'Vaterland' - Teil 2

  • Das ist der Xaver März aber ganz schön mutig. Wäre das nach 30 Jahren NS-Diktatur möglich gewesen? Aber dem Max Jäger hätte ich es nun gar nicht zugetraut, dass er in der Wohnung von Stuckart (wiki) auftaucht. Und selbst diesen SS-Mörder Globus (wiki) gibt es. Das gefällt mir, dass Harris da die ganzen Schergen benutzt hat. Mir macht das bei diesen Büchern immer sehr viel Spaß, auch noch parallel die Historie nachzulesen. Bloß bei Kennedy hat er ein wenig gemogelt. Aber den konnte er ja auch kaum 1964 wiederbeleben. Da nimmt er halt einen anderen JFK und lässt ihn rasch auf 75 Jahre altern. :grin


    Bisher gefällt mir das Buch sehr gut.

  • Hier bin ich noch nicht durch, dennoch ein paar Anmerkungen.


    Noch etwas, was mir gleich zu Beginn aufgefallen ist: ich kann mir nicht vorstellen, daß das „K“ in einer gebrochenen (gotischen) Schrift auf der Raute war. Diese Schriften wurden nämlich ... durch die Nazis selbst „abgeschafft“, und zwar schon 1941. Wenn man mal alte Bücher daraufhin durchsieht, wird man diesen Buch bzw. Wechsel von gebrochenen Schriften hin zur Antiqua gut ausmachen können. (> Hier der Wikipedia-Artikel < dazu.)


    Und noch was, gleich auf der nächsten Seite. Die Europäische Union hieß zwar damals in der Tat noch „Europäische Gemeinschaft“, hatte aber mit Sicherheit keine 12 Mitglieder. Jedenfalls nicht in der realen Welt, in dieser fiktiven vielleicht schon.


    Nach dem Kapitel 2 frage ich mich inzwischen, welcher Teufel mich geritten hat, dieses Buch lesen zu wollen. Da kommen mehrere Dinge zusammen, die es mich normalerweise gerade nicht lesen lassen würden, es sei nur das Genre „Thriller“ erwähnt. Mal gucken, wie sich das weiter entwickelt.


    Übrigens habe ich das Gefühl, daß die Übersetzung eine sehr gute ist.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Und noch was, gleich auf der nächsten Seite. Die Europäische Union hieß zwar damals in der Tat noch „Europäische Gemeinschaft“, hatte aber mit Sicherheit keine 12 Mitglieder. Jedenfalls nicht in der realen Welt, in dieser fiktiven vielleicht schon.


    Ein Vorläufer war die "Europäische Wirtschaftsgemeinscaft (EWG)" und die hatte damals in der Tat 12 Mitglieder. ---> wiki. Geschrieben wurde das Buch ja auch erst in den 90er Jahren.

  • So wie ich es verstanden hab, bleibt Harris der deutschen Geschichte bis Anfang 1942 treu. Dann ging es in der realen Welt im Krieg für D bergab und in "Vaterland" kommen die großen Kriegserfolge. Also nicht alles, was nach 1942 geschieht, muss mit unseren Geschichtsbüchern überein stimmen.


    Ich empfand Kennedy nicht als Mogelei sondern als witzigen Trick. Im ersten Teil wird nur der Name Kennedy erwähnt, so dass der Leser automatisch an JFK denkt. Und dann kommt im 2. Teil der Joseph daher - JFKs Vater! Mit einem Nazi Deutschland im kalten Krieg hat sich eben auch die politische Situation in den USA verändert.


    März ist in der Tat zu eigenständig in seinen Gedanken für die Nazis. Ich denke das ist vielleicht auch eine Generationsfrage. Er hat einen großen Teil seiner Kindheit und Schulzeit noch vor 1933 erlebt. Die jüngere Generation steht voll unter Nazieinfluss und hat nie selbständiges Denken lernen dürfen.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

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  • Ich war Sonntagabend schon über den ersten Teil hinaus, daher beginne ich mit dem Schreiben bei Teil 2.
    Mir gefällt es bisher sehr gut, anders als "Das Orakel vom Berge" ist es flüssig zu lesen und spielt in Deutschland. Sehr interessant, wie Harris Geschichte und seine Fiktion einer Nazi-Welt zusammen bringt. Nun bin ich doch froh, es endlich zu lesen. Ich war mir anfangs nicht so sicher.


    Zitat

    Original von Beatrix
    Ich empfand Kennedy nicht als Mogelei sondern als witzigen Trick. Im ersten Teil wird nur der Name Kennedy erwähnt, so dass der Leser automatisch an JFK denkt. Und dann kommt im 2. Teil der Joseph daher - JFKs Vater! Mit einem Nazi Deutschland im kalten Krieg hat sich eben auch die politische Situation in den USA verändert.


    Ich habe auch zuerst nur an JFK gedacht und war spätestens beim Alter von 75 Jahren erstaunt, bis mir der Vorname auffiel, zwar auch mit J. :grin


    Zitat

    März ist in der Tat zu eigenständig in seinen Gedanken für die Nazis. Ich denke das ist vielleicht auch eine Generationsfrage. Er hat einen großen Teil seiner Kindheit und Schulzeit noch vor 1933 erlebt. Die jüngere Generation steht voll unter Nazieinfluss und hat nie selbständiges Denken lernen dürfen.


    Das waren auch meine Gedanken. Irgendwo heißt es ja auch, dass die Deutschen nach dreißig Jahren Nazi-Diktatur nicht mehr frei denken sondern tun, was man ihnen sagt.

  • Joseph Kennedy hatte wohl auch den Ruf antisemische Gefühle zu hegen. Er hatte in seiner Rolle als Botschafter in London auch mehrmals versucht sich mit Hitler zu treffen. In der realen Welt hatte er sich damit ins politische Abseits manövriert und musste seine Ambitionen aufs Amt des Präsidenten auf seine Söhne übertragen. In einer Naziwelt konnte er wohl eher politisch Karriere machen.

    Gruss aus Calgary, Canada
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  • Zitat

    Original von xexos
    Ein Vorläufer war die "Europäische Wirtschaftsgemeinscaft (EWG)"(...)


    Yep, und dann gab es da noch die Montanunion.



    Zitat

    Original von Beatrix
    So wie ich es verstanden hab, bleibt Harris der deutschen Geschichte bis Anfang 1942 treu. Dann ging es in der realen Welt im Krieg für D bergab und in "Vaterland" kommen die großen Kriegserfolge. Also nicht alles, was nach 1942 geschieht, muss mit unseren Geschichtsbüchern überein stimmen.


    Inzwischen habe ich auch das Nachwort gelesen (hätte ich zuerst tun sollen), daraus ergibt sich das auch.



    Das ist jetzt vielleicht etwas zu früh und gehört vermutlich eher in einen der letzten Abschnitte, aber ich frage mich ständig, ob ein Staat mit solchen Rassegesetzen, wie sie hier immer wieder auftauchen, tatsächlich länger Bestand haben könnte.

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich bin nun auch mit Teil 2 durch.


    Die meisten sind mit dem lesen schon viel wetier.


    Ich muss mich ziemlich konzentrieren beim lesen, um mir das alles vorstellen zu können. Bis jetzt gleicht es viel mehr einem Thriller, das lässt sich gut lesen. Trotzdem mus ich sehr aufpassen, was nebenbei so läuft ;)


    Die Struktur, der Überwachungsapparat des Staates, die Hierachien, das ist alles noch ziemlich verwirrend. So rolle ich zumindest viel Geschichte wieder auf und es ist wahnsinnig spannend, zu erfahren, wie die Geschichte evtl. weitergegangen wäre.


    Ich bin so froh, das es niemals soweit gekommen ist.


    Ob Jäger März wohlgesonnen bleibt oder ob dieser ihn irgendwann nicht mehr deckt oder sogar denunziert?


    Eklich fand ich das beschriebene Erfrierungs-Experiment des Arztes Eisler mit den armen Häftlingen.


    Weiterhin bin ich gespannt, wie und wann März herausbekommt, was es mit den Juden-Deportationen in den Osten auf sich hat.


    :lesend

  • Zitat

    Original von pinky75
    Die Struktur, der Überwachungsapparat des Staates, die Hierachien, das ist alles noch ziemlich verwirrend.


    Interessanterweise fand ich das ueberhaupt nicht verwirrend. Ich sehe es als typisch fuer Diktaturen wie es sie real leider vielfach gibt. Notwendige Instrumente der Machterhaltung eben, ziemlich klar dargestellt finde ich.

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    Beatrix


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  • Zitat

    Original von Beatrix


    Interessanterweise fand ich das ueberhaupt nicht verwirrend. Ich sehe es als typisch fuer Diktaturen wie es sie real leider vielfach gibt. Notwendige Instrumente der Machterhaltung eben, ziemlich klar dargestellt finde ich.


    :write So geht es mir auch. Zwar muss ich mich auch konzentrieren und kann das Buch nicht einfach so runterlesen, aber insgesamt ist es deutlich besser wie "Das Orakel vom Berge". Wegen dem Buch wollte ich schon fast "Vaterland" gar nicht erst anfangen. :rolleyes

  • Eigentlich wollte ich am Ende von Teil 2 einen kleinen Schnitt machen, aber ich musste gleich weiterlesen. Denn Teil 2 hat mit einem richtigen Cliffhanger geendet.


    Ich finde es interssant, wie Fiktion und bekannte historische Fakten von Harris miteinander verknüpft werden. Wenn due Sprache auf die Rassegesetze oder auch die Erfrierungsexperimente kommt, hat es mich immer kurz geschaudert. Vom heutigen Standpunkt aus, wäre das eine regelrechte Dystopie gewesen, wenn der Nationalsozialismus weiter bestand gehabt hätte.


    Danke für die Links, die ihr noch dazu gepostet hat. Die Verbindung von Geschichte und Fiktion machen das Buch neben der Geschichte um März auch lesenswert. Und die Geschichte des freier denkenden März, wie er einfach "nur" die Wahrheit hrausfinden will, nimmt jetzt richtig Fahrt auf.

  • Zitat

    Original von pinky75
    Die Struktur, der Überwachungsapparat des Staates, die Hierachien, das ist alles noch ziemlich verwirrend.


    Ich empfinde es weniger verwirrend, als viel mehr deprimierend, weswegen ich mich mit dem Buch etwas schwer tue und parallel etwas zur Erholung lesen muß (und darum hier recht langsam voran komme).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Original von SiCollier


    Ich empfinde es weniger verwirrend, als viel mehr deprimierend, weswegen ich mich mit dem Buch etwas schwer tue und parallel etwas zur Erholung lesen muß (und darum hier recht langsam voran komme).



    Stimmt, so ist es wohl korrekter ausgedrückt. Es ist ja nicht so, dass ich nicht verstehen würde, was vor sich geht ;-)
    Diese permanente Kontrolle, dass immer ein Größerer den Kleineren kontrolliert ist echt bedrückend..... ich kam auch noch nicht weiter. Das Wetter ist auch grade zu schön und ich bin noch nicht ganz in Stimmung für das Buch. Die kommt nächste Woche dann bestimmt mit dem Temperatursturz und dem Dauerregen....

  • Obwohl sich das Buch ganz gut lesen lässt, bin ich doch ziemlich langsam. Mir geht es da wie SiCollier:

    Zitat

    Original von SiCollier


    Ich empfinde es weniger verwirrend, als viel mehr deprimierend, weswegen ich mich mit dem Buch etwas schwer tue und parallel etwas zur Erholung lesen muß (und darum hier recht langsam voran komme).


    Ich kann das Buch auch nicht ohne Unterbrechung lesen und schiebe ständig etwas dazwischen, das mich aus diesem tristen Greater German Reich (schauder) rausholt. Andererseits ist das ja eigentlich ein Kompliment für Stil und Atmosphäre..ich finde es wirklich bedrückend real geschildert.


    Zitat

    Original von Wiggli


    Ich habe auch zuerst nur an JFK gedacht und war spätestens beim Alter von 75 Jahren erstaunt, bis mir der Vorname auffiel, zwar auch mit J. :grin


    Da bin ich auch drauf reingefallen. :grin Erst bei der Erwähnung des Alters und dem Antisemitismus habe ich dann gemerkt, dass es nicht John ist. Solche Szenen finde ich richtig gut.


    Ansonten kann ich eigentlich nicht viel hinzufügen. March ist mir auch zu selbstständig, aber ich denke auch dass sein Alter (42 glaube ich?) da eine Rolle spielt. Alle anderen SS-Mitglieder die bisher auftauchten waren Anfang 30, die sind ganz anders mit dem System verbunden als March selber.
    Globus ist mir richtig unheimlich...er scheint mehr über die Verschwörung zu wissen und wird March sicherlich noch Probleme bereiten. Ich bin neugierig auf weitere Hinweise bezüglich der drei alten Parteimitglieder, die ihr Leben ließen oder verschwunden sind, bisher kann ich mir da noch keinen richtigen Reim drauf machen. March hat aber Lunte gerochen und wird bestimmt nicht so leicht davon ablassen. In der kleinen amerikanischen Reporterin hat er sicherlich jemanden gefunden, der ihm dabei weiterhelfen wird.
    Jaeger war übrigens eine kleine Überraschung. Ich hätte ihm nicht zugetraut, sich gegen Anweisungen zu stellen und March bei seinen nicht autorisierten Ermittlungen zu helfen.

  • Momentan komme ich auch nur langsam voran, allerdings liegt es bei mir weniger am Buch und mehr an meiner fehlenden Zeit (die wohl letzten Sommertage wollen ausgenutzt werden! :sun) Im Moment finde ich das Buch noch nicht so bedrückend, dass ich es nicht mehr lesen wollte. Aber es geht natürlich in eine sehr bedrückende Richtung, zum Glück wird mit der Bekanntschaft mit der amerikanischen Journalistin ein Ausweg sichtbar!


    Zitat

    Original von imandra777
    Die Verbindung von Geschichte und Fiktion machen das Buch neben der Geschichte um März auch lesenswert. Und die Geschichte des freier denkenden März, wie er einfach "nur" die Wahrheit hrausfinden will, nimmt jetzt richtig Fahrt auf.


    Anfangs habe ich mich schon gewundert, warum er sich so in diese Sache verbeißt. Vor seinem (verbotenen) Besuch in Bühlers Haus war es ja "nur" ein bekannter Toter, dessen Todesursache auf den ersten Blick wenig verdächtig ist. Auch die Selbstverständlichkeit, mit der er in das Haus marschiert, hat mich gewundert. Schließlich hätte er ja damit rechnen müssen, dass ein Diener o. ä. sich darin aufhält. Aber er hat natürlich recht, wie die Dinge zeigen! Und eigentlich wissen wir ja jetzt schon wer die beiden ermordet hat und können vermuten, warum (ich nehme an, es geht um irgendeine Erpressung, die der Partei schaden könnte). Der Zusammenhang ist noch offen und die Frage, was März mit diesem Wissen anfangen kann.


    Zitat

    Original von Beatrix
    März ist in der Tat zu eigenständig in seinen Gedanken für die Nazis. Ich denke das ist vielleicht auch eine Generationsfrage. Er hat einen großen Teil seiner Kindheit und Schulzeit noch vor 1933 erlebt. Die jüngere Generation steht voll unter Nazieinfluss und hat nie selbständiges Denken lernen dürfen.


    Das mag zum einen sicher so sein, allerdings zeigt ja doch die Geschichte, dass es immer wieder auch gerade junge Leute sind, die sich gegen ein totalitäres Regime auflehnen.


    Zitat

    Original von SiCollier
    Das ist jetzt vielleicht etwas zu früh und gehört vermutlich eher in einen der letzten Abschnitte, aber ich frage mich ständig, ob ein Staat mit solchen Rassegesetzen, wie sie hier immer wieder auftauchen, tatsächlich länger Bestand haben könnte.


    Dazu kommt, dass sich auch dieser Staat langsam öffnet bzw. öffnen muss. Die Anwesenheit amerikanischer Journalisten oder ausländischer Touristen gehört dazu. Und auch wenn es strengstens verboten ist, mit ihnen in Kontakt zu treten, wird es dennoch Leute geben, die sich von den freiheitlichen Denken irgendwann anstecken lassen. Auf Dauer lässt sich doch kein Volk total einsperren, auch wenn es immer wieder versucht wird. Allerdings ist der fiktive Staat natürlich sehr streng durchgeplant und lässt wenig Schlupflöcher zu, so dass ein Aufstand sehr, sehr lange dauern kann.


    Zitat

    Original von Pinky75Weiterhin bin ich gespannt, wie und wann März herausbekommt, was es mit den Juden-Deportationen in den Osten auf sich hat.


    Ich denke, er ahnt es zumindest. Schließlich ist die Reaktion der Personen, mit denen er darüber spricht grundsätzlich sehr merkwürdig!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • So richtig unfreiwillig eingesperrt ist das Volk hier ja gar nicht. Das NS-Regime hatte eine große Unterstützung durch den Führerkult. In der Realität kam dies natürlich auch durch den Krieg und den Glauben an den versprochenen Endsieg. Das Volk feiert, kriegt ne tolle Hauptstadt hingestellt und dominiert die Welt, die sich den Nazis anbiedert. Mit der DDR ist diese Einsperrung meines Erachtens nicht vergleichbar. Die anderen sind eher ausgesperrt.

  • Auf mich wirken aber mehrere Personen (nicht nur März) nicht gerade glücklich mit dem System. Jäger ist ein typischer Mitläufer, aber hinter den Nazis steht er meiner Meinung nach nicht, Jobst ist eher ein Gegner, der sich aber nicht traut. Von daher würde ich wirklich nicht davon ausgehen, dass "das Volk" freiwillig in diesem Staat lebt. Es hat wohl zu der fiktiven Zeit auch keine andere Wahl mehr. Leider hat Harris dazu nichts geschrieben und auch nicht zur allgemeinen Stimmung im Lande. Aber es gibt ja unzählige Regeln, die es zu beachten gilt, bei drakonischen Strafen. Dass da jeder/die meisten freiwillig mitmachen, wage ich zu bezweifeln!


    Noch was anderes, was mir beim Lesen der Einleitung des dritten Tages wieder eingefallen ist:


    Mich hat es im ersten Abschnitt schon gewundert, dass die Kirchen noch existieren, wenn auch mehr schlecht als recht. Noch mehr gewundert hat mich dann die Aussage bei der SS-Ausbildung (Anfang Kapitel drei), in der Gott explizit genannt wird. Geht es doch nicht ganz ohne Religion?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Lese-rina
    Mich hat es im ersten Abschnitt schon gewundert, dass die Kirchen noch existieren, wenn auch mehr schlecht als recht. Noch mehr gewundert hat mich dann die Aussage bei der SS-Ausbildung (Anfang Kapitel drei), in der Gott explizit genannt wird. Geht es doch nicht ganz ohne Religion?


    Kirche passt nicht ganz ins Konzept der Nazis. Aber zum einen hat insbesondere die katholische Kirche die Nazis stellenweise unterstuetzt. Und zum anderen ist es ganz schon riskant, einen sehr grossen Teil des Volkes vor den Kopf zu stossen und womoeglich aufwiegelt, indem man ihm die Religion komplett nimmt. Da ist es schon einfacher sie ohne irgendwelche "Macht" im kleinsten Rahmen vor sich hinduempeln zu lassen.


    Die Meinungen zur Haltung der (katholischen) Kirche in der Nazizeit gehen etwas auseinander, aber hier ist ein ganz interessanter Artikel.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


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