'Ich bin Herodias' - Kapitel 16 - 22

  • Das bringt mich aber auch zur Frage, ob es dann richtig ist, die Rezension bei den "historischen Romanen" einzuordnen? Gibt es da überhaupt eine entsprechende Unterteilung?

    Ich glaube, die gibt es nicht. Ich würde schon sagen, dass die Einordnung bei den historischen Romanen richtig ist, denn der Roman spielt ja zu historischer Zeit.

  • Ich muss zugeben, dass ich bisher keine der geschilderten Begebenheiten kenne. Daher kann ich auch keine andere Perspektive sehen.

    Dann verstehe ich besser, wie es kommt, dass du das Buch so empfindest. :) Es sind ja auch nur "kleine" Begebenheiten, wie z.B. Jeshua im Tempel.

  • Dann verstehe ich besser, wie es kommt, dass du das Buch so empfindest. :) Es sind ja auch nur "kleine" Begebenheiten, wie z.B. Jeshua im Tempel.

    Naja, die Szene kenne ich schon. Aber das ist soweit die einzige. Von Herodias selbst und ihrem Umfeld habe ich bis dato nichts gehört/gelesen, jedenfalls nicht bewusst.

  • Naja, die Szene kenne ich schon. Aber das ist soweit die einzige. Von Herodias selbst und ihrem Umfeld habe ich bis dato nichts gehört/gelesen, jedenfalls nicht bewusst.

    So viele mehr sind es für mich vermutlich auch nicht. Wobei mir diese zusammen mit dem Setting und den politischen Hintergrundinformationen ausreichen, um bei mir ein "historisches Feeling" zu ermöglichen. Aber das hatten wir ja schon... :zwinker

  • Ich habe gerade nachgesehen, wo die Rezensionen zu "Ich bin Circe" stehen, dieser Roman hat ja vor einigen Jahren die Welle der Retellings ausgelöst. Die Rezis stehen auch bei den historischen Romanen (griechisch-rönische Antike)

    Ah, dann ist es ja klar. Danke! :)

  • Der Begriff "Re-Telling" hat ja auch in den letzten Jahren so richtig an Popularität gewonnen, baut allerdings auf eine ziemlich lange Tradition auf.


    Auch wenn euch der Begriff vielleicht nicht so vertraut ist, werden die meisten von euch einige Beispiele kennen, oder zumindest die Vorläufer der aktuellen Re-Telling-Welle. Ich beschäftige mich mit dem Thema schon ziemlich lange, weil es mich immer schon total angesprochen hat.


    Ohne Anspruch auf literarurwissenschaftliche Korrektheit habe ich für mich die Entwicklung in etwa so erlebt:


    Schon Ende des 19. Jahdt. fingen einige Schrifteller:innen an, historische Frauenfiguren neu zu betrachten und in den Mittelpunkt von Romanen zu stellen. Mir fällt da als erstes z.B. "Hypatia" von Charles Kingsley ein. Der ist zwar noch stark viktorianisch geprägt und sicher weit davon entfernt feministisch zu sein, aber es ist einer der ersten (mir bekannten) Versuche, eine historische Frauenpersönlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen.


    Vor allem die 1980er/1990er brachten eine Welle Stoffe hervor – inspiriert durch Feminismus, Esoterik und die Rückbesinnung auf „weibliche Spiritualität“ in Sagen und Märchen, die man heute sicher schon als Re-Telling einstufen könnte.


    In den 1980er Jahren war z.B. Marion Zimmer Bradley einer der Vorreiterinnen darin, bekannte Mythen aus feministischer Sicht neu zu erzählen. In "Die Nebel von Avalon" erzählt sie zB die Artussage aus der Sicht von Morgaine.


    Ende der 1990er/Anfang der 2000er haben diesen Trend dann einige Autorinnen aufgegriffen und haben keltische Mythen und Märchen zum Ausgangspunkt ihrer feministisch geprägten Neuerzählungen genommen. Ich habe zB damals die Sevenwaters-Bücher von Juliet Marillier (zB "Die Tochter der Wälder", das das Märchen "Die sieben Schwäne" in einem keltischen Setting nacherzählt) geradezu verschlungen.


    "Das Lied des Archill" von Madeleine Miller und später ihr Roman "Ich bin Circe", der 2018 rauskam, hat dann eine neue, riesige Re-Telling-Welle ausgelöst. Jennifer Saint mit ihren Neuinterpretationen der Geschichten von "Elektra" und "Ariadne" zB, oder die Troja-Neiinterpreatationen von Natalie Haynes (Die Heldinnen von Troja) oder Pat Baker mit "Die Stille der Frauen", in dem sie Briseis eine eigene Stimme verleiht.


    Dieser erzählerischen Tradition wollten wir uns mit "Ich bin Herodias" anschließen, nur eben mit einer Frauenfigur aus der Bibel.

  • Eines meiner Lieblingsbücher Viola Alvarez Die Nebel des Morgens ist dann wohl auch in diese Kategorie einzuordnen.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen űbersit :lesendViola Eigenbrodt Bilder, Tod und Volksmusik :lesend Melanie Metzenthin Wer ins Licht treten will

  • Vielen Dank für die Aufklärung das wusste ich bis eben auch noch nicht.


    Ich muss sagen das mir der Roman deswegen wahrscheinlich auch gefällt.

    So reine Historische Romane sind eher nicht so meins.

    Ich merke auch das ich hier vieles überlese..


    Es freut mich das Herodias sich vor ihrem Mann retten konnte das sie sogar an Sara und Aziza denkt.

    Sara scheint ja auch dort zu bleiben was mich besonders freut.

    Ich hatte schon Bedenken das wir noch eine Gewaltszene lesen werden.


    Endlich sind sie vereint. Ich bin gespannt was es jetzt noch zu erzählen gibt

  • Und das ist sehr gut gelungen, wie ich finde.

    Das freut mich sehr, und Nicole sicher auch. :-) Ich "kannte" Herodias bis zu diesem Projekt nur aus der Bibel und aus diversen Monumentalfilmen, in denen sie auch immer sehr manipulativ dargestellt wird. Auf vielen Seiten, die sich mit ihr oder Antipas beschäftigen, wird auch behauptet, sie hätte ihn nur geheiratet, weil sie reich und mächtig sein wollte, was definitiv nicht stimmt, wie sich gegen Ende der Geschichte zeigt. Es war ein Abschnitt bei Falvius Josephus, der mich von ihr überzeugt hat.

  • ? Was ist das Wichtigste ?

    Was mit Herodias verbunden wird ist das Wichtigste der Tod des Täufers, was hier noch zu Erzählen blieb und wie ihr es gelöst habt werde ich hier nicht spoilern.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen űbersit :lesendViola Eigenbrodt Bilder, Tod und Volksmusik :lesend Melanie Metzenthin Wer ins Licht treten will

  • Ich bin die letzten Tage nicht zum lesen gekommen, ich war mit Kollegen unterwegs. Aber ich habe mich mit einem Kollegen, der sich für die Zeit auch interessiert über das Buch unterhalten. Leider wird er es nicht lesen können, er spricht nur englisch oder rumänisch.

    Aber wir hatten eine richtig gute Diskussion zum Thema Welche Möglichkeiten Frauen in der Vergangenheit hatten und wieviel Potenzial durch die Unterdrückung der Frauen auch verloren gegangen ist.


    Das Buch liest sich wirklich toll und Herodias hat das einzig richtige getan, als sie gegangen ist. Ich fand es toll, dass Sara und Aziza ohne Zögern mit ihr gegangen sind. Aber vermutlich hatten sie auch immer mal wieder unter Anfeindungen zu leiden und so war es einfacher die Zelte abzubrechen.


    Ich finde es auch toll, wie Julius zu Herodias steht und sofort Nägel mit Köpfen macht. Er steht ja als Tetrarch auch nicht über den religiösen Gesetzen und das war ja schon ein Bruch.


    Ich muss gestehen, ich kenne die Geschichten aus der Bibel auch gar nicht, irgendwie war das nie so mein Ding. Aber so verstehe ich das Leben der damaligen Zeit auch besser. Am Ende besteht Geschichte ja doch aus mehr als nur den historischen Fakten. Die Geschichten der Menschen zu dieser Zeit füllen das Bild mit Leben


    Und ich finde die Dikussionen hier übrigens total spannend, das mit dem Re-Telling war mir in der Definition so nicht bekannt. Ich bin Circe hab ich damals gerne gelesen.

  • Ich fand es toll, dass Sara und Aziza ohne Zögern mit ihr gegangen sind. Aber vermutlich hatten sie auch immer mal wieder unter Anfeindungen zu leiden und so war es einfacher die Zelte abzubrechen.

    Und sicher hat auch die Tatsache eine Rolle gespielt, dass sie nicht mehr nur Anfeindungen, sondern drohender Gewalt ausgesetzt worden wären, weil Herodias Fortgang auch ihnen zur Last hätte gelegt werden können.

  • Philippos hätte sich bestimmt an ihnen gerächt.

    DassHerodias mit ihrer großen Liebe Julius (Herodes Antipas) zusammen kommt, verstieß halt gegen die Gesetze der damaligen Zeit. Eine Frau, die ihren Mann verlässt, ist eine Ehebrecherin - umgekehrt war das in Ordnung.

    Dass Julius der Halbbruder ihres Ex ist, ist Blutschande - aber nur weil der Ex noch lebt. Wäre er gestorben, würde man sogar erwarten, dass ein Bruder oder Halbbruder die Witwe zu Frau nimmt,solange kein Sohn aus erster Ehe existiert.

    Der Begriff Blutschande käme mir abei eher nicht. Sind doch nicht blutsverwandt. Und nach der Scheidung nicht mal mehr angeheiratet. Dieses Gesetz sollte sicher nur verhindern, dass in Familien böses Blut entstand. Kann man ja auch heutzutage nachvollziehen, dass so etwas einen Familienverband schon durcheinanderwirbelt.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Stille Falle - Anders de la Motte

    Die Träumenden von Madras - Abraham Verghese

    Wo die Moltebeeren leuchten - Ulrika Lagerlöf



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)