ZitatOriginal von SiCollier
Sind Geschwisterehe (bzw. Inzest allgemein) nicht in so gut wie allen Kulturen seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, verboten?
Bei weitem nicht. Die Regulierung unterliegt immer und überall den Zeitläuften. Erlaubt, verboten, geächtet, ignoriert, bestraft, gefördert. Alles möglich.
Wesentlich ist die Frage im kanonischen Recht, das über die Jahrhunderte ein höchst verwickeltes System von Verwandtschaftsgraden entwickelt hat und damit Ehehindernisse aufgebaut, von denen man sich per Dispens befreien lassen mußte. Je nach Epoche war es nahezu unmöglich, sich ohne - kostenpflichtigen - Dispens trauen zu lassen.
Aber Kubys Vorwurf an Pro Familia war der der rassistischen Eugenik. Als Gründe gegen Ehen unter nahen Verwandten werden heute tatsächlich Erkentnisse aus der Humangenetik angeführt. Das konnte man früher nicht. War nicht bekannt.
Die Diskussion zur Zeit dreht sich um 'Schutz vor Erbschäden' versus 'sexuelle Selbstbestimmung'. Ein Schuß Eugenik ist nicht abzustreiten, aber eben nicht bei denen, die Kuby im Visier hat.
Ich gestehe Dir zu, daß Familien aus Vater-Mutter-Kind ins Wanken geraten sind. Aber das liegt nicht an der Sexualisierung der Gesellschaft, sondern an unserer mörderischen Arbeitswelt.
Mit einer Rückkehr zu einem Familienbild, das historisch gesehen zum einen recht jung ist - das Familienbild, das Du meinst, entstand nach 1800 - , und zum zweiten in den seltensten Fällen im ganz normalen Leben zu finden war, läßt sich das aber keineswegs ändern.
Ebensowenig die penetrante Sexualisierung der Gesellschaft, die eine Folge davon ist, daß Sexualität zur Ware geworden ist.
Dies wiederum können nur Menschen ändern, die frei und gleichberechtigt mit ihrer und der Sexualität anderer umzugehen gelernt haben.
Weder eine neue Keuscheitswelle, noch ein wiederbelebtes Schamgefühl auf der Grundlage von Geboten metaphysischer Gesetzgeber können das leisten. Auch nicht die Berufung auf Gesetze der Biologie, von denen wir beim genaueren Hinsehen verflixt wenig wissen.
Die Probleme, die Kuby beschreibt, sind nicht die Ursache der Veränderungen. Allen gleich einen Religionshaß zu unterstellen, ist auch übertrieben. Ein bißchen Beherrschung ihrer Affekte wäre angebracht.
Eine Anmerkung zum Schluß: die von Kuby so verteufelte Geschichte von Harry Potter endet im letzten Band mit einem klassischen Familienidyll. Vater, Mutter, viele Kinder.
Schöner geht es nicht.
Zum Buch:
ich hätte zu gern eine Leseprobe gelesen, konnte aber keine finden.
Die Website der Autorin ist sehr aufschlußreich.
magali