Geschichten erzählen - wie wichtig ist 'richtig'?

  • Zitat

    Original von smarana
    Frage: ist dieses forum jetzt eigentlich nur für autoren gedacht, ich meine in dem sinne, wir ihr autoren versteht(nämlich als beruf)?


    Du meinst, dieses Unterforum »Autoren unter sich«? Ich denke nicht ausschließlich. Erstens ist "Autor" eine Oberbegriff, wie Tom schon erwähnte, und betrifft jeden, der etwas Schriftliches von sich gibt. Zweitens interessieren sich Leser ja auch für die Perspektive von Autoren gegenüber dem Schreiben, was ja einen andere ist als die der Leser, und es geht hier auch um Fragen im Spannungsfeld zwischen Leser und Autor.
    Während es im gesamten Eulenforum vor allem um die Perspektive als Leser geht, kommen hier die der Autoren zum Ausdruck. Und das ist für die "reinen Leser" sicherlich auch sehr interessant.

  • Zitat

    Original von smarana
    Frage: ist dieses forum jetzt eigentlich nur für autoren gedacht, ich meine in dem sinne, wir ihr autoren versteht(nämlich als beruf)?


    Hallo smarana,
    die Buechereule ist nicht für Autoren, sondern für alle Mitglieder! :wave

  • Darf ich als Urheberin dieses Threads auf meinen allerersten Satz hinweisen?


    Er lautete:


    Ich wende mich hier an Schreibende, Profis wie Amateure und an die LeserInnen


    Und außerdem, Leute: es ist Sonntag.
    Seid friedlich.
    Ich danke.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich habe nicht das Gefühl, dass hier jemand nicht friedlich ist, auch an den meisten anderen Tagen nicht :-))
    Für mich war anfangs nicht ersichtlich, dass die Autorenecke doch von einigen Berufsautoren frequentiert wird und das ergibt dann einen etwas anderen Eindruck. Von vornherein geht man ja mal davon aus, dass sich hier eher nur Laien, Hobbyautoren und interesssierte Leser tummeln.
    Ich bin froh, dass es dieses Forum gibt und werde in Zukunft eher berücksichtigen, dass in der Autorenecke eben eher aus dem beruflichen Blickwinkel geschrieben wird. Dann können unterschiedliche Denkansätze eher verstanden werden.
    Schönen Sonntag noch!!!

  • ich bin Amateur-Leserin.
    :grin


    Und ich finde es ausgesprochen interessant, wenn sich Profis und Amateure austauschen. Grad in der Autorenecke.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Komme gerade von einer wunderbaren Lesung (Bericht morgen) und möchte zwei Dinge weitgehend abschließend festhalten:


    a) Ausgelöst wurde dieser Thread durch einen Schreibwettbewerbstext, in dem der Protagonist letztlich einer unter Realbedingungen unmöglichen Bestrafung ausgesetzt wurde. Es war m.E. auszuschließen, daß dies zum Zwecke der "beabsichtigten Realitätsverfälschung" oder z.B. aus satirischen Gründen geschehen ist, der Autor hat - auch wieder imvho - erkennbar geraten, ins Blaue geschossen. Sowas darf nicht passieren, dabei bleibe ich. Es tötet den Text. Die Gründe, aus denen derlei ausnahmsweise möglich ist, sind im vorigen Satz und andernorts im Thread genannt worden.


    b) Die Frage "Für wen schreibt Ihr?" ist eigentlich falsch, mindestens mißverständlich. Ich weiß, warum ich schreibe - weil ich es kann, weil es meinen enormen Mitteilungsdrang befriedigt. Aber es gibt keine explizite Zielgruppe, für die ich schreibe (außer: Leser allgemein); das ergibt sich häufig erst bei der Entstehung eines neuen Textes. Jedenfalls schreibe ich nicht "für mich" in dem Sinne, daß ich Produzent und Adressat der Texte wäre. Das aber gilt für fast alle Therapieschreiber.

  • Noch einmal zu der manchmal doch erregten Diskussion zurück. Der Künstler Salvador Dali ist mit seinen oft recht eigenartigen Werken wohl jedem ein Begriff. Ich habe mir das Dalimuseum in Figueras angesehen, und das kleinere und feinere in Cadaques. Gerade dort habe ich bemerkt, welch exzellenter Handwerker dieser Mann in Wirklichkeit war. Gerade diese meisterliche Beherrschung des Pinsels und der verwendeten Materialien hat es ihm ermöglicht ermöglicht, sein künstlerisches Genie so auszuleben, wie wir es in seinen Werken sehen können.


    Nicht anders ist es auch beim Schreiben. Nur wer sein Handwerkszeug richtig zu beherrschen weiß, kann voll in seiner Kunst aufgehen. Kunst kommt von können, nicht von wollen!


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Ich würde gerne mal folgenen Punkt diskutieren zum Thema:


    Polli "verriet", dass es zwei Unstimmigkeiten in ihrem Text gab, die sie bewusst eingesetzt hat, damit die Geschichte stimmt. -Das fiel während dem Wettbewerb niemandem auf.


    Tom bemerkte die Unstimmigkeiten in dem Text im jetzigen Wettbewerb. Danach sahen -meines Erachtens- alle die Sache aus der Perspektive und es belastet nun den Text.


    Was wäre gewesen, wenn Tom es nicht bemerkt hätte ( und bj auch nicht ;-) )? Wäre der Text positiver bewertet worden?


    Was wäre, wenn jemandem Pollis Unstimmigkeiten aufgefallen wären? Wäre der Text negativer bewertet worden?


    Oder war es klar, dass es so kommen musste, wie es gekommen ist, weil das Überzeugungspotenzial der Texte verschieden ist?


    Denn eigentlich ist es ja nach wie vor derselbe Text...


    JASS :keks

  • Zitat

    Original von JASS
    Tom bemerkte die Unstimmigkeiten in dem Text im jetzigen Wettbewerb. Danach sahen -meines Erachtens- alle die Sache aus der Perspektive und es belastet nun den Text.


    Falsch, denn damit setzt Du einfach voraus, daß nur Tom die Fehler bemerkt hat und erst dadurch, daß er mit dem Finger darauf gezeigt hat, andere darauf aufmerksam wurden. Das ist aber so (wahrscheinlich) nicht richtig. Wie so oft, wird es auch in diesem Fall Leser geben, die eben nicht kommentieren, sondern denen der Text wegen solcher Unstimmigkeiten einfach nicht gefällt - ohne etwas dazu zu sagen. Genauso wird es vielleicht Leser geben, denen diese ganzen Dinge herzlich egal sind und die sagen: "Scheiß drauf, gefällt mir trotzdem." Das Ganze ist nur ein Spiegelbild im kleineren Maßstab dessen, was tagtäglich beim Bücherlesen auf der ganzen Welt passiert.


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Falsch, denn damit setzt Du einfach voraus, daß nur Tom die Fehler bemerkt hat und erst dadurch, daß er mit dem Finger darauf gezeigt hat, andere darauf aufmerksam wurden. Das ist aber so (wahrscheinlich) nicht richtig.


    Ich glaube tatsächlich nicht, dass sehr viele beim Lesen darauf geachtet haben [okay, mir fiel es NICHT auf :rolleyes] ( wie man sicher auch vielen Kartoffeln in Schottland im 15. Jhd. verkaufen könnte :grin ), jedoch glaube ich sehr wohl, dass fast jeder darauf aufmerksam wurde, als es erwähnt wurde und sicher auch einige ihr Urteil danach neu bewertet haben. Hier muss ich wohl hinzufügen, dass das jetzt Spekulationsmodus ist.



    JASS :keks

  • Hallo, Jass.


    Wenn ich Dich richtig verstehe, willst Du darauf hinaus, daß ich die Chancen des Teilnehmers verschlechtert habe, weil ich auf diesen inhaltlichen Fehler hingewiesen habe. Das mag sein. Vielleicht gibt es Leser, die sagen: Jetzt, wo mir dieser Tom die Augen geöffnet hat, finde ich den Text doof. Vielleicht gibt es aber auch Leser, die sagen: Scheiß auf diesen Tom, mir gefällt der Text so oder so, ich huste auf inhaltliche Fehler. Vielleicht spielt es bei diesem Text aber auch überhaupt keine Rolle.


    Vielleicht gibt es Leute, die sich bei der Punktevergabe durch die bereits vergebenen Punkte beeinflussen lassen. Vielleicht gibt es Leute, die die Kommentare zur Textqualität beherzigen, verinnerlichen, zur Entscheidungsgrundlage machen. Vielleicht gibt es Leute, die ihre Punkte auswürfeln. Vielleicht gibt es Leute, die nach Gefühl punkten. Nach vermutetem Autor. Oder nach bekanntem. Weiß man nicht.


    Worauf willst Du hinaus?


    :gruebel

  • JASS,
    wir waren bislang soweit, daß die AutorInnen zugaben, dazu zu neigen, die Fakten, wenn es hart auf hart geht, der Geschichte unterzuordnen.
    Nicht nur polli hat das gemacht, ich habe es bei meinem Text im Februar auch getan.
    Die nächste Frage ist nun, wieso fällt sowas beim Lesen nicht auf? Oder fällt es doch auf? Und wenn ja, wann?
    Muß man als LeserIn unheimlich viel wissen, nur um AutorInnen auf die Schliche zu kommen? Oder bleibt es bei einer Abwandlung des alten: wenn es nicht wahr ist, ist es gut erfunden? Also, wir lieben die Geschichte um der Geschichte willen?
    Hätte es gestört, wenn man bei polli den Ablauf eines Wettbewerbs exakt gekannt hätte? Ich fiinde nein, denn die Geschichte trug sich selbst.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Meine Meinung: Bei einer Geschichte, die sich einfach flott liest oder einem Buch, das ich beim Lesen nicht aus der Hand legen kann, ist es schlicht egal, ob Kleinigkeiten nicht stimmen. Vermutlich stolpern Leser, die vom Fach sind, eher über das, was ihnen über ihre eigene Branche erzählt wird, und wer je Texte lektoriert hat, der misstraut eh jedem Komma und hadert noch mit dem Tippfehler auf Seite 109, wenn er schon längst das Buch zugeklappt hat. Also diese beiden Profi-Lesergruppen sind eh nörgelig, sie dürfen es auch sein. Alle anderen haben das Recht sich unterhalten zu lassen und wenn das klappt, ohne dass sie sich ärgern müssen, dann ist die Geschichte/das Buch okay.
    Und – schnell noch ein Loblied auf die Phantasie – ich nehme mir gern das Recht heraus, mir die erzählte Wirklichkeit so zurechtzureden, dass sie zu meiner Idee passt. Und wenn ich beschließe, dass ein mürrisch dreinblickender Ameisenbär in meine Wohnung spaziert, dann IST das tatsächlich so passiert, je länger ich darüber nachdenke.
    Grundsätzlich halte ich es auch für wichtig die Regeln zu kennen, ehe ich sie bewusst ignoriere: Recherchepannen gefallen mir nicht, bewusste Abweichungen schon eher.


    Lieben Gruß


    polli mit Ameisenbär

  • jo, ich hab mal einen krimi von dean koontz gelesen! da ging es um einen mörder, der sich auch der computertechnik bediente, um seine opfer auszuspähen - beschrieben wurde es in einer weise, die war lächerlich - jedenfalls für mich als praktizierender progger! hab das buch danach verscherbelt und auch schon den titel vergessen...


    und dann hab ich mal einen film gesehen: lost in translation! der alte schauspieler (wahrscheinlich um die 60), der schon seit 25 jahren verheiratet ist, telefoniert mit seinen kindern, die offenbar noch sehr klein sind! da dachte ich mir für einen moment, dass es wohl eher seine enkel sein sollten.
    dennoch fand ich den film faszinierend...und hab ihn inzwischen als dvd.


    ahm...was wollte ich sagen? ach so, ja...


    wenn die geschichte mich packt, mich bewegt, kann ich wohl auch über dinge, dir mir nicht ganz logisch erscheinen, hinwegsehen. aber es kommt irgendwann der punkt, an dem mich ungereimtheiten nerven. das liegt dann selten an dem einen fehler, sondern daran, dass es nun schon einige gab oder die gesamte story sich nicht mehr trägt, weil sie nicht mehr glaubwürdig ist. wann dieser punkt eintritt, das ist natürlich bei jedem anders - auch abhängig vom vorwissen, das man hat.


    bo :-)

    Es gibt nur einen Weg das herauszufinden...

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  • mich haben eigentlich bisher nur zwei logikfehler gestört... (im film)
    1. stagecoach, der uralt-western:
    hätten die indianer einfach die pferde erschossen... aber dann wäre der film zu ende gewesen...
    und - viel wesentlicher:
    2. ich weiss den titel nicht mehr, aber auf einem schiff sind bomben versteckt.
    bombenentschärfer A versucht sich an einer bombe. bombenentschärfer B wird an einer anderen bombe per funk von A über jeden handgriff informiert, um ggf nachvollziehen zu können, wie man es NICHT macht (dann nämlich, wenn A in die luft flog). A hat ferner funkkontakt zu dem inzwischen ermittelten bombenleger, ein früherer kollege von ihm. er versucht, ihn dazu zu überreden, ihm um der alten zeiten willen zu sagen, ob er jetzt draht1 oder besser draht2 kappen soll (bei einem von beiden wird die explosion ausgelöst).
    der bösewicht sagt: kappe draht1! A zögert kurz und kappt, da er den anderen psychologisch gut einschätzen kann, draht2.
    es war richtig so. draht1 hätte die explosion ausgelöst.
    wäre draht2 aber der auslösende gewesen, hätte B gedacht, draht1 wäre der auslösende gewesen, da ihn A von seinen überlegungen nicht in kenntnis gesetzt hatte. B wäre also bei draht2 ebenfalls in die luft geflogen.
    konnte mir jemand folgen?
    im allgemeinen muss ich aber gestehen, dass mich meist das geschehen, egal, ob buch oder film, viel zu sehr mitreisst.
    in der geschichte im schreibwettbewerb allerdings bin ich auch gestolpert.
    :wave

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)