'Nachtauge' - Seiten 385 - Ende

  • Zitat

    Original von ginger ale
    Noch ein kleiner Kritikpunkt: Manchmal kam ich mir vor, als ob ich ein Lehrbuch über den Nationalsozialismus lese. Es kamen immer wieder Szenen vor, in denen beispielhafte Gespräche regelrecht vorgeführt wurden: So war das damals, so haben die Menschen gedacht. In Erinnerung habe ich noch, dass z.B. im Kino zwei Frauen, die in der Reihe vor Georg und Eva sitzen, irgendein banales kurzes Gespräch führen, und man fragt sich, wozu das jetzt gut sein soll, weil es mit der Handlung an sich nichts zu tun hat.
    Wenn es um das Leben im Frauen-Lager an der Möhnetalsperre ging, und besonders auch in der Liebesgeschichte von Georg und Nadjeschka, hatte ich das Gefühl, ich lese tatsächlich Texte aus den 40er, 50er oder 60er Jahren.
    Ich würde gern wissen, ob der Roman von dir absichtlich in diesem recht bieder klingenden Stil geschrieben wurde, um die Leser noch mehr in diese Zeit hinein zu versetzen?
    Ich kann mir auch vorstellen, dass das Lesen der vielen Quellentexte dazu führen kann, dass man unbewusst einiges von diesem Schreibstil übernimmt?


    Hallo ginger ale,


    erst einmal: Danke für die gute Antwort zur Entnazifizierung!


    Deine Kritik kann ich gut verstehen. Das passiert so leicht, wenn man einen historischen Stoff behandelt! Man hat irgendetwas Beeindruckendes gelesen und will es unbedingt im Roman wiedergeben, und dann gibt es solche Gespräche wie im Kino ... Das ist dann quasi Steckenpferd-Reiten. :reiter


    Ob ich unbeabsichtigt etwas vom Schreibstil der Quellentexte übernommen habe, kann ich gar nicht sagen. Möglich ist es. Man ist da selber betriebsblind. Ist es jemandem von euch aufgefallen, der andere Romane von mir kennt, schreibe ich hier anders? Denkbar ist es. Wobei ich's nicht schlimm fände.


    Danke dir fürs Mitlesen und das Feedback!


    Herzlich,


    Titus

  • @titus
    Mir ist dazu noch Folgendes eingefallen:


    Joyce Carol Oates hat in ihrem Buch mit Tipps für junge Autoren (Titel ist gerade nicht zur Hand) beschrieben, wie sie arbeitet. Während sie mit dem Schreiben eines Romanes schon weiter fortgeschritten ist und zum Beispiel gerade Kapitel 20 schreibt, nimmt sie sich die ersten Kapitel wieder vor und überarbeitet diese, um eine einheitliche Erzählerstimme von Anfang bis Ende hinzukriegen. Das fand ich interessant.


    Tempe

    Zitat

    Und okay, viele habe ihre Gesinnung auch im Inneren weiterkultiviert, das könnte ich mir bei jemandem wie Axel gut vorstellen. Solche, die gesagt haben, sie hätten nur Befehle befolgt. Aber ob diesen vielen ,Ausführenden' dann niemals klargeworden ist, wie gewaltig die Greueltaten waren, bei denen sie mitgewirkt haben? So einer wie Plöger zum Beispiel. Wie kann so einer weitermachen? Grübeln


    Wen diese Frage interessiert, dem könnte folgendes Buch weiterhelfen:


    Der Verlust des Mitgefühls - Über die Politik der Gleichgültigkeit von Arno Grün


    Ich habe es von einem guten Freund empfohlen bekommen, der es sehr gut fand. Ich selbst habe bisher nur den Anfang gelesen und hier und da reingelesen - scheint wirklich einiges an Erkenntnis und tieferem Verständnis zu bieten, die man nicht so im alltäglichen Gespräch erreichen würde.

  • Doch ja, ich finde es schade, dass das Buch nicht als das verkauft wird, was es ist- ein spannender historischer Roman. Das Buch behauptet Spionageroman zu sein, was es nicht ist.


    Was mich umtreibt ist die Frage was aus so einem Lagerleiter den in den Siebziger Jahren geworden ist. Hat da jemand von den Antifaschisten differenziert? Zunächst wurde ja schnell ein Persilschein erteilt, aber später wurde doch recht undifferenziert verfolgt.

  • Was für ein Buch! Alle Bücher von dir haben ihre eigene Art, aber Nachtauge ist bisher das beste, finde ich. Aber ich würde nciht sagen, dass du anders erzählst. Ich fand es toll die Zeit so plastisch zu erleben, und sei es durch kleine Erzählhnadlungen, die mit dem eigentlichen Verlauf nichts zu tun haben.


    Die Geheimagenten stehen dir. Lass dich ruhig weiter von deinem Gefühl leiten, wieviel Innensicht du schreibst. Dann findest du auch das richtige Maß. Auch bei Thrillern variiert das und das finde ich gerade so toll und das macht den Stil eines Autors aus. Manchmal ist viel ein Zuviel. Manchmal passt es aber auch, je nach Aufbau der Geschichte.

  • Ich hatte einige Tage lang eine Freundin zu Besuch, habe ihr von "Nachtauge" erzählt und sie hat es zum Einschlafen begonnen und in einer einzigen Nacht verschlungen. Dass der Stil im Spionageteil anders ist als in dem Teil, in dem es um die Liebesgeschichte geht, ist ihr auch aufgefallen, aber wie man an uns beiden sieht, ist das ja nicht schlimm, der Roman ist sowohl spannend, als auch sehr gut recherchiert und sehr interessant. So ein Spektrum an unterschiedlichen Innensichten und komplett ohne moralischen Zeigefinger, das muss man bei diesem Thema erst einmal hinkriegen.
    Titus, ein dickes Dankeschön für dieses Buch!

  • Ich habe das Buch schonseit einigen Tage beendet - hatte aber zu viel um die Ohren um gleich darüber zu berichten.


    Wie andere hier auch bin ich über den Titel etwas irritiert - dafür dass Nachtauge relativ wenig präsent ist, ist der Titel meiner Meinung nach nicht so passend. Auch die Beschreibung "Spionagethriller" trifft nicht so ganz.


    Die Skrupellosigkeit von Nachtauge hat mich etwas erschreckt - aber sie gehört zur Person, zur Aufgabe und zur Zeit.
    Oksanas Geschichte würde mich interessieren, sie ist mir sofort eingefallen als ich das Buch zugeklappt habe. Die anderen Nebenstränge der Handlung sind nicht ganz so wichtig, und ich finde es nicht schlimm dass sie im Sande verlaufen (Eva, Plöger ...)


    Eigentlich habe ich nichts wirklich neues zu sagen. Nur noch einmal eine Bestätigung zum Schreibstil:


    Zitat

    Orignial von Titus Müller
    Ist es jemandem von euch aufgefallen, der andere Romane von mir kennt, schreibe ich hier anders?


    Der Stil ist ein völlig anderer, als in den historischen Romanen der älteren Zeit (Die Brillenmacherin, Die Jesuitin, Der Kalligraph des Bischofs ...) dort war der Stil blumiger, hier und auch in dem vorherigen Roman "Tanz unter Sternen" ist der Stil trockener - was irgendwie auch in die Zeit passt. Bei den beiden Büchern müssen die Umschreibungen nicht so ausführlich sein - weil man durch die vielen Bilder, Filme, Erzählungen der Großeltern und Fotos noch einiges aus der Zeit vor Augen hat.

  • Zitat

    Original von Kytha
    Der Stil ist ein völlig anderer, als in den historischen Romanen der älteren Zeit (Die Brillenmacherin, Die Jesuitin, Der Kalligraph des Bischofs ...) dort war der Stil blumiger, hier und auch in dem vorherigen Roman "Tanz unter Sternen" ist der Stil trockener - was irgendwie auch in die Zeit passt. Bei den beiden Büchern müssen die Umschreibungen nicht so ausführlich sein - weil man durch die vielen Bilder, Filme, Erzählungen der Großeltern und Fotos noch einiges aus der Zeit vor Augen hat.


    Das ist eine gute Erklärung, Kytha. Wenn man die Szene schon aus eigener Erfahrung oder aus Filmen vor Augen hat, muss der Autor nicht so viel beschreiben. Ich hatte mir das gar nicht überlegt, hab's aber wohl instinktiv so gemacht. :-)


    Herzliche Grüße, und danke fürs Feedback!


    Titus

  • Nachtauge ist also doch nicht unverwundbar. Dafür das Eric so schwer verletzt ist, ist er aber topfit. ;-)


    Die Eroberung der Möhnetalsperre wurde spannend erzählt. Die Auswirkungen mit den ganzen Toten hat mich sehr berührt.


    Georg und Nadjeschka treffen auf den Streichholzbriefeschreiber.


    Am Ende hätte ich mir noch gewünscht, zu erfahren, wie es Oksana noch ergangen ist.

  • Das Buch hat mit dem letzten Abschnitt einen guten Abschluss gefunden.


    Wie so vielen hier, hat mich ein wenig gestört oder vielmehr irritiert, dass der Spionageteil doch eher eine untergeordnete Rolle gespielt hat (erst in der zweiten Hälfte des Buches wurde Nachtauges Mission ein wenig mehr beleuchtet), das Hauptaugenmerk lag dann doch eher auf der Liebesgeschichte zwischen Georg und Nadjeschka. Was aber nicht weniger spannend war! Meiner Erwartung nach hätte ich mir jedoch manchmal gewünscht, noch ein wenig mehr über Nachtauge und die Hintergründe zur Spionage zu erfahren.


    Die Bombardierung der Möhnetalsperre und die bis zum Gelingen notwendigen Abläufe wurden beeindruckend dargestellt. Auch die darauf folgende Katastrophe hat mir regelrecht den Atem stocken lassen. Die Vorstellung, sich zunächst in gewisser Weise vor Bombenangriffen "sicher" im Luftschutzkeller zu fühlen (sofern das überhaupt möglich war) und im nächsten Moment hoffnungslos zu ertrinken - einfach gruselig. Ich finde, die Stimmung wurde gut eingefangen, so hätte es wirklich gewesen sein können.


    Den Anhang fand ich klasse. Die Textauswahl ergänzt die Geschichte höchst informativ, vieles wurde noch mal deutlich bzw. klar gestellt. Dass die Liebesgeschichte auf einer tatsächlichen Begegnung beruht, wusste ich ja bereits. Es war aber gut, dass das im Buch am Schluss noch mal Erwähnung findet, da das Buch (für mich) doch eher abrupt endet und nicht wirklich klar wird, ob Georg und Nadjeschka den Krieg doch noch überstehen.


    Alles in allem würde ich das Buch bedenkenlos weiterempfehlen (vielleicht mit dem Hinweis, dass der Spionageteil nicht ganz so im Fokus steht, wie der Klappentext oder auch der Titel vermuten lassen).


    Vielen Dank an Titus Müller für dieses tolle Lesevergnügen und die aufschlussreiche Begleitung der Leserunde! :wave (Beim nächsten Buch bin ich bestimmt wieder mit dabei... ;-))

  • Hallo,


    so ich bin jetzt auch endlich durch. Das Buch habe ich letzte Woche im Urlaub zu Ende gelesen und jetzt noch den Anhang geschafft.


    Erst Mal moechte ich mich (nochmal) entschuldigen, dass ich so lange gebraucht habe, ich weiss auch, dass das fuer so eine Leserunde nicht so optimal ist, aber mal angesehen davon, dass die letzten Wochen irgendwie bei mir viel Privat zusammen kam, brauchte ich einfach mein eigenes Lesetempo, wenn man sich zwingt, macht es ja auch keinen Spass...


    Im Grossen und Ganzen lag das aber nicht am Buch, das sich rech fluessig lesen liess. Ich muss aber auch zugeben, dass ich mich selber dabei ertappt habe, dass ich die Abschnitte mit Nachtauge sehr schnell gelesen habe, waehrend die Geschichte um Georg und Nadjeschka sich fuer mich sehr gezogen hat und ich da auch oefter mal laengere Pausen eingelegt habe.


    Das Buch war aber dennoch spannend, unterhaltsam und lehrreich. Ich habe einige Aspekte ueber den 2. Weltkrieg gelernt, die mir so noch nicht so bewusst waren. Der Anhang war auch sehr hilfreich um das Ganze nochmal in Perspektive zu ruecken und finde sowas sollte bei einem Roman der auf historischen Begebenheiten basiert Pflicht sein, vielen Dank dafuer. Leider war ich beim Lesen selber ja sehr verwirrt (hielt die Szenen zu Beginn des Buches fuer den Blitzrkieg usw.) das haette sich am Ende ohnehin noch geklaert, wenn Titus das nicht netterweise schon vorher getan haette. :grin


    Auch meine vorherigen Fragen haben sich zum Teil eruebiegt, z.B. die Tatsache, dass Georg und Nadjeschka auf historische Personen basieren usw. Da fand ich auch diesen kleinen Einblick in die Recherchearbeit super.



    Ich will jetzt nicht sagen, dass ich es 'gut' fand, dass Titus so konsequent Charaktere umgebracht hat, bei denen es sehr schmerzt, allen voran natuerlich Anneliese und die Kinder, aber auch zB. die Opfer von Nachtauge, aber es war sehr effektiv. Damit 'spuert' man als Leser die Ausmasse des Krieges viel eher als wenn man Zahlen in Geschichtsbuechern studiert. Ausserdem gefiel es mir, dass der Kriegsalltag vor allem durch so viele kleine Details veranschaulicht wird / das ist der Junge im Fronturlaub, oder ein Gespraech, das aufgeschnappt wird oder einfach als ich festgestellt habe, dass die englischen Flieger alle Jungs in meinem Alter waren - weiss auch nicht wieso, aber irgendwie hatte ich mir die aelter und reifer vorgestellt, speziell Guy Gibson, der ja aber selber auch erst 24 oder 25 war. ;-) In dem Sinne hat mich das Buch auch emotional sehr mitgenommen.


    Meiner Meinung nach gibt es auch zwei kleine Negativpunkte, und da der Sinn einer Leserunde ja ist, nicht nur die positiven Seiten anzumerken, muss das wohl auch sein. ;-)


    Ich wuerde nicht mal unbedingt konkret fordern, dass Nachtauge oefter auftaucht, das Buch ist wie es ist und die Spionin ist diejenige, die alle Handlungsfaeden miteinander verbindet. Daher finde ich den Titel auch in Ordnung. Schade ist viel eher, dass ich aufgrund des Klappentextes etwas anderes erwartet haette, ich hielt es eher fuer einen historischen Spionagethriller mit der Nebenhandlung zwischen Georg und Nadjeschka. Von daher kann man dem Autor eigentlich keinen Vorwurf machen, dass er das Buch so geplant hat, aber dem Verlag, dass vielleicht falsche Eindruecke erweckt wurden.


    Der zweite Kritikpunkt ist inhaltlich, und zwar finde ich dass dieses Buch so viel Potenzial hat, dass man noch mehr daraus haette machen koennen. Sorry, ich weiss, dass das Jammern auf hohem Nievau ist. ;-) Allerdings hatte das Buch fuer mich persoenlich den Reiz in der Handlung, und leider nur in der Handlung. Die Charaktere und die Personenentwicklung bleiben fuer meinen Geschmack an ein paar Stellen zu oberflaechlich, und das obwohl so interessante Charaktere darin vorkommen. Es ist natuerlich so, dass man sehr viele verschiedene Personen kennen lernt, und teilweise nur kurzzeitig in deren Gefuehlswelt eintritt, zB. Blockwart Wiese, Eva und sogar kurz Winston Churchill! Das ist natuerlich interessant, aber ich haette mir mehr psychologische Tiefe bei ein oder zwei Charakteren gewuenscht. Bei Georg ist da zwar ansatzweise ein Versuch vorhanden, aber ich fand Georg nicht so interessant und oft sogar sehr egoistisch, zum Beispiel bringt er seinen Gro0ssvater bewusst in Gefahr. Mehr haette ich mir von Nachtauge gewuenscht (ihre Motivation erschien mir noch ein bisschen zu ueberfluessig, da haette man mehr in die Tiefe gehen koennen, dazu unten noch mehr), oder die Rebellen rund um den Pfarrer und seinen Freund den Zettelschreiber (letzteren haette man meiner Meinung nach gar nicht mehr einbringen muessen, aber wenn dann haette ich mir ein bisschen mehr gewuenscht...).


    Nun gut, das ist aber meine persoenliche Meinung und ich bin mir eigentlich sogar sicher, dass diese Weg bewusst nicht gegangen wurde, sondern dass der Kriegsalltag mehr Gewichtung bekommen sollte und das ist auch in Ordnung. Sollte Titus aber mal auf die Idee kommen mehr in die Materie einzusteigen die ich oben genannt habe, waere ich die erste die sich das Buch vorbestellt. :grin



    Zitat

    Bei der Innensicht bin ich nämlich unsicher gewesen. Ich schreibe gerne über die Gedanken und Gefühle der Figuren, fand hier aber, dass Nachtauge geheimnisvoll und ein wenig fremd bleiben sollte. Wie geht es euch, wenn ihr Thriller lest? Mögt ihr gern tief in die "gefährlichen Figuren" eintauchen, oder ist es für euch stimmungsvoller, wenn sie fast nur von außen geschildert werden? Wie habt ihr das bei diesem Roman empfunden?


    Generell lese ich nicht so oft Thriller, aber wenn nur solche wo man die Innenansicht des Taeters erfaehrt, gerade diese 'psychologische' Komponente interessiert mich. Bei Nachtauge fand ich den Erklaerungsversuch leider nicht so befriedigend. Wenn dann haette es mir vielleicht besser gefallen gar nichts ueber sie zu erfahren und so das Geheimnisvolle zu wahren, oder aber mehr uebere ihre Innensicht, wie sie 'tickt'. Da stimme ich auch Jupp zu, der sagte, dass ihre Einstellung zum Krieg interessant waere, selbst wenn diue Motivation persoenlich war, muss sie ja irgendeine Meinung gehabt haben. Die Loesung, wie sie gewaehlt wurde, war so ein bisschen der Kompromis, damit faehrt man als Autor sicher nicht so schlecht, aber mich persoenlich hat es nicht so angesprochen. Das ist aber auch nur meine ganz subjektive und ehrliche Meinung, andere hier sehen das ja auch anders. Und mir isr auch klar, dass das Buch dann wohl 1000 Seiten haette, wenn das alles im Detail beruecksichtig waere. Haette mich allerdings auch nicht gestoert, denke ich. :-)



    Oh wei, wenn ich den Text so sehe, dann klingt es so, als wuerde ich das Buch total kritisieren, das ist aber nicht meine Intention. Ich muss mal in mich gehen, aber ich denke es wird von mir so 7-8 Punkte geben und das ist schon richtig gut bei mir, denn 9-10 reserviere ich nur fuer meine absoluten Lieblingsbuecher und es muss sich ja auch echt keiner graemen, wenn seikn Buch (noch) nicht mit Fitzgerald oder Hemingway mithalten kann. :grin Die negativen Punkte habe ich jetzt nur als Feedback herausgehoben, weil man die positiven Aspekt (schoener, einfach zu lesender Sprachstil, es gibt nichts Schlimmeres, aber wenn die Sprache beim Lesen stoert) und die spannende Handlung, die Fakt und Fiktion gekonnt miteinander verbindet einfach gut zusammenfassen kann. :-) Diese Aspekte fuehren dazu, dass ich jetzt mal gucke, was ich von Titus sonst noch lesen koennte, im engeren Kandidatenkreis sind 'Das Mysterium', obwohl 'Tanz unter Sternen' vielleicht mehr meine Epoche waere, mal sehen... :-)




    Kleiner Zufall/Detail am Rande, der das Buch nochmal zu etwas Besonderem machte. Als ich das Buch gerade beendet hatte, erzaehlte meine Oma, die nach dem Krieg im Sauerland lebte, dass sie und mein Grossvater irgendwann mal mit einem Englaender, dessen Vater im Krieg bei der RAF war eine Tour zu den Talsperren machte, die zerstoert wurden. Sie hat auch nicht schlecht gestaunt, dass ich darueber bereits bis ins Detail bescheid wusste. ;-)

  • Vielen, vielen Dank, ScoobyDoo,


    für deine Leseeindrücke! Ich lerne gerne dazu durch solches detailliertes Feedback, es hilft mir wirklich weiter. Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, all das aufzuschreiben. :knuddel1


    Eine Sache ist mir noch unklar. Du schreibst, dass du die Passagen mit Nachtauge schnell und flüssig gelesen hast, die Geschichte um Georg und Nadjeschka für dich aber etwas langatmig war.


    Da denke ich mir gleich: Mehr Action in die Romane! Jawohl!


    Andererseits hast du dir mehr Personenentwicklung gewünscht. Nun habe ich geglaubt, genau das bei Nachtauge weggelassen zu haben (zugunsten der Action) und stattdessen bei Georg und Nadjeschka mehr Zeit dafür aufgewendet zu haben. Georgs Wunsch, wieder als Lehrer zu arbeiten, seine Hadern mit der Ex-Geliebten Eva, Nadjeschkas Sehnsucht nach der Ukraine, der Stein, der sie an zu Hause erinnert, ihr schlechtes Gewissen wegen des Mords an Katja ...


    Habe ich die Personenentwicklung an der falschen Stelle gebracht? Oder waren dir Georg und Nadjeschka nicht sympathisch genug, weshalb du dir dieses Persönliche eher bei Nachtauge gewünscht hättest?


    Ich frage das ganz ohne kritischen Unterton, nur mit Neugier und dem Wunsch, zu verstehen und dazuzulernen. Meine Sorge ist nämlich, sonst das Falsche zu schlussfolgern und am Ende im neuen Roman, den ich gerade schreibe, die langatmigen Stellen noch langatmiger zu machen. :grin


    Danke für jeden Hinweis! (Schreib mir gerne auch, falls du's noch weißt, bei welcher Szene du dich besonders gelangweilt hast. Das hilft mir sehr!)


    Herzliche Grüße und tausend Dank für deine Mühe, :wave


    Titus

  • Hallo Titus,


    das ist eine sehr berechtigte Nachfrage, denn ich gebe zu ich musste jetzt selber erst mal darüber nachdenken. :grin In der Leserunde poste ich meistens eher Brainstormingmäßig bzw. von Notizen, die ich mir schon beim Lesen, die geordneten Gedanken werdne dann in die Rezi gepackt, die ich generell lieber mit ein bisschen Abstand schreibe. ;-)


    Schon mal vorneweg - ich fand nich alles an dem Handlungsstrang schlecht, tut mir echt Leid, wenn das jetzt so rüber gekommen ist. Mir gefiel lediglich der andere Strang um Nachtauge besser. Mir gefiel wie du Georgs Zwispalt dargestellt hast, denn zunächst fand ich ihn nicht besonders sympathisch, wenn ich ganz ehrlich bin. Er ist gegen der Krieg, tut aber auch nichts - ganz im Gegensatz zum Beispiel zu dem Pfarrer und natürlich auch Nadjeschka, die versucht ihr Schicksal selber in die Hand zu nehmen. Er ist erst bereit etwas zu riskieren - und zwar alles - als er sich in Nadjeschka verliebt und damit empfand ich ihn sehr egoistisch und auf den eigenen bzw. eben Nadjeschkas Vorteil bedacht. Dabei bringt er auch den Großvater und im erweiterten Kreis seine Schwester in Gefahr. Dabei schein Egoismus und das Auge für den eigenen Vorteil doch etwas zu sein, was er in anderen Leuten so hasst. Besonders beeindruckend fand ich das als Charakter nicht. Ich muss zugeben, dass mich zum Beispiel Eva mehr beeindruckt hat. Sie mag nur eine unwichtige Rolle spielen, aber sie wird von dem Mann, den sie lieb verletzt und hat trotzdem den Mumm ihn gegenüber dem Blockwart in Schutz zu nehmen.


    Später habe ich dann aber gemerkt, dass Georg mir gar nicht sympathisch sein muss, denn er ist eben kein Held sondern ein ganz normaler Mensch.


    Das kann also nicht mein Problem gewesen sein, diese Entwicklung gefiel mir im Grunde gut. Ich denke was mir persönlich einfach zu schnell ging, war der Prozess wie Georg zu diesem Punkt kommt. Er ist eindeutig nicht bereit für seine Ideale einzustehen, wenn es ihm gefährlich werden könnte, aber er ist Hals über Kopf dazu bereit alles für eine Gastarbeiterin zu riskieren? Nadjeschka hat nichts zu verlieren, aber Georg eben sehr viel. Mir kam es auch so vor, als wäre dies innerhalb kürzester Zeit geschehen, aber vielleicht haben mich die Daten auch wieder nur verwirrt. Vielleicht oute ich mich auch gerade einfach als furchtbar unromantisch, aber es gehört schon viel dazu, wenn man bereit ist für eine andere Person, die man gerade erst getroffen hat zu sterben. Ich denke ich konnte die Stärke dieser Gefühle vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Georg vorher noch so offensichtlich auf seine eigene Sicherheit bedacht war nicht so recht nachvollziehen.


    Die Länge empfand ich in dem Teil der hier ja auch schon von vielen angemerkt wurde - als man einfach darauf wartet, dass es nach London zurück ging. Ja, ich weiß, dass sich das damit widerspricht, dass ich weiter oben sage, dass mir die Entwicklung der Gefühle zu schnell ging, aber ich denke es hängt genau damit zusammen: Ich konnte Georg nicht nachvollziehen und gleichzeitig wartete ich auf Neuigkeiten aus London. ;-)


    Aber ich will nochmal betonen, dass ich das Buch nicht langweilig fand, vielleicht habe ich das nur ein bisschen zu krass formuliert.


    Und nebenbei möchte ich mal erwähnen, dass ich es super finde, dass du dich dem Feedback hier stellst und so ausführlich darauf eingehst. Ich denke ich bin ein recht kritischer Leser (oder man könnte auch sagen ich habe einfach immer was zu meckern. :grin) und ich habe mir schon immer gewünscht, dass den Autoren auch mal 'um die Ohren hauen zu können'. :lache Außerdem sind solche Leserunden sind eine prima Möglichkeit als Leser auch mal ein bisschen mehr über die andere Seite nachzudenken. Vielen Dank dafür. :wave

  • Wie wahr, wie wahr, Lesebär! :-(
    Auch von mir ein Dankeschön an JaneDoe. Und eines an Titus und Scooby für ihren besonders interessanten Gedankenaustausch. :anbet :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von ScoobyDoo
    Ich denke was mir persönlich einfach zu schnell ging, war der Prozess wie Georg zu diesem Punkt kommt. Er ist eindeutig nicht bereit für seine Ideale einzustehen, wenn es ihm gefährlich werden könnte, aber er ist Hals über Kopf dazu bereit alles für eine Gastarbeiterin zu riskieren? Nadjeschka hat nichts zu verlieren, aber Georg eben sehr viel. Mir kam es auch so vor, als wäre dies innerhalb kürzester Zeit geschehen, aber vielleicht haben mich die Daten auch wieder nur verwirrt. Vielleicht oute ich mich auch gerade einfach als furchtbar unromantisch, aber es gehört schon viel dazu, wenn man bereit ist für eine andere Person, die man gerade erst getroffen hat zu sterben. Ich denke ich konnte die Stärke dieser Gefühle vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Georg vorher noch so offensichtlich auf seine eigene Sicherheit bedacht war nicht so recht nachvollziehen.


    Hallo ScoobyDoo,


    das ist eine sehr berechtigte Kritik. Georg ändert sein Verhalten, und man versteht nicht recht, warum. Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, noch einmal in dir nachzuforschen und herauszufinden, was dich an ihm gestört hat! Hilft mir sehr.


    Alles, was ich hier lerne, kommt dem neuen Roman zu Gute, an dem ich gerade arbeite. Dankeschön an dich und in die Runde! :knuddel1


    Herzlich,


    Titus