'Die Diplomatin' - Seiten 156 - 240

  • Was für ein turbulenter Abschnitt, auch wenn er vom Ton her weiter plätschert wie das Wasser.

    Fred funktioniert nicht mehr als Diplomatin, die sich raushalten, ihr Land repräsentieren und vertreten soll,

    Philipp sagt, dass sie nicht mehr die Alte sei, und so ist es auch. Der Prozess an Meral im vorigen Abschnitt und dass sie David versteckt, haben so einiges ins Rollen gebracht. Wie sie die Flucht der Drei über die Grenze organisiert...Ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, dass sie neben sich steht und sich selbst von Außen beobachtet.

    Das kommt sicher raus. Damit dürfte sich ihre Laufbahn erledigt haben. Es ist nicht Mut. Es ist, dass sie tut, was sie denkt tun zu müssen.


    Über ihre Mutter erfährt man immernoch nicht so viel, aber am Ende von "Istanbul" wird sie nach Hamburg zurück gerufen, weil ihr etwas passiert ist. Vielleicht also im letzten Abschnitt.

  • Wieder etwas vergessen:

    Bemerkenswert fand ich auch die Szene, als Fred zusammenbricht und sie über sich selbst meint, dass sie das, egal wo es passiert, Montevideo, Istanbul oder Bagdad, immer erst tut, wenn sie allein in ihren Räumen ist, dass sie es immer noch bis dahin geschafft hat.

    Das ist doch kein Leben! Selbstaufgabe und Selbstverleugnung um jeden Preis, nur um immer schön den Schein zu wahren?

  • Eine Diplomatin, die die Geduld und den Glauben verliert. Muss das wirklich rauskommen? Ich bin mir gerade nicht sicher. Vielleicht wird auch nicht genauer gefragt, da sie nach Hause fliegt. Vielleicht fliegt sie nicht zurück, vielleicht merkt sie, der Job passt nicht (mehr?) zu ihr?

  • Was für ein turbulenter Abschnitt, auch wenn er vom Ton her weiter plätschert wie das Wasser.

    :writeAbgesehen vom Inhalt finde ich gerade diesen "beiläufigen" Schreibstil klasse! Da muss nichts überdramatisiert oder zugespitzt werden, die Geschichte trägt sich selber und wirkt von ihnen heraus. Nach wie vor gib es viele Sätze, die genau treffen und diese (wenigen) Worte genügen.


    Der Abschnitt ist in erster Linie spannend (und der Cliffhanger am Ende wirklich gemein!), aber ich fand es auch sehr fesselnd, die Entwicklung von Fred mitzuerleben. Vom "wir", hinter dem sie sich zuerst noch versteckt, hin zu einer bewussten Rebellion gegen alle Regeln, die sie gelernt und verinnerlicht hat. Zu tun, was man selbst als richtig erkennt - gegen die äußeren Umstände, die etwas anderes fordern - empfinde ich durchaus als "mutig". Wahrscheinlich wird ihr Mitwirken an der Flucht unter den Teppich gekehrt und nicht öffentlich gemacht - aber innerhalb des diplomatischen Diensts kommt es ganz sicher raus. Und damit ist sie als Botschafterin bestimmt nicht mehr tragbar. Schlimm finde ich das nicht und ich denke, auch Fred war sich dem bewusst. Es ist nicht mehr ihr Beruf.


    Was ich mich noch frage: Asena empfiehlt ihr den Aufenthalt am Meer ja mit einem konkreten Hintergedanken. Philipp empfiehlt das Gleiche - auch er mit diesem Hintergedanken oder will er sie einfach nur loshaben??? Da bin ich mir gar nicht sicher, was glaubt ihr?


    Im letzten Abschnitt habe ich es ja bedauert, dass es zu keiner Nacht für Fred und David gekommen ist. Umso mehr habe ich mich gefreut, als sie das doch noch erleben durften - egal wie die Geschichte endet! Diese Nähe kann ihnen niemand mehr nehmen!


    Was mir (wieder einmal) deutlich bewusst geworden ist: wie froh wir uns schätzen dürfen, mit einem deutschen Pass ausgestattet zu sein! Der öffnet Türen und vor allem Grenzen!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Was ich mich noch frage: Asena empfiehlt ihr den Aufenthalt am Meer ja mit einem konkreten Hintergedanken. Philipp empfiehlt das Gleiche - auch er mit diesem Hintergedanken oder will er sie einfach nur loshaben??? Da bin ich mir gar nicht sicher, was glaubt ihr?

    Das habe ich mich auch gefragt und nach kurzer Überlegung bin ich mir sicher, dass die beiden genau wussten, was Sache war und es sozusagen "ein Wink mit dem Zaunpfahl", ein Hinweis auf eine naheliegende Möglichkeit war.

  • Das habe ich mich auch gefragt und nach kurzer Überlegung bin ich mir sicher, dass die beiden genau wussten, was Sache war und es sozusagen "ein Wink mit dem Zaunpfahl", ein Hinweis auf eine naheliegende Möglichkeit war.

    Vielleicht denkt Philipp auch, dass man schon etwas tun muss, aber besser, dass Fred ihre Karriere aufs Spiel setzt als er selbst.

  • Phillip hat ja schon vorher durchblicken lassen, dass er bei Fluchtwilligen Infos etc. weitergegeben hat, er nur sein Prinzip hat zu helfen, ohne selber am Steuer zu sein. So sehe ich es auch in diesem Fall, er gibt die richtigen Infos weiter, ich verstehen ihn aber so, dass er denkt, auch Fred fährt nicht selber, sondern fädelt es maximal ein, eher noch gibt nur Infos weiter, so wie er es ihr früher erläutert hat. Das er absichtlich ihre Karriere aufs Spiel setzt, denke ich nicht.

  • Phillip hat ja schon vorher durchblicken lassen, dass er bei Fluchtwilligen Infos etc. weitergegeben hat, er nur sein Prinzip hat zu helfen, ohne selber am Steuer zu sein. So sehe ich es auch in diesem Fall, er gibt die richtigen Infos weiter, ich verstehen ihn aber so, dass er denkt, auch Fred fährt nicht selber, sondern fädelt es maximal ein, eher noch gibt nur Infos weiter, so wie er es ihr früher erläutert hat. Das er absichtlich ihre Karriere aufs Spiel setzt, denke ich nicht.

    Ich denke auch, dass Phillip davon ausgeht, dass Fred nur die Infos weiter gibt und sich nicht selbst ans Steuer setzt. Irgendwo sagt ja auch fred, dass man das Auto niemals selber fährt. Dadurch dass sie sich selbst hinters Steuer setzt, wird die Fahrt auch für sie zur Flucht, aus ihrem alten Leben und der Passivität der Diplomaten.

  • Wobei ja hier das Besondere ist, dass die Fahrt selbst, innerhalb der Türkei, zu einem anerkannten Feriengebiet, durchaus legal ist. Nur David durfte sie dabei nicht mitnehmen.

    Wobei es in der Türkei ziemlich wurscht ist, ob etwas legal ist oder nicht, wenn die Staatsmacht dich hinter Gitter bringen will, findet sich immer eine Begründung, egal wie abstrus sie sein mag.