'Allee der Kosmonauten' - Seiten 101 - 197

  • Hundert Seiten lesen sich rasch, bei dieser Schreibweise. Der Stil hat überhaupt etwas erfrischend skurriles. Ich mag diesen Grundton und in diesem Abschnitt wird auch langsam etwas tiefer geschürft in Mathildas Seele und der Vergangenheit, die mit Kosmonauten-Geschichten gewürzt werden, die manches erahnen lassen. Ich habe mit jeder Seite das Gefühl, es geht bergauf mit diesem Roman und der Protagonistin. Wenn ich auch Schwierigkeiten habe mir vorzustellen, was jetzt noch auf zweihundert weiteren Seiten ausgebreitet werden muss, bin halt ein ungeduldiger Typ. :grin

  • ihr sprecht mir aus der Seele - alle Dialoge sind irgendwie abgehackt.


    Die Situation Familie Hase - Mathilda ist meiner Meinung nach nur noch eine "Pflichtfreundschaft". Die beiden Hasen haben sich ihr "Weltbild und Lebensbild" gebaut und verfolgen das, da kommt eine verkappte Mathilda nicht vor.


    Mathilda ist meiner Meinung nach weiter damit beschäftigt - auch wenn es nicht ausgesprochen wird - dieses Ost-West-Gefälle zu verarbeiten. Im Osten haben die Uhren anscheinend anders getickt - hab ich mir sagen lassen. Das Verhaltensmuster der Mutter tut ein übriges dazu.


    Irgendwie hat Mathilda auch ein vollkommen verstörtes Verhältnis zur Familie und zum Umwelt bzw. zur Arbeitswelt, das habe ich aber im 1. Leseabschnitt auch schon gesagt. Die Geschichte mit dem Mystischen Geschäft kriege ich noch nicht so ganz klar auf die Reihe.

  • Zitat

    Original von nicigirl85
    Ich habe den zweiten Abschnitt zwar verhältnismäßig fix gelesen, aber so richtig fehlt mir immer noch der Zugang, was wohl vor allem damit zu tun hat, weil ich Mathilda immer noch nicht so recht mag.


    Mir geht es recht ähnlich.
    Positiv finde ich, dass man das Buch sehr schnell lesen kann. Negativ finde ich, dass nicht nur die Gespräche sondern auch ihre Handlungen und Gedanken immer irgendwie abgehackt und unvollständig wirken. Und das Verhalten der Menschen prinzipiell ist oft seltsam. Wie hier schon erwähnt, die Mutter, die ein Geburtstagsgeschenk unausgepackt zurückgeben will. :gruebel Mein Vorschlag wäre, sie soll es doch einfach so ins Regal stellen, und im nächsten Jahr dann wieder rausholen. Dann muss ihre Tochter nicht immer was neues einpacken. :grin
    Und sich Stellenanzeigen vorlesen lassen - egal welcher Art - und dann zu versuchen, sich als Frau ohne Vorkenntnisse als Nachtwächter zu bewerben. :bonk Nö, das finde ich nicht nachvollziehbar. Wobei ich unentschlossen bin, ob es an der Aussage an sich oder an der Art liegt, wie die Autorin so was erzählt. Könnte sein, dass hier nur ein paar Sätze fehlen, um mir solche Situationen glaubhaft und schmackhafter zu machen. Aber so gefällt es mir einfach nicht richtig.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    T.J. KLune - Mr Parnassus Heim für magisch Begabte


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)


  • In der Konsequenz verarbeitet Mathilda ihre miesen Familienbande und weiß nicht, ob sie selbst eine Familie gründen will. Deshalb sucht sie sich vielleicht immer bindungsunfähige Männer. Angeblich mach man sowas ja unbewusst.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    T.J. KLune - Mr Parnassus Heim für magisch Begabte


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Zitat

    Original von krokus


    Bei den Gesprächen geht es mir wie einigen meiner VorrednerInnen: Mir ist das zu abgehackt - obwohl ich manchmal ein déjà vu habe, denn die Jugendlichen reden mittlerweile auch nicht mehr in ganzen Sätzen.


    Beispiel unseres Nachwuchses: Ich geh Stadt. :yikes


    Mathilda ist für diese Sprache einfach schon zu alt, finde ich. Meine Söhne sind 21 und 24 und reden so nicht mehr. Das war nur eine kurze Phase so zwischen 16 und 19. Spätestens mit Job und Studium haben sie das abgelegt und reden jetzt ganz "normal" :lache.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    T.J. KLune - Mr Parnassus Heim für magisch Begabte


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich bin am Anfang dieses Abschnittes und besonders die Erinnerungen an die Kindheit finde ich sehr interessant und lesenswert.
    Wie sie versucht, ihrer Mutter etwas zu erzählen - diese aber zu abgearbeitet ist, um überhaupt etwas mitzubekommen.
    Hier wird mit wenigen Sätzen viel erzählt.


    Und in der Gegenwart möchte die Mutter auf jeden Fall nichts Negatives hören!
    Das blockt sie ja sehr geschickt ab.

  • Dieses Wort <abgearbeitet> war für mich eine zentrale Stelle des Buches. Mathildas Mutter hat vermutlich für ihre Kinder getan, was ihr möglich war unter ihren Lebensbedingungen. Wenn man sich das klar macht, wirkt Mathilda jedoch umso unreifer, weil sie noch immer kindlich fordernd die Fehler der Eltern kritisiert. Sie hat den Schritt <als Erwachsene bin ich für mein Glück selbst verantwortlich> (die Eltern konnten oder wussten es eben nicht besser) noch nicht vollzogen.

  • Zitat

    Original von hollyhollunder


    Mir geht es recht ähnlich.
    Positiv finde ich, dass man das Buch sehr schnell lesen kann. Negativ finde ich, dass nicht nur die Gespräche sondern auch ihre Handlungen und Gedanken immer irgendwie abgehackt und unvollständig wirken. Und das Verhalten der Menschen prinzipiell ist oft seltsam.


    Da bin ich echt beruhigt, denn ich habe mich wirklich gefragt, ob ich eventuell das Buch einfach nicht verstehe.


    Mathilda handelt so völlig anders als ich es je tun würde...

  • Was mich stört ist, wie unterschiedlich die Autorin auf bestimmte Dinge eingeht. Als Mathilda im Laden für verlorene Dinge ein Buch entdeckt, das sie kennt und unbedingt lesen möchte, wird noch nicht mal der Titel genannt, obwohl ihr das Buch aus irgendeinem Grund wichtig ist. Auch als sie dann gefragt wird, ob sie es gelesen hat und ob es ihr gefallen hat, beantwortet sie das nur kurz mit "Ja", ohne weiter darauf einzugehen und ohne dass beschrieben wurde, dass sie sich die Zeit genommen hat, es zu lesen - andrerseits wird aber jede Zigarette, jede noch so unwichtige Fahrt mit dem Fahrrad, oder jede Kleidungsfarbe bis ins Detail beschrieben.

  • Zitat

    Original von Eskalina
    Was mich stört ist, wie unterschiedlich die Autorin auf bestimmte Dinge eingeht. Als Mathilda im Laden für verlorene Dinge ein Buch entdeckt, das sie kennt und unbedingt lesen möchte, wird noch nicht mal der Titel genannt, obwohl ihr das Buch aus irgendeinem Grund wichtig ist. Auch als sie dann gefragt wird, ob sie es gelesen hat und ob es ihr gefallen hat, beantwortet sie das nur kurz mit "Ja", ohne weiter darauf einzugehen und ohne dass beschrieben wurde, dass sie sich die Zeit genommen hat, es zu lesen - andrerseits wird aber jede Zigarette, jede noch so unwichtige Fahrt mit dem Fahrrad, oder jede Kleidungsfarbe bis ins Detail beschrieben.


    Ja, das sehe ich auch so. Ich finde, es wird oft Wert auf Unwichtiges/Uninteressantes gelegt. Stellen die ich spannend, interessant finde, werden dann oft kurz gehalten.

  • Ich bin erst in der Mitte des zweiten Abschnitts, muss aber gleich mal was dazu schreiben, sonst vergesse ich es wieder.


    Der Schreibstil ist sehr abgehackt, was sich etwas merkwürdig anfühlt, aber sehr gut eine Atmosphäre von Leere und irgendwie was Düsteres ausstrahlt, und das passt zum Buch irgendwie.


    Ich mag ja eigentlich Bücher, die sich so bisschen mit innerer Zerrissenheit und Leere auseinander setzen, aber ich muss hier ein wenig aufpassen, dass es mich nicht runterzieht, weil ich selber nun schon seit Wochen krank zu Hause bin und da schlägt so ein Buch ein bisschen aufs Gemüt, hab ich das Gefühl. :pille


    Die Abschnitte mit den Kosmonauten-Kinderträumen sagen mir immer noch nichts. Die Abschnitte mit den Kindheitserinnerungen find ich ganz gut, um Mathilda bisschen besser zu verstehen.


    Sehr gut beschrieben ist ihre große Sehnsucht nach einer stabilen Beziehung, während sie einerseits Magnus noch nicht überwunden hat, andererseits aber total auf John fixiert ist. Und gleichzeitig merkt man auch, dass John gar nicht wirklich was an ihr liegt - wahrscheinlich wird gerade deshalb jedes kleine Zeichen der Zuneigung, jeder Kuss extra erwähnt!


    Bin gerade da, wo sie in seiner Wohnung den roten BH einer anderen Frau gefunden hat. :rolleyes


    Bin ja mal gespannt, wie es weitergeht und werde dann noch die anderen Postings hier dazu lesen!

  • Zitat

    Original von Eskalina
    Was mich stört ist, wie unterschiedlich die Autorin auf bestimmte Dinge eingeht. Als Mathilda im Laden für verlorene Dinge ein Buch entdeckt, das sie kennt und unbedingt lesen möchte, wird noch nicht mal der Titel genannt, obwohl ihr das Buch aus irgendeinem Grund wichtig ist. Auch als sie dann gefragt wird, ob sie es gelesen hat und ob es ihr gefallen hat, beantwortet sie das nur kurz mit "Ja", ohne weiter darauf einzugehen und ohne dass beschrieben wurde, dass sie sich die Zeit genommen hat, es zu lesen - andrerseits wird aber jede Zigarette, jede noch so unwichtige Fahrt mit dem Fahrrad, oder jede Kleidungsfarbe bis ins Detail beschrieben.


    Da hast du recht.


    Bei dem Buch denke ich, müsste es sich um "Anna Karenina" handeln - da kam doch anfangs mal, dass sie das schon öfters gelesen hätte :gruebel


    Aber Lesestoff für n Kind ist das auch nicht gerade ?(

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Das Mathilda mit der von der Mutter geschenkten Karte wirklich zum Andre Rieu-Konzert gegangen ist, hat mich überrascht.
    Für einen P J Harvey-Fan muss das doch der Horror sein.


    Der Song Yuri G. der englischen Sängerin P J Harvey
    befindet sich übrigens auf ihrem zweiten Album Rid of Me.
    Erinnert mich leicht an Sonic Youth!


    Das sind wieder mal richtig klasse Hintergrund-Infos!! Danke, Herr Palomar! Für sowas sind Leserunden einfach klasse!! :-)

  • Zitat

    Original von abendsternchen
    Sie scheint keine einfache Kindheit gehabt zu haben, es kommt so rüber das von der mütterlichen Seite nicht so sehr viel Liebe kam und vom Vater kann mich sich schlecht ein Bild machen. Da gab es ja bisher nur den einen Satz aus ihrer Erinnerung und der war nicht begeisternd.


    Sie vermutet John geht fremd, da sie bei ihm einen BH gefunden hat. Er versucht sie immer wieder zu erreichen, doch sie reagiert nicht. Warum spricht sie das nicht einfach mal an?


    Wenigstens gibt es bei ihr jetzt einen kleinen Lichtblick, da sie sich nun um einen neuen Job gekümmert hat. Hoffentlich macht ihr dieser mehr Spaß.


    Ihr Verhältnis zu ihrer Mutter ist echt merkwürdig - einerseits genervt, ablehnend, dann aber doch wieder fürsorglich und liebevoll!


    John ansprechen vermeidet sie bewusst, glaub ich, denn sie hat Angst ihn zu verlieren. Sie will ihn auf jeden Fall behalten, obwohl sie vom Fremdgehen weiß.
    Vielleicht interessiert es sie deswegen so sehr, warum ihre Mutter ihren Vater nicht verlassen hat, als sie in derselben Situation war!


    Das mit dem neuen Job find ich auch toll. Da würde ich den Supermarkt-Job auch kündigen.

  • Jetzt muss ich noch ne Textstelle zitieren, die ich toll fand!!


    Oft wird ja gefragt, warum Leute Bücher lesen und meistens heißt es dann, man möchte sich gut unterhalten fühlen oder entspannen :gruebel ... - für mich ist es, um einfach wundervolle, schöne, tiefsinnige und doch so einfache Weisheiten zu lesen, wie zum Beispiel diese hier, auf Seite 197! :-)


    Mit Liebe rechtfertigten Leute jedes noch so seltsame, ja sogar zerstörerische Verhalten. Es gab Menschen, die behaupteten, einen Mord aus Liebe begangen zu haben oder aus Liebe ihre Kinder zu schlagen. Wahrscheinlich gab es in der deutschen Sprache kein anderes Wort, dessen Bedeutung so geheimnisvoll hinter Schleiern, Illusionen, Lügen und Missverständnissen verborgen blieb wie das Wort Liebe. Jemand brauchte nur zu erklären, er haben etwas aus Liebe getan, und schon seufzten alle und erteilten Absolution.

  • Zitat

    Original von Eskalina
    Was mich stört ist, wie unterschiedlich die Autorin auf bestimmte Dinge eingeht. Als Mathilda im Laden für verlorene Dinge ein Buch entdeckt, das sie kennt und unbedingt lesen möchte, wird noch nicht mal der Titel genannt, obwohl ihr das Buch aus irgendeinem Grund wichtig ist.


    Ich hatte zuerst angenommen, dass Buch würde noch eine Rolle spielen.
    Ein Methode der Autorin, den Plot spannend zu halten. Aber dann wurde es nicht mehr erwähnt.
    Vielleicht ein Trick der Autorin, eine Art MacGuffin, wie es Hitchcock immer angewendet hat? :gruebel

  • Hat eigentlich schon irgendjemand ergründen können, warum es gefühlte 227 mal erwähnt wurde, dass ihre Handtasche eine unechte Krokodillederhandtasche ist?! Hat das etwa ne tiefere Bedeutung?? :rolleyes :pille

  • Zitat

    Original von Belle Affaire
    Hat eigentlich schon irgendjemand ergründen können, warum es gefühlte 227 mal erwähnt wurde, dass ihre Handtasche eine unechte Krokodillederhandtasche ist?! Hat das etwa ne tiefere Bedeutung?? :rolleyes :pille


    Ein Running Gag? Grundsätzlich ist die Einfuhr von Krokodilleder nach Deutschland verboten. Mathilda häte sich theoretisch damit in Schwierigkeiten bringen können - oder einem Freund zu nahe treten, der Tierschutzaktivist ist. ;-) Keine Ahnung, ob man es beweisen muss oder kann, falls die Tasche schon 100 Jahre alt ist und es da noch nicht verboten war. :chen