'Das Dorf der Mörder' - Seiten 001 - 084

  • Der Prolog erzählt aus der Perspektive eines jungen Hundes, der Blut wittert, große Gefahr spürt und seinem Intinkt folgt. Ein sehr unheimlicher Einstieg. 20 Jahre später soll diese Geschichte Folgen haben. Das kann ja kompliziert werden für Ermittler und Leser.


    Im (Ost-)Berliner Tiergarten entdecken Besucher an einem heißen Maitag, dass die Pekaris auf Leichenteilen herumkauen. Erste am Fundort ist Sanela Beara, eine junge Polizeimeisterin. Die Frau ist mit ihrem Vater nach dem Jugoslawienkrieg aus Bosnien gekommen. Sanela will sich für den höhreren Polizeidienst bewerben und steht - als "Quotenmigrantin" und auffallend kleine Person - unter dem Druck, vorher gute Beurteilungen von Vorgesetzten kassieren zu müssen. Was kann bei diesem Einsatz im Tierpark schiefgehen? Die Hierarchie ist festgelegt, die Funkstreifenbesatzung sichert den Fundort, hält die Gaffer im Zaum. Die Ermittlungen sind dann Sache von Kripo und Spurensicherung. Sanela wandert auf dem Gelände herum und trifft auf dem Betriebshof beim alten Elefantenhaus Charlotte Rubin, die für die Futtertierzucht zuständig ist.


    Als Leserin, die sich Kirimis nach den Schauplätzen/Handlungsorten aussucht, freut mich ein Buch, das in einem Tierpark/Zoo spielt. Hier kreuzen sich die Wege vieler Menschen und es gibt vermutlich Möglichkeiten, nachts unbemerkt auf das Gelände zu gelangen. Auch für die Presse wird der Fall ein gefundenes Fressen werden. Sanela könnte sich durch ihre Herkunft und ihren Ehrgeiz weiter zu einer interessanten Person entwickeln.


    --> Interview mit Elisabeth Herrmann

  • Im Dorf passiert ein Mord - so zumindest meine Interpretation - und der Blutgeruch macht die Hunde unruhig. Wirklich ein unheimlicher Einstieg in die Geschichte.


    Sanela, 26, ehrgeizig, ist mir nicht auf den ersten Blick sympathisch. Der Psychologe in Ausbildung, Jeremy, dagegen schon eher :-). Die Einführung der beiden Protagonisten finde ich höchst gelungen und ich bin gespannt, wie und wann sie aufeinandertreffen.


    Der Tierpark als Mordschauplatz ist eine interessante Wahl. Ich habe mir auch noch nie Gedanken über die Details der Fütterung der Zootiere gemacht. Gruselig.


    Ich hatte anfänglich gedacht, dass sich zwischen Sanela und Gehring vielleicht etwas abspielen könnte, aber wenn der Mann verheiratet ist, dann lassen wir das mal besser. Bringt nur Ärger :grin


    Das Opfer im Tiergarten wird auf einer Schubkarre weggekarrt und dann an die Schweine verfüttert. Genau wie vor 20 Jahren? Da war ja auch eine Schubkarre im Spiel. Und Charlotte könnte das Kind von damals gewesen sein, zu dem der junge Hund ins Bett gekrochen ist. Das käme vom Alter her hin.


    So weit meine ersten Überlegungen zu diesem eindrucksvollen ersten Abschnitt. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.

  • Danke für den Link, buchdoktor. Den habe ich jetzt erst mal gelesen und fand sehr überraschend, dass es Salena eigentlich gar nicht hätte geben sollen. :grin Wie Frau Herrmann beschreibt, wie die kleine Streifenpolizistin sich frech und hartnäckig in das Buch gedrängt hat, gefällt mir sehr gut. Und ich fand die Kleine sofort sympathisch. Mit ihrer nervenden aber auch entwaffnend ehrlichen Art, ihr Wunsch nach Erfolg und Anerkennung, der auf den ersten Blick vielleicht etwas penetrant wirkt, der sich aber sicherlich aus ihrer Kindheit und Jugend erklärt, als sie von den anderen Kindern schikaniert und missachtet wurde, macht sie menschlich in all ihrer Schwäche. Außerdem hat sie durch Klugheit schnell erkannt, dass an dieser schnellen Verhaftung etwas viel zu einfach gewesen sein könnte und ihre Hartnäckigkeit findet wohl auch Gehring achtenswert.


    Außerdem finde ich es toll, dass man sofort mitten drinnen steckt in der Handlung. Da wird nicht lang gefackelt bei der Autorin. Und der Schauplatz ist wirklich super interessant. Als "immer wieder Seher" der Zoo-Geschichten im Nachmittagsprogramm, habe ich den Schauplatz und die Personen richtig gut im Kopf. Auch die Schweine. :grin


    Nach der "Cleanerin" von meinem letzten Herrmann-Roman ist dieser Job der "Tierfutterzüchterin" wirklich wieder ausgesprochen ungewöhnlich und einer der Berufe, die man sicherlich nicht auf seiner Berufswunschliste hat, wenn man von der Schule abgeht. :lache

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Zum Inhalt wurde hier schon eine Menge gesagt, also beschränke ich mich mal auf meinen Eindruck.
    Ich fand den ersten Teil sehr spannend und bin gut in die Geschichte reingekommen.
    Die Autorin hat einen tollen Schreibstil und mir gefällt ihre Schauplatzwahl sehr. Es ist mal etwas ganz anderes als immer irgendwelche Wohnungen oder Flussufer. :lache


    Ich hatte beim lesen das Gefühl, das an der Geschichte mit Charlie als Mörderin irgendetwas faul ist und konnte mich da gut in Sanela hineinversetzen.
    Mit dem Selbstmordversuch hatte ich nicht gerechnet, schon gar nicht mit einem Bleistift und ich fand ihn wrklich grausig :-(

  • Sanela hat mir gleich gefallen. Dass sie sich zur Kripo bewerben will, ist doch sehr verständlich. Bei diesem Fall fasst sie vermutlich endgültig den Vorsatz: das kannst du auch, das willst du auch. Sanela merkt sofort, dass die Kinder etwas Wichtiges beobachtet haben, aber was sie erfährt, darf vermutlich nicht verwendet werden. Und sei es auch nur, weil kein Erziehungsberechtigter bei dem Gespräch dabei ist. In ihrer Situation wäre ich vermutlich ziemlich genervt davon, dass Gedanken oder Beobachtungen nicht so wichtig genommen werden, wenn sie von einer - in jeder Hinsicht - "kleinen" Streifenpolizistin kommen.

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    In ihrer Situation wäre ich vermutlich ziemlich genervt davon, dass Gedanken oder Beobachtungen nicht so wichtig genommen werden, wenn sie von einer - in jeder Hinsicht - "kleinen" Streifenpolizistin kommen.


    Da stimme ich hundertprozentig zu. Und ich vermute, dass Gehring da kein Sonderfall ist, sondern dass das oft so gehandhabt wird.

  • DANKE für den Link, ich habe jetzt mal das Interview gelesen - sehr interessant und die Autorin sehr sympathisch :-)


    Man kommt sofort in die Geschichte - leichtes gruseln beim Prolog - wo soll und wird die Einführung hinführen?


    Sanela ist mir sympathisch, ein Persönchen, das sich gegen "Größere" - in jeder Beziehung - durchsetzen muß und sich selbst antreibt. Das sowohl im Sport als auch bei ihrer Neugier. Mir gefällt, daß sie sich nicht zufriedengibt mit den Erklärungen von Gehring, sondern die Akte an sich nimmt (Diebstahl ist zwar fragwürdig, muß aber in diesem Fall vermutlich sein :chen)


    Gehring, aus dem werde ich im Moment nicht schlau. Er blockt Sanela in ihrem Eifer und Interesse völlig ab, warum läßt er sie dann alleine in seinem Zimmer und fährt "schnell" zum Kaffee holen :gruebel


    Charlotte Rubin war für mich auf keinen Fall die Täterin. Ich glaube auch eher, daß sie das Mädchen aus dem Prolog war. Tja, die Futtertierzucht das war schon heftig und überhaupt habe ich mir darüber auch noch nie Gedanken gemacht - seltsam.

  • Charlotte Rubin soll von dem bekannten Gerichtsgutachter Prof. Brock auf ihre Schuldfähigkeit begutachtet werden. (S. 72) Sie könnte sich zu einem schwierigen Fall entwickeln. Es ist wichtig, dass der Gutachter ihr Vertrauen gewinnt. Brock erscheint nicht zum Termin, zu dem die Gefangene vorgeführt wird, und sein Assistent Jeremy Saaler ist deshalb allein mit ihr. Die Frau - "die Bestie" - ist ihm unheimlich. Jeremy wirkt hilflos und unprofessionell. Wahrscheinlich hat Brock noch keine Absprache mit Saaler getroffen, wie er (Brock) vorgehen wollte und welche Rolle Saaler bei der Befragung spielen soll. Ist es überhaupt klug, in so einem Skandalfall einen Berufsanfänger zu beteiligen? Welche Kompetenzen hat Saaler überhaupt schon?


    Saaler ist Diplompsychologe und "in der Facharztausbildung". Wie ist das denn möglich? Ein Psychologe kann sich als Psychotherapeut qualifizieren, nur ein Mediziner als Facharzt (für Psychiatrie in diesem Fall). Ich würde z. B. nur ungern Medikamente schlucken, die mir so ein "Facharzt" ohne Medizinstudium verordnen dürfte. Könnte Jeremy ein Hochstapler sein, der Brock seine Zeugnisse noch nicht vorgelegt hat und ihn so über seine Vorbildung täuscht? Die Stelle bei Brock hat Jeremys Vater Jason ihm durch "Klüngeln auf dem Golfplatz" beschafft. Der arme Junge wirkt deshalb ziemlich farblos. Was will Jeremy selbst beruflich erreichen und warum? Will er ein zweiter Brock werden?


    Der erste Abschnitt endet dramatisch mit Charlottes Selbstmordversuch und Jeremys Erkenntnis, dass dieser Beruf für ihn der Falsche sein könnte.

  • Auf mich macht Jeremy auch einen sehr hilflosen Eindruck und der Prof. hat mit ihm bestimmt vorher nichts abgesprochen. Ich denke auch, daß dies nicht der "Traumjob" von ihm ist, sondern daß er nur durch die Beziehungen seines Vaters dahin kam.

  • Zitat

    Man kommt sofort in die Geschichte - leichtes gruseln beim Prolog - wo soll und wird die Einführung hinführen?


    Die Idee, den Prolog aus Hundesicht zu erzählen, finde ich gut. So wird es zusätzlich etwas rätselhaft, da der Hund zwar mehr hört und riecht als ein Mensch aber die Zusammenhänge und die Worte nicht versteht. Gruselig und rätselhaft. :-)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    Aslak Nore - Meeresfriedhof


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Zitat

    Original von Richie
    Auf mich macht Jeremy auch einen sehr hilflosen Eindruck und der Prof. hat mit ihm bestimmt vorher nichts abgesprochen. Ich denke auch, daß dies nicht der "Traumjob" von ihm ist, sondern daß er nur durch die Beziehungen seines Vaters dahin kam.


    Das war wohl einfach eine unglückliche Situation, in der Jeremy mit Charlotte allein war. Brock hatte den Unfall und konnte deshalb nicht pünktlich da sein. Sonst hätte er Jeremy sicher nie mit Charlotte allein gelassen. Und Jeremy war in der Situation halt schlicht überfordert. Von einem Hochstapler hat er so gar nichts. Papi hat ihm die Stelle besorgt und nun muss er zusehen, wie er klarkommt, da er sich nicht traut, sich dagegen aufzulehnen.

  • Brock begründet das nicht, vielleicht hat er ein ungutes Gefühl oder er will gerade in diesem Fall unbedingt ein hieb- und stichfestes Gutachten abliefern. Er könnte als Gutachter von der Verteidigung ja auch abgelehnt werden.


    Gerade noch gefunden: Brock ist Jeremys Doktorvater. Promovieren könnte er ja auch als Psychologe bei ihm und der irreführende Begriff Facharzt wäre unnötig.

  • Er hat die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub. Falls er einen Fehler macht, sitzt ihm die Boulevardpresse im Nacken oder sein Gutachten wird in der Luft zerrissen. Mir scheint die schlimmste Vorstellung, dass Charlotte Rubin endgültig nicht mit ihm sprechen könnte und er aufgrund des ersten, misslungenen Gesprächs mit ihr kein glaubwürdiges Gutachten abgeben kann.

  • Zitat

    Original von JaneDoe


    Das war wohl einfach eine unglückliche Situation, in der Jeremy mit Charlotte allein war. Brock hatte den Unfall und konnte deshalb nicht pünktlich da sein. Sonst hätte er Jeremy sicher nie mit Charlotte allein gelassen. Und Jeremy war in der Situation halt schlicht überfordert. Von einem Hochstapler hat er so gar nichts. Papi hat ihm die Stelle besorgt und nun muss er zusehen, wie er klarkommt, da er sich nicht traut, sich dagegen aufzulehnen.


    :write als Hochstapler sehe ich ihn auch nicht, eher als "armes Würstchen", dem Papi diesen Job besorgt hat

  • Ich habe nun auch erstmal das Interview gelesen, vielen Dank für den Link.


    Ich hatte Sanela eigentlich direkt als Hauptfigur empfunden und erfahre nun, dass eigentlich Jeremy der Hauptcharakter ist. Darauf wäre ich nach Beendigung dieses ersten Abschnitts nicht gekommen. In diesem Abschnitt spielte Sanela eine viel größere Rolle und war mir daher bedeutend näher.


    Sanela war mir mit ihrer forschen Art von Anfang an symphatisch. Sie hat Ecken und Kanten und kämpft für ihre Ziele.


    Den Prolog aus Sicht des Hundes fand ich sehr gelungen, ungewöhnlicher Blickwinkel, die Sinne des Hundes so anders als die des Menschen. Ich tippe derzeit, dass es sich bei dem Mädchen aus dem Prolog um Charlie handelt.


    Charlie ist auch so ein ungewööhnlicher Charkater, allein ihr Beruf als Futtertierzüchterin, darüber, dass die Futtertiere auch irgendwo herkommen müssen, denkt man ja am liebsten gar nicht nach, wenn man im Zoo ist.


    Als Mörderin kann ich mir Charlie derzeit nicht vorstellen. Ich bin gespannt, was wirklich passiert ist. Und was hat es mit diesem Clown auf sich, den die beiden kleinen Mädchen gesehen haben?


    Ich denke auch, dass Brock aufgrund seiner Erfahrung einen Suizidversuch befürchtete.


    Jeremy kann ich noch gar nicht richtig einschätzen. Für einen Hochstapler halte ich ihn nicht, erher im Gegenteil, seinem Vater scheint Ansehen und Erfolg weitaus wichtiger zu sein als ihm selbst. Sehr unerfahren, ich bin gespannt, wie er sich entwicklen wird.

  • Mir hat der Einstieg in das Buch sehr gut gefallen. Ein ungewöhnlicher Mord an einem ungewöhnlich Tatort. Sanela fand ich sympathisch und authentisch, aber ich bin erstaunt, dass eigentlich Jeremy der Hauptcharakter des Krimis ist. Der erste Eindruck von ihm ist eher "Typ Muttersöhnchen", aber das kann sich ja noch ändern. Ich bin schon mächtig gespannt wie es weitergeht.