'Die Holocaust-Industrie' - Seiten 048 - 084

  • Wirklich eine interessante Vorstellung- wir errichten in Berlin ein großes Museum in Erinnerung an Karl Mey, den großen Literaten und Zeugen des Genozides an den amerikanischen Ureinwohnern durch die landhungrigen Weißen mit großer Abteilung über die Verarbeitung des Geschehens im Film...entworfen selbstverständlich von einem großen indiansichen Architekten und errichtet mit Millionenmitteln des Bundes.


    Es gab mal ein T-Shirt mit dem Bild eines Cent- Stücks auf dem ein Indianerkopf abgebildet war, mit dem Spruch: The only Indian Americans ever cared for.. oder so ähnlich.


    Auch die Tatsache, dass die USA jüdisches Vermögen kassiert haben war mir nicht bewußt.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Auch die Tatsache, dass die USA jüdisches Vermögen kassiert haben war mir nicht bewußt.


    Ich bin zwar kein Leserunden-Mitglied, aber mir brannte bei dieser Aussage eine Bemerkung, sprichwörtlich unter den Fingernägeln.


    Vor einiger Zeit gab es im ZDF einen Beitrag dazu; jüdisches Vermögen wurde auf Konten der Schweizer Banken geschickt. Mit diesem Geld wurde unter anderem der politische Aufstieg von Evita Péron in Argentinien (Ihr erinnert euch? "Don't cry for Me, Argentina"?) finanziert.
    Der interessante Kern daran war, dass die Schweizer sich heute weigern dieses Geld zurückzuzahlen an die Überlebenden dieser Familien. Die Schweizer fanden dafür ein paar interessante Worte: "Die Menschen sollten vergessen, was damals war; es ist ja auch nicht unsere Schuld, was da war, im Krieg. Das Geld ist hier und bleibt hier." Warum es dortbleiben soll, kann ich auch sagen. Mit diesem Geld hat sich der Staatshaushalt sanieren lassen, während der Nachkriegsphasen - Das ist nur eine Überlegung. Was mit dem Geld ist, wissen nur die Schweizer Banken.

  • Was ist dieses zweite Kapitel jetzt eigentlich? Es liest sich wie eine Abrechnung mit Elie Wiesel. Finkelstein ersetzt teilweise Argumente durch billige Polemik, zieht Schlüsse, wo keine Schlüsse gezogen werden können; langsam wirkt alles ein wenig unseriös. Seine Abrechnung mit Wiesel gipfelt in der Aussage: Elie Wiesel ist DER HOLOCAUST.


    Als Leser fragt man sich ein ums andere Mal: Wie hätten die Menschen über dieses Geschwafel gedacht, die in den Gaskammern der Nazis ermordet wurden?


    Und eines zeigt sich auch wieder sehr deutlich. Der Satz "Die grössten Antisemiten sind die Juden selbst" hat wohl doch einen wahren Kern.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Was ist dieses zweite Kapitel jetzt eigentlich? Es liest sich wie eine Abrechnung mit Elie Wiesel.


    :write


    Ich hab das auch jetzt gelesen und frage mich grade, ob ich nicht trotz Leserunde aufhören soll...

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Und eines zeigt sich auch wieder sehr deutlich. Der Satz "Die grössten Antisemiten sind die Juden selbst" hat wohl doch einen wahren Kern.


    Wo stand das nochmal: "Der Mensch ist des Menschen Wolf"? Das passt doch dazu auch, oder?


    Solange sich nichtmal die Völker unter sich einig sind- Aber da fangen wir doch einfach mal bei Adam und Eva, Kain und Abel....etc., an

  • Finckelstein sollte doch mal in der Bibel nachschlagen worin steht, dass die Juden das auserwählte Volk sind. Von alleine sind die doch da nicht drauf gekommen. Aber von wem wurde die bibel wohl geschreiben? ;-)
    Sicher ist der Holocaust im weiteren Sinne etwas besonderes. In der langen Abfolge der Pogrome aber doch wohl eher nicht. Das macht das Ganze aber nicht weniger schlimm.

  • Ich habe mich auch schon lange mit der Frage beschäftigt, weshalb dieser Völkermord so etwas besonderes sein soll; es gab doch so viele im Laufe der Menschheitsgeschichte. Voltaire hat mir eine Erklärung dafür geliefert, die ich hier einfach zitieren will:

    Zitat

    Voltaire
    (...) und dass es im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Völkermorden überall auf der Welt gegeben hat, aber eines macht gerade diesen Massenmord an den Juden so einzigartig: Und das ist diese bürokratische Eiseskälte mit der Menschen ermordet wurden. Fabrikmässiger, emotionsloser Mord.


    So weit mir bekannt, ist diese totale Durchplanung der "Aktion" wirklich sonst so nicht vorgekommen. Insofern kann ich auf Grund dieses Argumentes nachvollziehen und akzeptieren, daß es hier wirklich um ein einmaliges (im Sinne von ein Mal vorgekommen) Ereignis in der Geschichte geht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Warum haben die Juden so einen schweren Stand? Nur weil Sie damals beim handeln mit den Christen den besseren deal gemacht haben?


    Finkelstein schreibt den Satz:
    Schließlich war das Leiden der Juden auch noch einzigartig, weil die Juden einzigartig sind.


    Wie soll ich den verstehen? Für mich kommt er ironisch rüber.


    Wenn man den Begriff Holocaust hört denkt man, ich zumindest, an die Vernichtung der Juden.
    Aber was war mit den Zigeunern die das gleiche erlebt haben. es ist also kein Begriff der nur auf die Juden zutrifft. Wollen die Juden den Begriff für sich alleine?


    Wenn ich Finkelsteins Buch richtig verstehe, klagt er die amerikanischen Juden an etwas besonderes darzustellen, weil Ihr Volk damals unter bestialischen Umständen ums Leben kamen. In seinen Augen sind sie aber nichts besonderes sondern schmücken sich mit dem Leid derjenigen die damals umgekommen sind um daraus Kapital zu schlagen.

  • Zu Elie Wiesel möchte ich doch noch was sagen, obwohl ich in der Leserunde gnadenlos hinterherhinke:
    Ich glaube, Finkelstein ist deshalb nicht so sehr gut auf ihn zu sprechen, weil für ihn Wiesel die Personifikation der von ihm angeklagten Holocaust-Industrie ist. Das kann ich ein kleines Stückchen nachvollziehen, weil ich Wiesels Autobiografie (Alle Flüsse fließen ins Meer) gelesen habe und dort über eine Passage gestolpert bin (da das vor meiner Eulenzeit war, also dieses Buch noch nicht mit Notizzetteln gespickt ist, kann ich die genaue Stelle nur nachreichen), in der er sich fürchterlich über den Nobelpreis für Isaac Singer ereifert hat, weil dieser in seinen Bücher die Stetl-Juden in den Dreck ziehen würde.
    Ich finde, Singer schreibt großartig, aber in seinem Büchern sind Juden eben nicht immer nur die Guten, sondern es gibt Gute und Böse, Helden und Halunken, Kluge und Dumme, ganz wie im richtigen Leben. Nur darf das in Wiesels Augen nicht so geschrieben werden (er wurde richtig böse) und mit dem Totschlagargument des Holocausts als "nichtjüdisch" und "Nestbeschmutzer" gebrandmarkt.
    An diesem Punkt hat Wiesels Glaubwürdigkeit doch sehr gelitten :-(

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich habe diesen Teil durchgelesen. Und bin nun in gewisser Weise in einer Zwickmühle. Um es mal etwas provokativ zu formulieren: gehen wir nicht mit einer vorgefaßten Meinung an das Buch heran und lesen es unter dem Gesichtspunkt, daß es dieser Meinung, koste es was es wolle, entsprechen muß? Ich kann nur für mich sprechen, und gebe jetzt ganz offen zu, daß ich mich im Verdacht habe, genau mit dieser Einstellung ans Buch herangegangen zu sein.


    Ich lasse diesen Gedanken jetzt mal so alleine für sich stehen. Die Begründung sowie weitere Gedanken liefere ich später (ggf. erst morgen früh) nach, weil ich erst noch einiges vom Gelesenen verifizieren will.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Ich habe mich auch schon lange mit der Frage beschäftigt, weshalb dieser Völkermord so etwas besonderes sein soll; es gab doch so viele im Laufe der Menschheitsgeschichte. Voltaire hat mir eine Erklärung dafür geliefert, die ich hier einfach zitieren will:


    So weit mir bekannt, ist diese totale Durchplanung der "Aktion" wirklich sonst so nicht vorgekommen. Insofern kann ich auf Grund dieses Argumentes nachvollziehen und akzeptieren, daß es hier wirklich um ein einmaliges (im Sinne von ein Mal vorgekommen) Ereignis in der Geschichte geht.


    So hat jeder Genozid seine spezielle Einmaligkeit, der Holocaust an den europäischen Juden ist geplante, technokratische Massenvernichtung, mit Versammlung und strategischer Planung, mit Verbrennungsöfen und Transport über riesige Strecken. Völlig emotionslos. Die Opfer waren weitgehend in der Kultur integriert, da waren hochdekorierte Soldaten des ersten Weltkrieges, sehr national eingestellte Deutsche dabei. Das ist das wirklich erschreckende.


    Die die die Leserunde Prange gerade hinter sich haben wissen vom Genozid an den Armeniern - Christen im muslimischen osmanischen Reich. Da war gegenseitiger Hass, keine Integration, Vernichtung durch Todesmärsche, Verbrennungen, alles Gräuel, wie es sie bei den Nationalsozialisten auch gab- aber keine organisierte Vernichtung durch Arbeit, Selektion an der Rampe, Gaskammern und Öfen.

  • Wenn ich es recht verstanden habe, will Finkelstein auf zwei Hauptthesen hinaus:


    1. Der HOLOCAUST wurde erst nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 ein Thema und wurde vorher von allen Seiten (überspitzt gesagt) schlichtweg ignoriert.


    2. Der HOLOCAUST ist einzigartig, weil man daraus in verschiedenerlei Hinsicht Kapital schlagen kann. Aus diesem Grunde muß er auch einzigartig bleiben. (Seite 51: Anders gesagt: In der Konstruktion DES HOLOCAUST gilt seine Einzigartigkeit als gegeben - dies zu beweisen ist zulässig, es zu wiederlegen kommt der Leugnung des Holocaust gleich.


    In der Auseinandersetzung, um das Wort „Abrechnung“ zu vermeiden, mit Elie Wiesel, wechselt er für meine Begriffe unvermittelt die Sprachebene.

    Zitat

    Voltaire
    Seine Abrechnung mit Wiesel gipfelt in der Aussage: Elie Wiesel ist DER HOLOCAUST.


    Ich behaupte jetzt einfach mal, dieser Satz:

    Zitat

    Seite 62
    Elie Wiesel ist DER HOLOCAUST


    ist schlicht und einfach als Metapher zu verstehen. In der Art der Argumentation erinnert er mich an eine Stelle in Joseph Campbells „Das bist Du“, wo es um die Definition von Metaphern geht, und zu finden ist:

    Zitat

    Joseph Campbell „Das bist Du“, Seite 26:
    (...) Die Metapher würde lauten: John ist ein Hirsch.


    (Hervorhebungen in den Originaltexten.) Die Argumentationsweise verstehe ich hier analog.


    Ein paar Stellen aus dem Buch, die mir aufgefallen sind.


    Seite 56 Die Behauptung der Einzigartigkeit des Holocaust ist auch die Behauptung der jüdischen Einzigartigkeit.
    Na ja, die haben die Juden ja schon immer behauptet, schon zu Zeiten des römischen Reiches war das Grund für Reibereien sowie eine Sonderstellung im römischen Reich.


    Ab Seite 63 die Geschichte um Jerzy Kosinski und sein Buch „The Painted Bird“ (dt. „Der bemalte Vogel“). Die Darstellung von Finkelstein könnte stimmen; für den Selbstmord des Autors sowie die Entlarvung des Buches als erfunden konnte ich im Wesentlichen bestätigt finden.
    Hier klicken für einen Wikipedia-Artikel
    Hier klicken für eine englischsprachige Seite über ihn (die ich bis jetzt allerdings nur teilweise gelesen habe).


    Auch die Sache mit Binjamin Wilkomirski scheint zu stimmen.
    Hier klicken für den Wikipedia-Artikel.


    Ich finde, das sind zwei recht heftige Angelegenheiten, die in gewisser Hinsicht die Meinung des Autors (Finkelstein) unterstützen.


    Zwei Stellen von Seite 77:
    (...) Die Türkei ist ein Verbündeter Israels, das die Dinge fast noch mehr beschönigt. Deshalb ist es tabu, einen Völkermord an den Armeniern zu erwähnen. Sowohl Elie Wiesel und Rabbi Arthur Hertzberg als auch der AJC und das Yad Vashem verließen eine internationale Konferenz zum Thema Völkermord in Tel Aviv, weil die akademischen Veranstalter entgegen dem Drängen der israelischen Regierung auch Sitzungen zum Fall der Armenier eingeplant hatten.
    (...)
    Wenn die Aussage eines Überlebenden in Frage gestellt oder die Rolle der jüdischen Kollaborateure angeprangert wird, wenn vorgebracht wird, Deutsche hätten während der Bombardierung Dresdens gelitten oder irgendwelche anderen Staaten außer Deutschland hätten im Zweiten Weltkrieg Kriegsverbrechen begangen - dann sind das laut Lipstadt alles Belege für eine Leugnung des Holocaust.


    Schließlich auf Seite 79f das Gedankenspiel, was wohl in den USA passieren würde, wenn in Deutschland ein Museum zum Gedenken der Sklaverei oder der amerikanischen Ureinwohner eröffnet würde.


    Was bei mir letztlich ein „Grummeln der anderen Art“ ausgelöst hat ist, daß es einen, will mal sagen, automatischen Reflex gibt, alles, was bei diesem Thema nicht Mainstream ist, sofort als verwerflich und polemisch abzutun. Die zitierten Stellen fand ich aber nun weder verwerflich noch polemisch (zumindest nicht dem Inhalt nach). Ich habe das Gefühl, daß hier Selbstzensur wirksam ist. Denn jeder, der eine abweichende Meinung vertritt, gerät unversehens in die Gefahr, als „Holocaust-Leugner“ oder „Rechtsradikaler“ abgestempelt zu werden. Beides Totschlagsargumente, die jede weitere Auseinandersetzung unmöglich machen.


    Was ich mir von diesem Buch und dieser Leserunde mit erwarte bzw. erhoffe ist, zu einem adäquaten Umgang mit und Verständnis für diese schwierige Thematik zu kommen.


    Beowulfs Ausführungen haben, zumindest verstehe ich das so, die von Voltaire ergänzt und präzisiert. Damit ist meine langjährige Überlegung, was diesen Völkermord in der Geschichte so einzigartig macht, hinreichend beantwortet. (Danke für den Hinweis auf die Prange-Leserunde sowie die Darstellung der Unterschiede der Genozide. Das hat die „Einmaligkeit“ nochmals gut unter Beweis gestellt.)


    Die Frage, die sich mir noch stellt, ist die des Umgangs damit. Macht es auf Dauer einen Sinn, die deutsche Geschichte auf dieses eine Ereignis zu reduzieren und alles weitere Handeln davon bestimmt sein zu lassen?


    Die historische Tatsache des Holocaust ist unbestritten. Alle künftigen Generationen müssen / sollen jedoch friedlich zusammen leben. Macht es dann einen Sinn, jahrzehntelang (und je länger her, um so mehr) alles auf dieses eine Thema zu reduzieren, es immer stärker ins Gedächtnis zu holen, immer mehr Asche aufs Haupt zu streuen? Wenn wir dieses nicht mehr tun, verlieren eine ganze Menge Leute ihren Job und ihre Macht und ihre Pfründe. Läuft diese „Maschinerie“ wirklich nur und vor allem, um den von Finkelstein kritisierten Kreisen Macht und Geld zu erhalten? Und schließen wir eine solche Möglichkeit nicht von vorneherein aus unserem Denken aus - nach dem Motto „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“?


    Ich bin nicht sicher, ob ich meine Gedanken nachvollziehbar darlegen konnte. Wenn nicht, bitte nachfragen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Vanity
    Warum haben die Juden so einen schweren Stand? Nur weil Sie damals beim handeln mit den Christen den besseren deal gemacht haben?


    Das verstehe ich nicht ganz; worauf genau („handeln mit den Christen“) beziehst Du Dich?


    Zitat

    Vanity
    Wenn man den Begriff Holocaust hört denkt man, ich zumindest, an die Vernichtung der Juden.
    Aber was war mit den Zigeunern die das gleiche erlebt haben. es ist also kein Begriff der nur auf die Juden zutrifft. Wollen die Juden den Begriff für sich alleine?


    Der Begriff „Holocaust“ steht (zumindest im deutschen Sprachraum) auch in erster Linie für die Vernichtung der Juden durch die Nazis. Hier klicken für den entsprechenden Wikipedia-Artikel.


    Daß die Juden diesen Begriff und diesen Vorgang für sich alleine wollen, ist - wenn ich das recht verstanden habe - ja eben die These, die Finkelstein vertritt.



    Zitat

    DraperDoyle
    Ich glaube, Finkelstein ist deshalb nicht so sehr gut auf ihn zu sprechen, weil für ihn Wiesel die Personifikation der von ihm angeklagten Holocaust-Industrie ist.


    Das ist eine schöne Ergänzung bzw. Bestätigung zu meiner vorhin geäußerten These, daß Finkelstein die Sprachebene wechselt und eine Metapher gebraucht.



    Zitat

    DraperDoyle
    Ich glaube, Finkelstein ist deshalb nicht so sehr gut auf ihn zu sprechen, weil für ihn Wiesel die Personifikation der von ihm angeklagten Holocaust-Industrie ist.


    Das ist eine schöne Ergänzung bzw. Bestätigung zu meiner vorhin geäußerten These, daß Finkelstein die Sprachebene wechselt und eine Metapher gebraucht.



    Zitat

    Findus
    Aber von wem wurde die Bibel wohl geschrieben?


    Da streiten die Gelehrten drüber! Die Antwort fällt verschieden aus, je nach dem, wen Du fragst. ;-)


    Nur nebenbei: zum Thema Juden und Einzigarkeit bzw. worin die sich begründet und warum sie (wirklich) einzigartig sind, findet man bei Joseph Campbell und bei Mircea Eliade etliches.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Was ist dieses zweite Kapitel jetzt eigentlich? Es liest sich wie eine Abrechnung mit Elie Wiesel. Finkelstein ersetzt teilweise Argumente durch billige Polemik, zieht Schlüsse, wo keine Schlüsse gezogen werden können; langsam wirkt alles ein wenig unseriös. Seine Abrechnung mit Wiesel gipfelt in der Aussage: Elie Wiesel ist DER HOLOCAUST.


    Als Leser fragt man sich ein ums andere Mal: Wie hätten die Menschen über dieses Geschwafel gedacht, die in den Gaskammern der Nazis ermordet wurden?


    Und eines zeigt sich auch wieder sehr deutlich. Der Satz "Die grössten Antisemiten sind die Juden selbst" hat wohl doch einen wahren Kern.


    Ich bin es schon wieder, aber ich kann dieses Beitrag und besonders seinen letzten Satz nicht einfach durchgehen lassen.


    Voltaire


    aus Deinem Beitrag sprich Betroffenheit, aber eben die müßte man bei einem Buch wie dem von Finkelstein zurückstellen, wenn einem an echter Auseinandersetzung gelegen ist.


    1. Elie Wiesel ist keineswegs unanfechtbar noch sind seine Positionen unangefochten. Bitte lies dazu den Beitrag von draperdoyle. Wiesel ist dort zu kritisieren, wo er die Shoa als Grundlage für eine blinde Unterstützung Israels benutzt und das tut er nunmal.
    Und natürlich ist so ein Satz wie 'Wiesel ist der Holocaust' eine Zuspitzung, polemisch, ironisch, aber mit wahrem Kern.
    Die Tatsache, daß es zur Ermordung von Millionen jüdischer Menschen kam, schützt einen nicht davor, daß so ein Umstand im Nachhinein tatsächlich instrumentalisiert wird.


    Um zu illustrieren, welche Stellenwert Wiesel in dem ganzen und grausig verwickelten Themenkomplex einnimmt, hier mal ein beliebiger Link zu einem Artikel von Israel Shamir zur Jerusalemfrage, von 2001. Den Artikel konnte man lange auch über Welt online lesen.


    Ich wiederhole: nur zur Illustration, wieviele Facetten so etwas hat und daß man bei Lektüre eines Buchs unmöglich zu einer Meinung im Sinn eines klaren Für und Wider kommen kann.



    2. Finkelsteins Buch ist kein 'Geschwafel'. Die Bezeichnung ist ihrerseits der Polemik zuzuordnen. ;-)
    man muß bei seinem Buch bitet auch die etwas andere Art der öffentlichen Diskussion in den USA berücksichtigen, dort geht es oft sehr drastisch und plakativ zu. Uns in Europa kommt das manchmal ein wenig zu einschichtig vor.es ist eine andere Diskussionskultur.


    3. Mit dem letzten Satz befindet man sich unseligerweise schon mitten im Sumpf. Wenn man nicht aufpaßt, im anitisemitischen.


    Mal ganz schlicht vom Wortsinn her:
    grundsätzlich kann ein Jude nicht anti - semitisch sein.


    Vom heutigen Gebrauch des Wortes/Gedankens her:


    wenn man Juden als die größten Feinde ihrer selbst bezeichnet, läuft man Gefahr, ihnen implizit die Schuld an ihrer Vernichtung selbst zuzuschreiben.
    So argumentieren tatsächlich Antisemiten. Also Achtung!


    Dann gibt es noch eine zweite Verwendung des Vorwurfs - sie fiel mir erst am vergangenen Monatg bei der Vorstellung des Buchs von Sergio Romano auf - in dem Fall kam sie von zionistischer Seite (Zionismus ist die Staatsideologier Israels, zur Verdeutlichung).
    Der Jude als größter Feind des Juden ist hier gemeint als Feind des Staates Israel.


    Also: wer sich weder als Antisemit noch als überzeugter Zionist versteht, möge doch bitte von dem Gedanken, daß ein solcher Satz wie dem oben ein wie auch immer gearteter Kern stecke, Abstand nehmen.


    Was mich in der Diskussion weiters ziemlich verwundert, ist, daß hier keiner die 'Besonderheit' von Juden infrage stellt.
    Mal ernsthaft - und weil ich' s noch nie kapiert habe - warum sind die Leute besonders? Anders?
    Und wer bestimmt, was 'anders' ist?


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich wiederhole, was ich im Rezifred und auch hier schon gesagt habe- mich stört an dem Buch, das es eines ist. Ein Artikel mit den Erkenntnissen, Thesen und Polemiken hätte ich vermutlich als interessanten Denkanstoß gesehen eben Dinge in Frage zu stellen und kritisch zu betrachten, die der deutsche Bildungsbürger aufgrund seiner Erziehung selten in Frage stellt. Kritisches Infragestellen der eigenenPosition ist eine wesentliche Aufgabe des Einzelnen in der aufgekläten Demokratie, aber in der Breite und mit den ständigen Wiederholungen geht es mir wie dem amazon Reszensenten: Finkelstein erweist seinem berechtigten Anliegen letztlich einen Bärendienst.

  • Zitat

    Original von magali
    Was mich betrifft: bloß weil Menschen an etwas anderes glauben, sind sie noch nicht 'anders'.


    Judenverfolgung hat aber so gut wie nie etwas mit Religion, also Glauben, zu tun gehabt.


    Anders sein, kann man natürlich auf die orthodoxen Juden mit Schläfchenlocken und schwarz gewandet mit Hut leicht beziehen, aber Herr Doktor oder Herr Rechtsanwalt in ihrer Zeit haben sich so verhalten, wie Mann uns das beschreib in "Der Untertan" - ohne Unterschiede der Religion zu beachten war man deutsch und treu, träumte von Sedan und trauerte über Verdun.

  • Zitat

    Original von magali

    Was mich in der Diskussion weiters ziemlich verwundert, ist, daß hier keiner die 'Besonderheit' von Juden infrage stellt.
    Mal ernsthaft - und weil ich' s noch nie kapiert habe - warum sind die Leute besonders? Anders?
    Und wer bestimmt, was 'anders' ist?


    Genau das ist die Krux an der Geschichte. Wie Sebastian Haffner in seinen Anmerkungen zu Hitler so passend schreibt:


    Der Hitlersche Antisemitismus ist osteuropäisches Gewächs. In Westeuropa und auch in Deutschland war der Antisemitismus um die Jahrhundertwende im Abflauen, Assimilation und Integration der Juden erwünscht und und in vollem Gange. Aber in Ost- und Südosteuropa, wo die zahlreichen Juden freiwillig oder unfreiwillig als abgesondertes Volk im Volke existierten, war der Antisemitismus endemisch und mörderisch, nicht auf Assimilation und Integration gerichtet, sondern auf Wegschaffen und Ausrotten.


    In diesem Kontext ist das "anders sein" offensichtlich, ein eigenes Volk, mit eigener Religion und eigenen Sitten inmitten einer christlichen Mehrheit. Und für die deutschen, assimilierten Juden galt letztendlich, auch wenn es zynisch klingen mag: mitgegangen, mitgefangen.


    Beim gegenwärtigen Antisemitismus handelt es sich wohl in den meisten Fällen um einen "erweiterten Antizionismus". Und wenn auch ein Jude nicht anti-semitisch sein kann, so ist es sein gutes Recht, anti-zionistisch zu sein, wie es z.B. die frommen Satmarer Chassidim in New York sind, die gerne auch mal die israelische Fahne verbrennen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • @
    mitgegangen, mitgefangen, hm. Nicht ganz falsch.
    Jedoch: wobei 'mitgegangen'?


    Und was ist eigentlich ein 'assimilierter' Jude?
    Ein Deutscher, Glaubensrichtung: jüdisch ? Worin unterscheidet er sich von einem Deutschen, Glaubensrichtung: evangelisch?


    Was zählt? Die Staatsangehörigkeit?
    Offenbar im jüdischen Fall die Religion.


    Seltsam.


    Was z.B ist mit den nichtgläubigen 'Juden'? Die gibt es ja auch. Sind die dann Juden? Und warum?


    Für mich geht es um Frage, wer 'den Juden' macht.
    In meinem Augen eben - der Antisemit.
    :grin


    Haffner hat übrigens nicht recht, auch in Deutschland herrschte um die Jahrhundertwende heftiger Antisemitismus.
    Ich halte es für eine - interessante - Schutzbehauptung, das Ganze nach Osteuropa abzuschieben.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus