'Mädchen, Frau, etc.' - Seiten 145 - 268

  • LaTisha - was für ein Name. Oh, Mann, eine Frau wie aus der Talkshow entsprungen, drei Männer, drei Kinder...

    Ganz oberflächlich betrachtet. Auch hier schafft Evaristo ein Bild, das sich erst entfaltet, wenn man tiefer blickt.

    Die heile Familienwelt hat mit dem Weggang des Vaters einen tiefen Riss bekommen. Was für ein verantwortungsloser A... :hau. Jeder kann sich neu verlieben, aber die Kinder einfach sitzen lassen, das ist echt arm.

    Auch im Leben dieser Frauen ist einfach nur Kampf angesagt. LaTishas Schwester hat einen anderen Vater, die Mutter wird gewalttätig, obwohl sie als Sozialarbeiterin eigentlich anders ticken müsste.

    Und Trey müsste endlich mal angezeigt werden. Hoffentlich findet eine der Frauen endlich den Mut. Vermutlich sind Carole und LaTisha nicht die einzigen. Wenn die Frauen miteinander ins Gespräch kämen, wären sie vielleicht gemeinsam stark. Und dieser Kerl wird auch noch Lehrer! Unfassbar.

    Auch LaTisha kriegt irgendwann die Kurve. Der Vater taucht wieder auf... Diese Geschichte war mir ein bisschen zu dick aufgetragen. Gerne gelesen habe ich sie trotzdem.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • So habe ich die Schreibweise gar nicht empfunden. Findest du, dass es so viel Unterschied gibt?

    Ich finde schon, dass jede Frau ihre eigene Sprache hat. Der übergreifende Stil bleibt gleich, aber für mich hat jede Frau eine eigene Erzählstimme.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Was mich ein bisschen stört, und ich habe überhaupt nichts dagegen von gleichgeschlechtlichen Beziehungen zu lesen, ist dass auch hier wieder eine Frau sich selbst in einer Beziehung zu Frauen findet, so als gehöre das dazu, wenn sie aus dem Schatten treten und sich emanzipieren. Der einzige Ausweg, um sich nicht nochmal von einem Mann abhängig zu machen? Mag sein.

    Das habe ich beim Lesen nicht so empfunden, auch gar nicht groß darüber nachgedacht. Ich wünsche ihr nur gewünscht, dass sie loslassen kann und so leben und lieben kann, wie sie sich fühlt. Ich hatte das Gefühl, dass ihre eigenen Wertvorstellungen, die ja auch anerzogen sind bzw. dem Zeitgeist entspringen, sie daran hindern. Offen dazu zu stehen, dass man bisexuell ist, gerade auch den eigenen Kindern gegenüber, das stelle ich mir schwer vor. Offene Worte und das Eingeständnis, dass man auch seine Werte und Einstellungen überdenken und ändern kann, hätten ihr und Carole sicherlich ein noch erfüllteres Leben ermöglicht.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Shirley: Massenvergewaltigt als Teenie, was natürlich ihr Leben prägt. Trotzdem im weiteren Verlauf Beziehungen mit einem Mann und ja auch eine scheinbar glückliche Heirat.

    Du meinst bestimmt Carole, oder?

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Clare Danke für den Link und den DRadio Beitrag - passt ja gut zu unseren Eindrücken. Und schön, dass dir La Tischa besser gefallen hat, ich würde dir und uns wünschen, dass die Freude bis zum Ende hält. Aber wie es öfter so ist, das Buch muss zur Lesesituation passen.

    Clare : Das wünsche ich dir auch. :knuddel1


    Ich bin nach euren Posts länger gedanklich nochmal alle Frauen der ersten beiden Abschnitte durchgegangen, eben weil wir so unterschiedliche Leserindrücke habe - was es so spannend und eine für mich wahnsinnig tolle und interessante Leserunde ergibt. Um mir bei diesen Gedanken zu helfen, habe ich es aufgeschrieben. Wobei ich dich auch so verstanden hatte, dass du nicht nur von Bummi sprachst.

    Das finde ich auch. Ich finde es auch immer bereichernd, wenn unterschiedliche Meinungen und Leseeindrücke zusammen kommen. Jeder hat ja seine eigene Sicht auf die Dinge, unterschiedliche Vorerfahrungen... Das spielt ja alles eine Rolle. Ich finde es toll, dass hier alle offen ihre Eindrücke schildern. :heisseliebe

    Ich finde es toll, wenn ich von den Bildern und Eindrücken der sechs Frauen, wie sie in meinem Kopf sind, durch die verschiedenen Eindrücke hier in der Runde noch weitere Facetten entdecken kann, die für mich vielleicht nicht das Bild verändern, aber Konturen hinzufügen.

    :write

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Irgendwie klappt es nicht, wenn ich mehr als 2 Zitate in einem Post kommentieren möchte...:help Deshalb mache ich immer so viele Posts, weil ich dann irgendwann ungeduldig aufgebe. ;(

    Ich finde es großartig, wie hier Spiegel aufgebaut werden, und wir aufgefordert werden zu Reflektieren, ohne dazu aufgefordert zu werden. Das wurde im DRadio auch thematisiert. Nicht durch die Nennung von Misständen und wie schlimm es ist, sondern dadurch, dass ich als Leser Miterleben kann/muss, wie der Alltag oder bestimmte Situationen in anderen Lebensläufen aussehen könnten. Bei mir habe ich beim Lesen von LaTisha gemerkt, dass ich Schwierigkeiten hatte die Frau, die 3 Kinder aus 3 ONS hat mit der ehrgeizigen und zielstrebigen Frau zusammenzubekommen. Auch wenn natürlich das Eine das Andere nicht ausschließt und mir das rational klar ist. Unterbewusst bzw. vom ersten Eindruck her ist das aber leider nicht so einfach

    :write

    Mich regen die Geschichten auch sehr zum Nachdenken an. Eine ganz liebe Freundin von mir stammt aus Eritrea. Sie erzählt mir immer wieder von Alltagsrassismus oder von den vielen Vorurteilen, die ihr begegnen. Auch wie erstaunt die Menschen sind, dass sie akzentfreies Deutsch spricht. Ich finde ist gut, wenn Literatur dazu beiträgt, über sein eigenes Verhalten nachzudenken, und ich in Lebenswelten eintauchen kann, die neu für mich sind.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich finde vor allem die drei Schwangerschaften nach drei One Night Stands ein bisschen viel des Zufalls ...

    Die Entwicklung LaTrishas hin zu der ehrgeizigen und erfolgreichen Frau, die ihr Leben im Griff hat, fand ich nachvollziehbar, es werden ja immer nur ganz kurze Schnipsel aus ihrem Leben beschrieben und der "Kipppunkt" war für mich die Nacht mit Trey.

    Das fand ich auch ein wenig zu dick aufgetragen.

    Die Vergewaltigung durch Trey war ein Kipppunkt, das sehe ich auch so. Aber sie konnte sich ja auch nie ganz von Carole lösen und hat ihre Karriere verfolgt. Sie war ihr vielleicht auch eine Art Vorbild. Schon merkwürdig, dass die beiden so viele Gemeinsamkeiten haben und ahnen es gar nicht.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich finde ist gut, wenn Literatur dazu beiträgt, über sein eigenes Verhalten nachzudenken, und ich in Lebenswelten eintauchen kann, die neu für mich sind.

    und


    Ich finde es auch immer bereichernd, wenn unterschiedliche Meinungen und Leseeindrücke zusammen kommen. Jeder hat ja seine eigene Sicht auf die Dinge, unterschiedliche Vorerfahrungen... Das spielt ja alles eine Rolle. Ich finde es toll, dass hier alle offen ihre Eindrücke schildern. :heisseliebe

    Beides kann ich nur voll und ganz :write. Das Buch regt wirklich sehr zum Nachdenken über sich selber an, obwohl es auf den ersten Blick mit dem eigenen Leben wenig bis gar nichts zu tun hat. Vor allem macht es das ohne erhobenen Zeigefinger und ohne explizite Aufforderungen dazu. Das finde ich sehr sympathisch! :thumbup:


    Ich finde auch unsere Leserunde gerade zu diesem Buch toll! Zum einen denke ich selber automatisch mehr über das Buch und seine Protagonisten nach, wenn ich meine Gedanken dazu aufschreibe und dann sind es natürlich eure Eindrücke, die nochmal andere Blickwinkel und Sichtweisen ergeben. Vielen lieben Dank für eure ganzen schlauen Ideen dazu! :knuddel1

    Ich hatte das Gefühl, dass ihre (Bummi) eigenen Wertvorstellungen, die ja auch anerzogen sind bzw. dem Zeitgeist entspringen, sie daran hindern. Offen dazu zu stehen, dass man bisexuell ist, gerade auch den eigenen Kindern gegenüber, das stelle ich mir schwer vor. Offene Worte und das Eingeständnis, dass man auch seine Werte und Einstellungen überdenken und ändern kann, hätten ihr und Carole sicherlich ein noch erfüllteres Leben ermöglicht.

    Das ist auch so ein neuer Blickwinkel. :thumbup:Dass Bummi bisexuell sein könnte, auf die Idee bin ich gar nicht gekommen, dachte mehr an eine Art Ausprobieren. Aber das macht so viel mehr Sinn! Ich kann dir dann nur zustimmen: schade, dass sie diese Seite an ihr dann wieder wegschließt - wer weiß, was sich (vielleicht) noch ergeben hätte. Und Carole hätte ein Vorbild darin, sein Leben zu ändern, sicher sehr gutgetan!

    Auch wenn der Schwerpunkt dann auf einer anderen Person liegt, da ja alle irgendwie zusammenhängen, erfährt man immer über die ganze Gruppe etwas Neues.

    :writeGerade diese unterschiedlichen Seiten und Blickwinkel, die sich so nach und nach ergeben, finde ich ganz, ganz toll und sehr gut gemacht!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Das Kapitel "Carole" hat mich sehr berührt. Ich könnte Rotz und Wasser heulen, weil mir so nahe geht, dass Carole so brutal vergewaltigt wird und sich ihr Leben lang schuldig fühlt. Und nur, weil die Erziehung oder die Gesellschaft Frauen eine Mitschuld suggeriert, kommen die Scheißkerle davon. Ich kenne keine einzige Frau, die sexuelle Übergriffe erlebt hat oder missbraucht wurde und sich nicht mitschuldig fühlt. Ich wünsche mir sehr, dass irgendwann einmal aufhört.

    Für mich war das Kapitel über Carole auch eins der berührendsten im ganzen Buch. Es war ein Kapitel, das noch lange in mir nachgewirkt hat und Carole war eine der Frauen, die mir noch öfter im Kopf herumgespukt ist, auch nachdem ich jetzt schon mit dem Burch durch bin.