'Das Geheimnis der Jaderinge' - Seiten 147 - 257

  • Was mir mittlerweile noch eingefallen ist:


    Jinzis Haar erregt in Shanghai großes Aufsehen, in Peking dagegen nicht, obwohl er es da offen zeigt. Haben die Einwohner der beiden Städte verschiedene Erfahrungen mit den Taiping gemacht oder woher kommen diese unterschiedlichen Reaktionen?


    Mit dem Begriff der "Schubkarre" hatte ich so meine Probleme, habe ich mir doch anfangs immer "unsere" Schubkarre vorgestellt. Ist damit sowas gemeint?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Lese-rina
    Was mir mittlerweile noch eingefallen ist:


    Jinzis Haar erregt in Shanghai großes Aufsehen, in Peking dagegen nicht, obwohl er es da offen zeigt. Haben die Einwohner der beiden Städte verschiedene Erfahrungen mit den Taiping gemacht oder woher kommen diese unterschiedlichen Reaktionen?


    Wo zeigt er sein Haar denn offen? Ich habe leider nicht mehr alle Details im Kopf, denn inzwischen habe ich eindreiviertel neue Bücher geschrieben. ;-)


    Grundsätzlich hätte das lange Haar für ihn überall in China gefährlich werden können, wenn es irgendwelchen Autoritätspersonen aufgefallen wäre. In dem Teehaus in Shanghai erregt er deshalb Aufsehen, weil er die Maske verliert, die gleichzeitig sein Haar verbarg. Da erst merken die Zuschauer es, und denken an die Taiping, die Shanghai tatsächlich näher gekommen waren als Peking.


    Männern war offiziell dieser Zopf vorgeschrieben, den wir von Chinesen aus dieser Zeit kennen. Der Hintergrund des Ganzen war die Fremdherrschaft der Mandschu. Als sie China 1644 eroberten, zwangen sie den Han-Chinesen diese Frisur auf statt der vorher üblichen, langen Haarpracht. Damals gab es deshalb wirklich Hinrichtungen, da etliche hoch gestellte Chinesen sich weigerten, sich den Kopf scheren zu lassen. Daher griffen Rebellen-Gruppen wie etwa die Taiping wieder auf die lange Haartracht zurück.


    Zu der Zeit, da der Roman spielt, habe ich keine Hinweise mehr gefunden, dass jemand nur wegen dieser Frisur hingerichtet wurde. Manche Schauspieler mussten langes Haar haben, da sie auf der Bühne Frauenrollen übernahmen. Sie waren ohnehin eine gesellschaftliche Randgruppe.


    Die andere, bei Männern akzeptierte Haartracht war übrigens der kahl rasierte Kopf der Mönche. das wird dann später im Roman noch wichtig.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Ich bin auch angekommen. Sowohl am Ende dieses Abschnittes als auch in dem Buch.


    Diesen Teil habe ich gerade beendet und mir gefällt die (innere) Spannung, die in der Figur Viktoria angelegt ist, immer mehr. Besonders in dem Teil als sie den Betrügern auf den Leib geht und Yazi sie aufnimmt. Es prallen Welten aufeinander. Das ist richtig gut geschrieben.


    Ich sitze gerade an unserem Küchentisch. Der hat einen ziemlichen Riss, weil das Holz noch zu frisch war zum Verarbeiten, bevor es die Spannung der Leimung aushalten musste. Spontan musste ich an Viktoria denken. Als Kind wurde sie in ein Korsett gepresst, das jetzt bröckelt und ihr die Chance gibt, das ihre eigenen Erfahrungen sie formen und prägen.
    Mal gespannt, welche Überraschungen sie noch bereit hält.


    Zitat

    Original von LadyTudor
    ...
    Wirklich erstaunt war ich über die Offenbarung, dass Jinzi der Sohn von Andrew Huntingdon ist. Damit hätte ich nicht gerechnet.


    Das hat mich auch überrascht. Ich dachte erst als es um die blonden Haare und die Augenfarbe ging, dass vielleicht Vikt. Vater sein bestes Stück mit im Spiel hatte.


    Zitat

    Original von LadyTudor
    Margaret ist ja ganz schön berechnend vorgegangen, als sie Viktoria zu Lao Tengfei geschickt hat. Da fragt sich nur: War es Absicht, weil sie mehr weiß als wir bisher ahnen, oder nur eine Hoffnung der guten Margaret, ihren geliebten Andrew doch noch wiederzufinden?


    :write


    Zitat

    Original von Tereza
    Die Mechanismen waren früher sogar in Eurpa ähnlich - wenigstens zur Blütezeit der Kurtisanen. Auch in Europa sollen Bordelle häufig im Besitz von Frauen gewesen sein, die früher selbst aktiv im Gewerbe waren.


    Viele Grüße


    Tereza


    Wieder etwas dazu gelernt. Danke ! :wave


    Zitat

    Original von Eliza08
    Viktoria gefällt mir sehr gut, sie wird in meine Augen erwachsener und übernimmt die volle Verantwortung für Dewei.


    Ich finde, dass Dewei die volle Verantwortung für Vi Ki übernimmt. :lache
    Ein starker Junge!

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin


  • Genauso sehe ich das auch! :anbet für die unterschiedlichen Charaktere der drei Frauen. Das ist ein Minenfeld der Gefühle. Und dann kommt Viktoria und trammelt munter drauf los.
    Ich glaube, dass Angebot der Sänfte war nicht ganz selbstlos. :grin


    Edit fügt hinzu, dass ich zu müde bin, um klare Gedanken zu fassen. Morgen mehr! :wave

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Regenfisch ()

  • So, diesen Teil habe ich jetzt auch gelesen. Sorry, aber diese Woche hatte ich einfach nicht viel Zeit zum Lesen dieses tollen Buches!


    Vi Ki Vi Ki Viki - Für unsere Verhältnisse ist sie sehr sehr naiv. Warum hat sie nicht die angebotene Sänfte angenommen? Ok, konnte sie nicht, da sie ja Yazi kennenlernen musste.


    Meigui sehe ich genau wie harimau. Eine Gefangene ihrer Lebensumstände. Sie wurde geheirtatet und kann keine Kinder bekommen. Da hat sie natürlich Angst um ihr Dasein.


    Ob wir Chuntain wiedersehen werden?


    Dewei gefällt mir auch gut. Für sein unbekanntes Alter ist er sehr erwachsen und passt gut auf Vi Ki auf.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von Tereza


    Wo zeigt er sein Haar denn offen? Ich habe leider nicht mehr alle Details im Kopf, denn inzwischen habe ich eindreiviertel neue Bücher geschrieben. ;-)


    Da warst du mittlerweile aber sehr fleißig! Ich bewundere es eh, wie Autoren so schnell zwischen unterschiedlichen Büchern hin- und herschalten können!


    Diesmal habe ich meine Hausaufgaben gemacht und vorher nachgeblättert. Jinzi trägt sein Haar sichtbar, als Chuntian und Victoria ihm zum ersten Mal in Peking auf der Bühne sehen. (S. 220) "Das Haar fiel blauschwarz über seine Schultern, war im Rücken zusammengebunden." Danke für die ausführliche Darstellung der chinesischen Männerhaartracht, das fand ich sehr interessant! Solche Details tragen bei mir viel zum Verständnis bei. Und dank dem Bildes kann ich mir die "Schubkarren" jetzt endlich auch feststellen - doch ähnlich der unseren!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Auch in diesem Teil finde ich immer wieder so wunderschöne Sätze wie: Warum hatte ihre eigene Mutter ihr niemals das Gefühl vermittelt, dass Kinder Freude machen konnten?


    Für mich kam die Anziehung zwischen Vicki und Jinzi sehr glaubhaft rüber. Ich würde den schönen Akrobaten zu gern selbst mal sehen! ;-)


    Auch mir ist der Satz aufgefallen: "Lao Wai nichts wissen, aber immer sehr klug."


    "Jinzis Vater hieß Andrew Huntingdon."
    Wow. Ungeheuer geschickt komponiert. Ich war völlig ahnungslos. Man hätte drauf kommen können, aber wenn es so spannend ist, dass man zwischendrin gar nicht zum Nachdenken kommt ...


    Großes Kino!

  • Ich bin total gefangen – gefangen von diesem wunderbaren Buch – so gefangen, dass ich mir gar keine Notizen machen konnte, denn dann hätte ich ja den Lesefluss unterbrechen müssen. ;-)


    Besonders gut gefallen hat mir, wie die Beziehung zwischen Viktoria und Dewei allmählich wächst – anfangs wie ein kleines, zartes Pflänzlein, das sich den Weg durch die Erde hindurch in Richtung Sonne bahnen muss. Und genauso wie dieses Pflänzlein grösser wird, wird auch Viktoria stärker. Dewei tut ihr unheimlich gut und als sie entschlossen ins Waisenhaus zurück kehrt und Dewei mitnimmt, war ich richtig stolz auf sie. :-]


    Regenfisch : Deine Interpretation des „Korsetts“ ist wirklich super! :anbet Aus der Sicht hatte ich es noch gar nicht gesehen – aber ich kann dir da nur zustimmen.


    Die Reise in der Sänfte stelle ich mir einfach furchtbar vor – wenn ich ehrlich bin, kann ich es mir nur schwer vorstellen, eine solch lange Reise auf diese Weise zurück zu legen. Das muss doch fürchterlich geschüttelt haben und ich glaube, ich würde darin „sänftenkrank“ werden.


    Mir stellt sich auch die Frage, warum Margaret Viktoria den Jadering heimlich mitgegeben hat. Ahnte sie, oder wusste sie gar von der indirekten Verbindung von Lao Wai’s Haus zu Andrew? Lebt Andrew eigentlich noch? Wenn ja, würde ich es Margaret sehr wünschen, dass sie ihren Sohn endlich wieder sieht und auch ihren Enkel kennen lernen darf. *hoff*


    Nur eins noch - ich möchte mich Katerina anschliessen: ganz grosses Kino! :anbet

  • Zitat

    Original von Ayasha
    Ich bin total gefangen – gefangen von diesem wunderbaren Buch – so gefangen, dass ich mir gar keine Notizen machen konnte, denn dann hätte ich ja den Lesefluss unterbrechen müssen. ;-)


    So ging es mir auch. Aber beim zweiten Mal Lesen kann ich es dann in Ruhe geniesen. Ich überlege, ob ich den Wälzer mit nach Hannover nehme....

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Ein spannender Abschnitt! Ich habe ihn schon vor ein paar Tagen beendet und bin längst weitergeprescht, aber ich wollte natürlich noch wissen, was ihr hier so schreibt.
    Also, erstmal: :anbet, Tereza. Einmal, für den Lesespaß, aber ich muss auch meinen Respekt für die eindreiviertel Bücher bezeugen. Ich werde dieses Tempo nie erreichen, seufz ...


    In diesem Abschnitt mochte ich die Darstellung des Frauenhofes sehr. Wie harimau schon bemerkte, war es ein geschickter Kunstgriff, dort mehrere Frauentypen aufeinanderprallen zu lassen. Dass diese zur Demut erzogenen Wesen untereinander in ständigem Krieg lagen, glaube ich unbesehen. Wie hätten sie sich sonst die Zeit vertreiben sollen? Glotze gab's ja noch nicht :-(


    Vicki selbst bleibt sich treu in ihrer Impulsivität und gerät folgerichtig in Schwierigkeiten. Die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen ihr und Jinzi hat mich bisher nicht abgeholt, aber das mag daran liegen, dass ich viel zu gespannt auf Jazis Geschichte bin. Hier bahnt sich echtes Drama an!


    Noch einen letzten Satz zu Jinzis Abstammung: Ich habe es schon geahnt, als er das erste Mal auftrat. Er war einfach zu groß :grin Und irgendein Andrew Bastard musste ja schließlich auftauchen, nachdem sein Bruder und seine Schwägerin so pikiert auf Andrews bloße Erwähnung reagierten ...

    Ship me somewhere's east of Suez,
    where the best is like the worst,
    where there aren't no ten commandments
    an' a man can raise a thirst


    Kipling