Sakrileg von Dan Brown

  • Zitat

    Original von Iris
    Gescheidene Frage: Gilt die Entschuldigung "Unterhaltung darf alles" auch, wenn die Handlung auf rassistischen, volksverhetzenden, menschenverachtenden Ideologien basiert?


    Was soll denn das Iris? Ich habe oben ausdrücklich von Unterhaltungsliteratur gesprochen und nicht von "Kampfschriften".


    Es gibt sicherlich Autoren, die auch in Romanen fragwürdiges ideologisches Gedankengut unters Volk bringen wollen, aber das passiert mit Kinofilmen genauso, wie im TV. Selbst in den eigenen vier Wänden kann ich rassistische Ideologien per Erziehung an meine Kinder weitergeben. Aber das ist doch letztlich eine Verantwortung, die JEDER MENSCH hat - nicht nur Autoren.
    Auch Autoren haben natürlich eine ethische Verantwortung, aber nicht die Verantwortung, was der Einzelne aus dem jeweiligen Romanen herauszulesen gedenkt oder hineinzuinterpretieren versucht.


    Zitat


    Ist es so, daß die Tatsache, daß ein Roman "gut unterhält", den Autor von aller ethischen Verpflichtung freispricht?


    Ist es dann ethisch i. O., wenn Herbert oder Barker Menschen in Blutbädern untergehen lassen??


    Ich kann die Aufregung ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen. Vielleicht kannst Du mir das auch mal an einem konkreten Beispiel zeigen?


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Ich habe oben ausdrücklich von Unterhaltungsliteratur gesprochen und nicht von "Kampfschriften".


    Was ist denn "Unterhaltungsliteratur"?


    Sorry, aber "Unterhaltung" ist nie Selbstzweck, sondern "Transportmittel".
    Wir können jetzt hier eine lange literaturtheoretische Diskussion starten -- Tatsache ist, daß jede "Sendung" eine "Botschaft" enthält (bewußt/beabsichtigt oder nicht) und einen "Zweck" hat.
    Jeder "Sender" will den "Empfänger" manipulieren -- und wenn auch nur dazu, ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen. :grin


    Wer behauptet, daß er "nur unterhalten will", lügt auch sonst. :grin


    Es geht darum, was ein Mensch mit seinen Handlungen bezweckt, und an diesen Maßstäben muß sich jeder, auch jeder Autor, messen lassen. Auch im Hinblick auf seine schriftstellerische Arbeit.


    Wohlgemerkt: Es geht mir keineswegs darum, Bücher zu verbieten! Es geht mir lediglich darum, daß die Tatsache, daß viele Leute Dan Browns Romane "unterhaltsam" finden, keine Rechtfertigung dafür ist, daß er äußerst zweifelhaftes Gedankengut populär macht und dieses zum Zwecke der eigenen PR auch noch als "wahr" verkündet.

  • Zitat

    Original von Iris
    Sorry, aber "Unterhaltung" ist nie Selbstzweck, sondern "Transportmittel".
    Wir können jetzt hier eine lange literaturtheoretische Diskussion starten --


    Mag sein, dass ich zu doof dafür bin :-) , aber seit wann wurde denn in der Unterhaltung der Selbstzweck abgeschafft?? Wenn ich hier eine Kurzgeschichte oder ein Gedicht einstelle, was möchte ich denn damit "transportieren" ausser andere damit zu unterhalten?? Wenn ich zur Gitarre greife und ein bischen selbstverliebt darauf herumschrubbe, was transportiere ich denn da, ausser den Zuhörer damit zu unterhalten (da ich ja nachgewiesener Maßen kein Geld damit verdiene :-) )??


    Zitat


    Wer behauptet, daß er "nur unterhalten will", lügt auch sonst. :grin


    Hmmm...die reine Philantropie ist damit wohl ebenfalls abgeschafft. Schade.


    Zitat


    Es geht darum, was ein Mensch mit seinen Handlungen bezweckt, und an diesen Maßstäben muß sich jeder, auch jeder Autor, messen lassen. Auch im Hinblick auf seine schriftstellerische Arbeit.


    Nun, mehr als Geldverdienen wird wohl auch Brown kaum bezwecken, oder? Und das finde ich nun keineswegs verwerflich. Und was ist an Verschwörungsromanen bitteschön "äußerst zweifelhaftes Gedankengut"?? Da finde ich patriotisches Gesülze im Stile von Independence Day schon wesentlich zweifelhafter. Verschwörungstheorien und -romane gibt es doch nicht erst seit Brown. Brown ist erfolgreich und wird jede Menge Trendmitläufer ins Kielwasser bekommen, genauso wie nach Rowling jede Menge Zauber-Romane in den Kinderbuchabteilungen zu finden waren.


    Nichts, was mein Weltbild ins Wanken geraten lässt. Es ist nur ein Roman. "Vom Winde verweht" hat auch nicht gerade eine neue Weltordnung entstehen lassen. :-)


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Mag sein, dass ich zu doof dafür bin :-) , aber seit wann wurde denn in der Unterhaltung der Selbstzweck abgeschafft?? Wenn ich hier eine Kurzgeschichte oder ein Gedicht einstelle, was möchte ich denn damit "transportieren" ausser andere damit zu unterhalten??


    Du bist nicht zu doof -- die Sache ist komplizierter als es auf Anhieb erscheint.


    Wenn sich ein Leser ein Buch kauft, dann tut er das nicht zuletzt (sondern eher vornehmlich), weil er unterhalten werden will. Aber er will nicht irgendwie unterhalten werden, sondern er hat bereits eine Erwartungshaltung an dieses Buch (sei 's durch Rezensionen, Empfehlungen oder den Klappentext oder ganz einfach, weil er den Autor mag).
    Und schon diese Erwartungshaltung geht über den Anspruch des Unterhaltenwerdens hinaus!


    Wenn jemand ein Buch verfaßt, dann tut er das, weil er z.B. eine Geschichte zu erzählen hat (Belletristik) bzw. weil er eine Meinung vertreten will (Sachbuch). Das ist weit spezieller als der Begriff "Unterhaltung".


    Um dein Beispiel aufzugreifen: Wenn du zur Klampfe greifst, dann weil du die Anwesenden -- und sei 's auch nur dich selbst -- mit Musik erfreuen willst.


    Um Anwesende mit deiner Musik zu erreichen, mußt du etwas spielen, das ihnen gefällt bzw. etwas auf eine Weise spielen, daß es ihnen gefällt.
    Das ist das unterhaltende Element: Die Art und Weise, wie du die Musik transportierst.


    Nun hast du selbst natürlich einen ganz bestimmten Musikgeschmack - also mußt du den Spagat hinkriegen zwischen dem, was du schön findest (d.i. das, was du ausdrücken willst!) und dem, was die Anwesenden schön finden. Denn du willst ja Musik machen, die du schön findest - schließlich bist du keine Jukebox, sondern ein Mensch, und als solcher ist jede künstlerische Schöpfung oder Darbietung nicht zuletzt eine Selbstdarstellung.


    Und damit diese Selbstdarstellung und die Darstellung des Gegenstandes funktionieren, bedarf es quasi eines Schmieröls -- des unterhaltenden Aspekts.
    Der ist in jedem Fall -- völlig wurscht, ob es sich um "Gehobenes" oder "Triviales" -- enorm wichtig. Es ist eine notwendige Bedingung, ein Ohne-mich-geht-nix.


    Aber es ist nicht der hinreichende Grund -- denn der liegt einfach darin, daß z.B. du Musik liebst und ich gerne Geschichten erzähle.

  • Zitat

    Original von Iris
    Du bist nicht zu doof -- die Sache ist komplizierter als es auf Anhieb erscheint.


    Man kann's aber auch komplizierter machen, als es ist, gell? ;-)


    Zitat


    Das ist das unterhaltende Element: Die Art und Weise, wie du die Musik transportierst.


    Ok, aber was ist an der Art und Weise, wie Brown den Leser unterhält auszusetzen? Er tut doch nichts anderes, er versucht eine Story so zu vermitteln, dass der Leser es spannend (unterhaltend) findet. Warum muss man da also mehr hineininterpretieren, als da ist - mal abgesehen von verschrobenen Verschwörungstheorien und deren zweifelhaften Wahrheitsgehalt. Wie das der Leser beurteilt, sollte man dem "gesunden" Menschenverstand des Leser doch wohl selbst überlassen. :-)


    Liebe Iris, ich schaue Dir ja gerne und fasziniert dabei zu, wie Du die Kirche aus dem Dorf trägst, aber Dein letztes Posting hat irgendwie keine meiner vorausgegangenen Fragen (und da waren ja doch einige) beantwortet.


    Gruss,


    Doc

  • Hallo,


    darf ich noch ein bisschen mitmischen, auch wenn es eigentlich nicht in den Thread gehört.


    Ich gebe Iris recht: Unterhaltung per se gibt es nicht.


    In jedem Unterhaltungsroman steckt auch eine, wenn auch meist unbewusste Botschaft, die von der Persönlichkeit des Autors und seinen Ansichten diktiert wird.


    Rosamunde Pilcher schreibt bekanntlicherweise „reine Unterhaltung“, aber Ihre Geschichten laufen immer auf eine „heile Welt“ hinaus. Das ist ihre Botschaft. Damit kann Sie Sehnsüchte bei Ihren Lesern wecken, die auf deren Lebensweise und –einstellung Auswirkungen haben.


    Krimis sind meist „reine Unterhaltung“, aber auch hier bezieht der Autor durch die Beschreibungen der Menschen, der Welt in der sie agieren und ihre Art der Problemlösung, Stellung.


    Jede Geschichte kann auf verschieden Arten erzählt werden und jede Art kann eine andere Botschaft transportieren. Und für die Art der Botschaft trägt der Autor die Verantwortung, für das was ein Leser allerdings daraus macht – hier hat Doc für mich Recht, trägt der Leser die Verantwortung.


    Wenn allerdings ein Autor darauf besteht, seine Fiktion beruhe auf Tatsachen/Wahrheit, dann muß er sich auch daran messen lassen und die Theorien in Sakrileg (habe ich doch noch die Kurve zum Thema gekiegt) sind nun mal nicht bewiesen, sondern Therorien und keine Fakten. Solange DB behauptet es sei wahr, trägt er auch die Verantwortung für das, was er damit auslöst. Für mich wäre die Aussage: "prüfe die Theorie und bilde dir selbst eine Meinung. Und wenn du die Theoruie beweisen kannst, schriebe mir" die bessere aussage gewesen.


    In einem Forum gab es vor einigen Monaten eine Diskussion, ob es gefährliche Bücher gibt. Auch hier gingen die Meinungen weit auseinander. Ein Kompromiss war, es gibt keine gefährlichen Bücher, sondern nur Ideen, die durch Bücher transportiert werden. Solange diese Ideen niemand in die Realität umzusetzen versucht, sind sie nicht gefährlich, erst wenn Menschen diese Ideen aufgreifen und danach Leben, kann, je nach Idee, eine Gefahr bestehen.


    LG dyke – der erst schaut ob Iris wieder schneller war

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

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  • Zitat

    Original von dyke
    Solange diese Ideen niemand in die Realität umzusetzen versucht, sind sie nicht gefährlich, erst wenn Menschen diese Ideen aufgreifen und danach Leben, kann, je nach Idee, eine Gefahr bestehen.


    Meiner Meinung nach werden ALLE Ideen, alles jemals von Menschen er-/gedachte früher oder später versucht in die Realität umzusetzen, von daher denke ich besteht die Gefahr aber auch der Fortschritt immer....


    Sakrileg als Sachbuch zu deklarieren finde ich allerdings auch etwas verwegen. Wenn ich ein Sachbuch kaufe, möchte ich, dass dort belegte Informationen drinstehen, und keine Theorien, es sei denn, sie sind als solche gekennzeichnet. Sakrileg ist für mich eindeutig ein Roman, zugegeben ein hochspannender und es macht die Story auch noch spannender, dass man sich als Leser eben gerade fragt, ob nicht vielleicht ein Körnchen Wahrheit dahintersteckt.


    Schlimmer finde ich da diese angeblichen Erfahrungsberichte, die sich im Nachhinein als reine Erfindung herausstellen.


    Liebe Grüße,
    milla

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Wie das der Leser beurteilt, sollte man dem "gesunden" Menschenverstand des Leser doch wohl selbst überlassen. :-)


    Naja, das ist so ein sattsam bekanntes Argument, das auch aufkommt, wenn jemand diejenigen, die auf virenverseuchte Mails reinfallen, mit einem "Selbst schuld!" bescheidet.
    Mag ja sein, daß ein "gesunder" "gesunder Menschenverstand" sie vermutlich davon abgehalten hätte, die Mail auch nur anzuklicken.
    Nichtsdestotrotz ist der Verursacher des Virus derjenige, der tatsächlich verantwortlich ist.


    Wie gesagt, es geht keineswegs um ein Verbot oder ähnliches -- es geht darum, daß ich persönlich der Ansicht bin, daß Autoren durchaus verantwortlich für das sind, was sie da verzapfen.


    Und um auf Stephen King (James Herbert kenne ich nicht) zu sprechen zu kommen -- von mir aus auch auf Bret Ellis, Norman Mailer, Nabokov, Henry Miller usw.: Im Grunde ihres Herzens sind sie alle Moralisten, knallen einem eine entsetzliche amoralische Welt um die Ohren, in die sie geschickt ihre eigene Ethik einflechten lassen -- selbst wenn es, wie in H. Millers Fall, die Ethik eines Menschen ist, der eigentlich nicht mehr daran glaubt, daß es so etwas überhaupt geben kann.


    Kein Roman funktioniert ohne eine Weltanschauung -- ganz gleich, wie diese auch aussehen mag. Und ohne eine Übereinstimmung zwischen der vom Autor transportierten Weltanschauung und der (wenn auch nur Wunsch-)Weltanschauung des Lesers, funktioniert es nicht.
    Denn dann schmeckt dem Fisch der Wurm nicht und er beißt nicht an. :grin


  • <unterschreib und unterzeichne>


    ...und hinzufügen würde ich noch, daß man sowohl dem Autoren als auch der Leserschaft nicht pauschal geringe Urteilsfähigkeit und mangelnde Kritikfähigkeit, geschweige denn Böswilligkeit unterstellen darf, ohne Beweise zu haben. Meines Erachtens wäre das sehr fatal.


    Wie hier schon mehrfach zu lesen war, lesen die Meisten wohl ein Buch, sind kurzfristig fasziniert und denken vielleicht sogar mal etwas länger über eine Message eines Buches oder Filmes nach - und dann gehen die Meisten wieder zum Tagesgeschäft oder neuen Unterhaltungen über.



    Zitat

    Wenn allerdings ein Autor darauf besteht, seine Fiktion beruhe auf Tatsachen/Wahrheit, dann muß er sich auch daran messen lassen und die Theorien in Sakrileg (habe ich doch noch die Kurve zum Thema gekiegt) sind nun mal nicht bewiesen, sondern Therorien und keine Fakten. Solange DB behauptet es sei wahr, trägt er auch die Verantwortung für das, was er damit auslöst. Für mich wäre die Aussage: "prüfe die Theorie und bilde dir selbst eine Meinung. Und wenn du die Theoruie beweisen kannst, schriebe mir" die bessere aussage gewesen.


    Dyke noch mal recht gebe.


    Zitat

    In einem Forum gab es vor einigen Monaten eine Diskussion, ob es gefährliche Bücher gibt. Auch hier gingen die Meinungen weit auseinander. Ein Kompromiss war, es gibt keine gefährlichen Bücher, sondern nur Ideen, die durch Bücher transportiert werden. Solange diese Ideen niemand in die Realität umzusetzen versucht, sind sie nicht gefährlich, erst wenn Menschen diese Ideen aufgreifen und danach Leben, kann, je nach Idee, eine Gefahr bestehen.
    LG dyke – der erst schaut ob Iris wieder schneller war


    Interessantes Topic - würde mich interessieren, was hier dazu gesagt würde...:-)


    Gruß
    Baumbart

  • Zitat

    Original von dyke
    Jede Geschichte kann auf verschieden Arten erzählt werden und jede Art kann eine andere Botschaft transportieren. Und für die Art der Botschaft trägt der Autor die Verantwortung, für das was ein Leser allerdings daraus macht – hier hat Doc für mich Recht, trägt der Leser die Verantwortung.


    Wenn ich mich mal vorsichtig melden darf ... denn da habe ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt ... Ich will den Leser nicht von jeder Verantwortung freisprechen, so einfach mache ich mir das nicht.


    Zitat

    Wenn allerdings ein Autor darauf besteht, seine Fiktion beruhe auf Tatsachen/Wahrheit, dann muß er sich auch daran messen lassen und die Theorien in Sakrileg (habe ich doch noch die Kurve zum Thema gekiegt) sind nun mal nicht bewiesen, sondern Therorien und keine Fakten. Solange DB behauptet es sei wahr, trägt er auch die Verantwortung für das, was er damit auslöst.


    So wird auch für mich ein Schuh draus!


    Zitat

    Für mich wäre die Aussage: "prüfe die Theorie und bilde dir selbst eine Meinung. Und wenn du die Theoruie beweisen kannst, schriebe mir" die bessere aussage gewesen.


    Womit wir wieder beim guten, alten Erich von Däniken wären.


    Zitat

    Ein Kompromiss war, es gibt keine gefährlichen Bücher, sondern nur Ideen, die durch Bücher transportiert werden. Solange diese Ideen niemand in die Realität umzusetzen versucht, sind sie nicht gefährlich, erst wenn Menschen diese Ideen aufgreifen und danach Leben, kann, je nach Idee, eine Gefahr bestehen.


    Und richtig gefährlich wird es, wenn diese Leute dann andere dazu veranlassen oder nötigen auch nach diesen Ideen zu leben --- (:wave@Gemini, die ja auch vegane Eltern kennengelernt hat ...)


    Zitat

    LG dyke – der erst schaut ob Iris wieder schneller war


    Nee, diesmal nicht, weil ich ja auch das mit der Verantwortlichkeit nicht klargestellt habe und außerdem heute abend zu einem Elternabend muß wegen 35-Stunde-Woche plus Hausaufgaben ...

  • Zitat

    Original von milla
    Sakrileg als Sachbuch zu deklarieren finde ich allerdings auch etwas verwegen.


    Das gemeinte Buch war ein im Vgs-Verlag erschienenes "Sachbuch" von Marc Hillefeld (Ein Code wird geknackt - Dan Browns Roman "Sakrileg" entschlüsselt), nicht der Roman selbst!


    Zitat

    Wenn ich ein Sachbuch kaufe, möchte ich, dass dort belegte Informationen drinstehen, und keine Theorien, es sei denn, sie sind als solche gekennzeichnet.


    Kommt aber leider sehr häufig vor, daß Sachbücher eher ziemlich hanebüchen sind -- Hauptsache das Thema "knallt" gerade.

  • Zitat

    Original von Baumbart
    ...und hinzufügen würde ich noch, daß man sowohl dem Autoren als auch der Leserschaft nicht pauschal geringe Urteilsfähigkeit und mangelnde Kritikfähigkeit, geschweige denn Böswilligkeit unterstellen darf, ohne Beweise zu haben. Meines Erachtens wäre das sehr fatal.


    Mir fällt dazu spontan diese neue "szientistische" Erweckungsbewegung in den USA ein, die vom Uni-Katheter die Lehre vom Intelligent Design verkündet. Das ist eine Methode, in den Naturwissenschaften den biblischen Kreationismus durch die Hintertüre wieder einzuführen.
    In vielen US-Schulen muß dieser Müll tatsächlich alternativ und gleichwertig zur Evolution gelehrt werden.
    Ich bin zwar auch keine Verfechterin der Lehre von einer rein kasual-selektiven Evolutionslehre (nach der genetische Veränderungen zufällig sind und sich nur durch Selektion durchsetzen können), aber ich weiß wirklich nicht, was man diesen tw. hochakademischen Herrschaften und den zahllosen bibelfrommen Eltern, die hinter solchen Entscheidungen stehen, eher unterstellen soll - Dummheit oder Böswilligkeit? Fundamentalismus erfüllt auf jeden Fall beide Kriterien.


    Zitat

    Wie hier schon mehrfach zu lesen war, lesen die Meisten wohl ein Buch, sind kurzfristig fasziniert und denken vielleicht sogar mal etwas länger über eine Message eines Buches oder Filmes nach - und dann gehen die Meisten wieder zum Tagesgeschäft oder neuen Unterhaltungen über.


    Das gilt für Durchschnittsbücher. :grin
    Wenn ein Megaseller monatelang die Charts anführt, dann entwickelt sich der Autor auch aufgrund von gelegentlicher Präsenz in anderen Medien allmählich zu einem Meinungsbilder.

  • Zitat

    Original von Iris


    Das schreibt der Verlag, oder?


    Ja, das konntest Du doch sehen !!!! :


    Zitat

    Für alle, die es interessiert:


    Info vom Verlag:


    Das "Sakrileg" - ein kontroverser Thriller erobert die Bestellerlisten der Welt. Doch was ist dran an den Verschwörungstheorien ...


    Aber es erscheint bei vgs in der Reihe Mystery, das sagt doch schon alles .... :lache

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Original von Iris
    [Mir fällt dazu spontan diese neue "szientistische" Erweckungsbewegung in den USA ein, die vom Uni-Katheter die Lehre vom Intelligent Design verkündet. Das ist eine Methode, in den Naturwissenschaften den biblischen Kreationismus durch die Hintertüre wieder einzuführen.
    In vielen US-Schulen muß dieser Müll tatsächlich alternativ und gleichwertig zur Evolution gelehrt werden.
    Ich bin zwar auch keine Verfechterin der Lehre von einer rein kasual-selektiven Evolutionslehre (nach der genetische Veränderungen zufällig sind und sich nur durch Selektion durchsetzen können), aber ich weiß wirklich nicht, was man diesen tw. hochakademischen Herrschaften und den zahllosen bibelfrommen Eltern, die hinter solchen Entscheidungen stehen, eher unterstellen soll - Dummheit oder Böswilligkeit? Fundamentalismus erfüllt auf jeden Fall beide Kriterien.


    Hallo Iris,


    darüber habe ich auch gelesen und es mit Entsetzen zur Kenntnis genommen.


    Aber ich glaube wirklich eher, daß man bei solchen Ausuferungen schnell mal zu schwarz sieht. Gut, mag vielleicht auch die Hoffnung der Vater des Gedankens sein, dass man zu schwarz sieht. Ich denk mal, solche Extremhaltungen verflüchtigen sich schnell wieder im Alltagsgeschehen.


    Zitat

    Wenn ein Megaseller monatelang die Charts anführt, dann entwickelt sich der Autor auch aufgrund von gelegentlicher Präsenz in anderen Medien allmählich zu einem Meinungsbilder.


    Nochmal: ich glaub, Du siehst das ein bissl zu schwarz, Iris. Ich denk mal, dafür sorgt schon die Flut an anderen Büchern, daß das nicht, oder zumindest nicht sehr lange anhält. Dazu sind die meisten Menschen viel zu einfach gestrickt, wenn ich das mal so sagen darf. Womit ich hauptsächlich die von Dir mehrfach angesprochene Erwartungshaltung der meisten Leser an die zu lesenden Bücher meine.


    Ich finde, das sieht man als Beispiel schon daran, daß es das Gros der Leser kaum interessiert, ob ein historischer Roman tatsächlich authentisch ist. Ich würde mal behaupten, daß dann bei einem Spionage-Roman noch viel stärker bzw. noch viel weniger hinterfragt wird. Will sagen: die Erwartungshaltung scheint mir da noch stärker in die Richtung zu gehen: "Spannendes Teil gewesen zum Lesen......und was les ich jetzt mal?"


    Eine Missionierung, auch die von Dir befürchtete negative, findet doch meist nicht statt. Es sei denn, da käme noch massive "Untermauerung" seitens anderer Autoren dazu, die die Kerbe vergrößern.


    Nur....diese Gefahr sehe ich dann wirklich nicht, solange viele Leser nur unterhalten werden wollen. Ich persönlich halte die meisten Menschen nicht für zu ungebildet oder mit zu wenig gesundem Menschenverstand ausgestattet, sondern schlichtweg für zu gleichgültig, desinteressiert und schon mit allzu wenig einfach überfordert...:-)


    Gruß
    Baumbart

  • Zitat

    Original von Baumbart
    Ich denk mal, solche Extremhaltungen verflüchtigen sich schnell wieder im Alltagsgeschehen.


    Da wäre ich vorsichtig, wenn diese Ideologie auch das weltanschauliche Programm der herrschenden Clique ist.
    Mir graut ziemlich vor der Entwicklung, die "God's own country" in den letzten paar Jahren nimmt -- weltanschaulich, politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich ...


    Zitat

    Eine Missionierung, auch die von Dir befürchtete negative, findet doch meist nicht statt. Es sei denn, da käme noch massive "Untermauerung" seitens anderer Autoren dazu, die die Kerbe vergrößern.


    Dein Wort in Gottes Ohr ...


    Zitat

    Nur....diese Gefahr sehe ich dann wirklich nicht, solange viele Leser nur unterhalten werden wollen. Ich persönlich halte die meisten Menschen nicht für zu ungebildet oder mit zu wenig gesundem Menschenverstand ausgestattet, sondern schlichtweg für zu gleichgültig, desinteressiert und schon mit allzu wenig einfach überfordert...:-)


    Wenn diese Sichtweise um sich greift, wird aus rein ökonomischen Gründen ("Warum sich mit einer Minderheit abgeben und hochwertige Produkte herstellen, wenn man aus Stroh Gold spinnen kann?") in Zukunft alles, was nicht Mittelmaß bzw. Mainstream ist, rigoros beiseite geschoben werden.


    Vielleicht versteht man jetzt besser, warum ich nicht vom Schreiben leben müssen will ...


    Allerdings denke ich keineswegs so pessimistisch, sondern bin im Grunde der Überzeugung, daß diejenigen, die Bücher kaufen und lesen, nicht samt und sonders einer tumben Konsumentenmasse zuzuordnen sind, sondern man in dieser Sparte durchaus auch mit guter Arbeit Erfolg haben kann.

  • Zitat

    Original von Iris


    Da wäre ich vorsichtig, wenn diese Ideologie auch das weltanschauliche Programm der herrschenden Clique ist.
    Mir graut ziemlich vor der Entwicklung, die "God's own country" in den letzten paar Jahren nimmt -- weltanschaulich, politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich ...


    Ich teile Deine Besorgnis durchaus, Iris. Versuche auch, mir ein Bild zu machen, was möglichst nicht gefärbt ist, aber das ist nicht allzu einfach, da wir über nicht ausreichende Kontakte (zahlenmäßig) verfügen und mir manche Dinge, die hier vor Ort stattfinden, dann oft doch wichtiger sind.


    Zitat


    Dein Wort in Gottes Ohr ...


    Wenn Du mir sagst, wo der wohnt...kein Problem...;-)


    Zitat

    Nur....diese Gefahr sehe ich dann wirklich nicht, solange viele Leser nur unterhalten werden wollen. Ich persönlich halte die meisten Menschen nicht für zu ungebildet oder mit zu wenig gesundem Menschenverstand ausgestattet, sondern schlichtweg für zu gleichgültig, desinteressiert und schon mit allzu wenig einfach überfordert...:-)


    Wenn diese Sichtweise um sich greift, wird aus rein ökonomischen Gründen ("Warum sich mit einer Minderheit abgeben und hochwertige Produkte herstellen, wenn man aus Stroh Gold spinnen kann?") in Zukunft alles, was nicht Mittelmaß bzw. Mainstream ist, rigoros beiseite geschoben werden.[/quote]


    Ich gehe davon aus, daß Du ja nicht mich damit meinst und mir genügend Urteilsvermögen zusprichst, um kein vorschnelles Urteil abzugeben über Leute, mit denen ich zu tun habe....:-)


    Auch, wenn es mir schwerfällt und nicht gefällt, das zu sagen...ich denke, wir haben das von Dir angesprochene Mittelmaß und den Mainstream bereits...und es liegt m. E. nicht am Bildungsgrad, daß das so ist.


    Zitat

    Vielleicht versteht man jetzt besser, warum ich nicht vom Schreiben leben müssen will ...


    Ich schon!


    Zitat

    Allerdings denke ich keineswegs so pessimistisch, sondern bin im Grunde der Überzeugung, daß diejenigen, die Bücher kaufen und lesen, nicht samt und sonders einer tumben Konsumentenmasse zuzuordnen sind, sondern man in dieser Sparte durchaus auch mit guter Arbeit Erfolg haben kann.


    Hold your fingers crossed...:-)


    :wave
    Baumbart

  • Zitat

    Original von Baumbart


    Ich gehe davon aus, daß Du ja nicht mich damit meinst und mir genügend Urteilsvermögen zusprichst, um kein vorschnelles Urteil abzugeben über Leute, mit denen ich zu tun habe....:-)


    Warum hätte ich dich meinen sollen, wenn dieser Satz im Kontext eindeutig auf die Unternehmenspolitik der Verlage gemünzt ist?


    Zitat

    Auch, wenn es mir schwerfällt und nicht gefällt, das zu sagen...ich denke, wir haben das von Dir angesprochene Mittelmaß und den Mainstream bereits...und es liegt m. E. nicht am Bildungsgrad, daß das so ist.


    Es liegt vor allem daran, daß unterhalten zu werden naturgemäß ein Hauptkriterium ist -- und darüber das Womit völlig aus dem Blickfeld gerät.


    Zitat


    Ich schon!


    Ich schrieb, daß ich nicht davon leben müssen will -- also nicht darauf angewiesen sein will, das zu tun, was man von mir verlangt, weil ich sonst nix zu fressen habe. Ich will auf keinen Fall erpreßbar sein.
    Es gibt etliche, die vom Schreiben leben, weil sie tun, was man von ihnen erwartet -- erstens kann ich das nicht (okay, das ist mein persönlicher Dünkel :grin), und zweitens glaube ich, daß man sich durch diese freiwillige Abhängigkeit in eine Situation begibt, aus der man sich nur schwer wieder befreien kann.


    Sollte ich eines Tages allein mit dem Veröffentlichen soviel verdienen, daß es locker reicht (davon bin ich allerdings noch sehr weit entfernt!), dann kann es natürlich sein, daß ich meine berufliche Tätigkeit weitgehend einschränke.


  • Das würde ich ebenso nicht wollen und nicht nur auf das Schreiben bezogen, sondern auf jede Art der Tätigkeit.


    Lieben Gruß
    Baumbart