'Mädchen, Frau, etc.' - Seiten 269 - 376

  • Shirley King, hier war ich anfangs kurz verwirrt. Ich wusste ich kenne sie, dachte kurz an Corles Lehrerin, hab es dann mit der Zeitverschiebung nicht zusammen gebracht. Aber doch, es ist Caroles Lehrerin.


    Sprachlich bin ich mittlerweile so im Fluss, dass mir bei den letzten Personenabschnitten nichts mehr aufgefallen ist. Entweder ist es seit Bummi etwas einheitlicher, oder ich bin so in der Sprache und den Personen gefangen, dass ich das unterbewusst verarbeite.


    Für mich beherrschen zwei Themen diesen Part: Shirley ist eine hochmotivierte Lehrerin, die über ihre Berufszeit abstumpft, vor allem da sie und ihre Klassen in Schablonen gesteckt werden. Das ein Gleichmachen etwas anderes ist, als gleichwertig angesehen zu werden.

    Und das zweite, dass sich Menschen und auch Beziehungen zueinander ändern: Shirley als junge schwarze Lehrerin, die mit Penelope Halifax als Gegenpol gestartet ist, und wie die beiden sich später gegenseitig respektieren und als Verbündete ansehen.


    Ihr Liebesleben ist herrlich unaufgeregt, und ich bin froh, dass auch diese Möglichkeit der Beziehungen geschildert wird.

  • Es ging mir mit Shirley auch so. Shirley, wer ist Shirley?

    Gerade diese neue Perspektive der Lehrerin finde ich interessant. Es wird auch deutlich, wie sehr diesen ohnehin benachteiligten Kindern noch weiter eine ausreichende Förderung fehlt, durch die schlechte Ausstattung der Schule und die überforderten Lehrer.

  • Shirley King, hier war ich anfangs kurz verwirrt. Ich wusste ich kenne sie, dachte kurz an Corles Lehrerin, hab es dann mit der Zeitverschiebung nicht zusammen gebracht. Aber doch, es ist Caroles Lehrerin.

    An Caroles und LaTishas Lehrerin habe ich gleich gedacht, nur dass sie auch Ammas beste Freundin ist, hatte ich überhaupt nicht mehr auf dem Schirm. Das habe ich tatsächlich nochmal nachgeblättert.


    Mir gefällt es sehr, dass sich allmählich die Geschichten der Frauen verzahnen und wir mit Shirley an zwei Enden anknüpfen können. :) Ich fand auch toll, wie die Autorin den Anfang dieses Kapitels gestaltet hat: Shirley (noch nicht Mrs King) und schon ist sooooo viel gesagt mit diesen fünf Worten. Man könnte sofort Verbindungen herstellen, hat eine Altersangabe und eigentlich auch eine - zumindest grobe - Zeitangabe. Den Mut, die LeserInnen diese Zusammenhänge selbst entdecken zu lassen und nicht alles vorzukauen, finde ich bemerkenswert. Und wenn mal was nicht sofort zusammengebracht wird schadet es auch überhaupt nicht, die wichtigen Infos kommen schon irgendwann. :-]


    Wobei ich mittlerweile immer ganz bewusst überlege, wie alt die Person in der Gegenwart ist und dann zurückrechne, wann ihre Kindheit/Jugend war. Auch wenn viele Probleme gleich sind, finde ich die zeitliche Einordnung schon wichtig.

    Gerade diese neue Perspektive der Lehrerin finde ich interessant.

    Ja, das finde ich auch. Mir hat die "Mittelschicht"-Darstellung von Shirley gut gefallen. Ich habe den Eindruck, es werden immer drei Frauen aus einer zusammengehörigen sozialen Schicht geschildert: zuerst die "Künstlerinnen", dann die Arbeiterklasse und jetzt der Bildungsbereich.

    baro schrieb:

    Und das zweite, dass sich Menschen und auch Beziehungen zueinander ändern: Shirley als junge schwarze Lehrerin, die mit Penelope Halifax als Gegenpol gestartet ist, und wie die beiden sich später gegenseitig respektieren und als Verbündete ansehen.

    Irgendwann haben die beiden die gleichen "Feinde", die jungen, frisch von der Uni mit ihren theoretischen Wissen. Das schweißt zusammen, denn die beiden haben ja doch schon viele Jahre ähnliche Erfahrungen im Schuldienst gemacht.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Winsome


    Winsome hat mich sehr überrascht. Es beginnt so harmonisch, sie blickt auf ein schwieriges, aber gemeistertes Leben zurück und freut sich, wieder zu ihren Wurzeln zurückgekehrt zu sein - und plötzlich das Verhältnis mit ihrem Schwiegersohn.8| Nicht das ich ihr ihr Glück nicht gönnen würde, aber mit dem Mann der eigenen Tochter??? Das finde ich dann doch sehr heftig.

    Auch wenn Ehrlichkeit in einer Beziehung extrem wichtig ist - hier wünsche ich mir, Shirley muss nie davon erfahren. Da weiß man ja gar nicht, welcher Vertrauensbruch schwerer wiegt, der von Lennox oder der von Winsome. Hier hätte mich auch Lennox Perspektive interessiert. Welche Gründe hatte er, sich seiner Schwiegermutter zu nähern?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • - hier wünsche ich mir, Shirley muss nie davon erfahren.

    Das wünsche ich ihr auch, und in dem Fall halte ich Ehrlichkeit weder für nötig noch für richtig.


    Übrigens finde ich, obwohl mich diese Episode ein wenig gestört hat, einen Aspekt wichtig. Nämlich, dass da das Begehren von beiden Seiten ausging und beide verborgene Wünsche ausgelebt haben.

    Es kam (und kommt immer noch) häufiger vor, dass Frauen vom Schwiegervater sexuell missbraucht wurden und das jahrelang schamhaft verschweigen.

    Vielleicht hat die Autorin die Episode deshalb erzählt?

  • Übrigens finde ich, obwohl mich diese Episode ein wenig gestört hat, einen Aspekt wichtig. Nämlich, dass da das Begehren von beiden Seiten ausging und beide verborgene Wünsche ausgelebt haben.

    Es kam (und kommt immer noch) häufiger vor, dass Frauen vom Schwiegervater sexuell missbraucht wurden und das jahrelang schamhaft verschweigen.

    Vielleicht hat die Autorin die Episode deshalb erzählt?

    Vielleicht.:/ Vielleicht gehts auch darum, dass die Autorin eine Beziehung schildern wollte, die beide wollen und wohl auch beiden guttut, aber trotzdem gesellschaftlich nicht als „passend“ empfunden wird. Das ist mir eingefallen, als ich gerade deinen Satz gelesen habe, dass beide damit ihre verborgenen Wünsche ausleben.


    Da sind wir dann wieder beim Thema „Spiegel“, weil es im Endeffekt (auch) darum geht, wie wir das Verhalten der Protagonisten empfinden. In dem Fall finde ich es Shirley gegenüber völlig respektlos.


    Es gibt (zumindest für mich) Grenzen bei Beziehungen, selbst wenn beide (+ x) es wollen. Nämlich dann, wenn dritte direkt oder indirekt davon betroffen sind.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

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  • Und vor allem, wenn die Mitbetroffenen eine solche Art Beziehung nicht führen wollen. Das ist für mich der Punkt. Shirley ist ja der Meinung, ihr Mann sei ihr treu.

    Warum auch immer, offenbar war es der Autorin wichtig, auch diese Thematik einzubringen.

    Jetzt ist die Sache beendet und kommt hoffentlich nie ans Tageslicht.

  • Da sind wir dann wieder beim Thema „Spiegel“, weil es im Endeffekt (auch) darum geht, wie wir das Verhalten der Protagonisten empfinden. In dem Fall finde ich es Shirley gegenüber völlig respektlos.


    Es gibt (zumindest für mich) Grenzen bei Beziehungen, selbst wenn beide (+ x) es wollen. Nämlich dann, wenn dritte direkt oder indirekt davon betroffen sind.

    Ich weiß auch nicht wirklich, was ich von dieser Episode halten soll. Wenn ein Partner den anderen über einen längeren Zeitraum betrügt und daheim einen auf heile Welt macht, ist das immer völlig respektlos. Warum da jetzt noch einen drauf setzen und den Mann mit der eigenen Mutter fremdgehen lassen? Ich weiß nicht, vielleicht will die Autorin nochmal deutlich machen, dass es in zwischenmenschlichen Beziehungen nichts gibt, das es nicht gibt ...

  • Warum da jetzt noch einen drauf setzen und den Mann mit der eigenen Mutter fremdgehen lassen? Ich weiß nicht, vielleicht will die Autorin nochmal deutlich machen, dass es in zwischenmenschlichen Beziehungen nichts gibt, das es nicht gibt ...

    Oder sie möchte aufzeigen, dass selbst Frauen wie Winsome, die ihr ganzes Leben für ihre Familie da waren und für ein besseres Leben ihrer Kinder gekämpft haben, „dunkle“ Flecken haben. Und auch einmal ihre Bedürfnisse und Wünsche über alles andere stellen, selbst wenn es wissentlich eine Entscheidung ist, die andere sehr verletzt/verletzen könnte.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Oder sie möchte aufzeigen, dass selbst Frauen wie Winsome, die ihr ganzes Leben für ihre Familie da waren und für ein besseres Leben ihrer Kinder gekämpft haben, „dunkle“ Flecken haben. Und auch einmal ihre Bedürfnisse und Wünsche über alles andere stellen, selbst wenn es wissentlich eine Entscheidung ist, die andere sehr verletzt/verletzen könnte.

    Da sind wir ja wieder bei (fast) allen von uns. Wer hat nicht solche Flecken im Leben? Vielleicht nicht gleich ein so großer Tabubruch.

    Aber Handlungen, die mit den eigenen Werten nicht übereinstimmen.

  • Penelope


    Penelopes Kapitel hat mich auch wieder positiv überrascht, weil sie so ganz anders ist als die Geschichte der anderen Frauen. Sie ist ja auf der „Gegenseite“ und den Einwanderern sehr skeptisch gegenüber eingestellt. Doch auch sie hat ihre Last zu tragen und muss sich in ihrem Leben durchschlagen. Das Ende ihrer Geschichte fand ich sehr traurig, Penelope kommt mit sehr einsam vor und wenn dann auch noch ihre Tochter und deren Familie am anderen Ende der Welt wohnt ….


    Sehr interessant und da sind wir wieder bei den verschiedenen Sichtweisen fand ich den Blick auf Shirley. Ihnen waren unterschiedliche Dinge wichtig und da sind sie (zunächst) nicht zusammengekommen. Penelope der Feminismus und Shirley die Förderung unterpriveligierter Kinder. Sehr schade, dass sie sich gerade anfangs nicht ausgetauscht und zusammengetan haben, so hätten sie sicher mehr erreichen können.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Sehr interessant und da sind wir wieder bei den verschiedenen Sichtweisen fand ich den Blick auf Shirley. Ihnen waren unterschiedliche Dinge wichtig und da sind sie (zunächst) nicht zusammengekommen. Penelope der Feminismus und Shirley die Förderung unterpriveligierter Kinder. Sehr schade, dass sie sich gerade anfangs nicht ausgetauscht und zusammengetan haben, so hätten sie sicher mehr erreichen können.

    Gerade hier war das Nebeneinanderstellen der beiden Frauen genial, um zu sehen, wie wenig manchmal fehlt, um eine vermeintliche Gegnerin in eine Freundin zu verwandeln.

    Es ist so schade, das so zu lesen und lässt mich auch über eigene Einschätzungen nachdenken.

  • In Shirleys Kapitel findet sich ganz viel wieder, womit ich in meinem Alltag zu tun habe.

    Verbürokratisierung der Schule, die uns davon abhält, uns um die Kinder zu kümmern, Vergleichsarbeiten, die Schüler*innen in ein Aufgabenformat pressen, die auf den Punkt fit gemacht werden müssen, um eine Chance zu haben. Als ich anfing zu unterrichten, hatte ich viel mehr Zeit und Freiraum, für Projekte, die sich aus den Interessen der Kinder heraus ergaben. An die sich die Kinder heute noch erinnern, wenn sie mich besuchen. Jetzt habe ich manchmal das Gefühl, ich fülle nur noch Formulare aus.

    Immer mehr Anforderungen, immer weniger Personal. Die meisten Kolleg*innen sind überfordert und total demotiviert.

    Ich war echt erstaunt, in Shirleys Entwicklung so viel Bekanntes zu entdecken. Manchmal denke ich, die Umstände und Zustände sind nur an unserer Schule so extrem, was die Sache natürlich nicht besser macht.

    Auch hier hat mir gut gefallen, das "Arschgesicht" aus den vorherigen Kapiteln näher kennenzulernen und nun die andere Perspektive zu entdecken.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Shirley / Penelope

    Gerade hier war das Nebeneinanderstellen der beiden Frauen genial, um zu sehen, wie wenig manchmal fehlt, um eine vermeintliche Gegnerin in eine Freundin zu verwandeln.

    Es ist so schade, das so zu lesen und lässt mich auch über eigene Einschätzungen nachdenken.

    Da wurde sehr gut Kommunikation und Sender/Empfänger dargestellt - sie wollten gar nicht so unterschiedliche Sachen, konnten sich gegenseitig aber nicht verstehen und sind dadurch Richtung Konfrontation gedrängt worden, da sie sich vermeintlich behaupten mussten. Das zeigt wieder die tolle und scharfe Beobachtungsgabe und Möglichkeit des Beschreibens, was Evaristo hier abliefert.


    In Shirleys Kapitel findet sich ganz viel wieder, womit ich in meinem Alltag zu tun habe.

    Verbürokratisierung der Schule, die uns davon abhält, uns um die Kinder zu kümmern, Vergleichsarbeiten, die Schüler*innen in ein Aufgabenformat pressen, die auf den Punkt fit gemacht werden müssen, um eine Chance zu haben. Als ich anfing zu unterrichten, hatte ich viel mehr Zeit und Freiraum, für Projekte, die sich aus den Interessen der Kinder heraus ergaben. An die sich die Kinder heute noch erinnern, wenn sie mich besuchen. Jetzt habe ich manchmal das Gefühl, ich fülle nur noch Formulare aus.

    Immer mehr Anforderungen, immer weniger Personal. Die meisten Kolleg*innen sind überfordert und total demotiviert.

    Ich war echt erstaunt, in Shirleys Entwicklung so viel Bekanntes zu entdecken. Manchmal denke ich, die Umstände und Zustände sind nur an unserer Schule so extrem, was die Sache natürlich nicht besser macht.

    Auch hier hat mir gut gefallen, das "Arschgesicht" aus den vorherigen Kapiteln näher kennenzulernen und nun die andere Perspektive zu entdecken.

    Das finde ich umso beeindruckender und/oder erschreckender, da es um ein anderes Land mit einem ganz anderem (oder?) Schulsystem.

    Shirley / Lennox / Winsome


    Ihr Liebesleben ist herrlich unaufgeregt, und ich bin froh, dass auch diese Möglichkeit der Beziehungen geschildert wird.

    Das finde ich nach wie vor, auch wenn ich mir nicht mehr sicher bin, ob es wirklich so ist. Das ist die Sichtweise, die Evaristo uns erlaubt zu sehen, was anderes wird nicht geschildert. Später erfahren wir von der Affäre von Lennox und Winsome.

    Ich weiß auch nicht wirklich, was ich von dieser Episode halten soll. Wenn ein Partner den anderen über einen längeren Zeitraum betrügt und daheim einen auf heile Welt macht, ist das immer völlig respektlos. Warum da jetzt noch einen drauf setzen und den Mann mit der eigenen Mutter fremdgehen lassen? Ich weiß nicht, vielleicht will die Autorin nochmal deutlich machen, dass es in zwischenmenschlichen Beziehungen nichts gibt, das es nicht gibt ...

    Ich war auch ratlos. Anfangs fand ich es noch toll, wie die Anziehung zwischen den beiden geschildert worden ist, das fand ich richtig gut geschrieben. Beim Lesen dachte ich mir dann aber Weniger ist mehr, musste es sein, dass es jetzt Wirklichkeit wird und nicht nur Gedanken. Da war ich richtig enttäuscht.


    Nach etwas Reflektion muss ich sagen - wow, ich werde im Buch überrascht, die Figuren handeln nicht wie ich es mir wünsche, und ich bin wirklich enttäuscht. Das kommt nicht so häufig vor, dass das länger so nachhallt. Die Figuren in diesem Buch sind so nahbar.


    Und dann ließ es mich nicht los - Evaristo verlangt durchaus was von den Leser*innen und schreibt nicht alles explizit. Hat er sie betrogen, und als es rauskam, hat es aufgehört, und der Elefant im Raum der Familie wird bei allen Zusammenkünften totgeschwiegen, um die Harmonie nicht zu stören? Oder hat Lennox ein schlechtes Gewissen bekommen? Wissen wir, dass Lennox Shirley betrügt? Oder haben sie Abseits der Seiten darüber gesprochen und es geschah mit ihrem Wissen? Weiß sie vielleicht nur, dass er auf ältere Frauen steht und sie ist damit einverstanden - nur sie weiß nicht, dass das ihre Mutter impliziert?


    Ich halte es nach wie vor für den realistischten und wahrscheinlichsten Fall, dass Lennox und Winsome beide ihren Partner bzw. Partnerin betrügen - aber ich finde es toll, dass im Buch Beziehungsmodelle aus allen Blickwinkeln gezeigt werden, und wir uns hier auch fragen können - wissen wir alles, oder nehmen wir nur an, was unserer Komfortzone entspricht.

  • IImmer mehr Anforderungen, immer weniger Personal. Die meisten Kolleg*innen sind überfordert und total demotiviert.

    Ich war echt erstaunt, in Shirleys Entwicklung so viel Bekanntes zu entdecken. Manchmal denke ich, die Umstände und Zustände sind nur an unserer Schule so extrem, was die Sache natürlich nicht besser macht.

    Was ich vor allem erschreckend finde ist, dass es jetzt noch genauso ist. Shirleys Erlebnisse im Schulalltag sind ja schon ein paar Jahrzehnte her, aber leider hat man aus den damaligen Erfahrungen nichts gelernt. Eigentlich sollten wir mittlerweile schon viel weiter sein und wissen, dass Kinder nicht in ein starres Schema gepresst werden können. Eigentlich ... :(


    Regenfisch : Ist bei euch der Mangel an Lehrkräften auch so arg wie in Bayern?

    Die Figuren in diesem Buch sind so nahbar.

    :writeDas macht für mich einen großen Reiz aus. Außerdem gibt es kein schwarz/weiß, etwas, das mir immer sehr wichtig ist! Hier werden Menschen wirklich in all ihren Facetten gezeichnet - auch wenn wir von mancher Seite vielleicht lieber nicht lesen würden. Aber es ist so, wie es im "wahren" Leben auch ist: auch Menschen, die wir sympathisch finden machen Dinge, die wir nicht erwartet hätten bzw. so nicht gutheißen.


    Zitat

    Das ist die Sichtweise, die Evaristo uns erlaubt zu sehen, was anderes wird nicht geschildert.

    Das sind sehr interessante Gedanken! :/ Natürlich könnte es auch ganz anders sein. Ich hab jetzt ein Weile darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich schon glaube, was mir die Autorin erzählt und mich darauf verlasse, dass sie (aus der Sicht von Shirley und von Winsome) nichts Entscheidendes weglässt. Ansonsten könnte man ja gar keinen Buch mehr trauen und müsste ständig alles hinterfragen. Das würde mir - glaube ich zumindest - dem Spaß am Lesen vermiesen. Was Lennox betrifft sieht es anders aus. Von ihm bzw. aus seiner Sicher erfahren wir ja nichts, da bleibt der Phantasie genügend Spielraum.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Regenfisch: Ist bei euch der Mangel an Lehrkräften auch so arg wie in Bayern?

    Ja, ist er. Besonders Förderschullehrer fehlen. Deshalb gibt es jetzt eine neue Regelung, dass die Kinder 2 Jahre Lernrückstand haben müssen, bevor externe Fördermaßnahmen greifen. Krass, oder? :fetch

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin