'Naokos Lächeln' - Seiten 073 - 134

  • Toru lernt elementare Dinge über sich. Auf Seite 118 sinniert er, dass Kizikis Tod ihm einen Teil seiner Jugend geraubt hat. Das war für ihn so etwas wie ein Verlust der Unschuld der Jugend, des festen Glaubens, dass manche Dinge einfach nicht passieren können. Und so langsam merkt er, dass er es nicht mehr verdrängen kann.
    Auch nicht auf seinen traurigen Ausflügen mit Nagasawa, der alles weiß/kann/bekommt, auf der Suche nach schnellem, unpersönlichen Sex.
    Seltsam fand ich Torus Begegnung mit Midori, die eine eine schrille Vorstellung ihrer selbst gibt, aber genauer besehen genau so einsam und traurig ist.


    Der Roman deprimiert mich ein wenig.

  • Bei mir hinterlässt dieses Buch bis jetzt auch den Eindruck von Verlorenheit und Einsamkeit. Trotzdem lese ich es im Moment total gerne. Es ist für mich irgendwie genau das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt. Es gefällt mir wirklich sehr gut.


    Midori ist auch eine interessante Person. Auf den ersten Blick erscheint sie einfach nur lebenslustig und aufgeweckt. Aber wenn man ihre Geschichte hört, versteht man das sie eigentlich nur traurig und einsam ist. Ich fand es sehr ergreifend, als sie erzählt, dass sie sich immer nach der Liebe von ihren Eltern gesehnt hat, und diese Liebe aber nie erfahren durfte. Da ist es dann auch kein Wunder, wenn sie nicht richtig um den Verlust ihrer Mutter und den Weggang ihres Vaters trauern kann, sondern wenn sie das eher kalt lässt.


    Naoko scheint es ja in dem Heim nun schon etwas besser zu gehen. Sie erkennt, dass Toru sich einen Art Panzer übergezogen hat der alles an ihm abprallen lässt. Sie selber hat keinen solchen Schutzpanzer sondern lässt alles ans sich heran.


    Ich bin mal gespannt, wie die nächste Begegnung zwischen den beiden abläuft.

  • Zitat

    Original von Rouge
    Bei mir hinterlässt dieses Buch bis jetzt auch den Eindruck von Verlorenheit und Einsamkeit. Trotzdem lese ich es im Moment total gerne. Es ist für mich irgendwie genau das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt. Es gefällt mir wirklich sehr gut.


    Mir geht es genauso, Rouge. Diese Einsamkeit der Protagonisten berührt mich sehr, vor allem, da ich langsam verstehe, daß sie aufgrund ihrer Kindheitserlebnisse so geworden sind.


    Zitat

    Original von Clare
    Seltsam fand ich Torus Begegnung mit Midori, die eine eine schrille Vorstellung ihrer selbst gibt, aber genauer besehen genau so einsam und traurig ist.


    Bei Midori muß ich immer an Audrey Hepurn im Film "Frühstück bei Tiffany" denken. Sie quasselt ununterbrochen, scheint immer gut drauf zu sein. Das ist meiner Meinung nach aber zum Teil nur Fassade. Sie versucht auf ihre eigene Art mit ihrer Einsamkeit und ihren Problemen fertig zu werden.

  • Ich bin mit diesem Abschnitt schon ein paar Tage durch, hatte aber keine Zeit, etwas zu posten.
    Deshalb nur kurz:


    Midoris Einführung als Gegenpart zu Naoko hat mir sehr gut gefallen. Die beiden Frauen können unterschiedlicher nicht sein. Midori managt ihr Leben ganz allein und scheint das auch, zumindest auf den ersten Blick, gut zu meistern.
    Ganz traurig fand ich die Passage über Midoris Vater. Er konnte den Tod seiner Frau überhaupt nicht verarbeiten und äußert seinen Kindren gegenüber, dass er wünschte, dass lieber diese tot wären. Was für ein A... :schlaeger erstaunlich, dass Midori diese vernichtende äußerung so wegsteckt.


    Naoko ist in einer Klinik, um wieder ins Leben zurück zu finden. Ich finde, dass diese beiden Frauenfiguren sehr gelungen sind.


    Die Szene auf dem Dach war einfühlsam geschrieben. Irritiert hat mich, dass die beiden sich durch den Brand in der Nachbarschaft gar nicht aus der Ruhe bringen lassen. Diese Szene wirkt, als wären die beiden in einem Kokon der Zeitlosigkeit eingesponnen.



    Naokos Brief offnebart ihre Gefühle. Das hat mir sehr geholfen, sie besser zu verstehen und hat einen Einblick in ihre Welt gegeben.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich sag ja, ich habe schon wieder über den Abschnitt hinaus gehört... Also, aufpassen, dass ich nicht spoilere...


    Mir gefällt Murakamis Art zu erzählen. Ist das in den anderen Büchern ähnlich? Ich kann mir wirklich gar kein Bild darüber machen. Bisher dachte ich immer, ich wäre zu dumm für seine Bücher, weil ich die Titel schon nicht verstanden habe.


    Ich mag Midori und ihre Art auf Toru zu zugehen. Er hat erst mal gar nicht verstanden, was dieses Mädchen von ihm möchte, aber dem Leser war es sofort klar. Ich glaube, die beiden ergänzen sich ganz gut. Allerdings verstehe ich nicht, warum Midori nicht mit ihrem Freund zusammen ist oder ist sie nur verliebt?


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Mir geht es ähnlich, Clare.
    Da ist niemand, der echte Beziehungen zu anderen Menschen hat. Toru scheint auch keine Bindung zu seinen Eltern zu haben, kein Interesse an seinem Studium.


    Ja, er dümpelt einfach so vor sich hin. Ganz schön traurig., In diesem Alter müsste man eigentlich zumindest ansatzweise wissen, wohin das Leben gehen soll. Ach, dass der Sturmbannführer weg ist, hat mich übrigens entsetzt und die Szene mit dem Glühwürmchen fand ich ganz grausam. Das arme Ding.
    Wo ist er denn hin und warum? Hat er sich wegen der Bilder gemobbt gefühlt? Er ist doch so in seinem Studium aufgegangen. Da ist doch auch was passiert, was der Leser nicht weiß. Hoffentlich erfahren wir das noch.


    Zitat

    Original von Regenfisch


    Ganz traurig fand ich die Passage über Midoris Vater. Er konnte den Tod seiner Frau überhaupt nicht verarbeiten und äußert seinen Kindren gegenüber, dass er wünschte, dass lieber diese tot wären. Was für ein A... :schlaeger erstaunlich, dass Midori diese vernichtende äußerung so wegsteckt.


    Das fand ich auch ganz ganz schrecklich. Ich habe mich gefragt, ob eine Mutter genauso reden würde. In meiner Welt ist die Liebe einer Mutter immer noch stärker als die Liebe eines Vaters. Ich kann das jetzt nicht richtig ausdrücken, aber ich hoffe, dass ihr versteht, was ich meine. Wie seht ihr das?


  • Das empfinde ich alles sehr ähnlich.
    Allerdings irritiert mich ein wenig Midoris Geschichte, ihre kurzen Haare, Krankenhausaufenthalte, die Krebserkrankung der Mutter. Ich habe mich beim Lesen oft gefragt, ob sie nicht eigentlich an dieser Erkrankung leidet und Toru einfach eine Geschichte auftischt. Sie scheint seine Gesellschaft zu genießen. Vielleicht liegt es daran, dass Toru ihr gegenüber auf nichts Rücksicht nehmen muss, weil er einfach nichts über ihr Schicksal weiß.
    Ich bin jedenfalls sehr gespannt darauf, was wirklich hinter Midoris Fassade steckt.


    Dieser "Kokon der Zeitlosigkeit" auf dem Dach passt zu Midoris Verhalten und eben auch zu Torus "in den Tag hinein leben", was Naoko in ihrem Brief so treffend als "Panzer" beschreibt.


    Ich habe für Toru und sein Verhalten immer noch Verständnis. Er ist 19 Jahre alt und da weiß man eben oft einfach nicht, was das Leben von einem erwartet. Zumal er ja auch keine finanziellen Probleme hat und als Student diese Phase so richtig ausleben kann. Jemand, der in dem Alter schon seinen Unterhalt selbst verdienen muss, geht sicherlich anders damit um. Er lebt ihn den Tag hinein und es scheinbar ist ihm alles egal.
    Naoko hat in ihrem Brief mit dem "Schutzpanzer" sicher Recht. Dieses Bild in Bezug auf die nicht verarbeitete Trauer und Torus Art und Weise dies in seinen Alltag zu integrieren, passt sehr gut. Er wirkt zu bodenständig, um am Leben zu scheitern. Er scheint einer dieser Menschen zu sein, die auch solche Schicksalsschläge schaffen können, weil sie eben diesen "Panzer" haben. Er weiß das allerdings noch nicht. Er wird aber sicher an den Punkt kommen, in dem er in der Lage ist, sein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Ich bin mir sicher, dass er das meistern wird, allerdings wird das Erlebte (das was wir bis jetzt wissen und das was sicher noch passieren wird) ihn sein Leben lang prägen.


    Murakamis klare Sprache und dieser reflektierte Blick sowohl in die Vergangenheit, als auch auf die einzelnen Figuren, fesseln mich sehr. Das ist sehr schön zu lesen, auch wenn es sehr melancholisch ist.

  • Zitat

    Original von Booklooker




    Das fand ich auch ganz ganz schrecklich. Ich habe mich gefragt, ob eine Mutter genauso reden würde. In meiner Welt ist die Liebe einer Mutter immer noch stärker als die Liebe eines Vaters. Ich kann das jetzt nicht richtig ausdrücken, aber ich hoffe, dass ihr versteht, was ich meine. Wie seht ihr das?


    Ja, es gibt Mütter, die genauso reden und handeln.


    Ich denke nicht, dass man die Liebe der Elternteile, die ihre Kinder auch tatsächlich lieben, wirklich miteinander vergleiche kann. Mütter lieben ihre Kinder anderes als Väter und umgekehrt.

  • Zitat

    Original von Saiya


    Ja, es gibt Mütter, die genauso reden und handeln.


    Ich denke nicht, dass man die Liebe der Elternteile, die ihre Kinder auch tatsächlich lieben, wirklich miteinander vergleiche kann. Mütter lieben ihre Kinder anderes als Väter und umgekehrt.


    Das sehe ich auch so. es gibt Mütter, die genauso reden, es gibt Mütter, die die Väter nicht an die Kinder lassen, es gibt Mütter, die nur um ihre Kinder kreisen....und es gibt sehr liebevolle Mütter.
    Und auf Väterseite ist das ähnlich- es gibt alles.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ok, dann habe ich nie ein Beispiel kennen gelernt, bei dem die Mutter die Kinder sozusagen weniger liebt als der Vater es tut. Ich war immer der Meinung, dass die Mutter enger mit dem Kind verbunden ist, weil sie durch das Austragen und die Geburt eine besondere Bindung haben.

  • Zitat

    Original von Booklooker
    Ok, dann habe ich nie ein Beispiel kennen gelernt, bei dem die Mutter die Kinder sozusagen weniger liebt als der Vater es tut. Ich war immer der Meinung, dass die Mutter enger mit dem Kind verbunden ist, weil sie durch das Austragen und die Geburt eine besondere Bindung haben.


    Ich denke, dass du in gewisser Weise schon Recht hast, auch, aber das Ausmaß oder auch die Art die Liebe zum Kind zu zeigen stark vom Charakter der Person abhängt. Es gibt auch Mütter, die abhauen und ihr Kind beim Vater zurücklassen, weil sie nie eine wirklich enge Beziehung zu ihrem Kind aufbauen konnte.


    Um auf Midoris Vater zurück zu kommen: was Midori erzählt, ist schon krass, wenn es wirklich so der Wahrheit entspricht. Wir kennen nur eine Aussage, ihre.

  • Zitat

    Original von Booklooker
    ...
    Die LR mit euch sind übrigens toll. Sollte ich mal öfter dran teil nehmen. :heisseliebe


    Jawoll, das solltest du. :grin :kiss

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

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