'Der Bastard von Istanbul' - Seiten 085 - 163

  • Ein Zeitsprung von 18 Jahren, die beiden Mädchen sind fast erwachsen und haben ihren eigenen Kopf.
    Arya rebelliert gegen ihre sie bevormundende Familie. Die Szene im Cafe ist sowas von bizarr beschrieben, die ganzen Leute mit denen sie sich trifft. Ich habe ständig Kommunist anstelle von Kolumnist gelesen, die Bezeichnungen über ihre Berufe sind schon etwas gewöhnungsbedürftig und sehr ungewöhnlich.


    Dann der Wechsel zu Armanoush, den Namen finde ich so schön, hochintelligent muss es aber verstecken, begabt, was muss das für ein Erbe sein, sich nie geben zu können wie man ist.
    Aber köstlich, der Abend ihrer Verabredung :rofl die ganze Familie trifft ein um den Verehrer zu begutachten.
    Und was sie essen kann, erst zuhause, dann noch im Restaurant, diese kunstvollen Gebilde.
    Nun also steht die Reise an. In die Vergangenheit um die Zukunft bewältigen zu können.


    Rose nervt immer noch. Gut, dass wenigstens der armenische Teil der Familie Armanoush einigermaßen erzogen hat. Zu Mustafa hat sie aber ein recht gutes Verhältnis entwickelt sonst würde sie seine Familie nicht besuchen wollen. Wobei sie da ja auch ein Geheimnis vermutet, weil er nicht von ihnen spricht.

  • Ich merke, dass ich einfach viel zu wenig über die Türkei weiß. Weder über das osmanische Reich, noch seinen Zerfall und die Entstehung der heutigen Türkei weiß ich Näheres.
    Da fehlt mir ganz viel zum Verständnis von solchen Szenen wie in diesem Café Kundera. Allerdings haben mir gerade die seltsamen Zusatzbezeichnungen der Figuren geholfen, sie wenigstens auseinanderzuhalten.


    Armanoush hat es doppelt schwer. Durch ihre Zugehörigkeit zu einer amerikanisch-türkischen und einer armenischen Familie sitzt sie zwischen allen Stühlen und muss ihre Identität erst noch finden.

    Auch Asya fühlt sich in ihrer Familie fremd. Ihr Verhältnis zu ihrer Mutter ist eigenartig.
    Die Tanten können eine junge Frau auch das Fürchten lehren.

  • Das hoffe ich auch, Rumpelstilzchen.


    Das Kapitel im Cafe war für mich auch nicht ganz so einfach. Mein Wissen über die Geschichte der Türkei ist auch ziemlich lückenhaft.


    Rose nervt immer noch. Ich habe ernsthafte Probleme mit Frauen, die nach so vielen Jahren immer noch nicht mit der Ex-Schwiegerfamilie abschließen können (musste sowas leider auch schon im eigenen Umfeld miterleben). Und noch schlimmer finde ich, wenn die Kinder, auch wenn sie schon erwachsen sind, da mit reingezogen werden. Das Telefonat mit Armanoush war echt grausam. Aber zumindest - rein von dem, was Armanoush berichtet - scheint sich die Beziehung zu Mustafa für beide positiv entwickelt zu haben.


    Familienstrukturen und die Belastung dadurch für den einzelnen scheint eins der Hauptthemen in diesem Buch zu sein. Sehr bezeichnend, dass da Tolstoi zitiert wird.


    Ich bin gespannt auf den nächsten Abschnitt und Armanoushs Erlebnisse in der Türkei.

  • Zitat

    Original von Ellemir



    Rose nervt immer noch. Ich habe ernsthafte Probleme mit Frauen, die nach so vielen Jahren immer noch nicht mit der Ex-Schwiegerfamilie abschließen können (musste sowas leider auch schon im eigenen Umfeld miterleben). Und noch schlimmer finde ich, wenn die Kinder, auch wenn sie schon erwachsen sind, da mit reingezogen werden. Das Telefonat mit Armanoush war echt grausam. Aber zumindest - rein von dem, was Armanoush berichtet - scheint sich die Beziehung zu Mustafa für beide positiv entwickelt zu haben.


    Ich glabue, dass die Ehe funktioniert, liegt einerseits an Roses Trägheit und Mustafas Ergebenheit, dass er jemand gefunden hat. So wird es ja zumindest in der kurzen Supermarktszene beschrieben. Wobei Armanoush bei dem Chat ja zugibt, dass ihre Eltern sich lieben. Wenn da kein Gefühl da ist, hätte sie dass sicher gespürt. Vielleicht war es ja für beide ein Glücksfall, geboren aus der Idee sich rächen zu wollen.


    Dass diese Animosität so lange anhält ist zwar ungewöhnlich aber durch die Kontakte, die immer noch bestehen, werden sie lebendig gehalten.
    Aber Rose hate ja ihn verlassen, weil sie es mit der Macht der Familie nicht aushielt. Ich denke, ihr fehlte jegliches Verständnis für die Situation und dem Gefühl der Zusammengehörigkeit der Überlebenden eines Genozids.

  • Zitat

    Original von Ellemir
    Familienstrukturen und die Belastung dadurch für den einzelnen scheint eins der Hauptthemen in diesem Buch zu sein. Sehr bezeichnend, dass da Tolstoi zitiert wird.


    Das ging mir auch durch den Kopf.


    Was für seltsame Mütter beide Mädchen doch haben. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich schlimmer empfinde: die egoistische Rose, die klammert und es nicht ertragen kann, dass ihre Tochter eigene Wege geht oder Zeliha, die sich von ihrer Tochter Tante nennen lässt und eine Kälte ausstrahlt, die ich einfach schrecklich finde. Keine von beiden kennt die eigene Tochter wirklich und versucht noch nicht einmal ansatzweise wahrzunehmen, was sie braucht.
    Dagegen ist das Heer an Tanten und weitere Verwandtschaft geradezu amüsant.


    Ich kann beide Mädchen in ihrem Wunsch nach Abgrenzung und einer eigenen Identität gut verstehen. Armanoush hat es noch einmal ungleich schwerer, trägt sie doch auch die Last des Geozids an ihrem Volk und ihrer Familie. In Asyas Umfeld wirkt dagegen alles sehr oberflächlich. Beide sind auf der Suche nach ihrer Geschichte, ihren Wurzeln, allerdings aus völlig unterschiedlichen Ausgangspostitionen. Ich bin sehr gespannt darauf, was passiert, wenn die beiden sich begegnen.


    Berührt hat mich übrigens Armanoush Blickwinkel und ihr Verständnis für die kleinen "Marotten" ihrer armenischen Familie, die das Erlebte einfach mit sich bringen. Das finde ich sehr schön erzählt, ohne zu dick aufzutragen.

  • Ich glaube, einige von euch haben auch "Ismaels Orangen" mitgelesen. Manche Szenen hier erinnern mich an dieses Buch.
    Identität ist eine schwierige Sache.
    Besonders, wenn man einer Minderheit angehört.


    Saiya, ich empfinde Zeliha nicht als kalt. Sehr distanziert und ansonsten sind sich Mutter und Tochter wohl sehr ähnlich. Das macht die Sache besonders schwierig.

  • Zitat

    Original von Saiya



    Was für seltsame Mütter beide Mädchen doch haben. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich schlimmer empfinde: die egoistische Rose, die klammert und es nicht ertragen kann, dass ihre Tochter eigene Wege geht oder Zeliha, die sich von ihrer Tochter Tante nennen lässt und eine Kälte ausstrahlt, die ich einfach schrecklich finde. Keine von beiden kennt die eigene Tochter wirklich und versucht noch nicht einmal ansatzweise wahrzunehmen, was sie braucht.
    Dagegen ist das Heer an Tanten und weitere Verwandtschaft geradezu amüsant.
    .


    Ich glaube nicht, dass das Kälte ist von Zeliha sondern eher ihre Gewissheit, dass Asya in der Familie genug Wärme und Bezugspersonen hat. Außerdem schätze ich, sie ist überzeugt, dass es reicht, der Tochter das Leben geschenkt zu haben somit ist ihre "Pflicht" erfüllt. Der Rest verteilt sich auf die Familie. So gesehen hat es das Kind ja gut erwischt.



    Es wundert nur, dass nicht eine der Tanten ihren eigenen Weg gegangen ist. Und die, die ja noch einen Ehemann hat ist auch in die Gemeinschaft zurück gekehrt.
    Andererseits finde ich es auch schön, so eine Großfamilie, solange jeder seinen Rückzugsort hat.
    Jeder kann sich um jeden kümmern. Vielleicht vermisse ich das auch nur, weil wir in alle Winde verstreut sind.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Irgendwie möchte ich Zeliha in Schutz nehmen ;-)
    Asya ist nicht mehr klein, sondern eine junge Frau. Da ist zu viel Nähe eher "vertreibend".
    Womit du natürlich recht hast, ist, dass es äußerst merkwürdig ist, dass Asya ihre Mutter einfach ebenfalls Tante nennt.


    Vor wem? Vor mir? :schlaeger :wow :rofl


    Da ich das beim Lesen so empfinde, als wäre Zeliha nicht nur erst jetzt so zu Asya, seit sie 19 ist, sondern schon immer, wirkt sie für mich gefühlskalt gegenüber ihrer Tochter. Ich habe da scheinbar einfach eine andere Vorstellung.
    Es ist gut möglich, dass es dafür Gründe gibt, die ich noch nicht kenne, denn ich habe das Buch noch nicht weiter gelesen. Es ist also möglich, dass mein Eindruck täuscht, nichtsdestotrotz ist das meine derzeitige Meinung zu ihr. ;-)


    Ich habe "Ismaels Orangen" gelesen. Es war eines meiner letztjährigen Jahreshighlights. In Bezug auf die Suche nach Identität, erinnert mich dieses Buch auch sehr daran.

  • :schnellweg :grin


    Vermutlich sind das meine Erinnerungen im Umgang mit den halbwüchsigen Kindern. ;-) Gerade die Szene, als Nehila ihre Tochter aus dem Bett wirft und sie ihr gerne sagen würde, dass sie vermutlich besser damit fährt, nicht so schön zu sein.
    Wie oft steht man als Elternteil da, könnte einen guten Rat geben und weiß genau: sag bloß nix, du machst alles nur noch schlimmer.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Ich merke, dass ich einfach viel zu wenig über die Türkei weiß. Weder über das osmanische Reich, noch seinen Zerfall und die Entstehung der heutigen Türkei weiß ich Näheres.
    Da fehlt mir ganz viel zum Verständnis von solchen Szenen wie in diesem Café Kundera. Allerdings haben mir gerade die seltsamen Zusatzbezeichnungen der Figuren geholfen, sie wenigstens auseinanderzuhalten.


    :write
    Bei der Szene im Cafe hatte ich auch eindeutig das Gefühl, nicht genügend über die Hintergründe der Geschichte der Türkei zu wissen.
    Allerdings fand ich die Beschreibung des Cafés und der speziellen Gäste sehr gelungen und lebendig. Ich konnte mir den Raum mit den ganzen Bildern an der Wand, die alle unterschiedliche Straßen darstellen und einen im Geist in anderen Länder versetzen, richtig gut vorstellen und das Gespräch war sehr lustig.


    Armanoush und Arya sind beide auf der Suche nach ihrer Identität und haben es nicht so leicht mit ihren jeweiligen Familien. ich finde sie sind sich recht ähnlich und ich bin schon gespannt darauf ob sie sich gegenseitig mögen, wenn sie aufeinandertreffen.
    Das sich Zeliha von ihrer eigenen Tochter mit "Tante" anreden lässt, finde ich auch sehr seltsam. Aber ansonsten macht sie auf mich auch keinen gefühlskalten Eindruck. Sie ist schon distanziert und hat wohl einen Panzer um ihre Gefühle herum aufgebaut, aber ich bin mir sicher, dass sie ihre Tochter liebt und für sie nur das beste will.


    Mir ist aufgefallen, dass in dem Buch Kochen und das gemeinsame Essen eine große Rolle spielen. Das finde ich schön. :-] Es wird so ausführlich über die traditionellen Speisen der Türken und Armenier geschrieben ( die ich zwar fast alle nicht kenne), die anscheinend oft sehr ähnlich sind, und über die Zubereitung und die Gewürze. Im Gegensatz dazu wirkt die amerikanische Küche von Rose recht langweilig und fad.

  • Zitat

    Original von Rouge



    Armanoush und Arya sind beide auf der Suche nach ihrer Identität und haben es nicht so leicht mit ihren jeweiligen Familien. ich finde sie sind sich recht ähnlich und ich bin schon gespannt darauf ob sie sich gegenseitig mögen, wenn sie aufeinandertreffen.
    Das sich Zeliha von ihrer eigenen Tochter mit "Tante" anreden lässt, finde ich auch sehr seltsam. Aber ansonsten macht sie auf mich auch keinen gefühlskalten Eindruck. Sie ist schon distanziert und hat wohl einen Panzer um ihre Gefühle herum aufgebaut, aber ich bin mir sicher, dass sie ihre Tochter liebt und für sie nur das beste will.


    Es ging ja auch von Asya aus, dass sie ihre Mutter mit Tante anredet. Sie will es ihr damit vielleicht leichter machen, aber trotzdem kümmert es sie und man spürt eine Verbindung, manchmal wirft sie ihr ja "Blicke" zu.


    Arya war ich auch schon versucht zu schreiben GRRM lässt grüßen ;-)

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Da das Thema Asya und ihre Mutter uns das ganze Buch über begleitet und ich schon viel weiter gelesen habe, sage ich zu dem Thema besser nix mehr. :-)



    Ich muss auch immer überlegen, was ich noch kommentieren kann, musste jetzt schon ein paar Mal spoilern, weil ich heut früh festgestellt hatte, dass da dann immer erst im nächsten Abschnitt vorkam.

  • Zitat

    Original von Findus


    Ich glabue, dass die Ehe funktioniert, liegt einerseits an Roses Trägheit und Mustafas Ergebenheit, dass er jemand gefunden hat. So wird es ja zumindest in der kurzen Supermarktszene beschrieben. Wobei Armanoush bei dem Chat ja zugibt, dass ihre Eltern sich lieben. Wenn da kein Gefühl da ist, hätte sie dass sicher gespürt. Vielleicht war es ja für beide ein Glücksfall, geboren aus der Idee sich rächen zu wollen.


    Ich kenne in meinem Umfeld einige Ehen, die für mich unvorstellbar sind, aber in der beide Partner das gefunden haben, was sie sich wünschen. Wenn eine Ehe funktioniert, dann ist es doch eigentlich schön für die Partner, egal aus welchem Grund. Und Mustafa scheint ja auch als Stiefvater keine Fehlbesetzung zu sein.


    Zitat

    Original von Findus
    Dass diese Animosität so lange anhält ist zwar ungewöhnlich aber durch die Kontakte, die immer noch bestehen, werden sie lebendig gehalten.
    Aber Rose hate ja ihn verlassen, weil sie es mit der Macht der Familie nicht aushielt. Ich denke, ihr fehlte jegliches Verständnis für die Situation und dem Gefühl der Zusammengehörigkeit der Überlebenden eines Genozids.


    Ich glaube, es liegt auch an Rose selbst. Sie hält ja nicht nur an dem Hass auf die Familie ihres Exmannes fest, sondern klammert auch ziemlich ungesund, was ihre Tochter angeht. Allein die Vorstellung, ein anderes Handy zu verwenden, weil die Tochter möglicherweise nicht rangeht, wenn sie sieht, dass es ihre Mutter ist, sagt doch ziemlich viel aus. Rose scheint sich wenig über sich selbst, mehr über ihre Beziehung zu anderen - im Guten wie im Bösen - zu definieren.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    ...
    Auch Asya fühlt sich in ihrer Familie fremd. Ihr Verhältnis zu ihrer Mutter ist eigenartig.
    Die Tanten können eine junge Frau auch das Fürchten lehren.


    Ich finde, die gesamte Tanten-Clique merkwürdig. Sie sind ziemlich oberflächlich. Was jeder wirklich denkt, kümmert eigentlich niemanden. Auf der anderen Seite akzeptieren sie untereinander auch jede Lebensform.


    Zitat

    Original von Saiya
    ...
    Ich kann beide Mädchen in ihrem Wunsch nach Abgrenzung und einer eigenen Identität gut verstehen. Armanoush hat es noch einmal ungleich schwerer, trägt sie doch auch die Last des Geozids an ihrem Volk und ihrer Familie. In Asyas Umfeld wirkt dagegen alles sehr oberflächlich. Beide sind auf der Suche nach ihrer Geschichte, ihren Wurzeln, allerdings aus völlig unterschiedlichen Ausgangspostitionen. Ich bin sehr gespannt darauf, was passiert, wenn die beiden sich begegnen. ...


    Zu der Last des Genozids:
    Hat da jemand etwas Hintergrundwissen? Ich kenne eine Armenierin, die genau davon berichtet, wie sehr ihr Volk immer noch darunter leidet. Das ist für mich schwer nachvollziehbar, weil es ja schon so lange her ist. Oder liegt es daran, dass das armenische Volk in alle Welt verstreut ist und sie sich deshalb an dieses gemeinsame Leid klammern?

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Regenfisch, es ist vergleichbar mit dem Holocaust. Aber Du bekommst genügend Info bei wiki oder auch über Literatur. Wenn Du den Musa Dagh gelesen hast, wirst du vielleicht erstmal genug haben oder aber Du willst immer mehr wissen.


    Guck Dir auf youtube das video "Haus der Lerchen" an, wenn du stark genug bist. Ich konnte es nur in Etappen.