Die hellen Tage - Zsuzsa Bánk

  • Klappentext
    In einer süddeutschen Kleinstadt erlebt das Mädchen Seri helle Tage der Kindheit: Tage, die sie im Garten ihrer Freundin Aja verbringt, die aus einer ungarischen Artistenfamilie stammt und mit ihrer Mutter in einer Baracke am Stadtrand wohnt.
    Aber schon die scheinbar heile Welt ihrer Kindheit in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts hat einen unsichtbaren Sprung: Seris Vater starb kurz nach ihrer Geburt, und Ajas Vater, der als Trapezkünstler in einem Zirkus arbeitet, kommt nur einmal im Jahr zu Besuch. Karl, der gemeinsame Freund der Mädchen, hat seinen jüngeren Bruder verloren, der an einem hellblauen Frühlingstag in ein fremdes Auto gestiegen und nie wieder gekommen ist.
    Es sind die Mütter, die Karl und die Mädchen durch die Strömungen und Untiefen ihrer Kindheit lotsen und die ihnen beibringen, keine Angst vor dem Leben haben zu müssen und sich in seine Mitte zu begeben.


    Zsuzsa Bánk erzählt die Geschichte dreier Familien und begleitet ihre jungen Helden durch ein halbes Leben: Als Seri, Karl und Aja zum Studium nach Rom gehen, wird die Stadt zum Wendepunkt ihrer Biographien und zur Zerreißprobe für eine Freundschaft zwischen Liebe und Verrat, Schuld und Vergebung.
    Nach ihrem hochgelobten Debütroman "Der Schwimmer" schreibt Zsuzsa Bánk die bewegende Geschichte dreier Kinder, die den Weg ins Leben finden. "Die hellen Tage" ist ein großes Buch über Freundschaft und Verrat, Liebe und Lüge über eine Vergangenheit, die erst allmählich ihre Geheimnisse enthüllt, und die Sekunden, die unser Leben für immer verändern.



    Die Autorin
    Zsuzsa Bánk, geboren 1965, arbeitete als Buchhändlerin und studierte anschließend in Mainz und Washington Publizistik, Politikwissenschaft und Literatur. Heute lebt sie als Autorin in Frankfurt am Main. Für ihren ersten Roman »Der Schwimmer« wurde sie mit dem aspekte-Literaturpreis, dem Deutschen Bücherpreis, dem Jürgen-Ponto-Preis, dem Mara-Cassens-Preis sowie dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet. Für die Erzählung 'Unter Hunden' erhielt sie den Bettina-von Arnim-Preis.



    Der Klappentext beschreibt die Grundzüge der Geschichte sehr gut. Seri, eigentlich Therese, ist die Ich-Erzählerin. Mit dem Blick eines Kindes beginnt sie ihren Rückblick auf die Zeit, als sie Aja und ihre Mutter Evi kennenlernte. Später stößt Karl dazu, der immer noch seinen Bruder sucht, der eines Tages einfach verschwand. Sie leben das sorglose Leben der Kinder. Später ändert sich der Blick, sie werden zu Jugendlichen, die sich neu im Leben finden müssen. Zum Schluß sind sie junge Erwachsene, die die Dinge inzwischen mit den Augen eines Erwachsenen sehen und neu zu deuten wissen.


    "Die hellen Tage" ist ein sehr ruhiger Roman. Er ist in mehrere Kapitel unterteil, die wiederum aus mehreren kleinen Abschnitten bestehen. Es gibt keine wörtliche Rede, die Autorin erzählt einfach, geschmeidig, fast meditativ, in einer schönen Sprache. Allerdings muss man aufpassen, die wirklich wichtigen Dinge nicht zu überlesen. Denn wie auch im wirklichen Leben, wird auch hier um die schlimmen Dinge wenig Worte gemacht. Erklärungen gehen so evtl unter in dem geschmeidigen Stil, der von mantraähnlichen Wiederholungen lebt und sie auch nicht langweilig werden lässt. Es besteht aber dauernd die Gefahr, das es zum Dahinplätschern wird, wenn man nicht konzentriert liest. Die wirklich wichtigen Dinge werden nicht wiederholt, sie werden inmitten der schönen Dinge hineingebetten und man muss aufpassen, das man sie nicht übersieht. Die hellen Tage sind die schönen Tage. Sie sind die wichtigen, nicht die dunklen. So ist es auch mit den dunklen Dingen.


    Ich habe ziemlich lange für die ersten 100 Seiten gebraucht, allzu sehr musste ich mich an den Stil der Autorin gewöhnen, die zuerst gar nichts zu erzählen scheint. Die Geschichte ist auch nicht sehr opulent. Es sind grundlegende Dinge, wie Freundschaft, Verlust und die Windungen des Lebens, die so manche Lüge kaschieren sollen. Die Autorin erzählt diese sehr einfache Geschichte voller Tiefsinn und Schönheit. Ihr Stil ist sehr schön und poetisch, aber für mich war er auch gerade am Anfang sehr anstrengend und etwas zu ausschweifend. Ich überlegte mittendrin, es abzubrechen. Aber ich hielt durch und ich bin zum Ende doch sehr froh darüber, diese Leseerfahrung gemacht zu haben. Die Personen haben sich mir ins Gedächtnis gebrannt.


    Trotzdem würde ich nur bedingt eine Leseempfehlung aussprechen. Vielleicht sollte man zuerst einmal eine Leseprobe anschauen, um zu sehen, ob einem dieser traumwandlerische Stil gefällt. Ich vergebe 7 Punkte. "Die hellen Tage" ist ein Buch, das mich beeindruckt hat durch seine Sicht auf die Dinge, das ich aber trotzdem nicht in meine Leseschema fällt und ich möchte auch so bald nichts ähnliches lesen. Ich kann aber genau so gut verstehen, wenn jemand anderes sagt, das dieses Buch zu seinen absoluten Lesehighlights gehört.

  • Schwülstig? Nein, dieses Wort würde ich nicht gebrauchen. Ich kenne keines der anderen Bücher der Autorin, aber schwülstig ist für mich etwas anderes als ihr Schreibstil in diesem Buch.

  • Ich komme gerade von einer Lesung der Autorin beim Tübinger Bücherfest zurück. Vor kurzem sah ich in 3sat Kulturzeit einen Rezensenten (Name ist mir leider nicht präsent, er bespricht dort aber öfter Bücher), der dieses Buch völlig verrissen hat. Das hat mich neugierig gemacht, weil ich mir gern selbst ein Urteil bilde.


    Wie Darcy schon schrieb, ist das Buch völlig aus der Erinnerung und ohne Dialoge zur Auflockerung geschrieben, am meisten hat mich das sehr oft vorkommende Wort "hatte" gestört, was der Zeitform geschuldet ist, die diese Art des Erzählens vorgibt. Der sehr gleichmäßige Erzählrhythmus lullt den Hörer (und beim Lesen scheint es ähnlich zu sein) ein, es ist nahezu einschläfernd - manche sagen meditativ - manchmal etwas langweilig, weil wenig Aufregendes passiert.


    Die drei Flugenten, die während der Lesung mit lautem Flattern im Hof des Stifts umherflogen und es sich dann auf einem alten Brunnen bequem machten, waren, ebenso wie die viertelstündlich beeindruckend klingenden Glocken des Stiftes eigentlich das Spannendste an der Lesung, wenn man auch sagen muss, dass die Autorin durchaus mit Sprache umgehen und auch lesen kann.


    Für mich kein Buch, auch keins, dass ich empfehlen würde, von der Grundstimmung her ohnehin zu depressiv für mich.


    LG Cornelia

  • Ich hatte dieses Buch abgebrochen! Der Stil hat mich nicht begeistert, so konnte ich mich auch nicht mit den Figuren anfreunden.
    Da ich einiges erwartet hatte, ist das Buch bisher mein Flop des Jahres!


    Aber irgendwann will ich es doch noch einmal versuchen.

  • Die hellen Tage behalte ich, die dunklen gebe ich dem Schicksal zurück.


    Aja, Tochter ungarischer Artisten, unterscheidet sich nicht nur durch ihre Größe von den anderen Kindern. Auch ihre Mutter Eva, mit der sie am Rande der Kleinstadt Kirchblüt in einer Barracke lebt, ist auch ganz anders als die anderen Mütter.
    Seri, die Ich-Erzählerin der Geschichte, lebt allein mit ihrer Mutter, da ihr Vater früh an einem Herzinfarkt verstorben ist. Ihre Mutter hat danach die Position ihres verstorbenen Mannes als Chefin in einem privaten Transportunternehmen übernommen.
    Mit Karl, dessen Bruder an einem Sommertag spurlos verschwunden ist und dessen Schicksal unklar bleibt, schließt sich der Kreis eines außergewöhnlichen Dreigespannes.
    Im Zug der tiefen Freundschaft ihrer Kinder, nähern sich auch die Eltern in einer zarten Gemeinschaft an.
    Über einen Zeitraum von 25 Jahren erzählt nun Therese von den hellen und dunklen Tagen ihrer Freundschaft und Verbundenheit, ihrer Gemeinschaft, glücklichen Kindheitstagen und vom steinigen Weg des Erwachsenwerdens sowie den Schwierigkeiten des Erwachsenseins.


    Allerdings bedarf es einiges an Geduld sich auf die Geschichte von Zsuzsa Bánk einzulassen. Zweifellos weiß sie mit einer poetischen, wenn auch einfachen Sprache zu jonglieren, leider gelingt es ihr aber nicht, damit über Längen hinwegzutrösten und letztendlich mit dieser einfühlsamen Kindheitserinnerung restlos zu überzeugen.


    Von daher kann ich "nur" 6 Punkte vergeben.

  • "Die hellen Tage behalte ich, die dunklen gebe ich dem Schicksal zurück."


    Mir hat der Roman von Zsuzsa Bánk sehr gut gefallen. Märchenhaft, leicht, aber dennoch auch ansspruchsvoll und tiefgründig, erzählt Bánk die Geschichte von Aja, Seri und Karl und deren Müttern. Ein wirklich schönes Buch, das mich in eine ganz besondere Stimmung versetzt hat. Im Mittelpunkt der Geschichte steht das Erwachsenwerden der Figuren und die Frage, wieviel von den hellen Tagen aus der Kindheit man noch in das Erwachsensein rüberretten kann, oder ob irgendwann die dunklen Tage überwiegen.
    Genervt hat mich die ständige Wiederholung des Motivs der "hellen Tage", das eindeutig zu oft auftaucht. Auch sind viele der andere Bilder und Motive sehr penetrant verwendet worden. Die Auflösung am Ende, die mir ein bisschen zu gleichförmig geschieht, ist leider auch nicht ganz gelungen. Trotzdem ein Buch, in dem ich mich richtig verlieren konnte und deshalb auch noch


    8 Punkte.

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Mit dem Hörbuch hatte ich diese Probleme weniger, habe beim Zuhören auch nicht groß über die literarische Bedeutung des Buchs nachgedacht. Mich hat der Plot fasziniert, wie die kindlichen Erklärungsmuster der ich-Erzählerin mehr und mehr in ihr Wissen über die Vorgänge übergehen.


    Das habe ich ganz genauso empfunden.

  • Ich habe das Buch geschenkt bekommen und habe mich ganz schön gequält. der Schreibstil ist wirklich einlullend und man muß sich wirklich zwingen weiter zu lesen. Die letzten Seiten habe ich nur noch überflogen, trotzdem ist es durchaus lesenswert - vor allem auch dieser Satz "Die hellen Tage behalte ich, die dunklen gebe ich dem Schicksal zurück "- haben mich berührt.

  • Das sagt mein Erwachsenen-Ich
    Die Autorin schreibt wie sie fühlt. Ihre Sprache ist malerisch und mit ihren Farbtupfern erzeugt sie Bilder, die lange nachwirken. Man kann so wunderbar eintauchen in ihre Geschichte. Einziger Wermutstropfen war für mich der inflationäre Gebrauch des Wortes „hatte(n)“.


    Ja, man muss sich auf die Sprache einlassen, die fast ohne direkte Rede auskommt. Hat der Leser es geschafft hat, sich von der poetischen Strömung mitreißen zu lassen, dann hat er viel gewonnen. Dann stören auch die Redundanzen nicht, denn zeitweilig hätte sie sich durchaus kürzer fassen können.
    Ein stimmiges Werk über Freundschaft, Liebe, Werden, Vergehen und Lügen - all das, was die Menschen trennt und zusammenhält.


    Das sagt mein Kindheits-Ich:
    Zweifellos kann die Autorin schreiben; ja, sie hat eine geile Sprache und bisweilen sind poetische Leckerbissen dabei. Aber muss man das Geschreibsel so ausdehnen? Manchmal wirkte es ermüdend und ich ertappte mich dabei, die Lektüre genervt wegzulegen. Gut, letzten Endes war ich froh, dass ich es doch nicht gemacht habe, aber ein wenig mehr Schmackes, Spannung und „Action“ hätten dem Buch sicher gutgetan.

  • Ich will nicht verhehlen, dass ich zu Anfang auch meine Mühen mit diesem Buch hatte; aber dann hat es mich doch gefangen. Die sehr bildhafte Sprache erfordert sicherlich hohe Konzentration, damit man Wichtiges nicht überliest. Dennoch bin ich sehr beeindruckt und kann mich den teilweise nicht sehr wohlwollenden Kommentaren nicht anschließen. Ich würde hier durchaus 9 Punkte vergeben. Kein alltägliches, aber ein durchaus lesenswertes Buch. :lesend

  • Die Hellen Tage


    Es ist eine zauberhafte Geschichte, die Zsusa Bank da geschrieben hat. Eine Geschichte über Heimat, Freundschaft, Erwachsenwerden, Familie und Abschied.


    Im Mittelpunkt stehen Seri, die dem Leser die Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt, ihre beste Freundin Aja und Karl. Die drei Kinder wachsen zusammen in dem kleinen Ort „Kirchblüt“ auf, doch obwohl sie eine schöne Kindheit erleben, ist diese nicht immer leicht. Seris Vater stirbt, als sie sehr klein ist, und sie kann sich kaum an ihn erinnern. Ajas Vater Zigi arbeitet im Zirkus, ist dauernd unterwegs und sieht seine Tochter nur für wenige Wochen im Jahr. Karls Bruder wurde entführt und bleibt vermisst, woran vor allem sein Vater zerbricht. So sind es hauptsächlich die Mütter, die das Leben der Kinder prägen, wenn auch jede auf sehr unterschiedliche Art und Weise.
    Als die drei größer werden, versuchen sie aus der deutschen Provinz auszubrechen und ziehen nach Rom. Doch egal wohin ihr Weg sie führt, Kirchblüt bleibt für die Drei stets als Heimat in ihnen verankert und ist wie ein sicherer Hafen, den sie ansteuern können, wenn ihr Leben turbulent wird...


    Trotz der Hürden, die sich den drei Hauptcharakteren in den Weg stellen, trotz der Traurigkeit, die unterschwellig immer präsent bleibt, so trotzt das Buch der Schwermut und wirkt dennoch trunken vor Glück. Die beschriebenen Orte wirken beinahe magisch, sie schweben genauso wie das schiefe Häuschen von Ajas Mutter zu schweben scheint. Die Sprache ist blumig, sie hat mich an die Geschichte gefesselt, sodass ich eigentlich gar nicht mehr aufhören wollte zu lesen.


    Ab und zu nähert sich das Buch zwar gefährlich nahe dem Kitsch, doch gelingt es ihm, gerade so daran vorbei zu schrammen.


    Es ist vielleicht ungewöhnlich, dass keine wörtliche Rede verwendet wird, doch der Erzählfluss plätschert so ungestört und leicht vor sich, dass mir das Fehlen der direkten Rede zuerst gar nicht aufgefallen ist. Und letztlich habe ich sie überhaupt nicht vermisst.
    Das Buch entführt in eine eigentümliche Welt, in die man gerne eintaucht und die Charaktere sind so faszinierend gezeichnet, dass man sie am liebsten über das Ende der Geschichte hinaus durch ihr Leben begleiten möchte.


    Ein tolles Buch zum träumen und mit ganz viel Gefühl.


    http://www.fischerverlage.de/b…hellen_tage/9783100052223

  • Den Klappentext finde ich durchaus ansprechend und für diese Art von Geschichten bin ich auch immer zu haben.
    Zu Anfang war ich noch so optimistisch. Die Sätze waren zwar teilweise sehr lang und verschachtelt, aber sprachlich war es sehr schön geschrieben.
    Ab etwa Seite 100 war mein Optimismus angekratzt. Die langen Sätze begannen mich mit der Zeit zu nerven, ich musste oft nachlesen, wie ein Satz eigentlich begann.
    Viele Beschreibungen wiederholten sich, die Erzählung dümpelte vor sich hin - gefühlt trat ich auf der Stelle.


    Jetzt bin ich etwa auf der Hälfte und gebe mich geschlagen. Die Sprache finde ich immer noch schön. Aber die Personen selbst bleiben für mich so ungreifbar, so unverstehbar, dass mich ihr Schickssal schlicht und ergreifend einfach nicht (mehr) interessiert. Ich habe nicht das Gefühl, dass es in dieser Geschichte ein "vorwärts" gibt. Die Kinder werden offenbar älter, aber ich kann das an nichts festmachen, außer an geschwurbelten Äußerungen.


    "Die hellen Tage" und ich werden keine Freunde werden und ich habe das Buch nach einer Woche und vielen krampfhaften Anstrengungen abgebrochen.
    Ergebnis: 2 Punkte