Die Eismalerin - Kristín Marja Baldursdóttir

  • Die Eismalerin
    Kristín Marja Baldursdóttir


    Kurzbeschreibung
    Die Witwe Steinunn Olafsdóttir zieht mit ihren sechs Kindern in die kleine Stadt Akureyri im Norden Islands, damit sie dort die Schule besuchen können - auch die Mädchen. Hart sind die Zeiten um 1900, unberechenbar auch die Naturgewalten. Hart ist auch die Arbeit in der Fischfabrik, wo die Frauen wochenlang im Akkord den gefangenen Hering - das Silber des Meeres - einsalzen müssen. Dennoch entdeckt Karitas, die jüngste Tochter, ihr künstlerisches Talent. Ihr größter Wunsch ist es, Malerin zu werden. Doch dann lernt sie den großen, gutaussehenden, grünäugigen Sigmar kennen und lieben, und sie steht vor der folgenschwersten Entscheidung ihres Lebens.


    Über den Autor
    Kristín Marja Baldursdóttir lebt in Reykjavik. Die Autorin ist verheiratet und hat drei Töchter. Sie ist in Island eine der bekanntesten Journalistinnen und Schriftstellerinnen. Ihre vorherigen Titel sind alle im Krüger Verlag lieferbar: "Möwengelächter", "Kühl graut der Morgen" und "Hinter fremden Türen". Für den vorliegenden Roman ist die Autorin für den »Nordic Council Literary Prize 2005« nominiert.


    Meine Meinung:
    Zugegeben, wenn dies kein isländisches Buch gewesen wäre, ich hätte es nach der Lektüre des Klappentextes nicht mit der Kneifzange angefasst. So aber habe ich es mir an einem entspannten Wochenende in Ferch am See zu Gemüte geführt und wurde mit einer wunderbaren Familiengeschichte belohnt:


    Steinunn, Witwe mit sechs kleinen Kindern, lebt 1915 in den Westfjorden, wo das Leben hart ist und die Gefahr von Lawinen und Erdrutschen eine unmittelbare Bedrohung darstellt. Deshalb beschließt sie, nach Akureyri zu ziehen, um ihre Kinder durch Arbeit in den Fischfabriken durchzubringen, zur Schule zu schicken und ihnen überhaupt ein besseres Leben zu bieten. Dank der tatkräftigen Unterstützung der Kinder gelingt ihr das auch: die Tochter Karitas, eigentlich eine komische Kruke, kann sogar in Kopenhagen Kunst studieren.
    Nur leider zieht immer alles an Karitas vorüber, nie ergreift sie die Initiative, und so endet sie als das, was sie nie werden wollte: als Hausfrau, Mutter und Ehefrau eines Mannes, der sich die Hälfte des Jahres auf den Weltmeeren rumtreibt. Die Kunst jedoch bleibt Teil ihres Lebens und hilft ihr schließlich, sich doch noch zu „emanzipieren“.
    Soweit zur Story.


    Richtig fesselnd wird es jedoch, wenn Krístín das Leben schildert: Die Lebensumstände in einem Land, das an der Schnittstelle eines einfachen Bauernstaates zu einer Hightech-Nation steht. Die Schilderungen der allgegenwärtigen Mystik, von Feen, Wiedergängern und Wahrträumen, die ohne esoterischen Firlefanz natürlicher Bestandteil der Geschichte sind und nicht zuletzt die Charaktere, in erster Linie Frauen (Männer spielen in diesem Buch meist nur eine dramaturgische Rolle), die so anders sind aber dennoch glaubwürdig und vor allem liebenswert.


    Auch wenn frau nicht auf gutaussehende, grünäugige Männer steht: absolut lesenswert!

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Vielen Dank, Draper, für diese schöne Rezension.
    Ich bin kein großer Fan von Familiengeschichten, aber diese hier konntest Du mir so richtig schmackhaft machen.
    Das Buch besitze ich auf jeden Fall, ich geh mal tiefer graben...


    buddelnde Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Vielen Dank, DraperDoyle, für eine interessante Vorstellung.
    Einer der Bücher auf die ich sonst mit Sicherheit nicht aufmerksam
    geworden wäre. Schein aber auf jeden Fall interessant zu sein. :-)

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • MaryRead, bei mir ist es genau andersrum: "Kühl graut der Morgen" fand ich nicht so toll, wahrscheinlich weil ich die Heldin so ätzend fand. Außerdem behandelt das eine fast identische Thematik wie Steinunn Sigurdardóttirs "Der Zeitdieb", weshalb ich beide Bücher immer durcheinander gebracht habe, und am Ende beide nicht leiden konnte.


    Möwengelächter hat mir (wie auch die Verfilmung) gut gefallen, auch wenn ich mich nicht mehr an die Einzelheiten erinnere.


    "Die Eismalerin" kann mam m.E. mit diesen beiden Büchern nicht vergleichen. Der Stil erinnert ein bisschen an die "klassische" isländische Erzähltradition, unaufgeregt, detailreich und trotzdem fesselnd und die Geschichte von einer ganz und gar unspektakulären und auch passiven Heldin hebt sich deutlich von Kristins früheren Heldinnen ab, die ja doch eher unkonventionelle Personen waren.


    Ich fand es bisher das beste Buch von Krístín, wobei "Hinter fremden Türen" hier noch rumsubt.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • So schnell konnte ich gar nicht gucken, wie mir diese Buch in den Einkaufswagen gesprungen ist. Nun hoffe ich mal, dass das Buch nicht so grauenvoll ist, wie es der Klappentext vermuten lässt:


    Eine Geschichte voller Tragik und Schmerz und die Geschichte einer großen Leidenschaft und Liebe. Kristin Marja Baldursdottir hat "Die Eismalerin" weitergeschrieben und mit der Malerin Karitas eine überaus berührende Frauengestalt geschaffen, die ihrem Herzen folgt und ihren Weg geht.


    :yikes kann ich da nur sagen

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Kurzinhalt:
    Die Witwe Steinunn Olafsdóttir schafft es, unter schwierigsten Umständen allen ihren sechs Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen. Trotz der harten Lebensumstände um 1900 in Island kann ihre jüngste Tochter Karitas auf der Kunstakademie in Kopenhagen studieren. Doch als sie den gut aussehenden Fischer und Kapitän Sigmar kennenlernt und ihn heiratet, scheint ihre Zukunft als Malerin gestorben. Dreizehn Jahre lebt sie allein in der lebensfeindlichen Welt Islands, die sie ohne die Hilfe der Fischersfrauen, die alle ein ähnliches Schicksal ertragen müssen, nicht überlebt hätte. Als Sigmar nach dreizehn Jahren als vermögender Mann zu ihr zurückkehrt und ihr ein schönes Leben in Aussicht stellt, steht sie vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens.


    Die Autorin ist eine der bekanntesten Schriftstellerinnen und Journalistinnen in Island. Sie lebt in Reykjavik.


    Meine Meinung:
    Es ist das erste Buch, das ich seit geraumer Zeit zu Ende gelesen habe. Der ruhige Fluss der Erzählung, die dem Geschehen nichts an Spannung nimmt, hat mir sofort gefallen. Das harte Leben, das Ringen mit der unbarmherzigen Natur wird unspektakulär aber sehr eindringlich geschildert. Die Liebesgeschichte zwischen Karitas und Sigmar bezieht ihr leidenschaftliches Element nicht aus spektakulären Ereignissen und Darstellungen, sondern aus einem starken Spannungsfeld zwischen zwei unbeugsamen Charakteren.
    Eigentlich hatte ich die Geschichte einer glänzenden Karriere erwartet, aber dem ist Gott sei Dank nicht so. Was mich etwas gestört hat, sind Sätze von einer halben Seite länge, die nur durch Kommas unterteilt sind. Andererseit treibt es die Geschichte natürlich und ist flüssig zu lesen.
    Von mir wärmstens zu empfehlen!