'Lebensbande' - Seiten 071 - 140

  • Das mit dem Optimismus war 1914. Im Jahre des Herrn 1933 waren die Leute eher resigniert und deprimiert.

    "Optimismus" ist vielleicht falsch ausgedrückt. Aber damals zogen viele halt geblendet von den reißerischen Naziparolen ... hmmm... euphorisiert (?) in den Krieg.

    Lieben Gruß,


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    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Da ich den Klappentext nicht beachte, war Noras Verbindung zu Lene nun für mich neu. Beide vollbringen kleine Heldentaten, indem sie für Leo viel riskieren. Aber irgendwie werden bislang die Zwillinge im Buch vernachlässigt. Die werden die ganze Zeit zu den Nachbarn abgeschoben, vor allem in der Zeit, in der Lene gerade in den Niederlanden ist.


    Euthanasie steht also im Mittelpunkt des Buches. Die Herrenmenschen spielten Gott und entschieden über unwertes Leben. Erschütternd ist für mich immer, wie viele Deutsche da kritiklos mitmachten. Bezeichnend ist auch immer der irre Glaube an den Gröfaz: "Das würde der Führer niemals zulassen.".

  • Aber irgendwie werden bislang die Zwillinge im Buch vernachlässigt. Die werden die ganze Zeit zu den Nachbarn abgeschoben, vor allem in der Zeit, in der Lene gerade in den Niederlanden ist.


    *Euthanasie steht also im Mittelpunkt des Buches.*

    Mechtild Borrmann fokussiert sich auf das Wesentliche, für Ausschweifungen ist bei dem Seitenumfang kein Platz.


    Die erneute Schwangerschaft sorgte l für Konflikte in der Ehe einerseits, andererseits beanspruchte Franz deren Zeugung, um gleichzeitig dies bei Leo, da mit Handicap, anzuzweifeln. Dies hat er sogar seinen Eltern mitgeteilt.


    Mich überraschte auch, welch grosse Unterstützung die Bentlers so lange übernehmen. Für sie sind es dadurch Ersatzenkel und das Beschäftigen mit den Kleinkindern tut Bentlers gut. Lene muss dankbar sein, sie zu haben. Wobei Lene Bentlers ganz schön in ihre Leo-Handlung mit hineinzieht und gefährdet. Vielleicht wäre es daher gut, wenn man im Verlauf des Romanes lesen konnte, wie es Bentlers geht/ob Lene Kontakt hält.


    *

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Aber irgendwie werden bislang die Zwillinge im Buch vernachlässigt. Die werden die ganze Zeit zu den Nachbarn abgeschoben, vor allem in der Zeit, in der Lene gerade in den Niederlanden ist.

    Abgeschoben würde ich es nicht nennen - ein Glück, dass sie da waren, die Bentlers.

    Überhaupt habe ich die Erinnerung, dass Kinder früher viel häufiger bei Nachbarn, Verwandten und Freunden unterkamen, wenn es nötig war. Viele Cousins uns Cousinen wurden zum Teil von den Großeltern oder Tanten aufgezogen. Auch bei Freunden ist das öfter vorgekommen.

    Der enge Fokus auf die Kleinfamilie, den wir heute haben, tut Eltern und Kindern auch nicht immer gut.

  • Da stimme ich Rumpelstilzchen zu. Früher war das Sozialgefüge ja noch so, dass Kinder oft bei Nachbarn etc. unterkamen. Das war auf Gegenseitigkeit, dafür ist man in anderen Dingen eingesprungen, wenn bei den anderen der Schuh drückte. Ich kenne das auch noch so, dass wir "woanders" waren, wenn meine Mutter z.B. Arzttermine hatte und dafür unsere Nachbarskinder dann wieder bei uns waren. Oder meine Mutter machte die Einkäufe für die Nachbarin mit. Eine Hand wäscht die andere, das war damals noch viel selbstverständlicher als heute.


    Ich habe das eher so gesehen: wäre Lene alleine mit Leo gewesen, wäre vieles einfacher gewesen. Sowohl in ihrer Beziehung als auch generell. Die Zwillinge einzubauen, auch wenn sie eben nur eine Nebenrolle spielen, empfand ich als geschickten Schachzug. Denn Lene konnte auch nach Franzens Tod eben nicht nur für sich und Leo entscheiden, alles betraf zwei weitere Menschlein. :gruebel

    Lieben Gruß,


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    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • An dieser Stelle muss ich gleich was beichten: Da meine Mama seit Kurzem bei uns wohnt und ich mich um ihre Pflege kümmere, komme ich zurzeit sehr wenig zum Lesen. Daher habe ich mir zum E-Book auch noch das Hörbuch gegönnt, damit ich trotzdem weiterkomme. Alledings habe ich das Buch dann so gehört, dass ich jetzt bereits durch bin... Es tut mir leid, dass ich dadurch in der Leserunde nicht so wie gewohnt teilnehme und ich bin gerade froh, dass ich ja mit meinem eigenen Buch dabei bin. Ich werde aber gerne den einen und anderen Gedanken von euch kommentieren und weiter mitlesen, wie ihr das Buch empfindet. :schuechtern

    Es ist wahrhaft gruselig zu lesen, wie die Zeit voranschreitet. Wir wissen ja, wie alles endet. Aber es schaudert mich sehr zu lesen, dass es anscheinend jetzt schon medizinische Experimente an den behinderten Kindern gibt.

    Diese Szenen haben so einiges von uns Lesern abverlangt und es gab Momente, da ich tatsächlich innehalten musste, sprich eine Hörpause einlegen musste, da es mir einfach zu nahe ging. Wie kann man nur.... ;(

    Ich ahnte sowas, dass Lene noch mal Kontakt zu Joop aufnimmt – unerwartbar allerdings, dass er ihr Retter in der Not mit Leo wird. Die beiden nehmen enorme Risiken auf sich.

    Mir gefällt diese Entwicklung und ich musste mein Bild, das ich von Joop hatte, revidieren. Toll, wie er Lene mit Leo hilft. :anbet


    Ich finde es bewundernswert, was Nora für den Jungen tut. Den Tod des Arztes hat sie nicht geplant, für mich war das sogar schon eine Art Notwehr.

    Es ist auch für mich eine Art Notwehr - jedenfalls mehr ein Unfall als ein Tötungsdelikt. Sie wollte ihn bestimmt nicht umbringen, sondern einfach nur Leo retten.

  • Wirklich bei Nachbarn kamen wir weniger unter, aber es gab schon Kontakte zu Eltern anderer gleichaltriger Kinder und dann war man für ein Nachmittag bzw Abend dort, manchmal auch eine Übernachtung, wenn es Freunde waren, aber eigentlich war das recht übersichtlich. Was ich aber definitiv ähnlich sehe ist, dass es früher mehr Familie gab, also gemeinsam Essen, egal ob Frühstück, Mittag- oder Abendessen. Auch gab es regelmäßig Besuche bei Oma / Opa / Tante und Onkel. Vielleicht kommt mir das auch nur so vor.

    :lesend: Wie fühlst du dich? - Über unser Innenleben in Zeiten wie diesen Mensch (Axel Hacke) 0 / 255 Seiten

    :lesend: Das Kind in dir muss Heimat finden (Stefanie Stahl) 76 / 248 Seiten

  • ...

    Überhaupt habe ich die Erinnerung, dass Kinder früher viel häufiger bei Nachbarn, Verwandten und Freunden unterkamen, wenn es nötig war.

    ...

    :write In meinem Fall stimmt das absolut. Ich bin auch eher "woanders" bzw. von anderen erzogen worden.

    Aber das (ich) war eine Ausnahme, denn ansonsten stimme ich xexos zu:

    Ja, das kenne ich auch noch so, jedoch nur für ein paar Stunden und nicht gleich für eine ganze Woche.


    Mir gefallen die "Kühlungsborn-Abschnitte" stilmäßig viel besser als die "Lene-Geschichte". Da passt das Distanzierte. Bei Lene hätte ich mir ein paar mehr Sätze gewünscht, aber ich empfinde es nicht mehr als so oberflächlich wie im 1. Leseabschnitt.

  • Es ist auch für mich eine Art Notwehr - jedenfalls mehr ein Unfall als ein Tötungsdelikt. Sie wollte ihn bestimmt nicht umbringen, sondern einfach nur Leo retten.

    Notwehr sicher nicht- Nothilfe. Aber das ist sehr dünnes Eis, da müsste man nachweisen, dass das Leben des Jungen in Gefahr war, was abstrakt sicher stimmt, aber konkret schwierig ist. Sie wollte ihm wehtun, also Körperverletzung begehen und dabei kam er ums Leben, also fahrlässige Tötung, gibt zusammen Körperverletzung mit Todesfolge. in einer unabhängigen Justiz, nicht wenn es darum geht einen verdienten Parteigenossen getötet zu haben, der das Recht durchsetzen wollte und lebensunwertes Leben, das dem Volkskörper schadet vernichten wollte. In dieser Zeit war Unrecht nicht die Ausnahme sondern stand gleichberechtigt neben dem Recht, gleichberechtigt vom Ablauf und vollzogen von den gleichen Menschen, die dem Recht verpflichtet hätten sein müssen.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen űbersit :lesendMonika Helfer Löwenherz :lesend America against America Wang Huning

  • In einer unabhängigen Justiz hätte man nicht einwandfrei klären können, ob der Schlag aus Notwehr oder Absicht heraus gekommen ist und auch nicht, ob die Todesfolge tatsächlich von dem Schlag erfolgte oder etwas später durch eine andere Person. Die Vermutung liegt nahe, dass es so gewesen sein könnte, aber es ist nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellbar und es bleibt immer ein Restzweifel. Vermutlich könnte man nach den heutigen Methoden die Wahrheit herausfinden, aber wahrscheinlich hat die Technik auch ihre Grenzen. Zumindest muss in der Juristerei nicht zwangsläufig das offensichtliche immer das Richtige sein, manchmal traf auch das unwahrscheinliche zu. Exakt deswegen existieren ja auch Fehlurteile, weil man vom naheliegenden ausgeht.

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  • In einer unabhängigen Justiz hätte man nicht einwandfrei klären können, ob der Schlag aus Notwehr oder Absicht heraus gekommen ist und auch nicht, ob die Todesfolge tatsächlich von dem Schlag erfolgte oder etwas später

    Das sehe ich eher nicht so. Auch in den dreißiger Jahren kannte man schon die Methoden an der Art der Verletzung des Kopfes zu erkennen, ob es ein Schlag oder zwei waren. Auch hätte man erkennen können, ob er erstickt wurde oder erwürgt. Auch die Tatsache, dass eine Wunde bei einem lebenden Menschen sich sehr schnell beginnt, wieder zu schließen, d.h. die Wundrandheilung einsetzt, war bekannt. Es wäre also möglich gewesen, den Tatablauf so zu rekonstruieren, dass die Tötung einem Täter zuzuordnen war. Das Problem der Justiz zur Zeit des Nationalsozialismus war eher nicht, dass man nicht konnte, sondern dass man nicht wollte. Sicher gab’s noch keine DNA Analyse und andere modernere Methoden, aber ganz schlecht waren die Mordermittler damals auch nicht. Hinter die Stirn gucken geht auch heut noch nicht. Also kann ein Richter nicht ermessen, mit welcher Absicht so ein Schlag ausgeführt wird. Dazu wird es immer der (fehlerbehafteten) Analyse äußerer Umstände bedürfen. Wir haben’s als Leser hier einfacher, da uns der Autorin die Motivlage Freihaus liefert.

    Nemo tenetur :gruebel


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  • Ich finde es bewundernswert, was Nora für den Jungen tut. Den Tod des Arztes hat sie nicht geplant, für mich war das sogar schon eine Art Notwehr.

    Ich sehe es auch eher als Notwehr an ... sie war ja auch überzeugt, dass er noch lebte als sie floh.

    Da stimme ich Rumpelstilzchen zu. Früher war das Sozialgefüge ja noch so, dass Kinder oft bei Nachbarn etc. unterkamen. Das war auf Gegenseitigkeit, dafür ist man in anderen Dingen eingesprungen, wenn bei den anderen der Schuh drückte. Ich kenne das auch noch so, dass wir "woanders" waren, wenn meine Mutter z.B. Arzttermine hatte und dafür unsere Nachbarskinder dann wieder bei uns waren. Oder meine Mutter machte die Einkäufe für die Nachbarin mit. Eine Hand wäscht die andere, das war damals noch viel selbstverständlicher als heute.

    Wobei ich auch sagen muss, dass wir schon in sehr jungen Jahren mal alleine gelassen wurden und uns das Versprechen abgenommen wurde brav zu sein. Eigentlich hat das auch gut funktioniert, meine Schwester und ich waren als kleine Mädchen wirklich sehr brav und hätten uns nie getraut was Verbotenes zu tun ... das kam dann erst später, aber dann richtig 🤣🤣

    An dieser Stelle muss ich gleich was beichten: Da meine Mama seit Kurzem bei uns wohnt und ich mich um ihre Pflege kümmere, komme ich zurzeit sehr wenig zum Lesen. Daher habe ich mir zum E-Book auch noch das Hörbuch gegönnt, damit ich trotzdem weiterkomme. Allerdings habe ich das Buch dann so gehört, dass ich jetzt bereits durch bin... Es tut mir leid, dass ich dadurch in der Leserunde nicht so wie gewohnt teilnehme und ich bin gerade froh, dass ich ja mit meinem eigenen Buch dabei bin. Ich werde aber gerne den einen und anderen Gedanken von euch kommentieren und weiter mitlesen, wie ihr das Buch empfindet.

    Oh, du musst dich in keinster Weise entschuldigen, das mit deiner Mutter hat doch auf jeden Fall Vorrang, schön, dass sie dich hat!


    Bei mir kommt es auch immer mal wieder vor, dass ich mich nicht jeden Tag aktiv an der Runde beteiligen kann. Dann steige ich später wieder ein und ich denke, dass da jeder Verständnis für hat ...


    :knuddel:knuddel

  • Bei mir kommt es auch immer mal wieder vor, dass ich mich nicht jeden Tag aktiv an der Runde beteiligen kann. Dann steige ich später wieder ein und ich denke, dass da jeder Verständnis für hat ...:knuddel:knuddel

    Und wie immer ist es doch so: solange auch nur einer in der Runde aktiv ist, spechten auch die anderen immer wieder mal hinein.

    Lieben Gruß,


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    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich muss gestehen, als die Eisenbahner bei Lene standen und von seinem Unfalltod berichteten, da dachte ich so bei mir: großartig, nun ist sie ihn los und bekommt eine Rente. War der Unsympath am Ende doch nicht ganz so übel.
    Als Nora Leo aus dem Krankenhaus holt, dabei von Pfeifer erwischt wird und ihn dann niederschlägt, hab ich mir schon gedacht, dass er das nicht überlebt hat. Gut, dass sie entkommen konnte. Obwohl ich ein bisschen Angst habe, dass Lenes Familie etwas ahnt, aber vielleicht glaubt, dass Leo irgendwas damit zu tun hat, weil er ja so abwehrend reagierte, als Lenes Mutter von dem Tod des Arztes erzählte.

    Um Klaus tut es mir sehr leid, das hätte gut gepasst mit ihm und Nora.

    Schon sehr gruselig, wie leichtfertig damals Kinder als „schwachsinnig“ abgetan wurden. Stottern an sich hat ja überhaupt nichts mit der Intelligenz zu tun.