Zeugin der Toten - Elisabeth Herrmann

  • Kurzbeschreibung gem. Amazon.de


    Spuren eines quälend langsamen Todes, Blutlachen wie Seen, Hände, die verzweifelt Halt suchen. Judith Kepler hat viel gesehen. Sie wird gerufen, wenn die Spurensicherung geht. Sie macht aus Tatorten wieder bewohnbare Räume. Sie ist ein Cleaner. In der Wohnung einer grausam ermordeten Frau begegnet sie ihrer eigenen Vergangenheit. Die Tote kannte Judiths Geheimnis. Unter mysteriösen Umständen war Judith als Kind in ein Heim gebracht worden. Herkunft unbekannt. Immer im Schatten dabei, die Staatssicherheit. Als Judith Fragen zu stellen beginnt, gerät sie in das Visier mächtiger Gegner.


    Über die Autorin gem. Amazon.de


    Elisabeth Herrmann, geboren 1959 in Marburg/Lahn, hat nach einer abgebrochenen Bauzeichnerlehre als Betonbauerin und Maurerin gearbeitet. Ihr Abitur holte sie auf dem Frankfurter Abendgymnasium nach und studierte in Frankfurt und Berlin. Heute arbeitet sie als Fernsehjournalistin der Abendschau des RBB.


    eigene Meinung


    Judith Kepler ist Cleanerin von Tatorten und Wohnungen, in denen für längere Zeit Verstorbene lagen. Bei einem ihrer Aufträge findet sie bei der Toten Unterlagen, die es über sie eigentlich gar nicht mehr geben darf. Zumindest hatte Judith das immer geglaubt. Doch wer hat sie gesucht? Und warum weiß sie so wenig über ihre Kindheit, über die andere anscheinend sehr sehr viel wissen?


    Elisabeth Herrmann erzählt mit ihrem Buch "Zeugin der Toten" die Geschichte einer Frau, die zu DDR-Zeiten in einem Kinderheim leben musste und sich heute mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt. Gleichzeitig erzählt sie die Geschichte von Quirin Kaiserley, einem Ex-BND-Agenten, der auf der Suche nach der Wahrheit über seinen letzten Einsatz ist.
    Elisabeth Herrmann schafft es mit ihren Beschreibungen Bilder von alten Zeiten aufleben zu lassen. Ihre Figuren agieren glaubhaft und nachvollziehbar. Ihre Hauptfigur Judith Kepler ist keine typische Sympathieträgerin. Sie eckt mit ihrem Verhalten und auch ihrer Ausdrucksweise überall an. Doch gerade das ließ mich als Leserin mit ihr mitfiebern. Die verschiedenen Erzählstränge verlaufen zwar geradlinig, wirken aber durch die Komplexität der Hintergrundgeschichte doch verwirrend. Daher musste ich mich beim Lesen echt konzentrieren um auch ja kein Detail zu verpassen. Bis zum Schluss war mir nicht klar, wie die Gesamtgeschichte zusammenhängt. Das macht auch den Charme dieses Buches aus.


    Fazit: ich kann "Zeugin der Toten" jedem empfehlen, der gern mehr über die Spionage zu DDR-Zeiten wissen und gleichzeitig eine spannende Story lesen möchte.

  • Inhalt: Judith hatte keine leichte Kindheit. Aufgewachsen als Heimkind in der DDR, abgehauen, abhängig von Drogen gewesen, mehrere Entzüge hinter sich gebracht ... erst seit einigen Jahren bekommt sie ihr Leben halbwegs auf die Reihe. Da hilft ihr auch ihr Job - sie ist Putzfrau mit Spezialausbildung ... sie ist ein Cleaner. Sie bringt die Wohnungen von Toten wieder auf Vordermann, setzt sie in einen bewohnbaren Zustand zurück. Dabei reinigt sie auch ab und an Tatorte. Und bei einem dieser Tatorte fängt sie dann einen Brief mit ihrer Heimakte ab. Ihre Heimakte? Warum existiert diese noch wo man Judith doch sagte sie wäre geschreddert worden? Was wollte die Tote mit der Akte? Als Judith in der Wohnung der Toten auf einen technischen Mitarbeiter des Geheimdiensts trifft, der gerade dabei ist Kameras zu entfernen und diesen enttarnt beginnt sie nachzuforschen.


    Meine Meinung: Judith ist eine gute wenn auch keine einfache Buchpersönlichkeit. Misstrauisch, distanziert, impulsiv, klug - man könnte sicher noch mehr Worte wählen um Judith zu beschreiben. Sie präsentiert sich eher sperrig, der Leser hat es schwer einen Zugang zu ihr zu finden. Sympathisch war sie für mich weniger, sich mit ihr zu identifizieren ist eher schwer. Manchmal hatte ich Mitleid, manchmal schüttelte ich nur den Kopf. Dennoch waren Charakter und Verhalten vor dem Hintergrund ihrer Erlebnisse durchaus logisch.


    Es gibt noch mehr Personen, aus deren Perspektive Elisabeth Herrmann die Geschehnisse beschreibt. Manchmal sind das nur zwei Seiten, bei anderen Personen mehrere Kapitel. Ihnen allen versucht Elisabeth Herrmann dabei eine Vergangenheit und ein Gesicht zu geben indem sie einen mit Informationen über die jeweilige Person füttert. Bei Personen, die nur kurz auftauchen, fand ich diese Informationen etwas nervig. Ansonsten hat es mir gut gefallen, dass die Autorin die Perspektive wechselt. So bekommt man einen besseren Blick als Judith auf das Geschehen auch wenn man wie sie im Dunkeln tappt.


    Der Stil der Autorin ist eher sachlich, das passt jedoch zur Geschichte. Spannend ist das Buch auch - Geheimnisse, die nach und nach enthüllt werden, im Kopf des Lesers, der eine Ahnung bekommt oder im Buch selbst sorgen für eine unterschwellige und leise, aber ständig begleitende Spannung. Dabei ist "Zeugin der Toten" jedoch keineswegs ein Pageturner. Elisabeth Herrmann nimmt sich Zeit diese Geschichte aufzubauen. Das mag manchen langweilig erscheinen, ich bevorzuge in diesem Fall aber einen solchen Einstieg gegenüber dem Wurf ins kalte Wasser.


    Mein Fazit: Nein, dieses Buch reißt mich vielleicht nicht vom Hocker. Es lässt mich nicht "Wow!" rufen oder ähnliches. Aber es war spannend und hat mir einige Stunden gute Leseunterhaltung beschert. Deswegen gebe ich sehr gute 8 Punkte.

  • Zitat

    Original von Jasmin87
    Mich interessiert eher die Sache mit den Cleanern...


    Kennst du dann schon "Das Clean Team" von Charlie Huston? Darin geht es eben um diese Cleaner. Lies dir am besten die Rezis dazu durch, vielleicht ist es ja etwas für dich. :grin

  • So, ich habe das Buch heute beendet und es hat mir leider gar nicht gefallen.
    Wie logan-lady schon geschriebn hat, geht es bei diesem Buch nur über die Spionage zu DDR-Zeiten.
    Dieses Thema interessiert mich persönlich leider gar nicht, weswegen ich auch meine Probleme mit dem Buch hatte.
    Zwischendurch habe ich überlegt, es abzubrechen, habe es dann aber doch fertig gelesen.
    Ich fand es auch ein wenig übertrieben, dass


    Nee, das war leider kein Buch, dass mich unterhalten hat.


    Von mir gibts vier Punkte.

  • Judith Kepler arbeitet als Cleanerin für eine Reinigungsfirma in Berlin. Als Cleanerin zu arbeiten bedeutet, Wohnungen, in denen Menschen gestorben sind, von derenen letzten Spuren zu befreien. Kein leichter und auch kein beliebter Job, denn wer begegnet schon gerne Tag für Tag dem Tod. Der Auftrag, den sie an einem warmen Wochenende mitten im Sommer erhält, wird ihr Leben verändern. Sie muss einen Mordschauplatz reinigen. Der Zufall spielt ihr eine alte Akte aus der DDR Zeit in die Hände und verblüfft stellt sie fest, dass es sich um die angeblich verschollene Akte aus ihrer Kinderheim-Zeit handelt. Wie kam das Mordopfer an diese Akte und warum interessierte sie sich für Judiths Vergangenheit? All diese Fragen lassen Judith keine Ruhe und sie beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Bald wird ihr klar, dass sie ins Visier verschiedener Nachrichtendienste geraten ist, die mit aller Macht verhindern wollen, dass Judith die Vergangenheit ans Licht holt.


    Elisabth Herrmann rollt in ihrem neusten Buch ein Stück Vergangenheit wieder auf, das in den Köpfen meiner Generation und den Generationen davor noch gut in Erinnerung ist: den kalten Krieg. Die Zeit vor der Wende, als die Stasi ihre "Kundschafter des Friedens" ausschickt, um möglichst viel über die Entscheidungen in den Politzentralen des Westens herauszufinden. In diese Zeit fallen auch die frühesten Erinnerungen Judith Keplers, die in einem Erziehungsheim in Sassnitz auf Rügen aufwuchs, in dem Demütigung und Zucht an erster Stelle standen und den Menschen Judith Kepler fürs Leben geprägt haben. Liebe und Nähe sind ihr fremd, aber sie ist kein schlechter Mensch. Hinter ihrer ruppigen und spröden Art verbirgt sich Unsicherheit und eine sensible Seele mit einem messerscharfen Verstand, die sich im Notfall zu verteidigen weiß. Eine Fähigkeit, die ihr zugute kommt, denn im Verlauf der Geschichte muss sie mehr als einmal um ihr Leben kämpfen. Es ist kein Thriller, dieses Buch, es ist zurecht als Kriminalroman betitelt, denn der Schwerpunkt liegt hier nicht auf rasanter Action sondern in der Tiefe und Ausführlichkeit der Erzählung, wenn Elisabeth Herrmann Stück für Stück das Geheimnis um Judith Keplers Herkunft lüftet und den Leser eben genau in diese Zeit des Kalten Krieges, dem Machtkampf zwischen den Geheimdiensten aus Ost und West und der Angst vor der Ent- und Aufdeckung zurückführt. Geschickt schlägt sie mit Hilfe von Rückblenden immer wieder den Bogen vom Jahr 1985 bis in die heutige Zeit und nicht nur dem Leser wird klar, dass auch 20 Jahre nach dem Mauerfall noch Vieles im Verborgenen liegt und einige Stellen ein großes Interesse haben dürften, dass dies auch so bleibt. Nicht nur im Buch sondern auch im realen Leben.


    Die Vielzahl der Schauplätze, Personen und Erzählstränge fordert vom Leser eine erhöhte Konzentration bei der Lektüre, es lohnt sich aber, hier wirklich bei der Stange zu bleiben. Ich habe die Ausführlichkeit nie als Länge empfunden sondern als willkommenen Exkurs in die jüngere deutsche Geschichte mit auch für mich neuen Informationen. Der Plot selbst bietet gerade zum Ende hin einige überraschende Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet hätte und die ich bei längerem Nachdenken sehr erschreckend fand, vor allem weil man heute, 20 Jahre nach dem Fall der Mauer, die ehemalige DDR verklärt nostalgisch betrachtet und gerne außer Acht lässt, dass das dahinter stehende System bewusst Familien zerstört, Menschen gebrochen und unliebsame Widersacher aus dem Weg geräumt hat.


    Wer Wert auf gut erzählte Krimis mit Tiefgang legt, die nicht actionlastig sind und zudem gerne etwas über die jüngere Vergangenheit unseres Landes erfahren möchte, dem kann ich Elisabeth Herrmanns Buch wirklich empfehlen.

  • Mich hat das Buch vollkommen gefesselt und begeistert, ich bin noch ganz davon in Bann geschlagen, obwohl ich es schon vor zwei Tagen ausgelesen habe.
    Zwar dreht es sich um die Aufklärung alter Intrigen aus dem DDR/BRD-Spionage-Umfeld, vor allem aber wird die sehr persönliche Geschichte einer Frau erzählt, die über sich selbst hinauswächst und in das Abenteuer ihres Lebens hineinstürzt, als sie plötzlich auf eine Spur zu ihrer verloren geglaubten Vergangenheit stößt.
    So gesehen ist 'Zeugin der Toten' kein trockener Politthriller über die deutsch-deutsche Vergangenheit, sondern vor allem ein hochspannender, tiefgründiger, unendlich verschlungener und kunstvoll konstruierter Krimi mit vielen emotionalen Momenten, denn die Suche der Heldin nach den Geistern ihrer Vergangenheit ist zugleich auch ein Abstieg in ihre eigenen seelischen Abgründe.



    Aber hier meine Rezi:
    Judith Kepler ist Cleanerin. Sie reinigt Mordschauplätze und macht die Wohnungen von Toten wieder bewohnbar. Sie tut das, weil sie es gut kann und weil es ihre letzte Chance war, aus einem zerstörten Leben voller Abstürze und Drogenmißbrauch zurück auf die richtige Spur zu kommen. Denn traumatische Kindheitserinnerungen belasten sie: der Terror von zehn Jahren sozialistischem Kinderheim mit teils sadistischen Erziehungsmethoden, davor keine Erinnerung, sondern nur eine Akte, die besagt, dass ihre Mutter eine Prostituierte war, die von einem Freier schwanger wurde, und später Selbstmord beging.
    In der Wohnung einer quälend langsam getöteten Frau fällt ihr ihre eigene, angeblich verschollene Heimakte in die Hände, kurz darauf überrascht sie dort einen BND-Techniker beim Abbau der Überwachungskamera. Und dann erhält sie Anrufe von Fremden, die sie beschwören, die Vergangenheit ruhen zu lassen.
    Aber Judith folgt den Spuren. Sie will unbedingt wissen, was damals geschehen war. Was wirklich mit ihren Eltern passiert ist. Warum ihre Mutter sie aufgab und sich aus dem Leben stahl.
    Ihr Weg kreuzt sich mit dem von Quirin, einem Ex-BND-Agenten, der in die Geschehnisse von damals verwickelt war. Ein schrecklicher Verrat wurde begangen, etwas lief schief ... das Menschenleben kostete und ihn seine Karriere. Seither ist Quirin besessen davon, den Verräter aufzuspüren, und die alte Schuld zu begleichen.
    Ihre Nachforschungen schrecken die Nachrichtendienste auf, die sie um jeden Preis stoppen wollen ...



    Dieses Buch unterscheidet sich von anderen Büchern, die ich von der Autorin gelesen habe. Es läßt die leichte, spielerische und humorvolle Ebene vermissen, was dem ganzen Plot eine ungemein düstere Schwere und die stete Ahnung von Verhängnis gibt. Das schadet dem Roman aber nicht, im Gegenteil. Es verleiht ihm eine große Intensität, die sich zum Ende hin immer weiter steigert und einem beim Zuklappen den Eindruck vermittelt, man sei fast Teil der Geschehnisse gewesen. Selten hat mich das Schicksal der Protagonisten in einem Krimi so stark bewegt.
    Judith ist ein sperriger und schwieriger Charakter, die immer auf dem Seil zwischen verrücktem Aktionismus und Momenten überraschender Klugheit balanciert. Man fiebert mit ihr, man wünscht ihr Glück, man freut sich mit ihr, wenn sie bei ihren aberwitzigen Aktionen mit heilem Hals wieder rauskommt. Quirin ist dagegen undurchschaubar, charmant und gleichzeitig voller Kanten und alter Narben, aber dennoch die Stimme der Vernunft bei diesem ganzen, verwickelten Spiel.
    Die Story ist unglaublich faszinierend - auch für die, die sich nicht speziell für alte Stasi/BND-Storys interessieren. Im Grunde ist es die raffiniert gestrickte Geschichte einer schiefgelaufenen Spionage-Aktion, bei der zu viele Parteien beteiligt und persönliche Schicksale zu eng verwoben waren. Und bei deren Aufklärung gleich mehrere Beteiligte schlimme Folgen zu fürchten hätten - aus ganz verschiedenen Gründen. Es gibt auch kein Schwarz und Weiss ... nur Schattierungen von Grau. Diese Mischung von 'institutioneller' Motivation und persönlichen Dramen hebt das Buch von anderen Thrillern mit Polit-Background ab, denn sie erzeugt ein echtes Interesse am Schicksal der Figuren. Man leidet, hasst und hofft mit ihnen. Und stellt am Ende fest, dass sich Gerechtigkeit niemals zuvor so gerecht und befriedigend angefühlt hat.
    Im Übrigen ist die Auflösung wieder mal kein bisschen vorhersehbar. Man spinnt natürlich seine Theorien, entwickelt Verdächtige ... aber am Ende ist alles anders, als man denkt.


    Ich kann das Buch nur wärmstens weiterempfehlen. Es ist einer der fesselndsten und aufregensten Krimis, die ich kenne. Der Einstieg zu Beginn geschieht etwas gemütlich, doch die Geduld lohnt sich ... steckt man erstmal drin, gibt es kein Halten mehr.
    Klarer 10 Punkte Kandidat.


    --Elena--

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Kurzbeschreibung (amazon)


    Spuren eines quälend langsamen Todes, Blutlachen wie Seen, Hände, die verzweifelt Halt suchen. Judith Kepler hat viel gesehen. Sie wird gerufen, wenn die Spurensicherung geht. Sie macht aus Tatorten wieder bewohnbare Räume. Sie ist ein Cleaner. In der Wohnung einer grausam ermordeten Frau begegnet sie ihrer eigenen Vergangenheit. Die Tote kannte Judiths Geheimnis. Unter mysteriösen Umständen war Judith als Kind in ein Heim gebracht worden. Herkunft unbekannt. Immer im Schatten dabei, die Staatssicherheit. Als Judith Fragen zu stellen beginnt, gerät sie in das Visier mächtiger Gegner.


    Eigene Meinung


    Inhalt


    Die "Cleanerin" Judith Kepler stößt in der Wohnung einer Ermordeten auf ihre eigene Akte aus dem DDR-Kinderheim "Juri Gagarin", in dem sie vom 5. bis zum 15.Lebensjahr untergebracht war. Sie ist erschüttert darüber, dass diese Dokumentation ihrer unschönen Kindheit nicht wie erwartet seit der Wiedervereinigung im Reißwolf gelandet ist und sie setzt alles daran, herauszufinden, wie die ermordetete Frau an ihre Akte gekommen ist. Außerdem will sie die verschütteten Erinnerungen an ihre ersten fünf Lebensjahre wachrütteln und etwas über ihre Eltern in Erfahrung bringen.
    Im Laufe ihrer Ermittlungen zeigt sich, dass Judiths Familie in die gegenseitige Spionage zwischen DDR und BRD verwickelt war, ihre Untersuchungen bescheren ihr allerhand Aufregung und lebensgefährliche Situationen, da es immer noch Menschen gibt, die bestimmte Vorgänge aus der Zeit des Kalten Krieges nicht aufgedeckt sehen wollen.


    Aufbau


    Der Prolog ist in den Achtziger Jahren angesiedelt. Die fünfjährige Judith - damals hieß sie noch anders- kommt unter mysteriösen Umständen ins Kinderheim und bekommt eine neue Identität verpasst. Der Hauptteil des Romans spielt in der Gegenwart, Judith ist inzwischen Mitte Dreißig und arbeitet nach einer "abgeschlossenen" Drogenkarriere als Cleanerin. Kürzere Rückblicke in die Vergangenheit sind immer wieder in die laufende Romanhandlung eingeflochten.


    Persönliche Beurteilung


    Nach dem Klappentext und der Leseprobe erwartete ich einen Krimi/Thriller, der im forensischen Milieu spielt (weitergehende Ermittlungen, die sich aus dem Zustand der zu reinigenden Wohnungen von Toten ergeben). Dies ist überhaupt nicht zutreffend. Es handelt sich hier um einen sehr komplex aufgebauten Spionageroman, den man schon aufgrund der verwickelten Beziehungen der zahlreichen Romanfiguren mit großer Konzentration und angepasstem Tempo lesen muss. Ich tat mich etwas schwer, weil ich bei Spionage- und Gegenspionagethemen nicht immer vollkommen durchblicke.
    Trotz gewisser Verständnislücken fand ich den Roman aber recht fesselnd, was nicht zuletzt an der Actionlastigkeit einiger Abschnitte und dem wirklich gelungenen, flüssigen Erzählstil der Autorin lag.


    Fazit


    Wer sich für Spionage im Allgemeinen und das Verhältnis von DDR und BRD zueinander in den Achtziger Jahren interessiert, hat hier einen sehr ansprechenden, lesenswerten Roman vor sich. In der Erwartung, mehr über den Beruf eines Cleaners zu erfahren und einen gewöhnlichen Krimi schnell weglesen zu können, sollte man jedoch eher nicht an dieses Buch herangehen.
    Auch wenn "Zeugin der Toten" nicht ganz meinen Erwartungen entsprach, werde ich die Autorin im Auge behalten.


    Ich vergebe 7 Punkte.

  • Das Buch startet in einem DDR-Kinderheim: ein Mädchen wird vertauscht, aus Christel Sonnenberg wird Judith Kepler, und die Erzieherin und die Heimleitung spielen mit - müssen sie wohl auch, eine andere Möglichkeit gibt es nicht für sie. Jahre später ist aus Judith eine Putzfrau geworden, aber eine besondere: als Cleaner reinigt sie Tatorte und Wohnungen, in denen Menschen gestorben sind und lange Zeit nicht gefunden wurden. Sie kann es, sie ist gut in ihrem Job. Doch dann muss sie einen Tatort säubern, wo eine junge Frau ermordet wurde, und die Wohnung liegt genau gegenüber ihrer eigenen. Und auch so scheint die Tote einiges über sie zu wissen, hat sie doch Zugang zu ihrer Heimakte. Offenbar war Christina Borg - so hieß die Frau - im gleichen Kinderheim wie Judith. Judith stellt außerdem fest, dass die Wohnung verwanzt war und dass es noch andere gibt, die sich für die Wohnung und Frau Borg interessieren, und schwupps ist sie mitten in einem Abenteuer, in dem verschiedene Geheimdienste mit ihren Agenten eine große Rolle spielen.


    Und ab hier wird die Geschichte unübersichtlich: wer gehört unter welchem Namen zu welchem Geheimdienst, wer wurde unter welchem Namen wann wohin gebracht, wer wurde wann erschossen ... und mittendrin ist Judith, die toughe Heldin, die auf den Spuren ihrer Kindheit wandelt und versucht, Licht ins Dunkel zu bringen, die immer wieder fast getötet oder festgenommen wird und die es doch schafft, allen ein Schnippchen zu schlagen. Mich hat das Buch nicht überzeugt: nicht, weil die Geschichte nicht spannend erzählt ist, sondern, weil ich einfach Schwierigkeiten hatte, der verzwickten Handlung zu folgen. Auch hatte ich nach der Leseprobe etwas anderes erwartet - einen Krimi nämlich, dieses Buch würde ich als Agententhriller bezeichnen, und das ist nicht so ganz mein Lieblingsgenre.

  • Der Klappentext hat mich das Buch sofort auf meine Wunschliste setzen lassen - ich fand die Thematik absolut spannend und interessant und wollte unbedingt mehr über Judiths Beruf als Cleaner wissen. Leider musste ich aber nach den ersten 50 Seiten feststellen, dass der Fokus gar nicht darauf liegt, sondern dass sich hinter "Zeugin der Toten" nicht ein normaler, belangloser Krimi, sondern ein absolut respektabler und fesselnder Agenten-Thriller verbirgt.


    Also - sämtliche Kritiken und Zweifel über Bord geworfen und das Buch zu Ende gelesen: Es war toll! Judith stößt bei einem ihrer Jobs am Rande auf ihre Vergangenheit, die sie nicht nur einholt sondern überholt und sie wird zum Spielball zwischen unterschiedlichsten Interessen. Da ist selbst ihre eigene Sicht nicht immer ganz klar und deutlich für sie selbst zu erkennen.... Aber sie macht sich auf eine Reise, in der nicht nur ihre Identität in einen Strudel gerät, sondern auch für ihre "Mitreisenden" einiges drunter und drüber geht.


    Hier mehr zu verraten würde dem Buch einiges an Spannung nehmen, aber wer kein Interesse an Verschwörungen, konspirativen Sitzungen und Agenten, die sich selbst die nächsten sind, hat, sollte wohl lieber die Finger von dem Buch lassen. Aber für alle anderen, die eintauchen wollen in die Geschichte um die Wende herum, haben mit "Zeugin der Toten" dann einen absoluten Glücksgriff gemacht! Ich habe das Buch innerhalb von 2 Tagen verschlungen gehabt.


    Die nicht-ganz-volle Punktzahl (ich habe eine 7 vergeben) kommt von mir deswegen, weil doch zu viele Personen im Buch auftauchen, die auch getrost ungenannt hätten bleiben können. Für eine Schmökerrunde zwischendurch oder kurz vor dem Einschlafen ist das Buch nicht geeignet, denn sonst ist man spätestens nach 10 Seiten hoffnungslos verloren und findet sich nicht mehr wirklich zurecht. Die Stränge kommen am Ende zwar alle wieder zusammen und es lohnt sich, bis dahin durchzuhalten, aber ich finde, dass hier weniger mehr gewesen wäre.

  • Ein wirklich spannender Krimi der sich um eine Geheimdienstaktion im Jahre 1985 im kalten Krieg, hier zwischen den deutschen Geheimdiensten und deren westliche Partner dreht und die Auswirkungen dieses Ereignisses auf die Beteiligten. Im Mittelpunkt steht eine junge Frau, die 1985 ein kleines Kind war, ein Opfer, das durch die Ereignisse beinahe vernichtet wird. Als sie viele Jahre später auf einmal in ihrem Beruf als Cleanerin bei einem Mordopfer auf ihre Heimakte stößt bringt sie das zum Handeln, bringt sie auf die Suche nach ihrer Vergangenheit und die ihrer Eltern. Das wiederum bringt die heutigen Geheimdienstler auf den Plan, den sie stört die Ruhe. Elisabeth Herrmann gelingt es dieses politisch brisante Thema so spannend zu verpacken, dass selbst Politmuffel begeistert sein dürften. Menschen wie ich, die diese Verhältnisse von Berufs wegen am Rande mitbekommen haben fasziniert ihr Szenario. Das Buch bekommt von mir eine unbedingte Leseempfehlung.

  • Ich habe es gerade beendet und fand es super!
    Gleich nach den ertsen Sätzen war ich gefesselt und wollte das Buch nicht mehr weglegen. Anders als der Klappentext es verspricht, ist das Buch keine Geschichte um das Säubern von Tatorten, sondern ein Agententhriller der allerfeinsten Art, inklusive Doppelagenten. Bis zum Ende weiß man nicht, was genau damals 1984 in Sassnitz passiert wird, warum Judith im Kinderheim der DDR aufwachsen musste.
    Als sie beim Säubern eines Tatortes Hinweise auf ihre eigene Vergangenheit findet, macht sie sich auf die Suche nach vergessen geglaubten Dingen, nach Details aus ihrem Leben. Dabei sticht sie in ein Wespennest aus Vertuschung und Verrat und kommt des Öfteren in bedrohliche Situationen. Wem kann sie trauen? Wem muss sie trauen? Anscheinend bleibt da nur Quirin Kaiserley, ein Publizist und Ex-BND-Agent, der seinen Dienst quittierte wegen der schiefgelaufenen "Aktion" in Sassnitz. Nur hat es laut BND-Unterlagen diese Aktion nie gegeben. Spinnt er sich da etwas zusammen? Oder will er nur die gleichen Informationen wie Judith?


    Für Fans von Agententhrillern absolut empfehlenswert!

    "Leben, lesen - lesen, leben - was ist der Unterschied? (...) Eigentlich doch nur ein kleiner Buchstabe, oder?"


    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

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  • Mit diesem Buch sei bewiesen, daß es nicht nur in den USA Agententhriller geben kann!
    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, weil es einen glaubhaften Eindruck der Zeiten in der DDR geliefert hat. Reine Gutmenschen werden hier nicht beschrieben, jeder hat in irgeneiner Weise Dreck am Stecken. Die Hauptpersonen sind nicht unsympatisch, aber man weiß bis zum Ende nicht, wem man vertrauen kann. Besonders Judith Kepler erweist sich als äußerst sperriger Charakter, aber die Konsequenz, mit der sie ihre Sache vorantreibt, ist beeindruckend. Was Quirin Kaiserley angeht...nun, er zieht sein Ding in der Geschichte auch mit Hartnäckigkeit durch, bleibt aber am Ende etwas unscheinbar...
    Ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzung!

  • August 1985. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wird im Kinderheim Juri Gagarin in Sassnitz auf Rügen ein 5-jähriges Mädchen gegen ein anderes Kind ausgetauscht. Aus Christel Sonnenberg wird Judith Kepler. Viele Jahre später nach drakonischen Strafen im Heim, wenn man nicht „brav“ war, nach einer durch- und überlebten Drogenkarriere, nach erfolgreichem Entzug, arbeitet Judith bei einer Gebäudereinigungsfirma in Berlin. Dort hat sie sehr spezielle Aufgaben. Sie ist ein Cleaner, jemand, der nach einem Todesfall, welcher Art auch immer, die Wohnungen reinigt. Ihrem Praktikanten, der ihr bei einem besonders „geruchsintensiven“ Fall assistiert, antwortet sie auf die Frage, warum sie diese Arbeit mache: „Weil ich es kann.“ Noch am gleichen Tag der nächste Auftrag. Eine Frau wurde in ihrer Wohnung erschossen. Die Tat gleicht fast einer brutalen Folterung mit finaler Hinrichtung. Judith fällt in dieser Wohnung ein Umschlag in die Hände, der ihre Heimakte enthält. Wie kommt die Tote, eine Schwedin, an Papiere, nach denen sie selbst schon lange ohne Erfolg geforscht hatte? Judith begibt sich auf die Suche nach ihrer Vergangenheit. Zuerst in Sassnitz, dann in Malmö. Dabei gerät sie ins Fadenkreuz sämtlicher ehemaliger und noch bestehender Geheimdienste, KGB, MfS, BND, CIA, die beim Vertuschen schief gelaufener Aktionen nicht zimperlich vorgehen. Was Judith erleiden muss, weil man sie zum Schweigen bringen will, da sie anscheinend etwas Brisantes besitzt, ist nahezu unerträglich. Ihr einziger Freund, der ihr immer wieder beisteht, ist Ex-BND-Agent Quirin Kaiserley, der seit Jahren auf der Jagd nach verschollenen Kopien der Rosenholz-Dateien ist, Dateien mit den Klarnamen von Agenten, die auf westdeutschem Gebiet für die DDR-Auslandsspionage tätig waren. Ein wahnsinnig spannendes Buch, das man nicht aus den Händen legt, bevor man weiß, warum Judith ins Kinderheim abgeschoben wurde und wer letztendlich Drahtzieher einer mörderischen Intrige und ein eiskalter „Maulwurf“ war. Elisabeth Herrmann hat hervorragend recherchiert und alles, was nicht auf Tatsachen beruht, glaubhaft und erschreckend realistisch erfunden. Ich freue mich auf eine Fortsetzung.

  • Die Beschäftigung mit der DDR-Vergangenheit ist für jemanden „aus dem Westen“ meiner Generation ein Pfad in ein geschichtliches Nirwana, endete doch schon während der Schulzeit sowohl der Erdkunde- als auch der Geschichtsunterricht mehr oder weniger an der deutsch-deutschen Grenze, und Sansibar fühlte sich tatsächlich näher und greifbarer an als Ostberlin. Daher war es für mich sehr spannend in die Story um Judith Kepler einzutauchen, und schon der Prolog des Romans „Die Zeugin der Toten“ von Elisabeth Hermann hat mich sofort gefesselt.


    Dann kam der eigentliche Beginn und mit ihm die Cleaner-Story, die mich das Buch fast wieder aus der Hand legen ließ, doch Elisabeth Hermanns Schreibstil hat genau das verhindert. So habe ich mich durch das erste Viertel gekämpft, mich an der Sprache erfreut und die unangenehmen Details überflogen. Danach ging es für mich richtig los und mit Spannung habe ich Judiths Reise in ihre Vergangenheit und die Bemühungen der Geheimdienste verfolgt, die auch nach Jahrzehnten noch ihre dunklen Machenschaften zu vertuschen suchen. Gut recherchiert, glaubwürdig und authentisch schildert die Autorin die Milieus, in denen sich ihre Protagonisten bewegen. Sie hat zudem mit Judith Kepler den Mut zu einem wunderbar sperrigen Charakter bewiesen und mit Quirin Kaiserley einen Protagonisten geschaffen, der sicher auch Serienqualität besitzt.


    Nach rund 425 Seiten habe ich einen spannenden aber auch beklemmenden Einblick in eine Welt bekommen, die für mich selbst als politisch interessierten Menschen nach wie vor sehr weit weg war. Sicher nicht das letzte Buch zum Thema, das ich gelesen habe.

  • Die Cleanerstory um Judith Kepler liess mich in erster Linie das Buch zur Hand nehmen, allerdings klang der gesamte Klappentext interessant und lesenswert.
    Was wie ein gewöhnlicher Krimi klang, entpuppte sich dann als gründlich recherchierte, spannend erzählte, atmosphärische Geschichte mit vielen Komponenten, welche am Ende ein rundes, logisches und schlüssiges Gesamtbild ergaben. Begonnen mit der beklemmenden Szene im Kinderheim Juri Gagarin zu Beginn des Buches ( als "Westkind" kann ich mir so etwas nicht mal vorstellen ) , bis hin zu Tatortbeschreibungen im Rahmen von Judiths Arbeit als Cleaner, über die Arbeit des BND und der Stasi...
    Hätte ich von Anfang an gewusst, dass das Thema Geheimdienst eine tragende Rolle in dieser Geschichte spielt, hätte ich das Buch vielleicht nicht gelesen, das es mich vom Thema her weniger interessiert. Aber, elisabeth Herrmanns Schreibstil, ihre Art zu erzählen nahm mich so gefangen und zog mich immer tiefer in die Geschichte.
    Einzig mit einer der Hauptfiguren konnte ich nicht besonders viel anfangen, das schmälerte meinen Lesegenuss jedoch nur minimal. Insgesamt wurde den Figuren sehr viel Lebendigkeit verliehen, so dass sie auf mich sehr authentisch wirkten.
    Kurz gesagt, ein unbedingt lesenswertes Buch! Spannende Unterhaltung mit ganz viel Atmosphäre.