Die Eleganz des Igels - Muriel Barbery

  • Nichts ist so wie es scheint. Zumindest in Hinsicht auf die 54jährige Renee, die seit fast 30 Jahren als Concierge arbeitet. Denn allen Vorurteilen zum Trotz ist sie sehr gebildet, interessiert sich für Kunst, Tolstoi und klassische Musik. Allerdings tarnt sie ihre Intelligenz hinter einer Maske aus Plumpheit und Ungepflegtheit. Auch die zweite Hauptperson, die zwölfjährige Paloma ist sehr gebildet, ja fast schon altklug. Sie wehrt sich gegen die Erwachsenenwelt und ihre oberflächliche Schwester auf ihre Art und Weise:


    An ihrem 13. Geburtstag will sie Selbstmord begehen um so der Verlogenheit und dem “Goldfischglas” des Lebens zu entfliehen. An Palomas Gedanken nimmt der Leser in Form eines Tagebuchs teil - unterteilt in viele kleine Episoden. Diese werden immer wieder unterbrochen durch die Gedanken und Empfindungen Renees. Diese Figur ist so liebenswert und großartig beschrieben, in der Art wie sie ständig versucht einem Klischee zu entsprechen. Paloma und Renee sehen sich beide als Randgestalten der Gesellschaft und doch finden sie zueinander. Und dann gibt es da noch Monsieur Ozu, der beide auf seine ganz eigene Art und Weise wahrnimmt.


    Ich muss zugeben, dass ich mich durch die ersten 100 Seiten etwas gequält habe aber ich wurde nachher belohnt mit vielen kleinen zauberhaften Sätzen, wunderbaren Gedanken der beiden Hauptfiguren und insgesamt einer Geschichte, die mich am Schluss hat weinen lassen.


    Was schön ist, erhaschen wir, während es vergeht. (Seite 306).


    Wie schön dieser Roman ist weiß ich jetzt wo er zu Ende ist und ich werde Paloma und Renee mit Sicherheit noch eine Weile in meinen Gedanken tragen.

  • Zitat

    Original von Herzgedanke


    Wie schön dieser Roman ist weiß ich jetzt wo er zu Ende ist und ich werde Paloma und Renee mit Sicherheit noch eine Weile in meinen Gedanken tragen.


    :write bin total deiner Meinung, selbst heute denke ich noch über das Buch nach und hab schon einige Seiten wieder gelesen.

    Who is Keyser Soze?


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    (o ,o)
    (>_<) <- This is Bunny.


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  • ich hab es geschafft :D


    Ich finde das Buch sehr schön. Es bleibt irgendwie ein schöner Beigeschmack hängen. Obwohl das Ende schön sehr plötzlich kam, die Handlung davor war ja doch eher ruhiger.


    Mit "Palomas Stil" kam ich besser klar. Vielleicht, weil Renée zu viel über Kunst, die ich nicht kenne (Bilder, Bücher, Opern), philosophiert hat.
    Aber nachdem man sich reingelesen hat, liest es sich echt schön!


    Nur zu empfehlen, aber besser dann, wenn man genug Zeit und Muße hat!

    "Leben, lesen - lesen, leben - was ist der Unterschied? (...) Eigentlich doch nur ein kleiner Buchstabe, oder?"


    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • Nachdem dieses WB einige Tage bei mir herumgelegen hat und ich mich nicht wirklich zum lesen motivieren konnte, habe ich überrascht festgestellt, das es ein wunderschönes Buch ist.


    Die ersten 100 Seiten habe ich teilweise nur quer gelesen - aber dann!


    Immer wieder wunderschöne Formulierungen, Witz und Sarkasmus. Ich mußte mich ziemlich zusammenreißen, um in der Bahn nicht laut los zu lachen. Einige Sätze und Absätze habe ich gerne mehrfach gelesen, weil sie einfach schön sind. Der tiefere Sinn hat sich mir zwar nicht immer erschlossen, aber gefallen haben sie mir trotzdem.


    Ein Beispiel:


    Die weißen Perlen
    Auf meine Ärmel gefallen als das Herz noch voll
    Wir auseinandergingen
    Ich nehme sie mit
    Als ein Andenken an Sie.
    (Kokinshu)


    S 121


    Und dann solche Nettigkeiten, wie das Gespräch zwischen zwei Nachbarinnen, die sich normalerweise nur "Guten Tag und guten Weg" wünschen, aber vor Neugier auf den neuen Mitbewohner zur Tat schreiten. Da muß dann die Psyche der "lieben Schwiegertochter" herhalten, um einen Gesprächstermin in interessantem Territorium zu ergattern. :grin S. 153/154


    Und dann die Geschichte mit dem Kleid der Toten und dem "Fresh-up" beim Friseur und die Klospülung... :grin


    Super!


    Das Ende hat mir gut gefallen. Ich fand es angemessen. Im Sinne dieses Buches: "Das Schöne ist das Angemessene".

  • Nach anfänglichen Startschwierigkeiten liest es sich nun, nach ca. 100 Seiten, ziemlich flüssig. Besonders angenehm empfinde ich die kurz gehaltenen Kapitel. Das spornt immer wieder zum Weiterlesen an. :-)

  • Meine Meinung:
    Elegant, charmant und reizend - "Die Eleganz des Igels" ist alles zugleich und noch viel mehr!


    Das Buch erzählt die Geschichte der Concierge Renée und der zwölfjährigen Paloma, die beide im gleichen Haus in Frankreich leben, die eine als Bedienstete, die andere als "potentiell reiche Tochter" einer wohlhabenden Familie. Diese beiden unterschiedlichen Charaktere verbindet ihre Art zu Denken und ihre Sicht auf die Welt und das Leben der Menschen, was ihnen zunächst aber nicht bewusst ist. Nach einer gewissen Zeit und einigen Umständen freundet sich das ungleiche Paar aber dennoch an - worauf das Buch ziemlich überraschend und verdammt traurig endet.


    Aufmerksam wurde ich auf dieses berührende Buch durch den Verkaufserfolg in Deutschland. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Schreibstil fand ich mich ziemlich schnell in die Geschichte ein und wurde auch nach ca. 100 Seiten gefesselt. Jedoch erschienen mir hin und wieder einige philosophische Gedanken Renées als zu langatmig und durchgekaut. Dennoch ein großartiges Buch!

  • Meine Meinung:


    Eigentlich ein wunderschönes Buch, aber erst ab ca. Seite 100. Die philosophischen Betrachtungen davor waren mit dermassen viel Fremdwörtern gespickt, dass mir die Leselust komplett vergangen ist. Teilweise habe ich die Kapitel nur überflogen, weil ich gehofft hatte dass das Buch noch besser wird. Und ich wurde nicht enttäuscht.


    Fazit: Man muss sich am Anfang durchkämpfen wird aber am Ende mit einer wirklich schönen Geschichte belohnt.


  • Ich habe es geschafft. Ich habe bis zum Schluss durchgehalten, obwohl ich vor allem auf den ersten hundert Seiten wirklich Probleme hatte, mich zum Lesen zu motivieren. Aber wenn man es erst mal bis dahin geschafft hat, lohnt es sich, wie ich finde, dranzubleiben.


    Wobei ich das Thema von anfang an weder langweilig noch trocken fand. Allerdings kam ich durch die Schreibweise und die (scheinbar) unendliche Flut an Fremdwörtern beim Lesen nur sehr mühsam voran. So kurz und pregnant die einzelnen Kapitel des Buches sind, so lang ziehen sich die Sätze.


    Aber abgesehen vom Schreibstil fand ich die Geschichte wirklich gut. Eine Concierge und ein 12 jähriges Mädchen, die seit Jahren in ein und demselben Haus wohnen, "nur" getrennt durch Standesunterschiede, und die Tatsache, dass beide versuchen, die Intelligenz, die beide verbindet, allen anderen gegenüber zu verschleiern.


    Was die Standesunterschiede betrifft, so musste ich mir beim Lesen immer wieder ins Gedächtniss rufen, dass das Buch im Hier und Jetzt angelegt ist, und nicht etwa vor 70 oder 100 Jahren. Vor allem, da auch immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass Palomas Mutter, Solange Josse, Sozialistin ist und sich folglich auch für die Belange der "Arbeiterklasse" interessiert. So war für mich auch ihr Ausspruch am Ende des Buches " Wer ist denn Renée?" der Gipfel der Ignorranz.


    Das Ende kam mir im allgemeinen zu apruppt und kurz vor. Da hätte ich mir doch etwas anderes gewünscht. Aber alles in allem ein tolles Buch, bei dem ich froh bin, es zuende gelesen zu haben.

  • Vielleicht wissen es ja alle schon längst, nur ich hab's gestern erst gelesen: Die Eleganz des Igels wurde verfilmt und kommt im März in die Kinos. Details hier.


    Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie man das Buch in einen Film umsetzen will.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Vandam
    Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie man das Buch in einen Film umsetzen will.


    Ich habe es nicht gewusst und habe auch noch überhaupt keine Vorstellungen - umso gespannter bin ich! :-)

  • hui....da bin ich aber auch mal gespannt....muss ich mich mal sputen und das Buch endlich zuende lesen. Bis jetzt kann ich mir eine Filmumsetzung aber auch nicht vorstellen.

  • Ich glaub ich hab das Buch jetzt schon seit etwa ne Jahr im Regal rumliegen, hatte auch angefangen es zu lesen, aber irgendwie gefiel es mir nicht, ich kann nicht einmal sagen wieso, ich bin einfach nicht reingekommen. Wundert mich sehr, weil hier doch überwiegend positive Meinungen sind.. und Erfolg hatte es ja auch (was nicht unbedingt etwas heißen muss). Vielleicht war es einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Ich sollte es irgendwann noch einmal probieren, aber Bedenken hab ich irgendwie ja schon noch. :gruebel

  • Begeisternd


    Im Parterre des noblen Pariser Mehrfamilienhauses residiert Renée, die seit fünfzehn Jahren verwitwete, vierundfünfzig Jahre alte Concierge. Nach außen genügt sie bewusst allen Klischees, füllt ihr Berufsbild erwartungsgemäß aus: Sie ist ein bisschen ruppig, kleidet sich der Rolle entsprechend, spricht in knappen, zuweilen absichtlich fehlerhaften Sätzen, achtet bei ihren Einkäufen darauf, dass zuoberst in den Tüten Waren zu liegen kommen, die man im Haushalt einer Concierge erwarten würde, also deftige Hausmannskost und ähnliches. Die deshalb leicht überfettete Katze muss derlei dann verspeisen.
    Aber Renée ist eigentlich extrem schlau, belesen und überaus kulturinteressiert. Sie nimmt ihre Umgebung wahr, achtet auf feine Nuancen, kommentiert für sich, weiß einzuordnen. Sie kennt die Klassiker der Weltliteratur fast auswendig, versteht die großen Philosophen, liebt die bildende Kunst und die Musik. Die Küche ihrer Concergienloge ist das Refugium, in das sie sich zurückzieht, während im Wohnzimmer der Fernseher so laut läuft, dass die zumeist ziemlich von sich eingenommenen Bewohner denken müssen, Renée würde sich dumme Serien ansehen. Wenn sie sich überhaupt für die Frau im Parterre interessieren. Die Concierge liest währenddessen Camus, Tolstoi oder philosophische Bücher.


    Einige Stockwerke darüber lebt Paloma, die hochintelligente Zwölfjährige, die beschlossen hat, sich an ihrem dreizehnten Geburtstag das Leben zu nehmen, wenn bis dahin nicht noch etwas geschieht, das sie davon überzeugt, dass das Leben etwas über alltägliche "Normalität" und Standesdünkel hinaus zu bieten hat. Auch Paloma führt ein Doppelleben, seit sie bemerkt hat, dass zu viel Intelligenz andere - auch solche, die sich selbst für klug halten - nur verstört.


    Dann stirbt einer der Hausbewohner und der Japaner Kakuro Ozu bezieht die vakante Wohnung. Der ältere Herr strahlt gelassene Eleganz aus, scheint aber ein aufmerksamer Beobachter und Feingeist im Wortsinn zu sein. Und so ist es auch Ozu, der schnell entdeckt, dass Renées Verhalten nur Fassade ist. Auf sanfte Art gibt er ihr zu verstehen, ihre Maskerade entlarvt zu haben - zwischen den beiden entsteht Freundschaft mit der Aussicht auf mehr. Und auch Paloma wird aus ihrer Eremittage gelockt.


    "Die Eleganz des Igels" ist ein sehr kluges, einfühlsames und fesselnd erzähltes Buch, das aus Sicht der Concierge und der zwölfjährigen Botschaftertochter davon berichtet, wie es ist, Bestandteil sozialer Strukturen zu sein, denen man sich nicht zugehörig fühlt. Der Roman bricht eine Lanze für die Schönheit der Kunst, in der man einen Lebenssinn finden kann, ohne sich zu verleugnen. Er ist philosophisch, manchmal sogar weise, unglaublich schön geschrieben und begeistert von der ersten bis zur letzten Seite. Gelegentlich mag sich sogar ein Leser, der sich selbst für gebildet hält, etwas belehrt fühlen, aber das geschieht augenzwinkernd und ohne jede Effekthascherei. Das Ende ist zwar tragisch, aber konsequent, und es ändert nichts daran, dass man gerade einen der wundervollsten Romane der letzten Jahre gelesen hat.

  • Obwohl das Jahr noch nicht einmal zur Hälfte vorbei ist, bin ich mir fast sicher, dass dieses Buch mein Jahreshighlight sein wird.


    Ich habe hier gelesen, dass manche die ersten 100 Seiten etwas zäh fanden und sich nicht so schnell einlesen konnten. Das war bei mir überhaupt nicht so. Von der ersten Seite an hat es mir ausgesprochen gut gefallen. Allerdings habe ich nach ein paar Seiten gemerkt, dass es kein Buch für den kleinen Hunger zwischendurch oder unterwegs ist. Das wollte ich genießen und habe mir Zeit gelassen.
    Die Lebensgeschichte von Renée hat mich ebenso berührt, wie die Einsamkeit von Paloma, beider Sicht auf ihre Mitmenschen und das Leben an sich hat mich sehr oft schmunzeln lassen. Genauso gut konnte man ein wenig melancholisch werden beim Philosophieren und weiter über die tiefgründigen Passagen nachdenken, auch wenn man das Buch schon aus der Hand gelegt hat. Wenige Bücher beschäftigen mich noch so lange, nachdem ich sie zu Ende gelesen habe. Und wie viele muß man lesen, um so eines dazwischen zu finden.

    Volle Punktzahl von mir und kommt auf alle Fälle auf den Stapel Bücher, in die ich hin und wieder reinlese, weil sie so schön waren.

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)