Und vergib uns unsere Schuld - Claus Cornelius Fischer

  • Kurzbeschreibung:
    Am Abend des in ganz Holland wie ein Volksfest gefeierten Königinnentages wird in Amsterdam ein vierzehnjähriger Junge ermordet - unter Umständen, die sogar der Polizei das Blut in den Adern gefrieren lassen. Commissaris Bruno van Leeuwen, ohnehin belastet durch den Verfall seiner schwer kranken Frau Simone, nimmt in der von sommerlicher Hitze beherrschten Grachtenstadt die Ermittlungen auf. Er ahnt nicht, dass der Schlüssel zur Lösung des Falls ausgerechnet in Simones Krankheit zu finden ist...


    Über den Autor:
    Claus Cornelius Fischer wurde in Berlin geboren und lebt heute in München. Er schrieb für DIE WELT und DIE ZEIT und ist seit 1976 freier Schriftsteller, Übersetzer und Drehbuchautor. 1989 war er u.a. mit Günter Grass, Norbert Blüm und Heiner Geißler Herausgeber der SATANISCHEN VERSE von Salman Rushdie in Deutschland. Seit 1989 hat er zahlreiche Romane und Drehbücher für Film (Blueprint mit Franka Potente) und TV (Tatort) geschrieben. Sein Roman GOYAS HAND wurde für den aspekte-Literaturpreis nominiert. UND VERGIB UNS UNSERE SCHULD ist sein erster Kriminalroman.


    Meine Meinung:
    Commissaris Bruno van Leeuwen ist 54 Jahre alt, verheiratet und kinderlos. Geachtet und angesehen von seinen Kollegen und der Amsterdamer Bevölkerung nimmt er sich trotz seiner privaten Probleme, der furchtbaren Krankheit seiner geliebten Frau Simone, die ihn immer mehr von ihr entfernt, einem neuen Fall an. Und dieser Fall verlangt alles von ihm ab – sowohl beruflich als auch privat.


    Claus Cornelius Fischer hat mit van Leeuwen einen zutiefst menschlichen Commissaris geschaffen, der den Leser teilhaben lässt an seinen inneren Konflikten zwischen Liebe und Verantwortung, Disziplin und Intuition, die er auch bei seinem neuen Fall mit sich herumträgt. Sein Privatleben nimmt mindestens die Hälfte des Romaninhalts ein, was aber keineswegs die Spannung des Falls mindert. Im Gegenteil, durch die Anteilnahme jeder Stunde im Leben von van Leeuwen treten zwar die Nebenfiguren in den Hintergrund, doch der Leser fühlt sich mitten im Geschehen, spürt förmlich den Schmerz und die Angst, die aus den Seiten sprechen. Ein Pageturner der besonderen Art, der durch eben diese Anteilnahme besticht und der sowohl genügend Antworten liefert als auch genug Fragen offen lässt, um mit einem beklemmenden Gefühl das Buch nach der letzten Seite zuzuschlagen.

  • Claus Cornelius Fischer hat einen sehr menschlichen Protagonisten geschaffen, der den Leser nicht nur an seinen Ermittlungen, sondern auch an seinen privaten Problemen teilhaben lässt. Wir haben es in "Und vergibt uns unsere Schuld" mit einem anscheinend sehr brutalen Verbrechen zu tun, das aber weder zu detailliert beschrieben noch den größten Raum im Handlungsgeschehen einnimmt, da das Privatleben des Commissaris Bruno van Leeuwen mindestens genauso wichtig wie seine Ermittlungen ist. Beide Handlungsstränge sind geschickt miteinander verknüpft. Dem Autor ist ein sehr spannender, menschlicher Krimi gelungen, der Lust auf viele, weitere Fälle des Commissaris Bruno van Leeuwen macht.

  • Ich fand diesen Krimi sehr berührend und beeindruckend!


    Hier meine Meinung:


    Commissaris van Leeuwens erster Fall erzählt uns oberflächlich betrachtet die Auflösung der Morde an zwei Jugendlichen, der Autor Claus Cornelius Fischer sagt uns aber so viel mehr als das.


    Commissaris van Leeuwen ist 54, kinderlos und lebt mit seiner schwer kranken Frau in Amsterdam. Sein Beruf ist für ihn nicht nur Beruf sondern Bestimmung. Während er den unheimlichen, grausamen und bestialischen Mord an einem vierzehnjährigen Jungen untersucht, wird die private Belastung durch den zunehmenden Verfall seiner Frau zunehmend schwieriger zu tragen und beginnt seine beruflichen Aktivitäten zu beeinflussen und einzuschränken. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass Commissaris van Leeuwen eine schwerwiegende Entscheidung in seinem Privatleben treffen muß. Tappt der Commissaris mit seinen Ermittlern nach dem ersten Mord noch im Dunkeln, führt ihre Spur nach dem zweiten gleichartigen Mord zu dem leidenschaftlichen Anthropologen Josef Pieters, der sein Leben der Erforschung eines aussterbenden Kannibalenstammes in Papua-Neuguinea gewidmet hat und für den Nobelpreis nominiert ist.


    Einen Krimi mit der Hauptfigur eines auch privat schwer belasteten Ermittlers, scheint zunächst nicht ungewöhnlich und erinnert an die zum Teil sehr düsteren skandinavischen Krimis. Glücklicherweise überrascht uns aber Claus Cornelius Fischer mit einem Ermittler, der zwar in einer sehr schwierigen Situation befindlich ist, der aber aufgrund seines Charakters nicht permanent in düsteren Gedanken versinkt. Im Umgang mit den Mitmenschen kann er, wenn es notwendig ist oder seine Emotionalität durchschlägt auch laut, kauzig und grob werden, aber er steht vor und hinter seinen Mitarbeitern, er spürt ihre Probleme und zeigt dafür Verständnis und er liebt seine Frau, deren Verfall ihre Beziehung auflöst, und zeigt sich zumeist geduldig. Die private Situation von Commissaris van Leeuwen macht etwa die Hälfte des Romans aus, dennoch ist insbesondere die Auseinandersetzung mit der Krankheit von Leeuwens Frau so gelungen dargestellt und so spannend, dass das Interesse an dieser Seite der Geschichte das Interesse am Kriminalfall durchaus von Zeit zu Zeit übersteigen kann.


    Der Kriminalfall selbst ist exotisch und spannend erzählt, der Fokus liegt dabei mehr in der Ergründung der Tätermotive als in der Suche nach dem Täter, da sich die Spur zum Täter schon sehr früh erhärtet.


    Das verbindende Element zwischen dem Kriminalfall und der privaten Situation des Ermittlers ist die Frage der Schuld. Was ist Schuld und wie ist Schuld zu bewerten, wenn kein Bewusstsein über die Schuld vorhanden ist? Eine Frage die Commissaris van Leeuwen beschäftigt und zu einer inneren philosophischen Auseinandersetzung führt.


    Claus Cornelius Fischer erzählt uns die Geschichte in einer flüssigen Sprache, die im Rahmen der Ermittlungen eher sachlich und nüchtern ist, bei den Gedanken des Ermittlers aber teilweise poetisch wird und mit schönen Metaphern durchsetzt ist.


    Mit Commissaris van Leeuwens erstem Fall „Und vergib uns unsere Schuld“ ist Claus Cornelius Fischer ein intelligenter, spannender Kriminalroman der besonderen Art gelungen, der mit einem sympathischen, charakterstarken Ermittler aufwartet, die Auseinandersetzung mit einer schweren Krankheit fühlbar macht und einen exotischen Kriminalfall beinhaltet. Ein Kriminalroman der nicht so schnell in Vergessenheit gerät und mich sehr beeindruckt zurück ließ. Ich hoffe bereits auf einen zweiten Fall von Commissaris van Leeuwen.

  • Hallo,
    ich kann mich den Vor-Rezensenten nur anschließen.
    Das Buch hat mir sehr gut gefallen und auch ich warte auf Fortsetzung.


    Viele Grüße von doctrix

  • Ich habe eher gemischte Gefühle dem Buch gegenüber. Einerseits hab ich es in zwei Tagen verschlungen, andererseits fand ich es aber auch deprimierend und ich war froh, es durchzuhaben. Zum Teil habe ich auch mal was überblättert. Die letzten 100 Seiten habe ich nur noch beschleunigt gelesen, weil die Auflösung ja eh klar war.


    Ich fand die Wortwiederholungen nervig. Zum Beispiel als er den Bildband von Goya betrachtet, fangen zwei Seiten lang alle Sätze mit "Er betrachtete..." an und als er den Koffer seiner Frau findet, alle Sätze mit "Er fand...". Wobei mir schon klar ist, dass der Autor diese Technik bewusst eingesetzt hat, aber trotzdem habe ich solche Seiten nach dem dritten "er betrachtete" nur überflogen. Ansonsten neigen die Figuren dazu, anderen Figuren in einem Wutanfall ihre Lebensgeschichte zu erzählen, so dass der andere und der Leser wissen, dass da doch ein Mensch hintersteckt.


    Ich glaub, das Buch war nicht schlecht und was Alzheimer mit den Betroffenen und den Angehörigen macht, hat er gut getroffen. Ich würde dem Buch 4 Sterne geben, aber ich weiss nicht, ob ich noch eins lesen würde, die Stimmung war mir irgendwie zu deprimierend und insgesamt ist es mir zu introspektiv, also man steckt irgendwie ständig im Kopf der Figuren.

  • Aufgrund der positiven Beurteilungen werde ich mir das Buch heute noch kaufen. Herzlichen Dank, vor allen Dingen an Milla, für dieses tollen Buchtipp.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Am Anfang hat mir das Buch ziemlich gut gefallen. Mittlerweile quäle ich mich nur noch durch das Buch. Im Augenblick bin ich an einer Stelle, an der einfach nichts passiert. Ich überlege, ob ich das Buch nicht einfach abbrechen soll und mir ein spannenderes Buch aus dem SUB ziehe. :-(

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

  • Ich schliesse mich den positiven Meinungen hier an.
    Ein sehr überzeugendes, bewegendes Buch mit einem Protagonisten, dem ich sehr gerne noch öfters begegnen will. :anbet
    Besonders gut gelungen ist die Verknüpfung des beruflichen und privaten Lebens von Commissaris van Leeuwen. Zudem fand ich die beiden Themen mit ihrer Verbindung in der Schuldfrage sehr gut gewählt und äusserst interessant umgesetzt.


    Von mir bekommt das Buch 10 von 10 Punkten.

  • Huhu,


    den begeisterten Stimmen zum Buch schließe ich mich herzlich gerne an. Das Buch ist wirklich ein Knaller, auch wenn ich eigentlich nicht so die Krimileserin bin. Das Buch ist spannend vom Anfang bis zum Schluss und bietet viele interessante Informationen zu Alzheimer und der Creuzfeldt-Jakob-Krankheit, was mich mit meiner med. Ausbildung sehr interessiert hat.


    Bruno van Leeuwen ist ein Kommissar, in dessen Leben nicht alles rosarot ist, seine Frau ist schwer krank und es gibt einen fürchterlichen Mord in Amsterdam, der alle schaudern lässt.
    Was hat der Nobelpreisträgeranwärter Professor Pieters mit all dem zu tun, was haben die zwei Mordfälle generell mit CJD zu tun?


    Der Autor besticht durch Detailtreue und eine Recherchearbeit, die einfach phänomenal ist. Richtig tolles Buch!


    Fischer ist mit seinem Krimi ein echtes Meisterwerk gelungen, welches förmlich nach einer Fortsetzung schreit! Ein Krimi der besonderen Art!

  • Eigentlich bin ich kein Fan von Krimis doch dieses Mal hat es sich gelohnt!
    Statt einem trockenen Krimi erwartete mich eine Fülle an interessanten Informationen über Papua-Neuguinea, dem Stamm der Fore und Alzheimer.
    Der Anfang liest sich ein wenig zäh, doch das löst sich im Laufe des Buches auf und es wird richtig spannend.
    Die Characktere sind sehr gut ausgearbeitet, besonders Commissaris Van Leeuwen ist ein sympathischer Kerl, der seine Frau trotz Alzheimer liebevoll versorgt.
    Das Buch handelt also einerseits von den Mordermittlungen in Amsterdam und andererseits vom Privatleben des Commissaris. Nach und nach verbinden sich die beiden Stränge und führen Van Leeuwen zum Mörder.
    Im Buch gibt es außerdem eine Landkarte von Amsterdam. Ich finde sie jedoch nicht sehr nützlich, da sehr viele Orte nicht eingezeichnet sind.


    Insgesamt habe ich das Buch sehr genossen und ich freue mich schon auf einen weiteren Teil der Reihe!

    Der Clan der Otori heißt die Treuen und Gerechten willkommen.
    Die Untreuen und Ungerechten sollen sich in Acht nehmen.

  • Ich kann mich den vielen positiven Meinungen nur anschliessen.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Der Kommissar war mir sehr sympatisch und seine private Situation fand ich sehr berührend.

  • Commissaris van Leuwen, 54, lebt in Amsterdam, verheiratet mit Simone, alzheimerkrank. Die private Seite des Commissaris nimmt sehr viel Raum in diesem Buch ein und so dauert es bis zur Hälfte des Romans, bevor die Geschichte so richtig spannend wird.


    Mir hat dieses Buch nicht ganz so gut gefallen, weil ich die Person Bruno van Leuwen unsympathisch fand. Er ist sehr menschlich, hat seine Macken und Fehler, aber als er seine Frau anbrüllt, dass sie ihn vor etlichen Jahren betrogen hat, fand ich unschön. Sie ist schließlich krank und weiß nichts mehr davon. Wie er vor dieser Verantwortung immer wieder davon läuft und Simone der Pflegerin überlässt, die sauer auf Bruno ist, ist ebenfalls unschön. Und seine Art, mit Verbrechen umzugehen und sie als "Erfindung" zu bezeichnen, moche ich auch nicht.


    Bruno ist Fan von Goya, dem Maler, und blättert immer wieder in Büchern und schaut sich seine Bilder an, die ausführlich immer wieder beschrieben werden. Noch etwas, was mir nicht gefiel.


    Der Fall war mir zu abgedreht, die Ermittlungen und die Lösung des Falls waren in meinen Augen eher Zufall.


    Alles in allem der Beginn einer neuen Krimireihe, die ich mir sparen werde. Das gibt nur 5 Punkte, weil mich dieses Buch eher genervt hat als dass ich mich unterhalten fühlte. Es gibt bestimmt eine Menge Leute, die Bruno van Leuwen mögen werden, eben weil er nicht perfekt ist, aber für mich war das ein Punkt, der gegen ihn spricht.