'Buddenbrooks' - Teil 01 - 02

  • Der Einstieg in die Familie Buddenbrook war ein wiederholter….ich habe mich mehrfach verhaspelt mit den Angehörigen, bis ich dann letztendlich auch den, wie es scheint, nicht zu umgehenden Stammbaum gezeichnet habe. Ab dann gings rasant voran mit der Lektüre.
    Die Sprache ist brillant, wenn auch auf den ersten Seiten manches Mal einlesungsbedürftig, die Gedankensprünge elegant. Gleich auf der ersten Seite eine solche gedankliche Konstruktion, als die kleine Toni auf dem Schoß des alten Buddenbrooks den Katechismus aufsagt und „wenn man im Gange war, war es ein Gefühl, wie wenn man im Winter auf dem kleinen Handschlitten …den Jerusalemsberg hinunterfuhr……und man konnte nicht einhalten, wenn man es auch wollte“ (S.7) Vier Seiten später greift Th. Mann diese „Schlittenfahrt“ wieder auf und läßt Toni diese mit einem Amen enden.
    Interessant auch der selbstkritische Ansatz des Alten, der sich durchaus als aufgeklärten Mann sieht, der sehr wohl über die Grenzen hinausgekommen ist, einen Teil der Welt gesehen hat und ein geschäftlicher Kosmopolit zu sein scheint. Andererseits gibt er unumwunden zu, in gesellschaftlicher Hinsicht sehr in seinem Standesdünkel gefangen zu sein.


    Großartig das Mittagsmahl im Hause B. Die Mittagsgäste treffen bei den Buddenbrooks ein, das Mahl beginnt und „man fing an, behutsam zu löffeln“, „die Oeverdiecks saßen einander wie gewöhnlich fast auf dem Schoße…“
    Ich habe diese Tischgesellschaft direkt vor meinen Augen, in ihren Roben, mit ihrem Backenbärten, mit ihren Marotten und Schrulligkeiten. Ein Bild von einer Mittagstafel!


    Die ersten dunklen Wolken ziehen auf, als die Sprache auf den früheren Besitzer des neu erworbenen Buddenbrookschen Hause kommt, der durch einen Kompagnon in den Ruin getrieben wurde.
    Geradezu auf den Punkt gebracht schildert er die mißliche Lage des einstigen Hausherren Ratenkamp, seine wirtschaftliche Malaise, seinen enormen psychischen Druck, unter dem er stand und darum auch eine derartige Kooperation einging, von der er fast geahnt haben könnte, daß sie nicht erfolgsträchtig sein wird. Der Partner, der hinter Ratenkamps Rücken Gelder verspekuliert und so den Ruin hebeigeführt hat. Und Ratenkamp, der vielleicht gar nicht so unwissend war, sondern nur erstarrt….


    Diese Zeilen vermitteln bereits ein leises Unbehagen hinsichtlich des drohenden Verfalls der Familie.

    so many books...so little time



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  • Einige (amüsante) Personenbeschreibungen und Textstellen, die mir ins Auge gestochen sind, waren u.a.:


    der Gewandschneider Buddenbrooks.,..der eine ungemeine Menge von Kindern gezeugt habe, tote und lebendige, wie es gerade kam…


    Marcellus Stengel, der im Singen, Zeichnen und derartigen lustigen Fächern den Unterricht erteilte….


    Herr Stuht, dessen Bauch von einem wollenen Hemd bekleidet war und in erstaunlicher Rundung über das Beinkleid hinunterfiel. :grin


    Das Ende des Johann B., der sich nach dem Tod seiner Frau weigerte, einen Fuß ins Comptoir zu setzten, der immer mehr apathisch wurde und der in der Stunde des Todes alle anblickte und sich mit einem letzten „Kurios!“ nach der Wand kehrte…


    Ende des 4. Abschnitts (S.74) blitzt dann wieder ein kleiner Vorbote des nahenden Unterganges auf, als Gotthold "zu liquidieren begann….."


    „Der Konsul wäre vor Lachen beinahe gegen die Wand gefallen…“ und mir gings auch nicht besser, als ich den Abschnitt über Fräulein Sesemi Weichbrodt und ihre allzu gestrenge Haltung gegenüber Mademoiselle Popinet gelesen habe. Es lohnt sich durchaus, diese Stelle noch mal zu lesen. Einfach köstlich!!! :lache

  • Schön, dass Du einiges nochmal zitiert hast, Eli. Die Stelle mit den toten und lebendigen Kindern z.B., aber es gibt ja noch viel mehr im Laufe des Buches.


    Weiß gar nicht, warum ich so einen Respekt vor diesem Buch hatte. Oder liegt das an der Gemeinschaft, dass ich es nun so leicht und gern lese?


    Muss doch dem Döblin noch ne Chance geben (@ Milla :wave)


    Aber Thomas Mann ist nun einer, von dem ich noch mehr lesen möchte, wahrscheinlich Felix Krull als nächstes.

  • Zitat

    Original von geli73
    Weiß gar nicht, warum ich so einen Respekt vor diesem Buch hatte. Oder liegt das an der Gemeinschaft, dass ich es nun so leicht und gern lese?


    Muss doch dem Döblin noch ne Chance geben (@ Milla :wave)


    Aber Thomas Mann ist nun einer, von dem ich noch mehr lesen möchte, wahrscheinlich Felix Krull als nächstes.


    Ich hab es mir auch irgendwie schwieriger vorgestellt *g* - Der Döblin *hüstel* nun ja, also äääh, dann lieber noch mehr von Thomas Mann :grin


    Mich reizt ja vom Thema her besonders dieses hier (war ja klar, dass das 4 Bände sind... :rolleyes):

  • Ich platze hier mal unangemeldet hinein und schildere meinen ersten Eindruck bis zum Ende des ersten Teiles:


    Es werden unglaubliche viele Personen eingeführt, die geschickterweise zu einem gemeinsamen Mittagessen eingefangen werden und somit einen ersten Eindruck anhand ihrer Handlungen hinterlassen.


    Mir sind die Beschreibungen des Hauses teilweise zu ausführlich, ich muß mich sehr konzentrieren, um beim Text zu bleiben. Manchmal muß ich Abschnitte noch einmal lesen, wenn ich merke, den Inhalt nicht verstanden zu haben. Es ist streckenweise ziemlich viel Prosa, deren inhaltlicher oder stilistischer Nutzen sich mir noch nicht erschließt. :grin


    Was mir positiv auffällt, ist die Kommentierung der Sprechweisen, z. B. "Man sagte nicht: "an der Börse", man sagte ganz einfach "an Börse", wobei man zum Überfluß das r wie ein kurzes ä aussprach...". Das ist ungewöhlich und gefällt mir.


    Ich muss gestehen, dass mir die plattdeutschen Passagen teils wirklich unverständlich sind, die französischen Sätze verstehe ich besser. :wow


    Mein persönliches Highlight im ersten Teil: Das neue Koseswort der alten Konsulin für ihren Gatten. "Du gutes Schnuckeltier". :lache


    Freue mich auf's Weiterlesen.


    :wave

  • Zitat

    Original von milla
    [Mich reizt ja vom Thema her besonders dieses hier (war ja klar, dass das 4 Bände sind... :rolleyes):


    Band 1: Jaakobs Geschichten: Nicht übel!
    Band 2: Joseph und seine Brüder: noch besser
    Band 3: Joseph in Ägypten: Gut, aber einige Längen (und es ist der dickste Band)
    Band 4: Joseph der Ernahrer: Mein Favorit!


    Ich glaube, ich erinnere mich an Thomas Mann Version besser als an die biblische Geschichte. Ich finde, Joseph und seine Brüder ist Thomas Manns humorvollsten Buch. :-)


    Bei der Länge habe ich nur durchgehalten, indem ich zwischendurch immer wieder mal in die von Gert Westphal gelesene Hörbuch-Ausgabe reingehört habe.


  • Ooooh das klingt aber doch super :-] ! Danke für die Info! :knuddel1

  • Offtopic:
    Also, sollte die "Joseph und seine Brüder"-Reihe mal ein Thema für eine Leserunde sein, würde ich vermutlich mitmachen. Im meiner Kinderzeit gab es einen Zeichentrickfilm den ich absolut geliebt habe und der Josephs Geschichte behandelte. Hab dem Film seither leider nie wieder gesehen. :-(


    Ontopic
    Friderike
    Ja, im ersten Teil sinds erst mal sehr viele Leute und extrem detaillierte Beschreibungen, das ist aber im späteren Teil nicht mehr so extrem der Fall, sonst wäre es für mich schon auch schwierig zu lesen gewesen. Aber irgendwie flutscht es jetzt sehr gut (mal abgesehen davon, dass ich fast nicht zum Lesen komme -.-; )

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • so, jetzt komm ich dann auch mal zum Schreiben, habe nun diesen Teil fast beendet :-)


    Was mich von Anfang an sehr begeistert, ist der liebevoll ironische Tonfall, in dem Thomas Mann die Eigenheiten der einzelnen Familienmitglieder Buddenbrook ausschmückt.


    Solche Sätze wie "...ihre coiffure ist eine komplette Wirrnis..." :lache, das Einflechten vieler französischer Begriffe, eigentlich in den unpassendsten Momenten, er schreibt mit einem großen Augenzwinkern, find ich gut und hätte ich so nicht mit gerechnet.


    Man kann sich die heftigsten Dinge an den Kopf werfen, hauptsache man bewahrt dabei die Etikette :grin


    Am Ende der Abschnitte findet man Anspielungen auf zukünftige Konflikte, schöner Kontrast zu der Leichtigkeit und Unbefangenheit, mit der er die Familienmitglieder anfangs vorstellt.


    ja, ich les mal weiter, damit ich noch hinterher komme :wave

  • Ich hatte ja ziemlich Muffen vor diesem Buch, es liest sich aber recht gut.
    Ich bin mit dem ersten Teil durch und die Sprache gefällt mir recht.
    Etwas gewöhnungs bedürftig finde ich die Art und Weise in der die Leute miteinander reden.
    Dann mache ich mich mal an den zweiten Teil dieses Abschnitts.

  • @butterkup
    Keine Panik, ich hatte am Anfang auch einen Heidenrespekt vor dem Buch. Es hat sich aber im nachhinein als gut verständliche und teilweise humorvolle vergnügliche Lektüre entpuppt.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Ich habe den Roman schon mal vor vielen Jahren gelesen und war deshalb erstaunt, wie gut ich mich noch an die einzelnen Familienmitglieder erinnern konnte.
    Im 1. und 2. Teil wird uns das blühende und expandierende Handelshaus vorgestellt. Die Beschreibung der gutbürgerlichen Einrichtung, die eleganten Hausbesitzer, die anläßlich ihres Umzugs zur Tafel bitten, das alles strömt die Atmosphäre von Gediegenheit und Wohlsituiertheit aus.


    Ich freue mich schon auf die Entwicklung der weiteren Ereignisse im Hause Buddenbrook.

  • Na, so ein Zufall, ich hatte von dieser Leserunde gar nichts mitbekommen und habe wirklich zufällig gestern die Buddenbrooks bei meinen Eltern aus dem Regal gefischt, weil ich mein aktuelles Buch nicht dabei hatte. Ich habe ja auch immer davor zurückgescheut, weil es so dick ist und Thomas Mann angeblich so unlesbar lange Sätze schreibt, und nach den ersten 100 Seiten bin ich äußerst angenehm überrascht! :anbet


    Jetzt lese ich mein aktuelles Buch erst noch fertig, aber dann hoffe ich, dass ich genügend Durchhaltevermögen für die Buddenbrooks aufbringen werde.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Ich habe gestern den ersten Teil schon komplett fertig gelesen und muß sagen, nach einigem Eingewöhnen in die Sprache (und einem ausgiebigen Mittagsschlaf) kam ich dann doch sehr gut mit den Formulierungen zurecht. Das Französische muß ich ab und an schon nachschauen, danke an die vorherigen Leser für die Übersetzung des Napoleonwitzes, jetzt kann ich auch drüber lachen, das Platt hingegen bereitet mir überhaupt keine Schwierigkeiten.


    Danke auch von mir an Milla für den Stammbaum, anfangs waren die vielen Personen doch sehr verwirrend, aber ich denke, wenn sie im weiteren Verlauf erneut auftachen, wird man sich ihrer erinnern - hilfe, jetzt fang ich schon genauso verschroben an zu schreiben wie der olle Mann... :lache


    Zugegebenermaßen hatte ich bei der Hausbeschreibung ein wenig eine Blockade, mir war sie auch nicht wichtig genug, um sie erneut zu lesen, aber ich kann mir so ein Patrizierhaus auch so vorstellen, wenns dann nicht genau dem Original entspricht, nunja.


    Manche der oben erwähnten Formulierungen fand ich zum Wegwerfen, besonders die mit den Kindern, den lebenden und den toten, wie es grade kam.


    Die Personen werden alle sehr plastisch dargestellt und man kann sie wirklich vor dem inneren Auge sehen, wie sie da bei ihrem Mittagsmahle sitzen, stocksteif und skurril, dabei dermaßen komisch, ich finde es göttlich.


    Schön, daß Ihr die Leserunde neu belebt habt, ich wollte das Buch immer schon lesen, es subbte seit Monaten, aber jetzt hat es mich gepackt, ich freu mich schon, gleich auf die Couch zum weiterlesen zu verschwinden.

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Also ich finde die Familienmitglieder gar nicht komisch. So war das Leben nun mal im 19. Jhd. in diesen Kreisen. Da unterlag man gewissen Normen und hatte auch nicht viel Möglichkeiten, dem zu entkommen.
    Und Thomas Mann beschreibt das einfach wunderbar.

  • Sylli, klar, das Leben war damals so, das ist für uns heute einer der Faktoren, warum es uns so skurril erscheint, aber ich bitte Dich, die Formulierung, daß man so und so viele Kinder bekam, lebende wie tote, wie es grade kam, das ist doch zum Brüllen....

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Also ich hab gestern den 1. Teil fertig gelesen und hab eigentlich gar keine Lust weiterzulesen. Ich tue es natürlich trotzdem. Aber ich komme weder mit der Sprache noch mit den total vielen Figuren zurecht, außerdem finde ich die Handlung auch überhaupt nicht spannend.
    Die vielen Zeitsprünge sind mir auch suspekt... :bonk


    Wenn nicht ich für mich eintrete, wer dann?
    Wenn ich nur für mich selbst eintrete, was bin ich?
    Wenn nicht jetzt, wann dann?