Plauderecke (vormals "Autorenknigge")

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    Original von beisswenger
    So bin ich hin und wieder über Aussagen einiger Autoren gestolpert, die hier feierlich (mit einem Hauch moralischer Überlegenheit garniert) und stolz verkündet haben, man rezensiere die Bücher der werten Kollegen nicht.
    Aber warum denn nicht? Was motiviert Autoren zu dieser Aussage?


    Als Autor weiß man, wieviel Mühe und Anstrengung hinter einer Buch stecken. Und dann begegnet man dem Kollegen vielleicht auch noch auf einer Buchmesse persönlich. Ich hätte ein schlechtes Gefühl, wenn ich wüsste, dass ich genau das Buch, über das mir der Mensch vor mir Freudestrahlend berichtet, mit einer Einsternrezension in Grund und Boden gestampft hätte.


    Zitat


    Und da wir gerade dabei sind, würde mich auch brennend interessieren, warum manche Autoren Rezensionen ihrer Bücher kommentieren. Natürlich ist ein Austausch immer gut, aber deshalb wurden doch die Leserunden erfunden, stimmt’s?


    Nicht jedes Buch hat das Glück, hier in einer Leserunde besprochen zu werden. Und falls in einer Amazon-Review etwas kritisiert wird, das der Autor vielleicht aus einem bestimmten Grund eingebaut hat, eine Anspielung, die der Leser nicht verstand z.B., eine Pointe, hat man das Bedürfnis, auf die Zusammenhänge hinzuweisen.
    Anders herum weiß ich als Autorin, die auch in Kleinstverlagen veröffentlicht, dass man kaum viele Euros mit dem Buch verdienen wird. Da sind gute Meinungen über den Text eine wertvolle Bestätigung, dass, auch wenn die Verkaufszahlen mangels Buchhandelspräsenz und großem Werbebudget nicht groß sind, der Text dennoch seine Leser findet und gefallen hat.
    Das Schreiben ist ja eigentlich recht einsam, und viele von uns sind im realen Leben eher schüchterne Menschen, die einen Knoten im Bauch kriegen, wenn sie in der Buchhandlung oder in der örtlichen Bibliothek darum bitten sollten, eine Lesung halten zu dürfen. Der Kontakt zu Lesern über den Bildschirm schafft eine gewisse Distanz, ermöglicht auch, dass man seine Gedanken erst ordnet und ins reine schreibt, ehe man antwortet.
    Um auf die Reaktionen auf Rezensionen zurück zu kommen: Auch das Schreiben von Rezensionen ist eine Leistung. Und wenn man das als Autor liest und sich darüber freut, ist es ebenso ein Grund, dem zu antworten, der sich die Mühe gegeben hat, es zu verfassen und zu veröffentlichen und sich damit genauso dem scharfen Wind der Meinung anderer stellt, wie der Autor des Buches.



    Ich selbst habe einen Sommer lang Rezensionen zu Bilderbüchern und Kinderbüchern geschrieben, die ich aus der örtlichen Bibliothek ausgeliehen hatte. Einige hatten gar keine Rezension, obwohl sie wunderschön waren.
    Die wenigen Bücher, die mir nicht gefallen haben, haben drei Sterne bekommen, es waren vielleicht zwei oder drei unter zig anderen.
    Weniger Sterne würde ich als Autor einem anderen Autor nicht geben wollen, auch weil ich weiß, dass ein Buch nicht immer so wird, wie es ist, weil der Autor es genaus so und nicht anders haben wollte, da haben Verlagswünsche und Lektoren ein gewichtiges Wort mitzureden. Und das nicht immer zum Besseren.

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    Original von Groupie



    @ David Gray: Haben die verlinkten Bücher eigentlich irgendwas mit dem Thema zu tun? Ich begrüße es natürlich, wenn hier möglichst viele ihre Meinung zum Thema posten, aber ich finde es leicht befremdlich, wenn man eine solche Diskussion als Werbeplattform nutzt. Dafür gibt es doch hier eigene Beiche. :wave


    Was hat Toms Webseite mit Buchwerbung für seine Jerome K Jerome Variation mit dem Thema zu tun? Ich denke er benutzt das als Signatur. Ich glaubte bislang, dass ich das auch könnte - eine Signatur benutzen. Oder Du, falls Du Bücher verfasst, was ich nicht weiss. :wow


    Tom hat - leider - Recht, wenn er behauptet, dass einige Autoren glauben sich mit "Rezensionskartellen" Vorteile verschaffen zu können. :gruebel


    Ich persönlich fand so was immer abstoßend und habe mich da stets herausgehalten. Es bringt vielleicht kurzfristig ein paar Rezis mehr, aber die sind nicht echt und die Leser merken so etwas auch sehr schnell. :anbet


    Ich erinnere mich noch gut an den "Skandal" als der Historiker Orlando Figes (seinerzeit immerhin Professor an der LSE) zugeben musste, dass er mit Hilfe von Sockenpuppen Jubelrezensionen für sein neuestes Buch auf Amazon veröffentlichte, währends er zugleich die Bücher seines Kollegen Robert Service mit Hilfe dieser Rezensionen mies machte ---- Der Redakteur des Guardian der einen Artikel dazu verfasste behauptete darin zu Recht, dass Fighes damit sein an sich brillantes Buch selbst völlig diskreditierte ... :bonk


    So was bringt also nicht viel




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  • Zitat

    Original von David Gray
    Ich glaubte bislang, dass ich das auch könnte - eine Signatur benutzen. Oder Du, falls Du Bücher verfasst, was ich nicht weiss. :wow


    Na, aber das tust du doch nicht mal. Du benutzt die Büchereulen-Amazon-Verlinkung lustig unter jedem Kommentar und verlinkst eins deiner Bücher. Ich dachte bisher immer, dass diese Einrichtung dazu da wäre, um Bücher zu verlinken, die mit dem Thema zu tun haben bzw. über die man gerade schreibt. Bei dir nimmt die Werbung für deine Bücher ja fast so viel Platz ein wie deine Kommentare an sich. Und ich bezweifle ernsthaft, dass das hier im Forum Sinn der Sache sein kann. Wenn das noch andere Autoren tun, dann ist mir das zumindest so noch nicht aufgefallen. Warum erstellst du dir nicht einfach eine Signatur mit kleinen Links zu deinen Büchern?

  • Die Frage ob ich als Autor auch Rezensionen schreiben sollte oder mich anderweitig über die Bücher von Kollegen äußern sollte, habe ich mir auch schon gestellt.


    Bei einer ersten Betrachtung scheint es mir dabei, als sei ich eben einfach nur ein Mensch, der sogar noch etwas von Literatur versteht und daher bestens geeignet sein müsste Rezensionen zu verfassen. Ein generelles Verbot möchte ich mir auch tatsächlich nicht selbst auferlegen.


    Ich bin aber auch in einer ganz besonderen Situation, da ich einen ganzen Sack voll teils widersprüchlicher Eigeninteressen habe. Zunächst einmal könnte ich prinzipiell davon profitieren, andere Autoren schlecht zu reden und damit Konkurrenz auszuschalten (nicht das ich glaube, das so etwas mir wirklich etwas bringen würde oder es für moralisch okay hielte). Ich könnte aber auch versuchen, mir durch positive Rezensionen Sympathien bei den Fans des rezensierten Autors zu sichern (oder umgekehrt betrachtet verhindern mir Feinde zu machen). Außerdem wurde auch in diesem Thread schon angeführt, das Autoren sich durchaus einmal begegnen können. Da kann vor allem eine (offentliche) negative Kritik leicht peinlich sein.


    Wenn ich diese Interessen kenne und berücksichtige kann ich mich natürlich trotzdem mit Bedacht äußern. Wichtigstes Kriterium für mich ist dabei, das ich, trotz verschiedener objektiver Eigeninteressen in der Lage bin mir eine ehrliche Meinung zu bilden und diese auch so zu äußern. Wann immer ich den Eindruck habe, nicht ehrlich schreiben zu können, muss ich es lassen.

  • Auch als Schreibkollegin oder Schreibkollege sollte man einfach den Arsch in der Hose haben und Sch....... eben auch als solche bezeichnen. Das wäre ehrlich und nicht zu tadeln.


    Wo kämen wir denn dahin, wenn ein Kollege (in welchem Bereich auch immer) einem anderen Kollegen nicht mal ordentlich die Meinung sagen dürfte.


    Diese vornehme "Ich kritisiere keine Kollegen" ist doch einfach der Ausdruck der Angst vor einer Replik des kritisierten Kollegen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Groupie
    Zumal man den Begriff "Kollege" auch sehr weit dehnen kann.


    Im Prinzip kann ich dir da zustimmen - nur würde ich diesen Satz gern etwas näher erläutert bekommen. Bist du für Kritik unter Kollegen oder bist du der Ansicht Kollegen (jetzt mal bezogen auf die sich elitäre gebärdende schreibende Zunft) sollten sich nicht gegenseitig kritisieren?

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Groupie
    Ich wundere mich auch immer wieder darüber. Meiner Meinung nach darf jeder Autor auch einfach Leser sein. Und als dieser darf er Bücher auch rezensieren. Und zwar ohne schlechtes Gewissen. Ich weiß nicht, warum Autoren häufig glauben, dass sie andere Autoren nicht kritisieren dürften. Ich hoffe nicht, dass sie Angst vor Retourkutschen haben. Vielleicht haben sie einfach nur Angst davor, andere mit ihrer Kritik zu verletzen, weil sie wissen, wie grausam das manchmal sein kann. Dabei denke ich, dass gerade auch Autoren Bücher anderer Autoren so rezensieren könnten, dass es für Leser im Auswahlprozess sehr hilfreich wäre.


    Ich zitier mich kurz selbst von Seite 1. Ich kann es nach wie vor nicht verstehen. Denn ich finde, dass jeder Mensch das Recht dazu hat, seine Meinung zu äußern. Als Lehrer darf ich anderen Lehrern auch sagen, wenn mir etwas an ihrem Unterricht missfällt. Es kommt immer nur auf das WIE an.

  • Zitat

    Original von Groupie
    Ich kann es nach wie vor nicht verstehen. Denn ich finde, dass jeder Mensch das Recht dazu hat, seine Meinung zu äußern. Als Lehrer darf ich anderen Lehrern auch sagen, wenn mir etwas an ihrem Unterricht missfällt. Es kommt immer nur auf das WIE an.


    Darum geht es m.E. aber nicht. Sondern darum, ob ich als Lehrer öffentlich verkünde, dass der Kollege Meier einen schlechten Unterricht macht. Darum, dass ich als Feigling bezeichnet werde, wenn mir bei dem Gedanken unwohl ist und wenn ich ihm das lieber unter vier Augen und möglichst auch nicht ungefragt sagen möchte.

  • Groupie


    Diese Ansicht kann ich verstehen und heiße sie auch im Kern gut. Aber...


    Zitat

    Als Lehrer darf ich anderen Lehrern auch sagen, wenn mir etwas an ihrem Unterricht missfällt.


    ... dieser Vergleich geht meiner Ansicht nach weit daneben. Denn Lehrer dürfen durchaus nicht wo immer es ihnen einfällt über ihre Kollegen reden, wie es ihnen beliebt. Einem Kollegen die Meinung über seine Leistungen zu sagen ist immer etwas ganz anderes, als einer Öffentlichkeit das gleiche zu verraten. Was im Lehrerzimmer oder besser noch im Vieraugengespräch durchaus ausgesprochen werden kann, hat vor Schülern in der Regel erst einmal nichts verloren.


    Rezensionen sind aber (egal ob positiv oder negativ) öffentliche Kritik an der Arbeit eines Kollegen und keine Privatsache. So etwas hat Auswirkungen.


    Zitat

    Diese vornehme "Ich kritisiere keine Kollegen" ist doch einfach der Ausdruck der Angst vor einer Replik des kritisierten Kollegen.


    Das ist im Kern (wenn es auch unnötig abfällig formuliert ist) sicher nicht ganz verkehrt. Autoren haben nun einmal ein Interesse daran, ihre eigenen Bücher zu verkaufen. Ein Krieg mit einem Kollegen (und dessen Fans) ist da nicht unbedingt förderlich. Etwas Zurückhaltung kann da durchaus eine kluge Wahl sein.

  • Ach herrje, das ist so eine Frage, auf die es keine allgemeingültige Antwort geben kann, sondern nur individuelle Meinungen.


    Ja, vor einem Wertekanon, der Ehrlichkeit mit einschließt und annimmt, dass Kritik zulässig sein muss (denn wie sonst könnte der Kritisierte seine Schwächen erkennen), sollte der Verriss eines Buches unter Kollegen kein Problem sein.
    Sollte, wohlgemerkt.
    Dieser Wertekanon geht aber auch nicht davon aus, dass niedere Beweggründe wie etwas Niedertracht, Bosheit und eigenes Gewinnstreben auf Kosten anderer etwa im Spiel sein könnten. Die Ehrlichkeit und die ehrliche Kritik sind ein Ideal, das zusammen mit anderen Idealen in einem Garten wächst und mit Unkräutern nur bedingt klar kommt.


    Deshalb tut sich zwischen Ideal und Praxis mitunter eine tiefe Kluft auf.
    Da es durchaus (nicht wenige) Autoren und sogar Marketingagenturen im Auftrag von Verlagen gibt, die Verrisse auch unabhängig vom Gefallen schreiben, und zwar aus Beweggründen, die von persönlicher Abneigung gegen die Person bis hin zur (erhofften) Erhöhung des eigenen Produkts in der Wahrnehmung der Kunden reichen, hat die hehre Reinheit der Kollegenkritik ein G'schmäckle bekommen.
    Das schlägt nun natürlich auch auf alle unschuldigen Kritiker durch, die nur ihrem persönlichen Eindruck ein öffentliches Ventil schaffen wollten. Natürlich bleibt ihnen unbenommen, das trotzdem zu tun - dies ist ein freies Land.


    Jenseits dessen, die Frage sollte eigentlich lauten, was will der Kritiker denn mit seiner Kritik erreichen?
    Sich Erleichterung verschaffen, indem er seine Meinung der Öffentlichkeit kund tut? Einen Missstand bekämpfen (indem er darauf hinweist)? Das macht die Öffentlichkeit dann zwingend erforderlich. Dem Kritisierten eine Schwäche vor Augen führen in der Hoffnung, dieser würde sie daraufhin erkennen und sich verbessern? In diesem Fall ist Öffentlichkeit eher kontraproduktiv. Sich einen Ruf als ernst zu nehmender Kritiker aufbauen, der schonungslos seine Meinung kundtut und keine Gefälligkeitsaussagen trifft?



    Ich ganz persönlich halte es so, dass ich mittlerweile komplett auf öffentlich geäußerte Buchkritik verzichte, und zwar weder positiv noch negativ. Außer man fragt mich nach Empfehlungen, dann gebe ich meine Favoriten gern weiter.
    Das liegt nicht daran, dass ich Angst vor Retourkutschen habe (aus der Phase, wo mich jede Negativ-Rezi um den Schlaf gebracht hat, bin ich zum Glück raus - ich versuche die inzwischen sachlich einzuordnen), sondern weil mich das besagte G'schmäckle davon abhält. Ich mag mich nicht dafür rechtfertigen müssen, Kollegen hochzujubeln oder umgekehrt in den Boden zu stampfen, weil ich dafür weder Zeit noch Nerven habe. Vor allem, da ich nicht das Gefühl habe, dadurch signifikant etwas zu bewirken. Weder habe ich einen Vorteil davon, noch kann ich anderen Menschen einen Vorteil verschaffen (let's face it - jedes Buch findet seine Leser, und mag man es selbst noch so unterirdisch schlecht finden), also ist es für mich verschwendete Energie, die auch noch ein Risiko birgt (nämlich dumm angemacht zu werden).


    An anderen Stellen liegt die Sache anders. Wenn ich das Gefühl habe, mit Kritik etwas Sinnvolles erreichen zu können, setze ich sie ein.
    Es schadet jedoch nicht, sich vorher zu überlegen, was man damit bewirken möchte, denn dann kann man sie auch so anbringen (öffentlich oder nicht öffentlich oder halböffentlich, mit mehr oder weniger Fingerspitzengefühl), dass sie den angedachten Zweck erfüllt.
    Wird allerdings aus dem Affekt kritisiert, also das, was die Amerikaner als 'I had to vent' bezeichnen - Dampf ablassen, der augenblicklichen emotionalen Stimmung ein Ventil geben, spielt das alles natürlich keine Rolle.
    Dann rutscht man schnell ins Niveau des 'Der hat mich mit dem Förmchen gehauen' --> 'Jetzt hab dich nicht so mädchenhaft'. Und dann ist eh Hopfen und Malz verloren ;-)


  • Ich weiß nicht, ob du die vorangegangenen Seiten hier schon gelesen hast, aber mir hat die Diskussion im Grunde genommen schon damals gereicht. Wenn Voltaire jetzt nicht noch mal direkt nach meiner Meinung gefragt hätte, hätte ich zur Sache an sich nichts mehr gesagt.


    Bei dem Vergleich geht es mir darum, dass ganz, ganz viele Menschen immer noch ein Problem damit haben, "Kollegen" zu kritisieren (negativ) oder zu loben (positiv). Ich wollte sicher nicht Lehrer mit Autoren vergleichen.


    Ich frage mich auch, ob eine Rezension eines Autoren mehr wert ist. Oder warum sollten sich sonst andere Autoren gerade davon auf den Schlips getreten fühlen? Selbst wenn ich den Verfasser eines Buches evtl. irgendwann mal treffen könnte, wieso sollte mir meine Meinung zu seinem Buch dann unangenehm sein? Man kann auch alles übertreiben. Übrigens kann das auch jedem Leser hier im Forum bei einem Eulentreffen passieren. Gut, die Leser müssten vielleicht keine Angst vor einer Retourkutsche haben, aber die Rezi steht dann immer noch im Raum. Mir wird das alles ein bisschen zu sehr hochgehängt. Eine Rezi ist und bleibt eben die eigene Meinung und wer die in der Öffentlichkeit nicht vertreten möchte, der soll es eben lassen. Wenn Menschen die Arbeit anderer Menschen (und nicht die Menschen an sich) ihres Berufsstandes nicht beurteilen wollen, dann werden sie ihre Gründe dafür haben, die ich aber nicht zwingend verstehen muss. So einfach ist das. ;-)

  • Zitat

    Original von Groupie
    Ich weiß nicht, ob du die vorangegangenen Seiten hier schon gelesen hast, aber mir hat die Diskussion im Grunde genommen schon damals gereicht. Wenn Voltaire jetzt nicht noch mal direkt nach meiner Meinung gefragt hätte, hätte ich zur Sache an sich nichts mehr gesagt.


    Bei dem Vergleich geht es mir darum, dass ganz, ganz viele Menschen immer noch ein Problem damit haben, "Kollegen" zu kritisieren (negativ) oder zu loben (positiv). Ich wollte sicher nicht Lehrer mit Autoren vergleichen.


    Ich frage mich auch, ob eine Rezension eines Autoren mehr wert ist. Oder warum sollten sich sonst andere Autoren gerade davon auf den Schlips getreten fühlen? Selbst wenn ich den Verfasser eines Buches evtl. irgendwann mal treffen könnte, wieso sollte mir meine Meinung zu seinem Buch dann unangenehm sein?


    Die Rezension eines anderen Autors ist nicht mehr wert als die eines ganz normalen Lesers. Das hat hier auch niemand behauptet. Wenn mir eine gute Freundin, der ich vielleicht sogar eines meiner Bücher mit Widmung geschenkt habe, plötzlich eine negative Beurteilung ins Internet stellt, wäre ich auch nicht begeistert - und sie bekäme garantiert keine Bücher mehr von mir. Wenn sie mir unter vier Augen anvertraut, dass es ihr aus dem und dem Grund leider nicht gefallen hat, wäre das etwas Anderes, da kann ich ihr schlecht einen Vorwurf draus machen.


    Kein Autor ist glücklich über negative Rezensionen, ganz gleich, von wem sie stammen, aber die meisten wissen, dass sie damit leben müssen. Wer das psychisch nicht aushält, darf nichts mehr veröffentlichen. Für sehr sensible Menschen kann es übrigens durchaus ein Problem sein, das auszuhalten. Ich erinnere mich an ein Interview mit Nick Hornby, das ich vor vielen Jahren mal in einer englischen Zeitschrift las. Der gab offen zu, dass er nach Veröffentlichung seines ersten Romans, der sogar ein großer Erfolg war, überlegte, das Schreiben gleich wieder aufzugeben. Er neigte ohnehin zu Depressionen und wenn sich irgendwo jemand negativ über sein Buch äußerte, war er völlig am Ende.


    Damals dachte ich auch: "Der stellt sich aber an." Ich träumte davon, ein Buch zu veröffentlichen, er hatte es geschafft und heulte dann auch noch herum!
    Inzwischen kann ich ihn verstehen. :-)


    Diese ungeschriebene Autoren-Regel, sich nicht öffentlich gegenseitig zu kritisieren, entstand durch gegenseitige Rücksichtnahme und den Wunsch, bei Autorentreffen unnötige Verstimmungen zu vermeiden. Die meisten Autoren, die ich kenne, halten sich daran. Einige tun es natürlich nicht Aber ob man es nun tut oder nicht, das darf man doch wohl selbst entscheiden.
    Ich bin diese Diskussion langsam auch etwas leid.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Ich auch, Tereza, und zwar total leid. Und ich bin mir auch sicher, dass ich geschrieben habe, dass jeder, der das nicht möchte, es eben lassen soll. Davon geht die Welt nicht unter und das macht auch kein Buch besser oder schlechter.


    Eine Sache aber noch. Ich glaube, ich habe schon mal versucht, darauf hinzuweisen, aber ich bin jetzt zu faul, das alles noch mal durchzulesen. Mir wird hier (und auch an anderen Stellen) ein bisschen zu sehr davon ausgegangen, dass es sich immer um negative Rezensionen handeln muss. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber die meisten Rezis, die ich schreibe (meistens ja auch zu Büchern, die ich gerne lesen wollte) sind doch eher positiv. Hier ist dann schnell von Verstimmungen die Rede usw. Kann man nicht davon ausgehen, dass auch Autoren die Bücher anderer Autoren einfach gefallen? Und selbst wenn man mal äußert, dass man irgendwas gern anders gehabt hätte, hat das für mich noch lange nichts mit einem Verriss zu tun.

  • Zitat

    Original von Tereza


    Ich bin diese Diskussion langsam auch etwas leid.


    Dann erlaube ich mir mal, noch eine Facette hinzu zu fügen:


    Mit öffentlicher Kritik gegenüber Kollegen halte ich mich auch deswegen zurück, weil ein Buch nicht nur das Werk des Autors (m/w) ist, sondern auch immer auch des Verlags.


    Mir ist ein Fall bekannt, in dem ein großer, renommierter Verlag eine sechsstellige Summe in die Werbung für ein Buch gesteckt hat - in hoffnungsvoller Erwartung auf Verkauf im Bereich von etwa einer halben Million Exemplaren.


    Eingespielt hat das Buch davon einen kleinen Bruchteil.


    Der Grund: Das Manuskript enthielt eine ganze Reihe gravierender handwerklicher Mängel.


    Warum der Verlag es trotzdem so veröffentlicht hat, ist mir nach wie vor nicht klar. Entweder das Lektorat hat völlig, aber wirklich völlig gepennt.
    Oder der Verlag hat sich auf den Standpunkt gestellt: Dieses Genre verkauft sich immer, da können noch so grobe Schnitzer drin sein - das überlesen die Leute. Und bei derartig viel Werbung erreichen wir allemal die angestrebten Verkaufszahlen.


    Der Autor tut mir leid, denn er war in vielerlei Hinsicht falsch beraten und hat eine so tiefe Enttäuschung m.E. nicht verdient - womit ich ihn selbstverständlich nicht aus der Verantwortung nehmen will.


    :wave Nadja

  • Nun muss ich doch noch etwas sagen/schreiben. ;-)


    Ich habe so den Eindruck, dass viele Autoren meinen, wenn man ihr Buch kritisiert, dann würde man auch sie selbst als Person kritisieren. Das ist aber nicht der Fall. Es geht um das Buch - es geht nicht um die Autorin oder den Autor.


    Ich habe - okay ich bin kein Autor - auch schon Bücher "verrissen", habe dann eben auch deutlich gemacht, dass ich ausschließlich das Buch meine, nicht aber die Autorin oder den Autor.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.