'Die Madonna von Murano' - Teil 2

  • Überlebt, es sieht zumindestens so aus, überlebt aber um welchen Preis.


    Im zweiten Teil werden die im ersten Teil nur vorgestellten Personen mit Leben und Tiefe erfüllt, wir teilen die Ängste der Heldin und die tastenden Schritte ins Erwachsen werden und die wiedererwachende Neugier auf das Leben und die Hinwendung zum LEsen.


    Warum müssen immer Mäner und besonders Dominikaner so Dreckschweine sein, die Hunde des Herrn die ich heute kenne sind wirklich nett.


    Plündern und vergewaltigen in einem Pestloch erscheint uns unglaublich- unwahrscheinlich- Nonnen vergewaltigen nicht nachvollziehbar- aber der Mensch wird zum Tier, wenn er das Gefühl hat niemand kann ihn selber retten- das Ende ist unausweichlich und wer hat da noch Angst vor Strafe wo der schwarze Tod alles niedermäht?

  • Zitat

    Original von beowulf
    Im zweiten Teil werden die im ersten Teil nur vorgestellten Personen mit Leben und Tiefe erfüllt, wir teilen die Ängste der Heldin und die tastenden Schritte ins Erwachsen werden und die wiedererwachende Neugier auf das Leben und die Hinwendung zum LEsen.


    :write Und es kommen neue Figuren hinzu, von denen wir bestimmt noch einiges erfahren werden... z.B. dieser wirklich widerliche Mönch, meine Güte, ich habe mich zuerst schlecht gefühlt, weil ich auch gedacht habe, warum überlebt ausgerechnet er den schwarzen Tod, aber nach der Szene bei der erkrankten Äbtissin (was für eine wunderbare Frau! :anbet) habe ich keine Gewissensbisse mehr :fetch


    Interessant finde ich Eleonora, ihre melodramatischen Briefe haben mich wirklich zum Lachen gebracht... bis sie sich bewahrheiten, allerdings anders, als Eleonora es gemeint hat :-( Auch wenn sie sich gegenüber Sanchia arrogant und unfreundlich verhalten hat, ich hoffe so sehr, dass sie überlebt, sie ist trotz allem ein spannender Charakter und letztendlich in ihrem Inneren doch nur ein trauriges Mädchen, das viel lieber zuhause wäre...


    Zitat

    Original von beowulf
    Plündern und vergewaltigen in einem Pestloch erscheint uns unglaublich- unwahrscheinlich- Nonnen vergewaltigen nicht nachvollziehbar- aber der Mensch wird zum Tier, wenn er das Gefühl hat niemand kann ihn selber retten- das Ende ist unausweichlich und wer hat da noch Angst vor Strafe wo der schwarze Tod alles niedermäht?


    Also mir ist das auch doppelt unbegreiflich... Hoffentlich bekommen sie dort das, was sie garantiert nicht wollen :fetch Aber zumindest Sanchia scheint ja wieder ihren Schutzengel gehabt zu haben, der sie mit viel Getöse gerettet hat :-]


    Und dann der andere Handlungsstrang: Wunderbar, wir begegnen einer historischen Persönlichkeit, dem jungen Leonardo, der schon in den fantastischsten Ideen schwelgt :freude Ich liebe einen solchen Einbezug von historischen Figuren!!
    Und Lorenzo ist - obwohl er sein ungeliebtes Hobby aufgegeben hat - noch immer mit Ablehnung gestraft, wenigstens versteht er sich mit seinem Onkel Francesco, der sich ja wirklich gemausert hat, Respekt! Ob es allerdings klug war von Sanchia, ihm diese Zeilen über sich zu schreiben? :write


    Man darf weiter gespannt sein :-]

  • Zitat

    Original von beowulf
    Seite 179 siehe hier


    Hallo Beowulf,


    wie schön, dass du das Bild gefunden hast! Die geheimnisvolle Geschichte um dieses Meisterwerk hat mich zu der Idee des "Entwurfs" vor Ort, also in Syrien inspiriert. Das Ödland im Hintergrund, die Verzweiflung, die Hoffnungslosigkeit - mir schien viel dafür zu sprechen, dass Leonardo hier echte Bezüge verarbeitet hat. Unter Historikern ist umstritten, ob er je in Syrien war, aber gerade jene Jahre sind in seiner Biografie, die sonst lückenlos belegt ist, offen. Ebenso wie die Umstände rund um die Entstehung eben dieses Bildes. Er kann also dort gewesen sein, es dort entworfen haben. Und die Sachen mit dem Löwen passte so wunderbar zu meiner Geschichte :-)


    Herzlich,
    Charlotte T.

  • Nun lebt Sanchia in einem Kloster. Die Reaktion von ihr auf das erlebte ist sehr glaubhaft geschildert. Durch dieses schreckliche Ereignis in ihrem Leben hat sich der Charakter und das Wesen von Sanchia sehr verändert.


    Interessant fand ich in diesem Zusammenhang vor allem eine Bemerkung von ihr während dem "Medizinkurs" (S 140) sinngemäß: Wenn Kinder Schuld tragen? Sollten dann nicht lieber sie sterben als die Eltern?


    Macht sich Sanchia Schuldgefühle für den Tod ihrer Zieheltern? Hat sie bereits in dem Alter mitbekommen, warum die Morde verübt wurden und warum die Mörder überhaupt auf ihre Familie kamen? Weiß sie noch mehr z.B. um die Bedeutung des Amuletts?


    Sehr spannende Fragen. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich diese entwickeln werden.


    Zu den Figuren möchte ich auch noch etwas sagen. Ich habe bereits im ersten Teil angemerkt, dass sie mir etwas zu schwarz/weiß gezeichnet sind. Nun kommt hinzu, dass sie mir vielfach zu modern erscheinen. Ich habe bei vielen leider nicht das Gefühl die Gedanken und Handlungen von Menschen um 1500 zu beobachten, sondern von Menschen unserer heutigen Prägungen.
    Der eine oder andere Ausreißer aus dem gewöhnlichen Denken einer Zeit schadet zwar nie, mittlerweile kommt es mir zu gehäuft vor. Vor allem die Äbtissin vom Kloster San Lorenzo erscheint mir viel zu modern.


    Jetzt mach ich mich auf den Weg nach Syrien

  • Zitat

    Original von milla
    Und es kommen neue Figuren hinzu, von denen wir bestimmt noch einiges erfahren werden... z.B. dieser wirklich widerliche Mönch, meine Güte, ich habe mich zuerst schlecht gefühlt, weil ich auch gedacht habe, warum überlebt ausgerechnet er den schwarzen Tod, aber nach der Szene bei der erkrankten Äbtissin (was für eine wunderbare Frau! :anbet) habe ich keine Gewissensbisse mehr :fetch


    Ja, Ambrosio ist wirklich widerlich. :uebel


    Eleonora gefällt mir, sie wird sehr überzeugend dargestellt und ich hoffe, dass sie noch lange eine Rolle spielen wird.

  • Zitat

    Original von taciturus
    Vor allem die Äbtissin vom Kloster San Lorenzo erscheint mir viel zu modern.


    Ja, sie erscheint modern in ihrem Denken und ihren Handlungen.........aber auf mich wirkt dies nicht unpassend oder unwahrscheinlich.


    Vielleicht kann uns Charlotte dazu noch etwas sagen? :-)

  • Zitat

    Original von taciturus
    Nun lebt Sanchia in einem Kloster. Die Reaktion von ihr auf das erlebte ist sehr glaubhaft geschildert. Durch dieses schreckliche Ereignis in ihrem Leben hat sich der Charakter und das Wesen von Sanchia sehr verändert.


    Interessant fand ich in diesem Zusammenhang vor allem eine Bemerkung von ihr während dem "Medizinkurs" (S 140) sinngemäß: Wenn Kinder Schuld tragen? Sollten dann nicht lieber sie sterben als die Eltern?


    Macht sich Sanchia Schuldgefühle für den Tod ihrer Zieheltern?


    Hallo, Taciturus,


    schön, dass du diese kleine Stelle (über die ich mir beim Schreiben viele Gedanken gemacht habe) gefunden hast! das ist wirklich eine interessante Frage, und sie ist zu bejahen. Diese Schuldgefühle beruhen auf dem einzigen Grund, dass Kinder, vor allem junge, nahezu IMMER Schuldgefühle entwickeln, wenn sie in irgendeiner Weise traumatisiert werden. Es verdoppelt gleichsam ihr Leid, stellt ihre ganze Existenz in Frage - jemand, dem so Schlimmes widerfährt, muss ja schlecht sein, so suggeriert es das Unterbewusstsein. Der Weg zur Heilung ist oft schwer.


    Du sprachst noch die "Modernität" der Figuren an; vermutlich ist das ein altbekanntes Phänomen in vielen historischen Romanen, und ich kann mich, sofern man es als Manko einordnet, sicher nicht davon freisprechen. Gerade bei der Äbtissin war mir aber daran gelegen, sie als "aufgeklärte", empanzipierte Frau darzustellen. Priorinnen in Venedig verwalteten eine Menge Vermögen. Sie waren nur eingeschränkt dem Einfluss der Männerwelt unterworfen und in ihren Entscheidungen innerhalb ihres eigenen Herrschaftsbereichs weitgehend frei. Sie konnten, und das ist vor allem wichtig, sich bilden. Die Äbtissin übt gerade hier auf Sanchias persönliche Entwicklung großen Einfluss aus, daher war mir wichtig, sie stark und kraftvoll und als unabhängige Person zu zeichnen.


    Herzlich,
    Charlotte


    P. S. Ich sehe gerade, du hattest dieselbe Frage gestellt, Rosenstolz. Ich hoffe, ich konnte sie damit beantworten!

  • Hallo Pelican,


    es gab und gibt immer blonde Südländer, aber nicht von diesem spezifischen, extrem hellen nordischen Blond, wie man es in dieser hervorstechenden Form eigentlich nur noch in Skandinavien antrifft.


    Noch eine interessante Info zum Thema "Blond" allgemein: Im Zuge meiner Recherchen bin ich auf die verblüffende Information gestoßen, dass dieses echte, flachsfarbene Blondhaar im Begriff ist, auszusterben. Grund dafür ist, wie für vieles andere, quasi die Globalisierung :-)


    Im Zusammenhang damit natürlich, dass dunkles Haar dominant vererblich ist :-)


    Herzlich,
    Charlotte

  • Allem Anschein nach ist Sanchias Mutter ja nicht aus Venedig,. Sie war Sklavin, und es schien so, als könnte sie kein Venezianisch. Wenn Sanchia 1 aus Skandinavien wäre, würde das ihre Haarfarbe erklären.
    Francesco macht auf dem Schiff so eine Bemerkung über Sklavinnen. Das nährt die Vermutung, das er Sanchia1 Liebhaber war.


    Die Äbtissin, eine wunderbare Figur, fand ich eigentlich erfrischend. Oft wird die Hauptfigur gequält und schikaniert von solchen Personen. Immer sind alle gegen sie und sie muss sich durchkämpfen. Hier ist es endlich mal anders, hier findet Sanchia Sympathien und Unterstützung.


    Da Vincis Einbindung fand ich auch klasse. Ich mag so etwas ebenfalls gerne, wenn man bekannten Figuren aus der Geschichte quasi so nebenbei begegnet.

  • Ich bin nach wie vor begeistert. Wie schon geschrieben, erfahren wir jetzt mehr über die einzelnen Personen und es kommen noch neue Figuren (Leonardo) dazu.


    Man erfährt über die Anfangszeit von Sanchia im Kloster, auch von ihrer Zellengenossin Eleonora und der Äbtissin, Albiera. Sie fördert Sanchia in ihrem Wissensdrang und nimmt sie mit ins Spital und zu Geburten etc. So bekommt Sanchia z. B. auch Interesse und Freude an Büchern und dem Lesen. Sie lernt sehr schnell - manchmal vielleicht unglaubhaft schnell.


    Über die Person der Äbtissin, Albiera wurde schon einiges geschrieben, vor allem auch über die Modernität - hier schließe ich mich voll an. Sehr schön zu lesen, aber vielleicht zu fortschrittlich.


    Lorenzo fährt mit Onkel Francesco zur See und schickt an Eleonora Brieftauben. Eleonora und ihre Briefe finden nicht sein Interesse, er ist nur fasziniert von den Brieftauben. Beim Ausbruch der Pest schickt dann Sanchia anstatt Eleonora ihren ersten Brief an Lorenzo, der aber sofort sowohl die andere Handschrift, als auch den "anspruchsvolleren" Inhalt bemerkt - hierzu kommt später bestimmt noch mehr (?)


    Man erfährt dann einiges aus dem Hause Caloprini. Pasquale, der Spiegelmacher kommt und fordert sein ausstehendes Geld. Die Mutter hat mittlerweile eine Perücke aus dem Haar von Sanchia1 und Sanchia2, der Vater liegt in einem abgelegenen Zimmer nach einem Schlaganfall und wird von ihr versorgt und schlußendlich der Sklave Rufio ist ihr Liebhaber. Aber nichts macht sie sympathisch.


    Mittlerweile experimentiert Pasquale mit Pulver - wohin das noch führt :gruebel


    In Beyrut lernt Lorenzo Leonardo da Vinci kennen, dieser zeigt ihm die Spiegelschrift und einen Tauchanzug. Am letzten Abend wird er von Sula verführt.


    In San Lorenzo versöhnen sich Eleonora und Sanchia. Albiera hat einen Streit mit Ambrosius - Widerling - der dann an der Pest erkrankt. Die Pest grassiert in Venedig und ins Kloster dringen Plünderer ein.


    ... und sofort zurück zum Buch :schnellweg

  • Zitat

    Original von Charlotte T.
    Du sprachst noch die "Modernität" der Figuren an; vermutlich ist das ein altbekanntes Phänomen in vielen historischen Romanen, und ich kann mich, sofern man es als Manko einordnet, sicher nicht davon freisprechen. Gerade bei der Äbtissin war mir aber daran gelegen, sie als "aufgeklärte", empanzipierte Frau darzustellen. Priorinnen in Venedig verwalteten eine Menge Vermögen. Sie waren nur eingeschränkt dem Einfluss der Männerwelt unterworfen und in ihren Entscheidungen innerhalb ihres eigenen Herrschaftsbereichs weitgehend frei. Sie konnten, und das ist vor allem wichtig, sich bilden. Die Äbtissin übt gerade hier auf Sanchias persönliche Entwicklung großen Einfluss aus, daher war mir wichtig, sie stark und kraftvoll und als unabhängige Person zu zeichnen.


    Mittlerweile, wo ich schon ein wenig weiter im Text bin, kommt mir die Figur der Äbtissin etwas passender vor. An manchen Stellen denke ich mir zwar, dass ich sie zu heutig denkend finde, aber sie passt in die Geschichte hinein und da es immer Personen gibt, die nicht im Mainstream der Zeit denken, finde ich es auch nicht per se schlecht für einen historischen Roman.
    Albeira erscheint mir aber nur als die Spitze vom Eisberg. Piero dachte auch recht modern, vor allem in Bezug auf die Erziehung, wenn auch aus seiner Biographie begründet. Lorenzo denkt auch sehr modern, was gerade bei seinem Umfeld besonders überraschend ist. Sanchia selbst denkt im Grunde auch relativ modern.


    Mittlerweile gleicht es sich aber auch wieder etwas aus, da durch die steigende Personenvielfalt, auch immer mehr Figuren erscheinen, die Kinder ihrer Zeit zu sein scheinen.


    Wobei hier die Bewertung auch relativ schwer fällt, da ich nur vermuten kann, wie man damals ungefähr gedacht hat.


    Ein großes virtuelles Plus gibt es für ein anderes Thema. In letzter Zeit bekommen historische Romane oftmals einen leicht "pornographischen" Anstrich verpasst - um es etwas überspitzt zu formulieren. Ich fand es sehr erfrischend, dass hier dieser Mainstreamentwicklung nicht gefolgt wird und Sexszenen nicht bis ins letzte Detail reißerisch ausformuliert werden, sondern mit einer Andeutung auskommen.


    Etwas schade fand ich, dass vom Ausflug nach Syrien relativ wenig berichtet wurde. Was geschah damals zu der Zeit an diesem Flecken der Erde? Die politische Situation diesen Ortes hätte mich bei dieser Gelegenheit interessiert, da wir ja schon einmal dort gewesen wäre.


    Leonardo wurde interessant gezeigt. Vermutlich ist es mittlerweile recht schwer ihn als Figur in einen Roman einzubauen und dabei noch etwas Neues zu erzählen bzw. andere Aspekte in den Vordergrund zu stellen, da er seit Dan Brown relativ viele Gastauftritte in Büchern aller Art zu absolvieren hatte. Hier ist es finde ich gelungen, weil es ihn menschlicher Darstellt, aber auch die Vielfalt seiner Begabungen herausstreicht. Da bin ich schon sehr gespannt, ob er im weiteren Verlauf noch eine weitere Rolle spielen wird.

  • Nun habe ich diesen Teil auch endlich fertig gelesen. Leider finde ich momentan recht wenig Zeit zum lesen, weswegen ich so schleppend vorankomme.


    Ambrosio bingt nun den schwarzen Tod in die Stadt. Warum gerade er diesen auch überleben muss ist wohl wieder eine der Ungerechtigkeiten des Lebens.
    Ich habe mich bei der Szene, in der er Albeira angreift gefragt, ob es von ihm eine vorsätzliche Ansteckung der Äbtissin war, um sich an ihr zu rächen oder ob es bloß Zufall war?
    Anfangs war ich noch der festen Überzeugung, dass er damit bewusst der Frau, die es wagt ihn zu maßregeln und auch noch mehr Macht hat, obwohl er eigentlich sie kontrollieren sollte, den Tod bringen will. Als sich aber dann sein Gesundheitszustand genauer darstellte, war ich mir nicht mehr sicher, ob er zu diesem Zeitpunkt noch wirklich Herr seiner Sinne war und damit überhaupt in der Lage gewesen wäre, dies gewollt zu tun.


    Sehr interessant fand ich die Schilderung der Pest und deren Behandlung. Zum Glück war ein langer Zeitraum zwischen der letzten Nahrungsaufnahme.


    Was mir auch gut gefällt ist, dass neue Sichtweisen eröffnet werden und so auch neue Gedanken zum gelesen angeregt werden. Diesmal bin ich vor allem über die toten Ratten im Verschlag von Ambrosios gestolpert. Ratten waren ja die Überträger der Flöhe, welche die Pest tatsächlich mitschleppten. Wie schnell starben die Ratten dann selbst an der Pest?


    Der Brief von Sanchia an Lorenzo läßt nun bereis einiges erahnen. Ob es geschickt war ihm seine Geschichte zu erzählen? Aber irgendwie fand ich den Brief nicht wirklich authentisch. Einerseits scheint Sanchia derart klug zu sein, dass sie mit 7 bereits selbst die Schwerkraft entdeckt und dann kommt mit 9 (?) so ein kindliches Geschreibsel. Würde für eine normale 9jährige zwar bereits passend sein, aber bei Sanchia hat es mich dann doch verwundert, da es mit ihren sonstigen geistigen Leistungen nicht wirklich zusammenpassen zu scheint.


    Die Plünderung wurde auch wieder sehr gut beschrieben. Gerade bei der Pest überrascht mich ein solches Verhalten sehr, aber anscheinend war die Angst vor dem Schwarzen Tod nicht ausreichend, um die kriminellen Energien der Menschen zurückzuhalten.
    Vor allem, wenn man an die Geschehnisse in New Orleans nach dem Hurrican Kathrina denkt, aber auch eine Handlungsweise die auch heute noch immer sehr stark verbreitet ist.

  • So, jetzt habe ich den Abschnitt auch durch. :-)


    Ich muss agen, dass ich besser reinkomme. Der Abschnitt ist flüssig geschrieben, die Geschichte geht zügig weiter, die Figuren entwickeln sich.
    Gut gefallen hat mir Sanchia; die Zurückgezogenheit erscheint mir eine schlüssige und gut ausgearbeitete Reaktion auf den Mord an den Zieheltern. Ebenfalls niedlich finde ich Eleonora und ihre verliebten Briefe - m.E. sehr passend für ein Mädchen in ihrem Alter. Auch Lorenzos Verliebtsein in die Sklavin Sula gefiel mir sehr gut, wie auch der Ausgang dieser Liason, bei dem ich mit dem kurzen, schmerzlosen Ende sehr zufrieden war. (der Arme... :heul) :grin


    Nicht gefallen hat mir die Darstellung des Dominikaners, der mir eher wie das Klischee eine notgeilen Mönchs erschien, der durch sein Negativbild die Darstellung der Äbtissin zusätzlich erhöhte (die mir in ihrer Modernität und "Aufgeklärtheit" gar nicht gefiel (Aufklärung hier sehr bewusst in Anführungsstrichen ;-)), aber dazu wurde bereits genug gesagt.)


    Zitat

    Original von taciturus
    Diesmal bin ich vor allem über die toten Ratten im Verschlag von Ambrosios gestolpert. Ratten waren ja die Überträger der Flöhe, welche die Pest tatsächlich mitschleppten. Wie schnell starben die Ratten dann selbst an der Pest?


    Habe was dazu gefunden:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Pest


    Schau mal unter Beulenpest :-).


    Ein Problem hatte ich auch mit der Erstürmung des Klosters und den notgeilen Vergewaltigern. Natürlich hat man in New Orleans gesehen, zu was Menschen fähig sind, aber den Hintergrund dieser Plünder liefert die PEST, eine verdammt ansteckende, sehr tödliche Seuche, vor der die Menschen bis zur Entdeckung der entsprechenden Antibiotika (zu recht) eine Heidenpanik hatten. Es erscheint mir daher unglaubwürdig, dass diese Männer tatsächlich so todesverachtend sein sollten, das Risiko einer Ansteckung einzugehen, nur um sich Befriedigung zu verschaffen (und dass sie selbst in Zimmer mit Pestkranken eingedrungen sind, geht ja aus den Ausrufen hervor, die hier und da fallen).
    Es würde mich daher interessieren, ob es entsprechende Quellen gibt, die ein solches Verhalten nahelegen. Ich kenne nur Auszüge aus dem Boccacio, und die legen eher das Gegenteil nahe. Charlotte, kannst du da weiterhelfen? :-)


    Viele Grüße :wave
    Heike

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  • Hallo,


    speziell über das Pestjahr 1484 wird von Plünderungen in der Stadt berichtet. Hierauf bezieht sich z. B. Kurt Heller in seinem Standardwerk "Venedig" (Bohlau Verlag 1999, dort S. 583), wo auf die diesbezüglichen Berichte in den "Diarii" des Chronisten Sanudo abgestellt wird.


    Nur wenige Monate später wurden erstmals von der Stadtverwaltung die "Provveditori alla Sanità" eingesetzt, deren Aufgabe die Bekämpfung der Pest und ihrer Auswirkungen war.


    Aber auch bei Boccaccio wird nach meinem Dafürhalten vom skrupellosen Eindringen in fremde Häuser berichtet, gleichsam mit Todesverachtung, "wenn sie dort nur Dinge bemerkten, die ihnen zur Lust gelegen kamen" (Quelle: "Die Pest 1348 in Italien", Hersg. Klaus Bergdolt, Manutius Verlag 1989, S. 43)



    Herzlich,
    Charlotte T.



  • Hallo Charlotte,


    vielen Dank :-)
    Wobei ich mir Plünderungen durchaus vorstellen kann (wenn die Bewohner tot sind ...), aber bei Vergewaltigungen von Frauen, die zu einem großen Teil an Pest erkrankt sind, nach wie vor meine Bedenken habe ... :-)


    EDIT: Da kam jetzt noch der Verweis auf Boccaccio parallel zu meinem Posting. Interessant :-). Das passt natürlich zur Szene, wenn Lust hier körperlich gemeint ist (wie es wohl zu sein scheint). Wird genannt, an welcher Stelle in Boccaccios Werk das Zitat steht? Ich würde das gerne mal im größeren Zusammenhang lesen :-) (Die nächste Pest-Einheit steht schon bald wieder auf dem Stundenplan ... ;-))


    Nachher geht's mit dem 3. Abschnitt weiter. Ich denke mal, wir werden Lorenzo wiedertreffen ... :grin


    Ich hoffe nur, dass ich nicht zu langsam bin :help Das Examen ist zwar rum, aber jetzt geht es um die Stellensuche geht und die ganzen Altlasten aufgearbeitet werden müssen, komme ich nur abends zum Lesen ...


    Viele Grüße :wave
    Heike

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  • Zitat

    Original von Heike
    [quote][i]Wobei ich mir Plünderungen durchaus vorstellen kann (wenn die Bewohner tot sind ...), aber bei Vergewaltigungen von Frauen, die zu einem großen Teil an Pest erkrankt sind, nach wie vor meine Bedenken habe ... :-)


    Hallo Heike,


    Ambrosio, der die sterbende Albiera traktiert, war ja gerade von der Pest genesen; man wusste damals schon, dass man an der Seuche nicht mehrmals erkrankte.
    Die brutalen Eindringlinge werden sich nur über die offensichtlich nicht kranken Nonnen hergemacht und die anderen, die krank in ihren Betten lagen, gemieden haben.


    Von Boccaccio ist mir nur der Pestbericht erinnerlich, der in der Übersetzung in der von mir genannten Quelle (Bergdolt) abgedruckt ist. Von anderen Pestberichten aus seiner Feder ist mir nichts bekannt.


    Herzlich,
    Charlotte T.