Öffentliche Zurschaustellung von Leichen, der Fall Gaddafi

  • Zitat

    Die Toten sind mir verhältnismäßig egal. Die sind tot, die juckt's nicht mehr.


    Hhmm, ich weiß nicht. Gaddafi zB ist ja ein nicht grade ein netter Mensch gewesen, ich finde seinen Tod nun wirklich nicht bedauernswert, aber diese öffenliche Begaffung seiner Leiche hat mE nach etwas von einem modernen Pranger. Weiß ich nicht, was das bringen soll, Genugtuung?

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Der Mensch ist halt ein wenig morbide. Die Mexikaner sind da kulturbedingt morbider als Deutsche. Man will nicht hinschauen, aber eigentlich doch. Oder wahrscheinlich treffender wäre zu sagen, dass man sich nicht eingestehen will, dass man doch hinschauen will. Es plagt das Gewissen, aufgrund von Erziehung und Moral. Ist es gar der Kampf des Gewissens gegen die in Genen verankerten Instinkte?

  • Ja, Kasapv (ich gewöhne mich ganz laaangsam an die Aussprache Deines Nicks :grin), das könnte stimmen. Nicht umsonst sind die Autobahnen nicht wegen den Unfällen, sondern wegen der Gaffer gesperrt.


    Ich weiß trotzdem nicht- war das schon immer so, oder fällt es mir nur plötzlich auf wegen der Kinder? was meinst Du denn, Mulle? Ich kann mich nur noch an das Bild von H.M. Schleyer erinnern, der tot in der badewanne lag, das fand ich schon als Kind gruselig, obwohl es ja richtig harmlos ist im Vergleich.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Zitat

    Original von rienchen
    Ich weiß trotzdem nicht- war das schon immer so, oder fällt es mir nur plötzlich auf wegen der Kinder? was meinst Du denn, Mulle? Ich kann mich nur noch an das Bild von H.M. Schleyer erinnern, der tot in der badewanne lag, das fand ich schon als Kind gruselig, obwohl es ja richtig harmlos ist im Vergleich.


    Das in der Badewanne war Uwe Barschel. Also wer einen gestürzten Diktator sucht, findet bei Wikipedia auch das Foto von Mussolini und seiner Geliebten, die mit zwei weiteren Leichen kopfüber in Mailiand von einer Menschenmenge betrachtet werden.


    Ich hab mich als Kind auch vor der Fleischerei in einem Nachbardorf gegruselt. Dazu muss man wissen, das war tiefste DDR und wenn ich zum Fleischer mitgeschleppt wurde, dann hieß es auch 2 Stunde Schlange stehen und die letzte halbe Stunde die Schweinehälften an der Wand hängen sehen. Dabei waren das doch ganz niedliche Tiere.
    Ich kriege aber heute noch Gänsehaut, wenn ich dort vorbeifahre.

  • Ja, stimmt, Uwe Barschel! :wow


    Ich war auch als Kind bei einer Schlachtung dabei und habe das Tier kurz vorher noch gestreichelt. Keine Ahnung, das ist was Anderes, wie ich finde. Man will das Tier essen, also sollte man auch wissen, dass es dafür sterben muss. Heftig, aber nachvollziehbar.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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  • Hans Martin Schleyer wurde im September 1977 ermordet in einem Kofferraum gefunden. Auch diese Fotos wurden gezeigt und gehen mir bis heute nicht aus dem Kopf.
    Ich finde diese Zur-Schaustellung auch absolut würdelos, und möchte eigentlich nicht gezwungen sein, so was ansehen zu müssen, ohne mich davor schützen zu können.
    Tote möchte ich nur freiwillig sehen, wenn sie mir sehr nahe standen und ich mich noch einmal von ihnen verabschieden möchte.

    lg butterfly49

    "Sapere aude" "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen."
    (Quintus Horatio Flaccus)

  • Ich liebe das ja schon, wenn ich beim Mittagessen die Zeitung aufschlage und mir dann auf einem Bild eine Leichenhand entgegenragt. Hatte ich unlängst wieder, diesmal in der Türkei. Das finde ich fast noch gruseliger als ganze Leichen. Oder auch so nette Fotos von Verkehrsunfällen, wo man dann die zugedeckte Leiche sieht. Muss ich alles nicht haben.

  • Generell neigen wir Menschen dazu, schaulustig zu sein. Bei weitem trifft das nicht auf alle zu, aber dennoch auf eine ganze Menge.
    Und das Bild einer Leiche ist nun einmal reißerisch und entsetzlich und erregt eine Menge Aufmerksamkeit; von daher druckt man es sich mal auf die Titelseite und schon - denkt man - greifen die Leute mehr zu. Dass es sich bei der Leiche um den bösen Herrn Gaddafi handelt, macht das ganze offensichtlich "nicht ganz so tragisch", schließlich war er ein nicht wirklich netter Zeitgenosse. Ich halte mich von solchen Zeitungen fern, ist besser so.

  • Zitat

    Ich halte mich von solchen Zeitungen fern, ist besser so.


    Ja, schön, wenn man das kann, kann man hier aber nicht. Springen einem überall ins Auge, genau wie diese behämmerten, übermanngroßen "Battlefield 3"- Plakate, die hier überall rumhängen. :rolleyes

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



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  • Zitat

    Original von Alexandermerow
    Das Umherschleifen des erschlagenen Feindes oder das Herumzeigen seines abgeschlagenen Kopfes gehören ins Mittelalter. Auf ähnlichem Niveau ist diese ekelhafte Pressehetze in dieser BRD, die offenbar immer gerne "tote Feinde" zeigt.


    Oh man, mal wieder BRD-Bashing am Morgen. Die Bilder wurden in aller Welt gezeigt, nicht nur in BRD. Wie übrigens die Bilder anderer toter Persönlichkeiten der Geschichte allgegenwärtig sind.


    Gerade bei Diktatoren ist es seit der Erfindung des Tyrannenmordes in der Antike üblich, deren Leichen zu schänden und öffentlich zur Schau zu stellen. Das hatte seinen Grund. Eine Tyrannei ist in der Regel Personen bezogen, das Regime lebt und stirbt mit seinem Führer. Die Zurschaustellung seines Leichnams ("tote Feinde zeigen") macht für Anhänger wie Gegner unwideruflich klar, dass das Regime tot ist. In Anbetracht dessen, wie viele Feinde sich ein Tyrann mit seinen Taten macht, sollte es diesem aus geschichtlicher Erfahrung eigentlich klar sein, das ihm ein gewaltsames Ende bevorstehen könnte. Sei es durch Verrat oder der Revolte des Volkes. So ist es in jüngerer Vergangenheit nicht nur Gadhaffi ergangen, sondern z.B. auch Saddam Hussain, Ceaucescu oder Mussollini. Deren Leichen wurden stetts bewusst öffentlich gezeigt, bei Ceaucescu wurde sogar die Hinrichtung auf Video aufgenommen, seiner und seiner Frau zerschossener Körper anschließend im Staatsfernsehn gezeigt. Die Sowjets versuchten ihren Sieg 1945 mit einem Bild des toten Hitler zu verkünden, der allerdings ein Doppelgänger war, da Hitlers Leiche bekanntlich verbrannt wurde. Von Göring, der Gift nahm, und von Ribbentrop mit der Schlinge um den Hals haben die Alliierten Fotos gemacht. Es gibt aber auch Gewaltherrscher, denen ein friedlicher Tod vergönt war. Lenin, Stalin und Mao wurden danach sogar einbalsamiert und sind heute noch zu besichtigen (nur Stalin nicht, der wurde später unter die Erde gebracht).


    Man sollte gegenüber von Toten oder Leichen keine falsche Pietät an den Tag legen, früher gehörten sie zum Leben dazu. In jeder katholischen Kirche wird der berühmteste Tote der westlichen Hemisphäre bildlich dargestellt und Migelangelo inspirierte er zu seiner wunderbaren Pieta. Erst in der modernen Jugend- und Konsumgesellschaft des späten 20. Jahrhunderts an, in welcher der Tot auf Teufel kom raus verdrängt wird, nimmt man Anstoß daran.


    Übrigens werden und wurden nicht nur tote Dikatoren "zur Schau gestellt". Erst kürzlich hatte ich ein Bildnis des toten Hindenburg in seinem Sterbebett zu Gesicht bekommen. Vom toten Bismark gab es eine Zeichnung und ich meine mich auch an eine Fotografie von Ludwig II. von Bayern in seinem Sarg und von Franz-Josef von Österreich-Ungarn im Bett liegend zu erinnern. Nur sahen diese natürlich nicht so ramponiert aus, wie Gadhaffi weil sie ein friedlichers Ableben geniesen durften. Könige im Allgemeinen wurden früher offen aufgebart, zur Totenwache und zur Beerdigung. Nicht nur das Leben von Staatsoberhäuptern ist und war öffentlich, sondern auch deren Tod, egal in welcher Weise er erfolgt. Ich erinner da nur an Kennedy, dessen letzten Lebenssekunden im Kino und in jeder TV-Dokumentation zu sehen waren. Von Lincoln, der in den Kopf geschossen wurde ("Sic semper tyrannis"!), gab es glaub ich auch ein Foto, oder von Ché wie er auf der Barre liegt mit seinen darum stehenden Exekutoren.

  • Der Tyrannenmord und die Zuschaustellung seiner Leiche war schon immer der Grundstock einer Demokratie. Nicht umsonst ist die personifizierte Freiheit, die auf der Leiche eines Mannes steht, Bestandteil des Wappens von Virginia - zusammen mit dem Satz "Sic Semper Tyrannis" - "So ergeht es immer den Tyrannen".
    Ähnlich kennt man auch aus Frankreich, von Ludwig XVI., bevor die Adligen knapp wurden und die Revolutionäre sich gegenseitig die Häupter abschlugen und präsentiert wurden.
    Auch Deutschland wäre vielleicht so nach dem Zweiten Weltkrieg in die Demokratie gestartet, aber Hitler fürchtete ja dieses Schicksal nach dem Tode Mussolinis, der öffentlich in Mailand zu Schau gestellt wurde undlies sich verbrennen.

  • Bei gadaffi war das dringend notwendig. er hat die männer über die frauen/ mädchen geschändet.
    dörferweise
    Seine Politik der Universitäten, Kinderheime für Mädchen un Frauen usw entsprach seiner sadistischen Sexualität der Abhängigkeit.

  • Da ich, den Robin-Gibb-Thread nicht mit dem Thema Gaddafi beschmutzen möchte, aber noch einen kleinen Kommentar abgeben möchte, insbesondere auch dazu:


    Zitat

    Original von Voltaire


    Einen Vergleich habe ich hier nicht gezogen. Insofern scheint dieser Vorwurf offensichtlich aus reiner Boshaftigkeit erhoben worden zu sein.


    Voltaire, ich habe mit keinem Wort einen Vorfwurf erhoben, dass DU einen solchen Vergleich angestellt hättest. Du hast diesen Vergleich aber von mir eingefordert. Dazu war ich nicht bereit, jedenfalls nicht in einem Thread in dem es um das Ableben von Robin Gibb geht. Mehr wollte ich damit nicht ausdrücken.


    Insofern erledigt sich der Vorwurf der Boshaftigkeit hoffentlich von selbst. Unter diese Kategorie würde ich eher Polemiken eingliedern, die Wörter wie "flennen" und "in Tempos schnäuzen" beinhalten. Stammte nicht von, dir insofern brauchst du das nicht zu kommentieren.


    Und zum Thema Gaddafi, damit ich hier nicht komplett Off-Topic bin:
    Ja, auch ein Verbrecher wie Gaddafi verdient im Tode ein Mindestmaß an Würde. Wer Gleiches mit Gleichem vergilt, stellt sich auf die gleiche Stufe. Insofern fand ich sowohl die Art der Tötung, als auch die weltweite Zurschaustellung unwürdig und abstoßend.