'Krieg und Frieden' - Band 1, Teil 1 - Kapitel 18 - 28

  • Zitat

    Original von Kirsten
    Ich bin jetzt auch mit dem zweiten Abschnitt durch und finde so langsam auch in die Handlung hinein. Allerdings überlege ich gerade, ob ich mir doch noch eine "richtige" Ausgabe des Buches besorgen soll. In der Kindle-Ausgabe haben sie anscheinend sogar die Namen übersetzt. :schlaeger
    Marja heißt bei mir zum Beispiel Marie.


    Bei mir heiß Marja teilweise ja auch Marie, z.B. nennt sie sich in ihrem Briefverkehr mit Julie selbst so, aber gut, da schreibt sie auch auf Französisch.

  • wenn dich viele Sachen an deiner Ausgabe wirklich stören, würde ich mir sowas in der Richtung auch überlegen. Wäre ja schade, wenn du deshalb das Buch nicht genießen kannst. Vielleicht kannst du es ja auch in einer Bibliothek bekommen? :-)

  • Dieser Abschnitt hat mir gut gefallen, obwohl es mir trotz Personenregister schwer fällt, die ganzen Namen zu behalten.

    Pierre hat es nun also geschafft, der Alleinerbe seines Vaters zu werden. Dazu ist er ja ziemlich unvorbereitet und unbeabsichtigt gekommen. Ich bin sehr gespannt, ob er weiß, was er hier tut bzw. wie lernfähig er sein wird. Für mich hat dieser Charakter bis jetzt das meiste Entwicklungspotential.

    Wie die beiden Aasgeier sich allerdings ohne Rücksicht auf Verluste quasi am Sterbebett um das Erbe gezankt haben und nur ihre eigenen Interessen im Auge hatten, war schon ziemlich ekelerregend. Aber so ist es eben, wenn es einem nur ums liebe Geld geht.

    Die Familie Rostow, vor allem die jungen Leute, mochte ich auf Anhieb. Dieses kleinadlige Geplänkel, die Töchter und die etwas schrulligen Eltern, erinnern mich ein bisschen an Downton Abbey. :)

    Und dann taucht hier der Vater von Andrej, Fürst Nikolaj als sehr beeindruckende Persönlichkeit auf.
    Mit ihm möchte ich ja nicht zusammenleben wollen, aber als Figur in diesem Roman, finde ich großartig. Sein Sohn flieht ja quasi vor der familiären Verpflichtung in den Krieg. Auf mich wirkt er ein bisschen lebensmüde. Wie seine Frau Lisa sich wohl einlebt? Ich befürchte ja, dass ihr das Landleben nicht so gut bekommt. Was ich von ihrer Schwägerin halten soll, weiß ich noch nicht so genau.

  • Geschrieben vor einiger Zeit direkt nach dem Lesen des Abschnitts:



    „Jedenfalls konnte mich bisher keine der aufgetretenen Figuren für sich einnehmen - sie sind mir eigentlich alle egal und ich beobachte interessiert, aber ohne Anteilnahme, wie es ihnen weiter ergehen wird.“

    So habe ich zum Schluß des ersten Abschnittes geschrieben, und es hat sich auch im zweiten nichts daran geändert. Nur ein Mal konnte ich so etwas wie Empathie empfinden, als man nämlich versuchte, Pierre um seine Erbschaft zu bringen. Aber das ist ja nicht gelungen, was mich mit einer gewissen (Schaden-)Freude erfüllt hat.


    Ansonsten weiß ich so gar nicht, was ich eigentlich schreiben soll. Viel ist ja noch nicht passiert. Das war auf vergleichbarer Seitenzahl in Stifters „Nachsommer“ auch der Fall - und dennoch war jenes Buch deutlich interessanter und lebhafter als dieses. Zumal auf mich persönlich der Schreibstil Tolstois nur durchschnittlich erscheint und darum das Buch auch keine sprachliche Anziehung auf mich ausübt. Ich schätze, ohne Leserunde würde ich an dieser Stelle abbrechen. Jedenfalls werde ich nie wieder meine Liste der Bücher, die bei mir zu einem bestimmten Thema in der näheren Auswahl stehen, kund tun, bevor ich mich nicht endgültig entschieden habe. Da nun die Büchereule schon seit einer Woche offline ist, habe ich auch keine Ahnung, wie es den anderen ergeht. Am Ende bin ich der Einzige, der noch liest... ;-)


    Bisher erscheint mir alles irgendwie wie eine Ouvertüre, eine Einführung verschiedener Personen und Orte zu sein. Ich bin gespannt, ob im nächsten Teil (bei mir beginnt mit dem nächsten Abschnitt der zweite Teil) der „1. Satz“ beginnt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Die Szenen rund um den Tod des alten Grafen Besuchow gefallen mir sehr gut. Das hat schon was von Satire an sich und entbehrt nicht komischer Elemente. Das könnte überall in allen Gesellschaftsschichten stathtfinden.


    „Jedenfalls konnte mich bisher keine der aufgetretenen Figuren für sich einnehmen - sie sind mir eigentlich alle egal und ich beobachte interessiert, aber ohne Anteilnahme, wie es ihnen weiter ergehen wird.“

    So habe ich zum Schluß des ersten Abschnittes geschrieben, und es hat sich auch im zweiten nichts daran geändert. Nur ein Mal konnte ich so etwas wie Empathie empfinden, als man nämlich versuchte, Pierre um seine Erbschaft zu bringen. Aber das ist ja nicht gelungen, was mich mit einer gewissen (Schaden-)Freude erfüllt hat.

    Das finde ich schade. Den alten Fürst Bolkonski finde ich gut beschrieben. Auf den ersten Blick wirkt er eiskalt. Dennoch bin ich mir sicher, dass er seine Kinder liebt. Der Abschied von seinem Sohn zeigt das. Er gibt seiner Tochter persönlich Unterricht, ausgerechnet in Mathematik, was damals sicher nicht zu den üblichen Unterrichtsfächern für junge Frauen gehört hat. Dass er so ungeduldig und streng ist, liegt wohl an seinem mangelnden Einfühlungsvermögen.

    Er mag keine Schwäche zeigen und duldet das auch nicht bei anderen.


    So verstehe ich ihn zumindest bis jetzt. Vielleicht ändere ich ja meine Meinung noch im Laufe dieser Leserunde.


    Bei seiner Tochter Maria stört mich ihre Art von Religiosität. Außerdem frage ich mich, ob sie auch alles glaubt, was sie sagt.

  • Ich habe den ersten Band (enthält ca. 800 Seiten) fast durch, das mit den Figuren gilt immer noch, nicht mehr ganz uneingeschränkt, aber weitgehend.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich habe jetzt erst den ersten Teil des ersten Bandes geschafft, mein erster Band hat aber 1050 Seiten? Irgendwo hat SiCollier sicher geschrieben, welche Ausgabe er liest, aber bei 250 Seiten sind vielleicht auch viele Formulierungen abgeschliffen worden? Mir gefällt die Sprache eigentlich recht gut, sie klingt sehr authentisch. Bei mir sind maximal einige Halbsätze in Französisch.



    Mit den Personen habe ich natürlich ein kleines Problem, da ich nun die ersten 200 Seiten ziemlich in die Länge gezogen haben. Es dauerte etwas bis ich bemerkte, dass es sich bei Andrej und seiner schwangeren Frau um dieselben wie aus dem ersten Abschnitt handelt. Hier im Thread wurde noch ein zweites Personenverzeichnis bei http://www.biblioforum.de/forum/read.php?33,10084 erwähnt. Leider scheint diese Seite aber nicht mehr online zu sein. Hat jemand von euch noch ein anderes als das Wikipedia-Verzeichnis?

  • Mit den Personen habe ich natürlich ein kleines Problem

    Ich stelle erst gar nicht den Anspruch an mich, jede einzelne Person zuordnen zu können. Ich weiß vom früheren Lesen, dass die Familien Bolkonski (Andrej, Marie und der alte Fürst) und Rostow (Nikolai, Natascha/Natalie, Sonja) und natürlich Pierre die Hauptpersonen sind. Alles andere wird sich mit der Zeit finden.

  • Ich habe jetzt erst den ersten Teil des ersten Bandes geschafft, mein erster Band hat aber 1050 Seiten? Irgendwo hat SiCollier sicher geschrieben, welche Ausgabe er liest, aber bei 250 Seiten sind vielleicht auch viele Formulierungen abgeschliffen worden? Mir gefällt die Sprache eigentlich recht gut, sie klingt sehr authentisch. Bei mir sind maximal einige Halbsätze in Französisch.


    Ich lese in einer zweibändigen Ausgabe des ehemaligen Bertelsmann-Clubs von 1975, übersetzt von Werner Bergengruen. Dumm ist, daß die Anmerkungen am Ende des Romans, also in Band 2, zu finden sind. Zum Glück sind es nicht so viele.

    Der 1. Band hat 800 Seiten, da ich am Wochenende und gestern kaum zum Lesen kam, fehlen mir immer noch etwa 50 Seiten. Das macht es für mich auch schwierig, zu Details, die für mich relativ weit zurück liegen, zu diskutieren. Die habe ich einfach nicht mehr präsent.


    Bei mir sind teilweise ganze Absätze in französischer Sprache, mit jeweils der Übersetzung unten auf der gleichen Seite. Allerdings werden diese französischen Teile, je weiter es im Buch voran geht, immer weniger.


    Ich habe mir das Personenverzeichnis aus Wikipedia ausgedruckt und immer beim Lesen greifbar. Natürlich sehe ich daraus, "wer mit wem", aber das stört mich nicht, sondern hilft mir im Gegenteil zum besseren Verstehen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das "wer mit wem" ist gewißlich nicht der Hauptaspekt des Buches. Ich habe (Wikipedia?) irgendwo gelesen, wie das Buch in einer solchen Hinsicht ausgeht, und derzeit frage ich mich, wie Tolstoi dahin kommen will - weil die momentane Konstellation (nicht nur da, wo ich lesemäßig bin, sondern vor allem auch in diesem eher frühen Teil des Buches ) eine ganz andere ist.


    Hauptaspekt des Buches ist inzwischen für mich die Beschreibung genau dessen, was der Titel des Buches (der im Russischen mW genau so lautet wie im Deutschen): das Leben in Zeiten des Krieges und des Friedens, jeweils bezogen auf die höheren Gesellschaftsschichten Rußlands. Gerade auch die teilweise ausufernden Beschreibungen (ich bin ohnehin ein Anhänger langer und ausführlicher Beschreibungen bis hin zu Schachtelsätzen) finde ich unter diesem Gesichtspunkt gut, weil es zumindest mir hilft, eine recht genaue Vorstellung zu bekommen, die dann auch ins Langzeitgedächtnis übergeht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das "wer mit wem" ist gewißlich nicht der Hauptaspekt des Buches. Ich habe (Wikipedia?) irgendwo gelesen, wie das Buch in einer solchen Hinsicht ausgeht, und derzeit frage ich mich, wie Tolstoi dahin kommen will - weil die momentane Konstellation (nicht nur da, wo ich lesemäßig bin, sondern vor allem auch in diesem eher frühen Teil des Buches ) eine ganz andere ist.

    Das kann auch sehr spannend sein.

    Hauptaspekt des Buches ist inzwischen für mich die Beschreibung genau dessen, was der Titel des Buches (der im Russischen mW genau so lautet wie im Deutschen): das Leben in Zeiten des Krieges und des Friedens, jeweils bezogen auf die höheren Gesellschaftsschichten Rußlands. Gerade auch die teilweise ausufernden Beschreibungen (ich bin ohnehin ein Anhänger langer und ausführlicher Beschreibungen bis hin zu Schachtelsätzen) finde ich unter diesem Gesichtspunkt gut, weil es zumindest mir hilft, eine recht genaue Vorstellung zu bekommen, die dann auch ins Langzeitgedächtnis übergeht.

    Den Wechsel zwischen dem Schlachtengetümmel und den Feierlichkeiten in den Städten finde ich ja krass. Wie geht es den heimgekehrten Soldaten dabei? Ich habe selbst einmal erlebt, wie ich nach einem traumatischen Erlebnis an einer kleinen Feier teilnehmen musste. Ich war sehr erstaunt darüber, wie ich beide Stimmungen gleichzeitig fühlen konnte.

  • Den Wechsel zwischen dem Schlachtengetümmel und den Feierlichkeiten in den Städten finde ich ja krass.

    Noch krasser fand ich beim Lesen, daß einerseits bei Austerlitz gekämpft, andererseits in St. Petersburg und Moskau gefeiert wurde, als ob es keinen Krieg gäbe.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich merke, wenn ich Eure Kommentare lese, dass ich die Geschichte doch recht gut kenne. Dadurch empfinde ich auch Sympathie für Charaktere, mit denen Ihr teils (noch) Eure Schwierigkeiten habt. Ich denke da besonders an die Bolkónskis.


    Für mich persönlich ist sehr interessant zu sehen, woran ich mich noch sehr gut erinnere und was ich völlig vergessen habe. So war mir das Gezänk um das Erbe des Fürsten Besuchow noch lebhaft in Erinnerung. Überrascht war ich dagegen von der Ansicht des alten Fürsten Bolkonski, dass alle Menschen gleich seien.


    Den Damen obliegt wieder einmal der Heiratsmarkt. In dem Zusammenhang finde ich Marjas Brief an Julie bemerkenswert. Marja hatte durch ihre Freundin von dem Plan erfahren, sie mit Anatol zu verheiraten. Julie schreibt, man sage über Anatol, er solle ein ziemlicher Tunichtgut sein. Marja nimmt dies hin, da die Ehe eine göttliche Einrichtung sei. „... so werde ich sie so treu zu erfüllen suchen, wie es in meinen Kräften steht, ohne meine Gefühle gegen denjenigen, den Er mir zum Gatten bestimmt, erst überängstlich zu prüfen und zu erforschen.“ (Bergengruen, dtv 19932, S.122.) Und später, als ihr Bruder André ihr gesteht, dass er eine unglückliche Ehe führt, antwortet Marja ihm, hätte er den Glauben, bräuchte er Gott nur zu bitten und dann würde sich die Liebe einstellen. Mit anderen Worten, du kannst dich in jeden Menschen verlieben, du musst es nur ernsthaft wollen. Vielleicht war dies der "Strohhalm", an den sich eine Tochter aus gutem Hause klammerte, da ihre Ehe ja meist von den Eltern geschlossen wurde.

  • Mit anderen Worten, du kannst dich in jeden Menschen verlieben, du musst es nur ernsthaft wollen. Vielleicht war dies der "Strohhalm", an den sich eine Tochter aus gutem Hause klammerte, da ihre Ehe ja meist von den Eltern geschlossen wurde.

    Das könnte in der Tat sein; ich habe mich (auch in anderen Büchern) schon oft gefragt, wie die damals eigentlich mit diesen arrangierten Ehen zurecht gekommen sind. Das ist eine Erklärung.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")