'Galgentochter' - Kapitel 01 - 08

  • Zitat

    Original von hestia2312


    Genau so ging es mir auch. Ich hatte die wage Hoffnung, dass er sich als Retter des Mädchen heraus stellt. Stellte mir vor, wie er das Mädchen mit sich nahm und es aus dem Dreck herausholte - quasi Ersatzvater. Warum ich diesen Gedanken hatte, weiß ich nicht. Vielleicht weil die andere Option zu grausam war. :-(


    Der Gedanke war nicht so abwegig wie du denkst. Ich hatte ihn auch und wurde genau wie ihr eines besseren belehrt. :-(

  • Zitat

    Original von Sabine_D


    Der Gedanke war nicht so abwegig wie du denkst. Ich hatte ihn auch und wurde genau wie ihr eines besseren belehrt. :-(



    Ja der Wolf im Schafspelz :-)
    Nachdem ich nun bei Kapitel 8 angelangt bin, bin ich zur Überzeugung gekommen, ich hätte noch warten sollen mit meinem Beitrag. Ich war der Meinung die Vergewaltigungsszene wäre schon vorbei, mit der Schilderung des Mädchens vom Fortlauf der Vergewaltigung habe ich nicht gerechnet, und auch nicht mit der Brutalität mit der mein zuvor noch als "Retter" verkannter Täter vorging. Diese Buch überrascht mich auf jeder Seite neu. Echt super. Und die Verknüpfungen der einzelnen Darsteller, ich freue mich schon auf die nächsten Kapitel

  • Ihr Lieben,


    herzlichen Dank für eure Beiträge.


    Herr Palomar:
    Der Scharfrichter hatte nicht nur die Todesurteile zu vollstrecken, er musste sich auch die um die so genannten "Leibstrafen" kümmern, also Auspeitschen, Brennen, Pranger usw. Überdies war er für die Erhaltung der Hinrichtungsstätten zuständig und in vielen Städten zudem der Steuereintreiber bei den Huren. Scharfrichter waren so etwas wie "freie Mitarbeiter". Der Frankfurter Henker wurde nicht durch regelmäßigen Lohn, sondern nach "Leistung" bezahlt. Für jeden Gehenkten gab es 2 Gulden. Damit ließ es sich schon leben. Ansonsten wirkte er oft auch als "Arzt" der Vorstadt für die, die sich einen Medicus nicht leisten konnten. Auch auf chirurgischem Gebiet taten sich Henker oft hervor.


    Hestia:
    Ein Stöcker ist der Gehilfe des Scharfrichters.


  • Meine Frage ist wohl irgendwie in der Flut der Beiträge untergegangen :-)

  • Oh, ich bitte um Entschuldigung, Bouquineuer,


    deine Fragen sind tatsächlich untergegangen.


    Ich habe beim Schreiben solcher Szenen sehr ambivalente Gefühle. Es ist schon eine Art Kribbeln im Bauch, aber nicht dieses verliebte Kribbeln. Einerseits leide ich beinahe mit. Ich kann mich erinnern, dass ich bei der Vergewaltigungsszene ganz gekrümmt am Schreibtisch saß und wohl auch sehr blass war. Auf der anderen Seite haben gerade diese Szenen eine Faszination für mich. Schaffe ich es als Autor, die Szene so rüber zu bringen, dass sie den Leser berührt (auch im Sinne von erschreckt, anekelt usw.). Ist diese Szene lesbar und transportiert sie neben dem Abscheulichen noch eine andere Botschaft? Für mich sind diese Szenen und Sexszenen die am schwersten zu schreibenden.


    Edit: Rechtschreibfehler in Bouquineuers Namen

  • Zitat

    Original von Ines


    ....
    Schaffe ich es als Autor, die Szene so rüber zu bringen, dass sie den Leser berührt (auch im Sinne von erschreckt, anekelt usw.). Ist diese Szene lesbar und transportiert sie neben dem Abscheulichen noch eine andere Botschaft? Für mich sind diese Szenen und Sexszenen die am schwersten zu schreibenden.
    ...


    Das hast du geschafft. Und zwar sehr gut. :fingerhoch

  • So, gestern abend habe ich endliche geschafft weiterzulesen. Am *hust* [SIZE=7]Samstag[/SIZE] war ich im Buchladen ja schon auf Seite 50. :grin


    Vorab schon mal vielen vielen Dank für die vielen Erklärungen in diesem Thread. Ich kenne Frankfurt recht gut und finde die vielen Schilderungen des Lebens im 16. Jahrhundert sehr interessant. Mir war bisher z.B. nicht bewußt, wie vielfältig die Aufgaben des Scharfrichters waren.


    Das Detektiv-Duo von Mutter und Tochter war mit auf Anhieb sympathisch. Die Mutter stelle ich mir seit der Beichstuhlszene wie eine etwas jüngere Miss Marple vor. :grin


    Hella und ihr Mann haben sich trotz der arrangierten Hochzeit zusammengerauft. Sie führen eine liebe- und humorvolle Beziehung, was damals sicherlich unter den höheren Ständen recht unüblich war. Wie schrecklich die Vorstellung von einem Leseverbot für Hella gewesen sein muss, kann ich mir vorstellen. :grin


    Der arme Richter Heinz Blettner hat es mit den beiden sicher nicht leicht. Versteht anscheinend die Neugier seiner Frau, muss aber auf das Gerede in der Stadt achten. Er scheint ein gutmütiger Mensch zu sein, der seine Arbeit so korrekt wie möglich machen möchte. Mal schauen, wie (nicht ob) seine Frau ihn von der Unschuld der toten Frau überzeugen wird. :-)


    Grüne Soße habe ich schon lange nicht mehr gekocht. Danke für die Inspiration. :-) Und das Rezept für den Hecht wird mit Sicherheit auch mal ausprobiert. Bin schon gespannt, welche Rezepte ihren Weg noch in mein Kochbuch finden werden. Schön finde ich auch, wie die Kräuterheilkunde so ganz nebenbei als Bestandteil des Alltags eingeflochten wird.


    Ganz anders das Leben der Hure und ihrer armen Tochter. Der Einzug der beiden in die Stadt ist ja schon furchtbar genug. Das namenlose Mädchen hat niemand als seine Mutter - eine Mutter, die es in der Not verrät und im wahrsten Sinne des Wortes verkauft.


    Zitat

    Original von Elsie
    Ich persönlich lese nicht gerne brutale Szenen. Mir ist natürlich auch klar, dass es im Mittelalter mitunter sehr brutal zuging und es wäre sicherlich falsch, das zu beschönigen, wenn man ein realistisches Bild der damaligen Zeit liefern möchte. Nur, wenn ich dann, nach dem Lesen solcher Szenen die schlimmen Bilder ein oder zwei Tage lang nicht aus dem Kopf bekomme, dann ist es meiner Meinung nach einfach zuviel.
    Ich denke, dass man, die oben angesprochene Vergewaltigungsszene mal als Beispiel genommen, mit einer etwas weniger detailreichen Schilderung sicherlich die gleiche Botschaft hätte transportieren können ohne das Bild von der damaligen Zeit zu verfälschen. Ich finde, manchmal kann weniger wesentlich mehr sein.


    :write Für mich war die Schilderung der Vergewaltung sehr brutal und abstoßend, durch das verwendete Vokabular wurde das noch verstärkt. Es mag sein, dass es früher so zuging und so gesprochen wurde. Und nachdem ich dann dachte, o.k., das war´s, wurde es im 8. Kapitel noch aus der Sicht des Mädchens wiederholt. Für mich hätte eine der beiden Szenen gereicht, um es authentisch und überzeugend rüberzubringen. Die Schilderung aus der Sicht das Mädchens hätte mir gereicht, war mir persönlich für die detaillierte Schilderung der Vergewaltigung eine wehrlosen Kindes schon zu viel.


    Die scheinbar gefühlskalte Handlungsweise der Mutter kann ich verstehen. Sie hat anscheinend nie einen Draht zu ihrem Kind gefunden, hat aber so lange wie möglich versucht, die Kleine zu beschützen. Ich glaube nicht, dass sie die ruppigen Worte so gemeint hatte. Erst als sie Panik hat, mit dem Kind auf der Straße zu landen, setzt sie die Jungfräulichkeit der Tochter ein, in der Hoffnung das Dach über dem Kopf retten zu können.
    Als das Kind am nächsten Morgen immer noch verschwunden ist, wirkt die Mutter auf mich aufrichtig unglücklich. Nicht nur deshalb, weil ihre Altersvorsorge damit verschwunden wäre. Aber selbst das Kind erkannte ja, dass die Mutter als Hure keine andere Wahl hatte als so hart zu werden.
    Das arme Mädchen, ganz alleine nach dieser brutalen Vergewaltigung, sieht keinen anderen Ausweg als Selbstmord. Wer weiß, warum die Mutter Hure wurde. Sie wird sich für sich selbst und auch für ihre Tochter ein besseres Leben gewünscht haben.
    Ich dachte übrigens auch, dass der "Käufer" ein verkappter Retter wäre. Aber ich glaubte auch zuerst, dass Agnes die Tochter der Hure wäre, nur um die Idee dann ein paar Seiten später wieder zu verwerfen.


    Ich bin gespannt, wann und wie die beiden so unterschiedlichen Handlungsstränge zusammenlaufen.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Zitat

    Original von ottifanta
    Das Detektiv-Duo von Mutter und Tochter war mit auf Anhieb sympathisch. Die Mutter stelle ich mir seit der Beichstuhlszene wie eine etwas jüngere Miss Marple vor. :grin



    :lache An die gute Miss Marple musste ich auch denken. Die hatte es doch auch so in den Knien ;-)




    Zitat


    Hella und ihr Mann haben sich trotz der arrangierten Hochzeit zusammengerauft. Sie führen eine liebe- und humorvolle Beziehung, was damals sicherlich unter den höheren Ständen recht unüblich war. Wie schrecklich die Vorstellung von einem Leseverbot für Hella gewesen sein muss, kann ich mir vorstellen. :grin



    Unüblich, aber schön zu lesen. Ich denke mal, bei einem anderen Verhältnis zwischen den beiden, wäre die Detektivarbeit sehr erschwert bis nahezu unmöglich ...


    Zitat


    Ganz anders das Leben der Hure und ihrer armen Tochter. Der Einzug der beiden in die Stadt ist ja schon furchtbar genug. Das namenlose Mädchen hat niemand als seine Mutter - eine Mutter, die es in der Not verrät und im wahrsten Sinne des Wortes verkauft.



    Irgendwie fallen hier keinerlei Namen. Ich weiß immer noch nicht, wie das Kind eigentlich heißt...oder habe ich da was überlesen ? :gruebel


    Zitat


    Ich bin gespannt, wann und wie die beiden so unterschiedlichen Handlungsstränge zusammenlaufen.


    Darauf bin ich auch schon gespannt..was haben diese beiden Handlungsstränge miteinander zu tun? :gruebel

  • Zitat

    Original von Ines
    ...schaffe ich es als Autor, die Szene so rüber zu bringen, dass sie den Leser berührt (auch im Sinne von erschreckt, anekelt usw.)...


    Ich kann mich hestias Meinung nur anschließen. Du hast es geschafft. :wave Sehr gut sogar. Ich denke, gerade um den krassen Gegensatz zu bestimmten Wertvorstellungen zwischen der rauhen Zeit des 16. Jahrhunderts und der heutigen Zeit deutlich zu machen, bedarf es harter Worte auch, wenn es mal richtig eklig wird.

  • Zitat

    Original von Ines
    ...schaffe ich es als Autor, die Szene so rüber zu bringen, dass sie den Leser berührt (auch im Sinne von erschreckt, anekelt usw.)...


    Eindeutiges : JA!


    Ich habe das Buch nach der Vergewaltigungsszene erstmal aus der Hand legen und schlucken müssen.

  • Vielen Dank für eure Rückmeldungen.


    Mir geht es seit einiger Zeit so, dass ich beinahe schon empfindlicbh auf Gewalt, Demütigungen und anderes in Büchern reagiere. Gleichzeitig merke ich eine bestimmte Form der Abstumpfung. Wenn in den Nachrichten beispielsweise Beiträge aus Bagdad kommen und mal wieder eine Kinderleiche gefunden wurde, so entlockt mir das kaum noch Emotionen.
    Meine Leipziger Freundin meinte neulich, dass in der DDR mit Gewalt jeglicher Art besser umgegangen wurde, indem man darüber schwieg. Kam dann aber doch mal eine Gewalttat ans Licht, so war die ganze Republik empört. Wie seht ihr das? Sollte man so wenig wie möglich Gewalt beschreiben oder genau das Gegenteil davon tun?


    fragt Ines

  • Ich finde schon, dass wir abstumpfen. Anfangs konnte ich nicht mal einen Horrorfilm anschauen, ohne die Augen zu schließen oder mich zu verkrampfen. Mittlerweile hab ich mich schon dran gewöhnt und Filme schauen geht viel besser. Aber ich kann unterscheiden was real ist und was nicht. Wenn ich in den Nachrichten was Schlimmes sehe, dann läuft es mir immer noch kalt den Rücken runter. Es ist einfach was anderes ein Buch zu lesen / Film zu schauen oder die Realität vor Augen zu haben.


    Trotzdem finde ich aber nicht, dass man die Gewalt nicht mehr zeigen sollte. Wir haben doch ein Recht darauf zu erfahren, was in der Welt so vor sich geht. Finde ich jedenfalls.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Zitat

    Original von Ines
    Sollte man so wenig wie möglich Gewalt beschreiben oder genau das Gegenteil davon tun?


    Viel oder wenig ist für mich nicht so entscheidend, aber das es bei Galgentochter so unerwartet kam, hat die Wirkung bei mir sehr verstärkt.
    Und es ist so geschrieben, dass jeder Mitleid haben muss. Bei zum Beispiel Schurkenrollen in Hollywood-Filmen sínd ausgefallene und harte Todesarten ja eher die Regel und niemand weint den Bösewicht eine Träne nach, selbst wenn er mehrfach erschossen, zerhackselt und atomisiert wird.
    Da wird das Publikum wirklich abgestumpft.

  • Zitat

    Original von Ines
    Wie seht ihr das? Sollte man so wenig wie möglich Gewalt beschreiben oder genau das Gegenteil davon tun?


    Der goldene Mittelweg sieht für jeden Leser anders aus. Für mich sind diese genauen Schilderungen so ausführlich nicht nötig, ich weiß auch so, dass es damals grausamer zuging als heute.


    Natürlich stumpft man heute durch die Gewaltdarstellungen im Kino, bei Filmen und Serien im Fernsehen und auch in den Nachrichten ab. Im Frankfurt des 16. Jahrhundert erlebten die Menschen Gewalt oft in der direkten Nachbarschaft und hatten ein ganz anderes Verhältnis dazu.


    Meine Mutter z.B. liest gerne gut recherchierte historische Romane. Ich weiß aber genau, dass ich ihr die "Galgentochter" nicht geben kann. Sie würde wegen der Vergewaltigung des Mädchens ein paar Nächte nicht mehr gut schlafen. Für andere Leser gehören solche Szenen und die Wortwahl zu einem historischen Roman auf jeden Fall dazu.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Liebe Ines, dass du schon beinahe empfindlich auf Gewalt und Demütigungen in Büchern reagierst nehme ich dir nicht wirklich ab, sonst hättest du diese Szenen niemals so schreiben können. Aber was Du bei Dir selbst bemerkst, habe ich auch schon bei vielen Mitmenschen bemerkt, nämlich dass die Hemmschwelle bezüglich Gewalt in den letzten Jahren schon sehr weit herabgesetzt erscheint, nicht zuletzt auch dadurch, dass man von den Medien schonungslos damit bombardiert wird. Glücklicherweise bin ich immer noch erschüttert, wenn ich eine Kinderleiche im Fernsehen sehe. Ich glaube, was die Erwähnung von Gewalttaten angeht, ist ein gesundes Mittelmaß das Richtige. Ich muss Gewalt in einem Buch nicht bis ins letzte Detail schonungslos darstellen, diesen Kick brauche ich beim Lesen nicht. Um mir vorstellen zu können, wie schlimm eine Situation ist, bedarf es nicht vieler genauer Beschreibungen, dazu ist meine Phantasie noch selbst in der Lage und in meiner Phantasie habe ich dann auch die Möglichkeit, die Dinge nur soweit zuzulassen, wie es mir noch gut tut. Diese Möglichkeit habe ich nicht mehr, wenn mir ein Schriftsteller die Szenen bis ins Detail aufdrängt. Genauso wenig benötige ich Filmaufnahmen von getöteten Menschen in den Medien. Da würde es reichen, wenn man sich einfach auf die Fakten beschränken würde. Gewalt total zu verschweigen, wie es deine Freundin erzählt hat, finde ich auch nicht richtig aber dazu beizutragen, dass die Menschen immer mehr abstumpfen, ebenso wenig. Wir können doch heute schon beobachten, wohin das führt. Menschen schauen ohne einzuschreiten zu, wenn Anderen vor ihren Augen Gewalt angetan wird. Die Bereitschaft zur Gewalt wird immer größer und gleichzeitig sinkt das Interesse an den Mitmenschen, es rührt viele kaum mehr wirklich an, was mit einem anderen Menschen geschieht. Wollen wir so eine Gesellschaft? Ich glaube wohl kaum, dass man sich das wünschen sollte. Da kommen wir aber hin, wenn wir weiter so leichtsinnig mit der Darstellung von Gewalt etc. umgehen. Insofern denke ich, hat ein Schriftsteller auch eine gewisse Verantwortung.

  • So habe nun den ersten Teil beendet und muss sagen das ich vom Schreibstil und ger Geschichte genau das bekommen habe was ich erwartet habe. Einen guten histo Roman gespickt mit unterschweligem Humor, einer harmonischen, intakten Beziehung und zwei verschiedenen Handlungen die immer wieder für kurze Zeit eines werden. Auch der Phantasie ist immernoch Freiraum gewährt, nicht so wie bei anderen Romanen bei denen man nach drei Kapiteln schon den Täter in und auswendig kennt. Der Aufbau der Handlung ist durchaus sehr interessant! Zwei Handlungsstränge die manchmal kurz aufeinander treffen, wie zum Beispiel der verschwundene Gewandschneider in der "harmonischen" Hälfte der in der "grausamen" Hälfte sich als der Vergewaltiger eines jungen Mädchens wiederfindet.


    Ich finde auch dir kriminalistische Handlung sehr interessant und vor allem spiegeln sich in meinen Augen wieder zwei Handlungsstränge! Der erste der wie Üblich den Fall aus der Sicht eines Richters erzählt, der zweite der mit dem "Forschenden Duo" von Mutter und Tochter.


    Weiter bin ich auf den nächsten Abschnitt besonders gespannt ob und wie sich die Geschichte der Hurenmutter weiterentwickelt. Findet sie ihre Tochter? Beneidet sie sie um ihre neuen Möglichkeiten? (Schon Kapitel 10)
    Oder macht sie ihr sogar alles zu Nichte?


    Liebe Grüße
    MyLady

  • Zum Thema Gewalt und Grausamkeit noch kurz. Ich finde es schade wenn jemand "abstumpft" in Hinblick auf manche Sachen.
    Mal davon abgesehen das in einem historischen Kriminalroman eine gewisse Briese davon dazugehört wünsche ich mir doch, das das Bild eines getöteten Kindes oder ähnliches nie spurlos an mir vorbei gehen wird.


    Gott sei dank ist das bei mir nicht so, den ich kann heute noch keine Gruselfilme kucken :-)

  • Ich hab den ersten Teil heute beendet und freue mich mal wieder etwas von Ines zu lesen :-)
    Die Geschichte ist mit einer plastischen Atmosphäre und Kulisse ausgestattet. die es schafft mich in das Geschehen hineinzuziehen. Auch der Schreibstil ist gewohnt flüssig zu lesen.
    Schön finde ich, dass die Beziehung zwischen Hella und Heinz gut klappt. Ich war ganz erstaunt, denn normalerweise klappt es bei Ines' Büchern mit den Ehepaaren nicht ganz so gut (z.B. bei der Kaufmannstochter) ;-)
    Hella ist mir jetzt schon sehr sympathisch, ich mag es, dass sie so selbstbewusst, gerissen und neugierig ist.
    Die Persepktivwechsel gefallen mir auch und ich bin schon gespannt wie die zweo Handlungsstränge zusammengehören. Zuerst dachte ich, dass das Mädchen, das von der Mutter misshandelt wird, die Frau unter dem Galgen ist. Aber da sich das Mädchen im Fluß ertränkt hat, brauch ich eine neue Theorie...hmm :gruebel



    Zu Gewalt und Brutalität in Büchern:
    Wenn sie wichtig sind für den weiteren Handlungsverlauf und für Charakterbildungen oder wie hier auch zur Illustration der Zeit, befürworte ich sie. Mir läuft zar schon manchmal ein Schauer über den Rücken, aber auch solch schreckliche Dinge gehören zum Leben dazu und sollten deshalb nicht verschwiegen werden. Sinnlose Metzelei mag ich jedoch nicht.


    Ich fühle mich nicht wohl beim Lesen der brutalen Szenen, aber durch die Perspektivwechsel hat man diese Szenen nicht geballt, und kann sich dann bei den Szenen mit Hella wieder wohlfühlen.


    Zitat

    Original von Ines
    ...schaffe ich es als Autor, die Szene so rüber zu bringen, dass sie den Leser berührt (auch im Sinne von erschreckt, anekelt usw.)...


    Auf jeden Fall! Mich hat die Vergewaltigungsszene auch nicht kalt gelassen. Man fühlt mit deinen Charakteren mit.

  • Zitat

    Original von Elsie
    Die Bereitschaft zur Gewalt wird immer größer und gleichzeitig sinkt das Interesse an den Mitmenschen, es rührt viele kaum mehr wirklich an, was mit einem anderen Menschen geschieht. Wollen wir so eine Gesellschaft? Ich glaube wohl kaum, dass man sich das wünschen sollte. Da kommen wir aber hin, wenn wir weiter so leichtsinnig mit der Darstellung von Gewalt etc. umgehen. Insofern denke ich, hat ein Schriftsteller auch eine gewisse Verantwortung.


    Für meinen Geschmack wird diesen Szenen zu viel Wirkung auf die Gesellschaft zugetraut. Es ist glaub ich ein ganz normales menschliches Verhalten, dass einem ein Schicksal, dass einem nicht direkt betrifft, weniger rührt, als eines, welches einen direkt betrifft. Günther Anders hat es glaub ich so ausgedrückt, dass wir durch das Fernsehen die Welt ins Wohnzimmer bekommen haben, aber unser Mitgefühl nicht so weit reicht. (so ähnlich, kann mich nicht mehr genau erinnern)


    Leichtsinniger Umgang mit Gewalt wäre es in meinen Augen nur dann, wenn sie verherrlicht werden würde.

  • Vielen Dank für eure Beiträge.


    Einige von euch meinen, dass bestimmte Szenen in der "Galgentochter" nun mal zum brutalen Alltag des ausgehenden Mittelalters gehören. Gerade bei der Vergewaltigungsszene glaube ich das nicht. Ich vermute, dass es in vielen zeitgenössischen "Hurenhäusern" heute nicht so grundlegend anders ist.


    Glaubt ihr wirklich, dass das Mittelalter ein grausameres Zeitalter war als die Gegenwart? Ich melde leise Zweifel an.