Troposphere – Scarlett Thomas

  • Kindler, Januar 2008, 576 Seiten


    Originaltitel: The end of Mr.Y
    Deutsch von Jochen Stremmel


    Handlung (Rückseite)


    Ariel Manto hat es nicht leicht: Sie ist ständig pleite, lebt in einer Bruchbude - und die Quellenlage zu ihrer Dissertation über den Schriftsteller T. E. Lumas ist verheerend: Nicht nur heißt es, dass auf dessen Hauptwerk ein Fluch lastet, es ist auch so gut wie ausgeschlossen, dies zu verifizieren, denn alle Exemplare des Buches sind verschollen. So kann sie es kaum glauben, als ihr eine Ausgabe von Lumas' Opus magnum in die Hände fällt. Wie besessen vertieft sie sich in die aberwitzige Geschichte von Mr. Y, der durch die Einnahme eines Elixiers in eine andere Dimension, die Troposphäre, versetzt wird. Dort ist es möglich, durch die Gedanken anderer Menschen – und so auch durch Zeit und Raum – zu reisen. Ariel glaubt weder an Flüche noch an Wunderdrogen, dennoch startet sie einen Selbstversuch - und landet tatsächlich in der Troposphäre. Doch diese Art des Reisens birgt ungeahnte Gefahren, und so kann Ariel von Glück reden, dass ihr bei der wilden Jagd durch alle Dimensionen ein treuer Gefährte zur Seite steht.



    Über die Autorin:
    wurde 1972 in London geboren. Schon früh entdeckte die junge Frau, die zur Entspannung gern mathematische Probleme löst, ihre Liebe zur Literatur. Der «Independent on Sunday»
    zählt sie zu den besten englischen Nachwuchsautoren, und 2002 wurde sie bei den «Elle StyleAwards» als «Writer of the Year» gekürt. Thomas lebt im englischen Kent und unterrichtet an der dortigen Universität Creative Writing


    Englischsprachige Autorin-Homepage:
    http://www.bookgirl.org/


    Zum Übersetzer:
    Jochen Stremmel übersetzte unter anderem schon Jonathan Kellerman, Elmore Leonard und Stephen King.


    Meine Meinung:
    Nach gutem Beginn von fast 100 Seiten wird der Roman leider so langweilig, dass es an Körperverletzung des Lesers grenzt.
    Dabei habe ich nichts gegen phantastische Ideen, auch wenn diese in der Science Fiction schon vollständig abgedeckt wurde und diese neue, englische Autorin hinterherhinkend daherkommt.
    Das Buch wird deutlich von der Protagonistin geprägt, die introvertiert und einzelgängerisch ist. Leider konnte ich mich mit ihr nach einiger Zeit nicht mehr so richtig anfreunden, da ihre eingeschränkte Weltsicht so an Autismus erinnert, dass ich sie leider schnell aufgebe.
    Objektiv muss man der Autorin zugestehen, dass sie schreiben kann, allerdings glaube ich, dass diesen Stil über diesen Umfang nur der Leser wirklich genießen kann, der ebenso wie die Autorin in seiner Freizeit zur Entspannung am liebsten mathematische Probleme löst.
    Subjektiv kann ich nur 2 von 10 Punkte geben, auch wenn das ungerecht ist.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Objektiv muss man der Autorin zugestehen, dass sie schreiben kann, allerdings glaube ich, dass diesen Stil über diesen Umfang nur der Leser wirklich genießen kann, der ebenso wie die Autorin in seiner Freizeit zur Entspannung am liebsten mathematische Probleme löst.


    Inwiefern spielen denn diese mathematischen Probleme eine Rolle? Ohne deine Bewertung hätte ich den Inhalt des Buches ja durchaus als kaufwürdig empfunden (und gegen Mathe habe ich auch nichts, eher im Gegenteil), aber bei 2 von 10 Punkten muss es ja doch schon ziemlich schwerwiegend sein :gruebel

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Die Leidenschaft der Autorin zur Entspannung mathematische Probleme zu lösen, spielt für die Handung von Troposphere natürlich keine Rolle, aber deutet vielleicht an, dass die Autorin teils unüberwindliche Ansprüche an sich und ihre Leser stellt.
    Ich verweise auf den Thread "Kämpft ihr euch durch?".
    Bei diesem Buch hatte ich keine Lust zu kämpfen, da ich den Eindruck gewonnen hatte, dass es sich für mich nicht lohnt.

  • Ach so meintest du das. Najo, dann werde ich mal lieber auf das Taschenbuch warten (wenn sich hier nicht noch jemand begeistertes meldet), auch wenn das ja sicher noch eine ganze Weile dauern dürfte, wenn diese Woche erst die HC-Ausgabe erschienen ist...

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Au weia, Herr Palomar, ich habe das Buch sofort von meiner Wunschliste gelöscht, denn nach Deiner Rezension habe ich nicht mehr die geringste Lust, auch nur in Erwägung zu ziehen, dieses Buch zu lesen.


    ablehnende Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Auch wenn es etwas spät kommt, möchte ich doch noch dagegenhalten. Für mich Troposphere das beste Buch, daß ich in diesem Frühjahr gelesen habe. Mindestens!
    Und wenn ein Buch bei zwei Leuten so gegensätzliche Meinungen erzielt, ist das doch vielleicht ein Grund für alle anderen, mal reinzulesen. Mich hat es von der ersten Seite an gefesselt.


    Um meine Ansicht ein wenig zu untermauern, stelle ich noch mal meine Rezi dazu, die ich vorher schon an anderer Stelle veröffentlicht hatte:
    Inhalt: Ariel Manto promoviert über einen Dichter des 19. Jahrhundert namens Lumas. Eines seiner Werke, "The End of Mr. Y", gilt als verschollen und außerdem mit einem Fluch belastet.
    Durch einen Zufall entdeckt Ariel das besagte Buch in einem kleinen Antiquariat. Sie kauft es, fängt natürlich am gleichen Abend an darin zu lesen und muss schließlich feststellen, daß direkt vor einer Schlüsselszene eine Seite herausgerissen ist. Auf dieser Seite hätte das Rezept stehen sollen, mit dem man im Geiste in die sogenannte Troposphäre reisen kann. Hierbei handelt es sich um eine Art neuer Dimension, in der man in das Bewußtsein anderer Menschen eindringen kann.
    Um es etwas abzukürzen: Ariel findet das Rezept doch noch und startet einen Selbstversuch. In der Troposphäre erlebt sie sehr merkwürdige Dinge. Beunruhigender ist allerdings, daß sie auch in der Realität von zwei mysteriösen Herren verfolgt wird, die ihr unter allen Umständen das Buch abnehmen wollen. Auch eine Flucht zurück in die Troposphäre scheint ihr keine Rettung zu verheißen, kommen die beiden Herren doch genau da her.


    Meine Meinung: Das Buch ist großartig! Erstens ist es eine ziemlich originelle Idee, wie man hoffentlich der Beschreibung entnehmen kann.
    Zweitens ist es in einer lockeren, erfrischenden Sprache geschrieben. Auch wenn ich nicht unbedingt ein Freund von Ich-Erzählungen bin, ist es in diesem Fall einfach passend. Die etwas chaotische Doktorandin, die ihr Leben eigentlich nicht so recht im Griff hat, wird durch die Ereignisse erst Recht aus der Bahn geworfen. Und der Leser kann mit der sympathischen Protagonistin mitleiden, weil es einfach so treffend erzählt wird.
    Einziger Minuspunkt sind die Ausschweifungen über sprach- und literaturwissenschaftlichen Theorien. Da fühlte ich mich zeitweise in den sprachwissenschaftlichen Grundkurs an der Uni zurückverseztzt. Das ist sicher nicht für jeden Leser interessant, gehört aber doch zu Ariels Denkmuster und ist deshalb eigentlich auch gerechtfertigt.
    Als dritte Begründung für meine Begeisterung möchte ich noch die Spannung anführen. Abgesehen von den gerade erwähnten Theorieexkursen, die aber auch nie sehr lang sind, ist das Buch von vorne bis hinten spannend.
    Insgesamt eine äußerst anregende und spannende Lektüre, die beim Lesen immer wieder zum Nachdenken anregt und bei mir nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat.

  • Und wo ist da das Problem? ;-) Anscheinend gibt es ja sehr geteilte Meinungen, vielleicht gefällt es dir ja dann doch...


    Ich bin auch immernoch unsicher, ob ich es lesen soll - werde einfach noch auf die Taschenbuchausgabe warten.

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

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  • Obwohl ich das Buch so überhaupt nicht schätzte, sind Seerose und meine Position nicht in jedem Punkt so weit auseinander. Der Plot ist originell, obwohl auch nicht vollständig neu.

    Zitat

    Original von Seerose
    Einziger Minuspunkt sind die Ausschweifungen über sprach- und literaturwissenschaftlichen Theorien. Da fühlte ich mich zeitweise in den sprachwissenschaftlichen Grundkurs an der Uni zurückverseztzt. Das ist sicher nicht für jeden Leser interessant, ..


    Gerade diesen Theoriediskurs habe ich auf so langen Raum nicht durchhalten mögen, da das für mich auch nicht funktionierte. Zumindest nicht auf einen so langen, zunehmenden Raum von einem Großteil der 570 Seiten.

  • Zitat

    allerdings glaube ich, dass diesen Stil über diesen Umfang nur der Leser wirklich genießen kann, der ebenso wie die Autorin in seiner Freizeit zur Entspannung am liebsten mathematische Probleme löst.


    Nee, mathematische Probleme lösen gehört ganz bestimmt nicht zu meinen bevorzugten Freizeitaktivitäten. Mathe fand ich noch nie entspannend. :grin

  • Zitat

    Original von Delphin
    Ach shit, ich hab das Buch auf Englisch gekauft, weil ich das Cover so schön fand und der Buchschnitt war so schick schwarz... :bonk
    .


    :knuddel1 Das war der Grund, weshalb ich auch beim Einkaufen zu dem Buch gegriffen habe und der Klappentext hat mich so sehr angesprochen, daß ich es gleich mitgenommen habe.


    Dann schau' ich bei den Eulen rein und finde Herrn Palomars Rezi... da war meine Leselust gleich verflogen. Aber ich freue mich, daß es auch andere Meinungen gibt und bin jetzt doch wieder neugierig!

  • Zitat

    Original von Pelican


    :knuddel1 Das war der Grund, weshalb ich auch beim Einkaufen zu dem Buch gegriffen habe und der Klappentext hat mich so sehr angesprochen, daß ich es gleich mitgenommen habe.


    Ich wusste doch, wenn eine im Forum mich versteht, dann bist Du das. :knuddel1 :lache

  • Vor einigen Tagen lief mir das Buch zufällig in der Bibo über den Weg und deshalb habe ich es nun endlich auch mal gelesen - und ehrlich gesagt, würde ich im Fazit doch eher Seerose zustimmen. Könnte bei mir eigentlich nicht behaupten, dass ich mich wegen zuviel Theorie im Bezug auf Naturwissenschaften oder Literatur durchkämpfen musste, weil es ja neben diesen Ausschweifungen wirklich auch noch recht viel Handlung gibt. Aber vielleicht ist das auch einfacher zu verstehen, wenn man sich sowieso für Naturwissenschaften interessiert (so wie es bei mir der Fall ist). Insofern ist mein Gesamteindruck von dem Buch auf jeden Fall positiv, wenn auch nicht so überragend, dass ich es nun gleich zum Monatshighlight oder sowas in der Art küren würde.

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Also ich würd mich auch Seerose anschliessen.


    Für mich war Troposphäre eines der Highlights diesen Jahres. Warum?


    Nun, Ariel Manto, die Protagonistin liebt Bücher. So sehr dass sie ihr letztes Geld für eine verschwunden geglaubte Version eines Buches ausgibt. Sie ist so weit entfernt von der perfekten Heldin wie es nur irgendwie geht: Doktorandin ohne Aufgabe (da ihr Professor verschwunden ist), sie kämpft mit sich selbst, ihrem Selbstbild und dem Leben, hat merkwürdige Sexgeschichten und faszinierende, nicht alltägliche Gedankengänge.
    Bei dem Wort "Physik" bekomme ich normalerweise Pickel, aber Scarlett Thomas verpackt das Thema so gekonnt und spannend, dass es sich extrem interessant liest. Schon mal was von Schrödingers Katze gehört? Jetzt kann ich es erklären. Die Geschichte von Ariels ansteigender Faszination mit dem Werk eines geheimnisvollen Autors ist ein Mix aus schöner Prosa, abgefahrenen Ideen, philosophischen und physikalischen Exkursen, und eine Lovestory steckt da auch noch ein wenig drin. Es ist ein Buch über die Wirklichkeit, die Realität, die Diversität dieser und über Parallelwelten, ein Buch über den Glauben und über die Bessessenheit von einer Idee. Ein Buch das vom Erzählstil fast viktorianisch anmutet.
    Mein einziger Minuspunkt wäre das Ende des Buches, das muss aber jeder für sich selbst entscheiden.


    Für mich ist es also definitiv eine heisse Empfehlung. Allerdings glaub ich auch dass es definitiv ein Buch ist das nicht jedem gefallen kann (soll).

  • Da es hier noch nicht erwähnt wurde, das Buch gibt es jetzt in einer schicken TB Ausgabe von Rowohlt. Hier wird das Design des Cover der englischen Ausgabe aufgegriffen.


    Im Laden hat es mich magisch angezogen, jetzt überlege ich, es zu lesen. Die Kombination aus ansprechendem Cover und Philip Pullmans Zitat darauf, dass dieses Buch ja soooo toll sei, macht's!