Tom Rachman - Die Unperfekten

  • Amazon Kurzbeschreibung:
    Was, wenn ein Zeitungserbe seinem Basset mehr Interesse entgegenbringt als dem Schicksal seines Blattes? Was wird aus der unglückseligen Ruby (alleinstehend, immer auf der Suche nach dem Mann fürs Leben)? Aus Ed, der gefeuert wird und sich an der zuständigen Sachbearbeiterin (alleinerziehend, drei Kinder und keine Zeit für die Liebe) rächt? Aus der Chefredakteurin Kathleen (verheiratet mit einem Weichei und verliebt in einen anderen)? Und aus Lloyd, der, einsam wie ein Straßenhund, aus Not eine Story erfindet und auffliegt?


    Rachmans wunderbar hintergründiger, ernst-komischer Gesellschaftsroman über eine internationale Tageszeitung und ihre Macher in Rom ist von bezwingender Leichtigkeit und ein Panoptikum unserer Zeit.


    »Dieser Roman von Tom Rachman ist so gut, dass ich ihn zweimal lesen musste – einfach, um zu begreifen, wie er das hingekriegt hat, wie einer, der gerade mal fünfunddreißig ist, ein derartiges Gespür für Menschen und ihre Schwächen haben kann.« Christopher Buckley, The New York Times Book Review



    Meine Kritik:
    Im Grunde genommen geht es in Tom Rachman Debütroman um das Zugrundegehen einer internationalen Zeitung. Auf dem Buchcover überschlugen sich die Kritiker mit Lobeshymnen über das Buch, so dass ich neugierig wurde. Doch dann bekam ich bloß wenig unterhaltsame (aber zugegebener Maßen recht interessante) Charakterstudien über deprimierte und gescheiterte Zeitungs-Mitarbeiter geliefert. Jedes Kapitel aus der Sicht eines anderen Kollegen mit all seinen Sorgen und Nöten. Die Geschichten selbst haben wenig bis gar nichts miteinander zu tun, so dass man eigentlich nicht mal von einem Roman sondern einer Kurzgeschichtensammlung mit dünnem roten Faden sprechen kann. Mir fehlten die Haupthandlung und das Ziel. Wenn ich schon zu Beginn weiß, dass es um den Niedergang einer Zeitung geht, ist das alles wenig spannend. Für Freunde spannender Unterhaltung ist dieses Buch definitiv nicht zu empfehlen.

  • Mir hat das Buch eigentlich ganz gut gefallen, obwohl ich gar nicht auf Kurzgeschichten stehe. Der rote Faden war tatsächlich nur der Untergang der Zeitung.


    Ich mag eigentlich melancholische Stimmungen in Büchern ganz gern. Und das hat Tom Rachman ganz gut umgesetzt.

  • Ich bin eher vorsichtig, wenn auf dem Cover statt Angaben zur Handlung allzu viele begeisterte Lobeshymnen auf das Buch zu lesen sind. Häufig war ich von solchen Büchern enttäuscht...
    Trotzdem interessiert mich das Buch eben wegen der intensiven Beschreibung einzelner Charaktere.
    Danke für deine Rezi. :wave

  • Zitat

    Original von Eskalina
    Ich bin eher vorsichtig, wenn auf dem Cover statt Angaben zur Handlung allzu viele begeisterte Lobeshymnen auf das Buch zu lesen sind. Häufig war ich von solchen Büchern enttäuscht...
    Trotzdem interessiert mich das Buch eben wegen der intensiven Beschreibung einzelner Charaktere.
    Danke für deine Rezi. :wave


    dem schließe ich mich an :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Ich habe es heute Nacht auch genervt abgebrochen.


    Irgendwie hat mich das so gar nicht angesprochen und ich weiß nicht was mir dieses Buch sagen soll. Lloyd war mir einfach nur zu depressiv die Frau die gegenüber bei ihrem Liebhaber eingezogen ist er der auf der Suche nach seinen Kindern war die er irgendwie nicht kannte....


    Ne das war nix

  • 50 Jahre hat die englischsprachige Zeitung in Rom existiert, hat Höhen und Tiefen durchlebt, stand kurz vor dem Ende, hat sich wieder aufgerappelt um nun, im 21. Jahrhundert, eingestellt zu werden. Was hat diese Zeitung geprägt, wer waren die Menschen dahinter, die zum Teil mehrere Jahrzehnte dort angestellt waren, die ihr Leben ganz dieser Zeitung gewidmet haben?


    Tom Rachman erzählt diese Geschichte in einer eher ungewöhnlichen Form: Er porträtiert 10 Mitarbeiter und eine Leserin dieser Zeitung, ihre Sorge und Nöte, Ihre Ängste und ihre Freude. Hervorzuheben ist, dass jeder der Mitarbeiter wiederum eine Abteilung der Zeitung widerspiegelt und so erhält man nicht nur einen Einblick in die Einzelschicksale sondern auch eine Ahnung davon, wie so eine Zeitung funktioniert: Ein gewaltiger Apparat, bei der sich fast jeder selbst der Nächste ist, der aber letztendlich nur funktionieren kann, wenn alle ihre persönlichen Eitelkeiten beiseite schieben und in den entscheidenden Momenten zusammenhalten. Auch die Leserin hat eine besondere Beziehung zur Zeitung, die sich über eines der anderen Kapitel erschließt. Tom Rachman hat einen sehr komplexen Roman geschrieben, der zwar auf den ersten Blick wie Kurzgeschichten anmutet, bei dem man aber am Ende feststellt, dass diese Kurzgeschichten untrennbar miteinander verbunden sind. Jeder der Protagonisten kommt in einer der vorangehenden oder folgenden Geschichte vor, sodass man immer das Gefühl hat, man begegnet alten Bekannten oder lernt die Person, von der man schon das ein oder andere erfahren hat, endlich kennen. Zugegeben, die meisten dieser Geschichten sind eher melancholischer Natur. Manchmal hat man den Eindruck, dass keiner der Protagonisten wirklich glücklich ist, bzw. sein Glück nur auf Kosten tragischer Ereignisse machen kann. Aber ist es nicht genau das, was unsere heutige Gesellschaft darstellt? Wer kann von sich denn wirklich sagen, er arbeite in einer Firma voller begeisterter Arbeitnehmer und kenne nur glückliche Menschen? Insofern empfand ich Rachmans Protagonisten als sehr authentisch und lebensnah gezeichnet.


    Wer sich nun fragt, wie Rachman die Geschichte der Zeitung selbst in sein Buch hat einfließen lassen, dem sei verraten, dass jedes der 11 Kapitel eigentlich aus zwei Teilen besteht. Rachman hat jedem der 11 Kapitel ein prägendes Ereignis der Zeitung aus den letzten 5 Jahrzehnten hintangestellt und erzählt so nach und nach die Geschichte der Zeitung selbst, angefangen von der Gründung, bis hin zum Grund, warum die Zeitung überhaupt gegründet wurde.


    Rachmans Schreibstil ist unaufgeregt, leise aber sehr eindringlich. Es gibt keine durchgängige Spannung, dennoch entwickelt dieses Buch einen ganz eigenen Sog, der einem beim Lesen von Geschichte zu Geschichte zieht und so war das für mich eine ganz neue Leseerfahrung, diese Geschichten in der Geschichte, die Lust macht auf weitere Bücher von Tom Rachman.

  • Vielen Dank für Deine Rezension Bouquineur. Auf Amazon kommt das Buch gar nicht sooo schlecht weg und es gibt etliche 4 oder 5 Stern Rezis. Hier bei den Eulen wird es ja etwas stiefmütterlich behandelt, viele interessieren sich dafür aber fast niemand wollte sich so recht an das Buch trauen und es lesen. Ich habe es nun in meine enge "bald kaufen" Liste aufgenommen.

  • Ich hab mich auch eher überreden lassen, es zu lesen und bin der Eule, die mich drauf gebracht hat, wirklich dankbar :-)
    Es war im Oktober eines der Test-Exemplare bei Amazon Vine und ich war wirklich unsicher, ob das was für mich ist oder nicht. Ich bin kein Freund von Kurzgeschichten und es sah ja eigentlich danach aus, als wäre das wirklich nur eine Aneinanderreihung einzelner Schicksale. Dadurch, dass es in den einzelnen Erzählungen aber immer wieder Verweise auf die anderen Protagonisten gibt, ergibt dieses Buch letztendlich eben doch ein großes Ganzes. Roter Faden war für mich der gemeinsame Arbeitplatz der Protas. Und mit dem letzten Kapitel schließt sich ein Kreis, den man zu Beginn nicht unbedingt als solchen erkannt hat. Es gibt also wirklich noch einen Aha-Effekt ;-)

  • Ich kann mich im wesentlichen Bouquineurs Meinung anschließen: Auch mir gefallen Kurzgeschichten oft nicht so recht, aber in dem Fall sind es eben nicht wirklich Kurzgeschichten, sondern es ist eher so, als würde man den Alltag in der Zeitungsredaktion einfach aus verschiedenen Augen betrachten (wenn auch immer zeitlich ein wenig versetzt).


    Mir hat das Buch im Großen und Ganzen gut gefallen und es bekommt von mir 8/10 Punkte. Leser, die ohne Spannungsbogen nicht auskommen, wird das Buch eher enttäuschen.

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]