nicht :grin, ich habs halt einfach mal probiert.


    Mittlerweile bin ich mit dem gesamten Abschnitt fertig und ich mag es, wie in einzelnen Schlüsselszenen die komplette Geschichte erzählt wird:thumbup:. Das fühlt sich für mich so an wie "Spotlights" in einem Buch.


    Das Blütenblätterkapitel finde ich ganz reizend :trippel! Vor allem der Satz: "Was braucht man zum Tanzen Kleider?" Das führt toll hin zur späteren Person Anitas und gleichzeitig bekommt man einen Einblick in ihr familiäres Umfeld.


    Auf mich macht Anita auch einen wahnsinnig verlorenen und einsamen Eindruck. Sie tut mir irgendwie furchtbar leid.

    Einsam und auch schon ziemlich "fertig". Und das in ihrem Alter! Dass sie sich nicht an den Namen ihres Ehemanns erinnern kann, finde ich schon sehr heftig - ist ja kein x-beliebiger austauschbarer Liebhaber. Da bin ich schon sehr erschrocken.


    Schön fand ich, als sie so ganz verändert Otto Dix gegenübertritt. :-] Sie könnte schon - schade, dass sie sich so kaputtmacht. Ich denke, sie hätte in Susi durchaus eine wohlwollende Freundin und Stütze, aber wenn man mit sich selbst nicht klarkommt, helfen leider auch keine Freunde oder Ehemänner. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass sich Anita was sagen lassen würde, so von wegen Finger weg von Drogen und Alk.


    Otto Dix Kunst hat mir zwar nicht gleich was gesagt, aber als ich nach seinen Bildern gegoogelt habe, kam mir der Stil dann doch bekannt vor. Durchaus schon mal gesehen. :lache

    Und kaum 10 Jahre später ist es damit schon wieder vorbei.

    Ich musste auch die ganze Zeit daran denken, dass ihnen die wirklich schwierige Zeit ja noch bevorsteht und was noch alles auf sie zukommt! :rolleyes:

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Noch was ist mir eingefallen: vielen Dank an alle für die tollen Links zu Bildern und Videos. :thumbup:Ich hab es mir mit großem Interesse angeschaut, da kann man sich vieles dann doch noch besser vorstellen. Gerne würde ich mal so einen Tanz komplett sehen, leider gibt es wohl nur noch wenig Videomaterial. Aber schon der kurze Ausschnitt im Video vermittelt etwas von Anita Berbers Ausdrucksfähigkeit. Ich kann mir gut vorstellen, dass für sie Kleidung beim Tanzen wirklich hinderlich war.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Gerne würde ich mal so einen Tanz komplett sehen, leider gibt es wohl nur noch wenig Videomaterial.

    Das hätte ich auch sehr gerne getan - aber ich habe auch keine längeren zusammenhängenden Aufnahmen gefunden. Tanztheoretisch hat sie auch wenig Spuren hinterlassen, weil sie nichts selbst verschriftlich hat, es gibt aber beschreibende Berichte - an denen habe ich mich orientiert. Es ist trotzdem sehr schade, dass das verloren gegangen ist!

  • Ich gestehe, ich bin noch nicht ganz im Roman angekommen, auch wenn ich diesen ersten Abschnitt jetzt gelesen habe. Mir fehlt en bisschen der rote Faden (der liegt wohl darin, dass Otto Anita malen möchte, aber alles wirkt - noch? - etwas zerrissen). Andererseits finde ich die Stimmungen und die atmosphärischen Beschreibungen wunderbar be-/geschrieben.


    Z. B. als Otto Dix Anita 1923 tanzen sieht, das hat ihn ziemlich mitgenommen, er war ja regelrecht high, so dass er vor einem weiteren Auftrittsbesuch zurückscheut. Oder auch die Beschreibung, als Otto im Hotel auf Anita wartet.


    Und die Berber ist ja völlig fertig, schon 1923 ist es offenbar eine billige Kaschemme in der sie auftritt, 2 Jahre später weiß sie nicht einmal mehr den Namen ihres aktuellen Ehemannes. Vor Otto tritt sie fast brav, aber ihre Gedanken sind ganz wo anders. Ich kenne sein Bild von ihr, immerhin haben sie sich dann doch zum Malen zusammengefunden.


    Fritz Leopold, ist das Anitas Fritz? Jetzt verheiratet mit vier Kindern, schwer kriegsversehrt ... Auch hier möchte Dix ein Porträt, aber offenbar von Frau Leopold.


    1910 ist Anita wie alt? Ich musste googeln, ok 1899 geboren, also 11, mir kam sie jünger vor, was aber ja eigentlich nicht sein konnte. Schon damals geht sie sehr in Bewegung auf.


    Nachdem ich mich für diesen Post noch einmal mit dem Gelesenen auseinandergesetzt habe, ist mir manches klarer geworden. Wahrscheinlich hatte ich ursprünglich eine andere Erwartung.

  • Fritz Leopold, ist das Anitas Fritz? Jetzt verheiratet mit vier Kindern, schwer kriegsversehrt ... Auch hier möchte Dix ein Porträt, aber offenbar von Frau Leopold.

    Das bringe ich auch noch nicht zusammen - "Anitas" Fritz und den Herrn Leopold. Zwei völlig verschiedene Welten. Ich überlege schon die ganze Zeit, ob es eine falsche Fährte sein könnte, aber das passt jetzt eigentlich nicht zum Buch (und dazu ist es ja auch zu kurz). Und was hätte sonst dieses Kapitel für einen Sinn, wenn es nicht in irgendeinem Zusammenhang mit Anita Berber steht?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • 1910 ist Anita wie alt? Ich musste googeln, ok 1899 geboren, also 11, mir kam sie jünger vor, was aber ja eigentlich nicht sein konnte. Schon damals geht sie sehr in Bewegung auf.

    Ich würde auch sagen, dass sie für ein modernes Kind zu naiv wäre - mit 10, fast elf (es spielt ja im Frühling) sind die Kinder in meinem Umfeld alle weiter, aber ich habe mal in einem Erziehungsratgeber gelesen, dass die Kinder vor 100 Jahren im Vergleich zu den modernen Kindern 2-3 Jahre "zurück" waren, wenn sie denn behütet aufwuchsen (Für Arbeiterkinder gilt das natürlich nicht). Dann wäre sie nach heutigem Verständnis um die 8 Jahre und das wäre für ein modernes Kind das passende Alter (meiner Meinung nach)

  • Dass sie sich nicht an den Namen ihres Ehemanns erinnern kann, finde ich schon sehr heftig

    Du wirst lachen - einer Freundin von mir ist das tatsächlich mal passiert, dass sie sich nicht mehr an den Namen ihres Mannes erinnern konnte. Sie hat ihn dann aber einfach gefragt. :rofl Und nein, es waren weder Alkohol noch Drogen im Spiel.

  • Schön fand ich, als sie so ganz verändert Otto Dix gegenübertritt. :-] Sie könnte schon - schade, dass sie sich so kaputtmacht. Ich denke, sie hätte in Susi durchaus eine wohlwollende Freundin und Stütze, aber wenn man mit sich selbst nicht klarkommt, helfen leider auch keine Freunde oder Ehemänner. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass sich Anita was sagen lassen würde, so von wegen Finger weg von Drogen und Alk.

    Ich denke auch nicht, dass Anita sich in ihre Art zu leben irgendwie reinreden lassen würde (auch wenn es gute und ehrlich gemeinte Ratschläge sind). Andererseits habe ich aber auch nicht das Gefühl, dass sie sich zu irgendetwas drängen lassen würde, das ihr nicht passt. Sie hat einen eigenen Kopf, der aber über die Jahre zunehmend von Drogen und Alkohol vernebelt wird. Der Absturz ist da leider nur eine logische Konsequenz.

  • Du wirst lachen - einer Freundin von mir ist das tatsächlich mal passiert, dass sie sich nicht mehr an den Namen ihres Mannes erinnern konnte. Sie hat ihn dann aber einfach gefragt. :rofl Und nein, es waren weder Alkohol noch Drogen im Spiel.

    Jetzt musst du aber schon die ganze Geschichte erzählen! Wie kann das sein?:sehrverdaechtig

  • Jetzt musst du aber schon die ganze Geschichte erzählen! Wie kann das sein?:sehrverdaechtig

    Naja, viel zu erzählen gibt es da eigentlich nicht. Meine Freundin hat das mal als lustige Anekdote erzählt. Wenn ich mich da richtig dran erinnere, ist sie wohl auf der Couch eingeschlafen, dann aufgewacht und hat ihren Mann tatsächlich nicht erkannt. Worauf hin sie ihn gefragt hat: "Wie heißt du?"

    Das muss aber in einer sehr frühen Beziehungsphase gewesen sein.

  • Sachen gibt's - wobei meine beste Freundin mich mal in vollkommen wachem, nüchternen Zustand nicht erkannt hat, weil ich meine Haare ganz frisch vom Friseur geglättet hatte ^^ Und später meinte sie, sie habe sich noch gedacht: Was für ein drolliger Zufall, die hat dieselbe Jacke wie Joan. Was glotzt die denn so?:yikes8|:rofl

  • Ich denke schon, dass sie im Grunde das Leben lebt welches sie möchte bzw. nicht anders kann.............

    Wobei das auch ein Verhalten aus Trotz sein kann. So nach dem Motto, ich bekomme nicht das, was ich möchte, also lass mir auch von anderen nicht sagen oder vorschreiben, wie ich zu leben habe.

  • Mir fiel der Einstieg nicht so leicht, weil es sehr viele Orts- und Zeitwechsel gab. Beeindruckend fand ich die Szene aus Berlin 1923, als Otto Dix so völlig verstört endet. Auch seine Erinnerungen an seine wilde Zeit hatten etwas. Nun ist er ja ein absolut Bürgerlicher geworden, also mit Frau, Kind und geregeltem Tagesablauf. Irgendwie fasziniert er mich mehr als die Tänzerin Anita Berber.

    Bei vielen Szenen spürt man den Atem der damaligen Zeit und den Willen, sich zu amüsieren, was immer es auch kostet.

    Anita Berber gibt ein sehr differenziertes und auch verwirrendes Bild ab. Schon als junges Mädchen ist sie dem Tanz verfallen und in den Szenen in den 20-er Jahren wirkt sie schwer gezeichnet und sogar verbraucht. Ihre Managerin Susi scheint aber noch genügend Einfluss zu haben, um sie zumindest hin und wieder zu erden. Ihr Auftritt als Limonade trinkende Unschuld wirkte auf mich verstörend.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Ich gestehe, ich bin noch nicht ganz im Roman angekommen, auch wenn ich diesen ersten Abschnitt jetzt gelesen habe. Mir fehlt en bisschen der rote Faden (der liegt wohl darin, dass Otto Anita malen möchte, aber alles wirkt - noch? - etwas zerrissen). Andererseits finde ich die Stimmungen und die atmosphärischen Beschreibungen wunderbar be-/geschrieben.

    Mir geht es ähnlich.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Meine Freundin hat das mal als lustige Anekdote erzählt. Wenn ich mich da richtig dran erinnere, ist sie wohl auf der Couch eingeschlafen, dann aufgewacht und hat ihren Mann tatsächlich nicht erkannt. Worauf hin sie ihn gefragt hat: "Wie heißt du?"

    Das muss aber in einer sehr frühen Beziehungsphase gewesen sein.

    Hinterher ist das natürlich eine nette Anekdote :lache. Ich dachte gerade, dass es bei Anita ja wohl keine frühe Beziehungsphase mehr ist - wobei das ja in dem Fall durchaus sein kann. In so jungen Jahren das 3. Mal verheiratet setzt wohl keine lange Kennenlernphase voraus.


    Wikipedia gibt Auskunft und sagt, Anita hätte ihren 3. Ehemann 1924 kennengelernt und im gleichen Jahr geheiratet.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Wikipedia gibt Auskunft und sagt, Anita hätte ihren 3. Ehemann 1924 kennengelernt und im gleichen Jahr geheiratet.

    Die Trauungszermonie muss auch sehr, naja besonders gewesen sein - der Ehemann hatte seine Papiere nicht dabei, die mussten erst geholt werden, Dr. Klapper als Trauzeuge konnte nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, ob er wirklich nie verheiratet war und nur Anita glänzte und wurde vom Standesbeamten wohl durchaus nicht nur freundlich, für ihre routinierten Kenntnisse gelobt ;)