Warum glaubt Ihr NICHT an "Gott"?

  • Ich habe es inzwischen gelesen und versucht zu verstehen.


    Wissenschaftlich gesehen hätte ich Einwände, und zwar dahingehend, daß die Frage: 'gibt es Gott' ab einem gewissen Punkt der Überlegungen zur Vorausetzung geworden ist und jede weitere Überlegung nur noch stracks darauf zu führt, daß es Gott gibt.
    Im Vorliegenden fehlt mir der Raum für Zweifel.


    Was ich immer noch nicht begreife, ist, welche Folgen die Existenz eines Gottes für mich persönlich haben. Ich bin ein Staubkorn auf einem Staubkorn in der Unendlichkeit des Alls? Ich gehöre zu einem Plan. Und weiter?
    Folgt daraus etwas für mich?


    Ich habe gehört, daß ich mich mit dem Bauplan und Überlegungen zur Entstehung des Kosmos bis hin zu meiner Lebensform befassen soll, weil es einer anderen Person intellektuell Vergnügen bereitet.


    Ich habe auch Beschäftigungen, die mir Vergnügen bereiten, aber ich erwarte deswegen nicht, daß alle Welt mein Vergnügen teilt.
    Solche Bemerkungen gehen für mich in Richtung Übernahmeversuche.
    'Denke wie ich und Du wirst glücklich'.


    Was ich aus diesen wunderschönen Gedankengebäuden zur Evolution, 'wahrlich wie edle Steine und köstliches Geschmeide ' (ich habe gestern abend Barock-Lyrik gelesen und bin noch stilistisch angehaucht) auch nicht ersehen kann, ist, welche Bedeutung sich daraus für eine Institution Kirche ergibt. Soll ich nun Weihnachten feiern, weil Sprünge in der Evolution die Existenz Gotets beweisen?
    Soll ich das Glaubensbekenntnis über Bord werfen, weil der Opfertod eines Gottessohnes zur Wunderwelt des Neuen Testaments gehört und im Zeitalter von Aspirin nicht aufrechterhalten werden kann?
    Soll ich einen Papst akzeptieren als Oberherrn der Naturwissenschaften oder als Sachwalter des Vermächtnisses eines Gottesohnes?
    Kann ich das Abendmahl knicken, wenn ich grad über Saurierknochen brüte?


    Oder sind nur die Leute dumm, die an Engel glauben?


    Solche Fragen ergeben sich, wenn man mit Mythen zu tun hat, mit denkerischen Konstruktionen, mit Geschichten oder grobem Unfug.


    Was mich aber vor allem anderen davon abhält, die Existenz eines Gottes in irgendeiner Weise für bedeutend zu halten, ist, daß ich keinen Unterschied sehe zwischen Menschen, die an 'Gott' glauben, gleich in welcher Form und denen, die es nicht tun.


    Menschen sind freundlich und aufdringlich und nett und grob und eitel und bescheiden und und und , sie trinken Kaffee oder ncht, sie haben Kinder, sie prügeln Ehefrauen, sie stehlen, sie helfen anderen Menschen, sie tragen Brillen, sie hängen im Internet herum, sie sind Müllfahrer oder Astronautin. Sie genießen, sie werden krank, sie freuen sich, sie sind mißgelaunt. Sie halten Gesetze ein, sie ändern Gesetze, sie ziehen in den Krieg, zerstören, sie bauen auf, sie sterben voll Zweifel und Angst, sie sterben ergeben oder getröstet.
    Ganz gleich, ob sie an metaphysische Kräfte glauben oder nicht.
    Es macht keinen Unterschied.


    Ich sehe die Bedeutung nicht, die 'Gott' hat.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Lese ja hier seit einigen Tagen nur mit. Erstaunlich wie viel "gläubige" hier in einem Fred für "ungläubige" posten und unbedingt überzeugen wollen.


    In meiner Familie gibt es eine große Mischung. Da gibt es Strenggläubige, Leichtgläubige und absolut Ungläubige. Man akzeptiert sich ohne den anderen in irgendweiner Art missionieren zu wollen. Hört es sich an, spricht mal drüber, äußert seine Sicht der Dinge und gut.


    Schade, dass es in der Eulenfamilie nicht klappt und einige unbedingt auf zuweilen anmaßende Weise zwischenkloppen.

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Original von €nigma


    Sehr interessant war vor längerer Zeit ein Artikel im SPIEGEL, in dem man dem "Ursprung" religiöser Empfindungen auf den Grund gehen wollte. Bei Leuten mit starken religiösen Gefühlen fand man im Gehirn eine Region im Schläfenlappen(?), die besondere Impulse aussendet. Es könnte sich also um ein neurophysiologisches Phänomen handeln...


    Lustig..das Thema hatte ich auch mal angeschnitten, aber es endet immer wie hier und in den anderen Reli-Freds :grin
    guggst du

  • Bernard hat hier:


    Welche Überzeugung habt Ihr in Bezug auf Gott?


    eine Umfrage eröffnet. Die erste Auswahlmöglichkeit lautet:


    "Ich weiß, daß es einen Gott ... geben muß."


    Sie wurde bisher (Stand 18.4., 13:30) von den meisten Leuten angeklickt.
    Genau das habe ich mit meiner Abhandlung zum Thema "Gewißheit" gemeint. Religiöser Glauben ist nicht mit dem Glauben an Zusammenhänge gleichzusetzen, bei denen man einfach nicht sicher ist oder spekuliert ("Ich glaube, daß ich die Frau meines Lebens finden werde."). Religiöser Glauben ist Gewißheit in der Grundfrage (Gottesexistenz). Er ist keineswegs deckungsgleich mit unserem Alltagsglauben, und natürlich auch nicht mit den (zuweilen vorläufigen) Annahmen der Wissenschaftler. Übrigens wird ja auch gerne behauptet, die Dogmen, die es in der Kirchenlehre gibt, wären mit den Dogmen (= Axiomen) der Naturwissenschaft gleichzusetzen. Leider gibt es überhaupt keine Axiome in der Naturwissenschaft, sondern nur in der Mathematik, und das ist keine Natur-, sondern eine Geisteswissenschaft. Die Mathematik ist abstrakt und erklärt nichts, was mit Naturphänomenen zu tun hat. Das Glauben an einen Gott hat auch nichts mit den Annahmen zu tun, die die Welt wissenschaftlich zu erklären versuchen. Diese Form des "Glaubens" (Annehmens) fußt auf starken Belegen (Beweisen, Experimenten) und Argumenten (vernünftige Erklärung; Ockham), steht aber jederzeit zur Disposition, wohingegen die Gewißheit der Gläubigen auf überhaupt nichts fußt, aber keineswegs zur Disposition steht.


    Dies nur am Rande. Quasi.

  • Hallo Tom,


    bitte nicht nach medienart, sondern korrekt zitieren, denn es heißt


    Zitat

    Ich weiß, dass es einen Gott/ mehrere Götter/ eine göttliche Kraft geben muss.


    Dazu gibt es noch eine Erläuterung


    Zitat

    Bitte setzt den "Gottesbegriff" ein, der für Euch am Passendsten erscheint (ein Gott, viele Götter, eine göttliche Kraft ...). Die Frage ist, ob (und bis zu welchem Grad) ihr an irgend etwas davon glaubt.


    Auch ich habe diesen Punkt angeklickt, obwohl ich Religion, Kirche etc. für mich als Vordenker, Erklärer und Wahrheitsbesitzer ablehne, da ich in jedem Augenblick sehe, dass es etwas gibt, das Teilchen zu bestimmten einzigartigen Formen verdichtet, die ich wahrnehmen kann.


    Da es bisher keine Erklärung dafür gibt, wie das geht und warum, es aber funktioniert, steckt etwas dahinter, das im ermangeln eines besseren Begriffes "göttliche Kraft" genannt werden kann.


    Da auch in der Überschrift, wie in fast allen Diskussionen zum Thema der Begriff "Gott" nicht definiert ist, definiere ich ihn für mich, wohl wissend, das andere etwas ganz anderes darunter verstehen:


    Gott/Götter/göttliche Kraft = Wenn etwas geschieht, dessen Ursache und Sinn nicht mit dem bekannten Wissen erklärbar und mit den bekannten Mitteln nachvollziehbar ist


    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Hallo, Dyke.


    Es ging mir um das "weiß" in Verbindung mit dem "muß". Die Ergänzungen "/mehrere Götter/eine göttliche Kraft" halte ich für irrelevant, es läuft auf dasselbe hinaus.


    Zitat

    Gott/Götter/göttliche Kraft = Wenn etwas geschieht, dessen Ursache und Sinn nicht mit dem bekannten Wissen erklärbar und mit den bekannten Mitteln nachvollziehbar ist


    Diese Auslegung läßt sich aber mit der Antwort nicht in Übereinstimmung bringen. "Ich weiß, daß ... muß" schließt aus, daß es Wissen und Mittel geben könnte oder möglicherweise geben wird, das/die die Ursachen erklären. Außerdem dürftest Du mit dieser originellen Definition eines Gottes (...) nicht gerade repräsentativ sein.

  • Zitat

    Original von Tom
    Und noch etwas Persönliches. Warum engagiere ich mich so sehr für dieses Thema? Warum lasse ich den Gläubigen nicht einfach ihren Glauben und behalte meinen Atheismus für mich? Es gibt eine komplexe Antwort, die vielleicht zu Teilen durch die langen Texte, die ich heute verfaßt habe, hindurchschien, aber es gibt auch eine kurze: Glauben ist unvernünftig. Und es ist unverantwortlich, diese Unvernunft wie eine Fackel vor sich herzutragen und Kinder damit zu infizieren.


    Kann es vielleicht sein, dass du von missionarischem Eifer durchdrungen bist?

  • Hallo Tom


    Das ist glaube ich :grin das Kernproblem, dass ich solche Diskussionen hier in einem öffentlichen Forum ohnehin nicht für sehr erquicklich halte, obwohl mich das Thema schon sehr interessiert und ich mich aus diesem Grunde auch sehr zurück halte.
    Um über solch kontroverse Themen wie Religion, ihre Ursachen, Bedeutungen und Wirkungen zu reden, ist das internet für mich einfach nicht der richtige Ort, weil mir der Kontakt zu meinen Gesprächspartnern fehlt. Soll heißen, ich möchte in der Hitze der Diskussion nicht übersehen, wenn ich Schranken überschreite. Die smilies helfen da nur ziemlich begrenzt und die Wortwahl ist andererseits oft schnell und unwiderruflich getroffen.



    Mich hat nur gewundert, dass jemand, den das Thema als Agnostiker an sich eigentlich recht kalt lassen müsste, sich nicht nur durch die Anzahl der teilweise recht umfangreichen postings, sondern auch durch die Wortwahl wie im oben zitierten Beispiel ziemlich aus der Reserve locken lässt. Du weißt als Autor um die Macht des geschriebenen Wortes und daher bin ich mir manchmal nicht so sicher, was dich antreibt, wenn du hier die Theisten teilweise doch recht harsch angreifst. Aber wie gesagt, hier ist meiner Meinung nach nicht der richtige Ort.

  • Zitat

    Original von Alexx61


    hm..das ist DEINE subjektive Wahrnehmung, Idgie, ich nehme z.B. was anderes wahr.
    Tschuldigung für die Einmischung


    Naja, allem Anschein nach nicht nur Idgies ...


    Beobachte mal, wer hier überhaupt noch diskutiert, bzw. wer hier NICHT mehr diskutiert.


    Viele Grüße :wave
    Heike

    Der Bernsteinbund - Historischer Roman - Juni 2010 im Aufbau-Verlag
    Die Tote im Nebel - Historischer Kriminalroman - März 2013 im Gmeiner-Verlag

    Rabenerbe/ Rabenbund - DSA-Fantasyromane - 2017/2018 bei Ulisses

  • Ich wundere mich gerade auch über die Wendung.
    In meinen Augen ist das einer der diszipliniertesten Threads, den es zu Glaubensfragen im Forum je gab.


    Dabei es gab es genügend Angriff von beiden Seiten.


    Ich selbst habe über die Eingangsfrage hinaus natürlich auch eine politische Ansicht zu den Amtskrichen in diesem unseren. So bin ich z B. gegen Religionsunterricht an staatlichen Schulen.
    Aber das war hier nicht gefragt.
    :grin

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Heike
    Naja, allem Anschein nach nicht nur Idgies ...


    Ist klar, denn die Gläubigen sind in der Überzahl, jedenfalls wenn man Bernhadrs Umfrage "Glauben" schenken kann


    Zitat

    Beobachte mal, wer hier überhaupt noch diskutiert, bzw. wer hier NICHT mehr diskutiert.


    Es wurde ja in vielen anderen Freds zu diesem Thema schon alles gesagt und das hier ist ein NICHTGLAUBENFred..also


  • Wieso irrelevant und ausschließen?? Unsere ganze wissenschaftliche Neugier beruht doch darauf, daß "Ich weiß, daß ... muß".
    Wir wissen daß wir ein Gehirn haben, daß wir damit denken (die meisten weinigstens), daß wir uns bewußt sind (dito), aber alle Erlärungen warum und wie das letztzendlich geschieht, sind bisher nicht schlüssig, sondern allenfalls Arbeitshypothesen. Aber wir wissen, dass es diese Erklärungen geben muss.


    Und so nicht repräsentativ und originell ist meine Definition auch wieder nicht, denk nur an den Film mit der vom Himmel fallenden Cola-Flasche oder den Berichten von Feld-Forschern zu Natur-Völkern.


    Was mich aber an der ganzen Diskussion stört, dass es nur scheinbar um den Begriff "Gott" geht, die Diskussion sich aber mehr oder minder um die Eigenschaften und Forderungen dreht, die menschliche Institutionen als angebliche Vermittler zwischen dem Menschen und Gott dem Begriff "Gott" zuchreiben oder im Klartext: Es geht um die Kirchen, egal welcher Richtung.


    LG Dyke - an den heute mal wieder wohlverdienten Feierabend denkend.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von dyke
    Was mich aber an der ganzen Diskussion stört, dass es nur scheinbar um den Begriff "Gott" geht, die Diskussion sich aber mehr oder minder um die Eigenschaften und Forderungen dreht, die menschliche Institutionen als angebliche Vermittler zwischen dem Menschen und Gott dem Begriff "Gott" zuchreiben ...


    :write Gut auf den Punkt gebracht.

  • Hallo, Dyke.


    Zitat

    Wieso irrelevant und ausschließen??


    Auf meine ausführliche Frage "Wer ist Gott?" antwortete Bernard, daß er mir zustimmt. Es ist also irrelevant, ob wir von "der Gott", "die Götter" oder "eine göttliche Kraft" reden, das meint alles dasselbe.


    Wenn ich sage: Ich weiß, daß es eine göttliche Kraft geben muß, dann schließe ich damit aus, daß es später eine andere Erklärung für jene Phänomene gibt, die man sich bis dato auf diese Weise erklärte. Dann müßte es heißen: "Ich nehme an, daß es eine göttliche Kraft gibt." Das jedoch ist nicht "glauben".


    Zitat

    Unsere ganze wissenschaftliche Neugier beruht doch darauf, daß "Ich weiß, daß ... muß".


    Es muß eine Erklärung geben, klar. Die muß aber nicht lauten: Gott war's.


    Zitat

    Aber wir wissen, dass es diese Erklärungen geben muss.


    Aber da denkt nicht Gott, oder?

  • Zitat

    Es geht um die Kirchen, egal welcher Richtung.


    Kann man Kirche, Christentum und Gott trennen?


    Nein, es geht um den Gott der Christen, nicht denjenigen irgendeiner Naturreligion, und das auch nur ermangels muslimischer, jüdischer oder anderen Weltreligionen angehörender Diskussionsteilnehmer. Über welchen Gott willst Du reden? Zeus? Irgendeinen? Es geht um Theismus. Nicht um Schamanismus oder anderes.


    Es geht auch nicht um die "Annahme irgendeiner Kraft", also eine "ordnenden Wesenheit" oder meinethalben zwölfdimensionale Aliens, deren Brustwarzen aus lauter Universen bestehen. Sondern um die "Götter" unserer Jetztkultur.