'Narziß und Goldmund' - Kapitel 05 - 08

  • Ich hatte eher den Eindruck, dass sich Goldmund nicht besonders wohl im Wald fühlt, weil er allein dort ist und Angst hat, nicht mehr heraus zu finden und keine anderen Menschen zu begegnen. Er will doch weniger die Natur genießen als vielmehr neue Erlebnisse mit Menschen - besonders Frauen - haben.

    Ja, das stimmt. Aber neben der Angst, die ja auch nach der ersten Nacht verschwunden war, und dem Bedürfnis nach Menschen empfindet Goldmund die Natur sehr stark. Ich denke da an die Szene mit dem Specht. Die habe ich sehr intensiv empfunden. Wobei ich mich jetzt beim zweiten Mal Lesen wundere, wie kurz die Szene ist.

  • Nachdem Goldmund verstanden hat, dass er nicht für ein Leben des Geistes geschaffen ist, beginnt er zu wandern, ohne Ziel, ohne Sicherheit, absolut frei. Er lernt die sexuellen Triebe kennen. In seinem tiefsten Inneren fühlt er eine Schuld deswegen. Ist das eine innere Stimme oder einfach die Erziehung?

    Aber er entwickelt sich. Mit Lydia lernt er den Unterschied zwischen Begierde und Liebe kennen. Mehrmals wurde erwähnt, wie er Lust hat, Gestalten nachzubilden. Wird das sein nächster Entwicklungsschritt? Ist die Liebe zu Lydia der Auslöser für eine künstlerische Tätigkeit?

  • Goldmund hat ja schon im Kloster gern gezeichnet und hatte dort auch schon den Blick für die Schönheit der Formen in der Architektur und Darstellungen der Heiligen.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Aber er entwickelt sich. Mit Lydia lernt er den Unterschied zwischen Begierde und Liebe kennen. Mehrmals wurde erwähnt, wie er Lust hat, Gestalten nachzubilden. Wird das sein nächster Entwicklungsschritt? Ist die Liebe zu Lydia der Auslöser für eine künstlerische Tätigkeit?

    Interessant ist es jedenfalls, seine Gedankengänge, was die beiden Mädchen anbelangt. Die Szene im Bett, Lydia und Julie, kein Wunder, dass Lydia es ihrem Vater erzählt. Sie sieht wohl die Gefahr für ihre Schwester, wobei sicher auch Eifersucht im Spiel war.

    Dass er dadurch jetzt zum Künstler wird??? Mal abwarten, aber ich kenne den Inhalt, deshalb unterlasse ich Spekulationen.

  • Interessant ist es jedenfalls, seine Gedankengänge, was die beiden Mädchen anbelangt. Die Szene im Bett, Lydia und Julie, kein Wunder, dass Lydia es ihrem Vater erzählt. Sie sieht wohl die Gefahr für ihre Schwester, wobei sicher auch Eifersucht im Spiel war.

    Immerhin ist ihm jetzt klar geworden, dass es so nicht weiter geht. Lydias Vater hat dann die nötigen Konsequenzen beschleunigt.

    Ich hatte eher den Eindruck, Lydia hat es aus Selbstschutz ihrem Vater erzählt, weil sie befürchtet hat, dass sie sich zu etwas hinreißen lassen könnte, was sie später bitter bereuen würde.

    Dass er dadurch jetzt zum Künstler wird??? Mal abwarten, aber ich kenne den Inhalt, deshalb unterlasse ich Spekulationen.

    Gleich drei Fragezeichen? Ist es so abwegig?:lache

  • Dieses Erlebnis ereignet sich im dritten Abschnitt. :lesend

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Ich hatte heute auch den Kindle mit im Schlossgarten und habe die Geschichte weitergelesen, die ich im Zug zum Eulentreffen angefangen hatte. Aber das bleibt mein Outdoor-Buch.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Für mich ist ja Goldmund der wahre Narzisst und Narziss eher ein Goldmund.

    Goldmunds Anziehungskraft wird doch erläutert und es wird ganz klar gesagt, dass diese nicht (nur) in seinem Äußeren liegt. Er hat die Fähigkeit, den Frauen jeweils das zu geben, was sie möchten und stellt seine Bedürfnisse erst einmal hinten an.


    Luise, die Zigeunerin hat Goldmund ja nicht nur geküsst, sondern hatte ihn auch in die Welt des Sex eingeführt. Lydia war eifersüchtig und enttäuscht. Sie war vorsichtig und sprach von der großen, aber unerfüllten Liebe und dann kommt Julie und Goldmund will sich gleich für die nächste Nacht mit ihr verabreden. Das war dann wohl etwas zu viel für Lydia und so hatte sie die Nacht teilweise an ihren Vater verraten.


    Also ich finde die Geschichte gar nicht langweilig, aber ein wenig Konzentration und Zeit braucht sie.

  • Also ich finde die Geschichte gar nicht langweilig, aber ein wenig Konzentration und Zeit braucht sie.

    Genau.

    Aber es fällt mir schwer, mich in Goldmund hineinzuversetzen. Hesse beschreibt einen Extremfall, oder eigentlich zwei. Doch von Narziß erfährt man leider überhaupt nichts mehr. Ob er sich auch mal auf die Suche nach seiner zweiten, der mütterlichen Seite macht?

  • Narziß scheint seinem Namen soweit zu entsprechen, als er sich mit sich selbst und seiner Begabung begnügt. Er braucht niemand anderen oder eine Muttersuche, sondern ist mit der beschränkten Welt des Klosters in jeder Hinsicht zufrieden. Hier kann er glänzen und fügt sich anscheinend gern in die starren Regeln ein. Sein Pfad ist vorgezeichnet, deshalb taucht er lange Zeit nicht mehr aktiv im Roman auf. Er dient lange Zeit nur noch als Idealbild der Vergeistigung für Goldmund. Dieser wird inzwischen seinem Namen insofern gerecht, als er anscheinend genau die richtigen Worte findet, um bei seinen Frauen und Mädchen den gewünschten Eindruck zu machen.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Bin erstmal hier fertig, aber immer noch nicht eure Kommentare zum 1. Abschnitt gelesen. Kommt noch und dann noch mehr, da ich ja schon die LR auch zur "Diskussion" oder ähnlich nutzen möchte.


    Also, Goldmund ist aus dem Kloster raus (ging ja schnell...einmal mit der Lise im Gras und schon war die Entscheidung gefallen :lache) und beglückt die Frauen. Ich finde das Buch immer noch gut und spannend und es sind ein paar Sätze da, die ich irgendwie...ich sag mal "interessant" finde und beim zweiten Lesen, wenn ich mehr Ruhe habe, werde ich sicher den einen oder anderen Satz anstreichen oder so, aaaber...also ehrlich, ist in etwa gerade so realistisch wie die The-fast-and-the-Furios-Filme. :rofl

    Kaum Erfahrung mit Frauen, aber schon der beste und größte Hengst, der alle glücklich macht. Also, dass sie was an ihm finden und mit ihm in die Kiste (oder ins Heu eher) wollen, das kann ich mir vorstellen. Dass er aber so gut ist, wie er das selbst glaubt, wage ich zu bezweifeln.


    Ich mag die Stelle, als er mit Narziß spricht und sich verabschiedet. Goldmund ist ja offenbar klar, dass das mit Lise nicht lange geht, er ist nicht dumm, aber er spürt, dass sie sozusagen der "Antrieb" ist, um ihn aus dem Kloster raus zu bewegen. "Ich gehe zu ihr, aber ich gehe nicht ihretwegen. Ich gehe, weil ich gehen muß, weil es mich ruft." Find ich sehr passend beschrieben.


    Ich überlege noch, wie ich Hesse finde und wieviel von seinen eigenen Ansichten in dem Buch ist, ich hab mich ja mit dem Mann noch nie so genau befasst. Bei der folgenden Textstelle hab ich richtig lachen müssen: "Nein, es war ein Glück, daß die Liebe keiner Worte bedurfte; sie wäre sonst voll Mißverständnis und Torheit geworden." Kann mir das jemand erklären oder muss ich bei meiner Meinung bleiben, dass der Mann mich an dieser Stelle veräppeln will? Ich glaube, da muss ich drüber nachdenken...


    Etwas realistischer finde ich ja das Gespräch zwischen Goldmund und Lydia, als sie überlegt bzw. fragt, was daraus werden soll und er sagt, das kümmert ihn nicht, es macht ihn glücklich sie zu lieben und was daraus werden wird, daran denkt er nicht. Herrlich!!!:rofl:rofl:rofl


    Edit: Nicht zu vergessen - kurz vor dem Ende des zweiten Abschnitts fast noch ein Dreier...Ts, Hermann, Hermann...

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Bei der folgenden Textstelle hab ich richtig lachen müssen: "Nein, es war ein Glück, daß die Liebe keiner Worte bedurfte; sie wäre sonst voll Mißverständnis und Torheit geworden." Kann mir das jemand erklären oder muss ich bei meiner Meinung bleiben, dass der Mann mich an dieser Stelle veräppeln will? Ich glaube, da muss ich drüber nachdenken...

    Wenn man die Liebe so versteht wie Hesse das an diesem Punkt der Erzählung tut, dann macht diese Aussage wirklich Sinn. Liebe als Gefühl, das sich kaum in Worte fassen lässt und deshalb jedes darüber gesprochene Wort sich falsch anfühlt.

    Selten wollen beide Liebende das exakt gleiche, wenn sie sich miteinander einlassen. Zum Beispiel will der Mann möglichst reine körperliche Sensation, die Frau hingegen will Wertschätzung und dauerhafte Bindung - da wäre jedes ehrliche Wort eine Enttäuschung - und Schmeicheleien gehen eher in Richtung Torheit - also alberne Koseworte oder übertriebene Gefühlsausdrücke. :gruebel

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Es liest sich wahrhaftig weiterhin wie ein Märchen, indem ein Bub zum Frauenversteher wird ohne, dass es an Worten bedarf. Er zieht in die Welt der Frauen hinaus, um seiner Lust zu frönen? Ist er wie ein Tier, der seinem Triebe nachgeht? Seinem Seelenheil? Narziß sagt vorher dazu: „[…]du bist erwacht, und du hast ja jetzt auch den Unterschied zwischen dir und mir erkannt, und den Unterschied zwischen mütterlichen und väterlichen Herkünften, zwischen Seele und Geist.“ Goldmund hat allerdings so seine Zweifel, ob es gut ist, was er da tut. Denn eigentlich ist es ja vor Gott eine Sünde.

    Und der beinahe Dreier scheint ihn dann auch noch zu überfordern. :rofl


    Ich überlege immer wieder, was genau eigentlich der Unterschied zwischen Seele und Geist ist. Unter Geist verstehe ich unsere Denkmaschine. Seele ist für mich das, was in der Religion nach dem Tod weiterbesteht. Aber das passt irgendwie nicht zum Mönchsleben, wenn Narziß sich seinem Geist widmet. Er müsste sich doch seiner Seele widmen. :gruebel . Und dass Goldmund auf dem richtigen Weg ist, bezweifle ich auch. Es ist doch eher sein Körper, auf das er sich konzentriert. Er geht seinem Trieb nach, dass das höchste der Gefühle bringt. Es macht ihn glücklich.? Auf was wirkt sich das aus? Auf die Seele oder den Geist? :gruebel


    Hach, Hesse liest sich wirklich gut. So schön. Wenn es nur um Naturbeschreibungen ginge, könnte ich wohl ein ganzes Buch davon lesen. Ich selber bin auch gerne in der Natur und beobachte für längere Zeit einen Fleck, bei dem viele gar nicht die Geduld dafür hätten. (Nebenbei bemerkt: Das ‚orni‘ in meinem Benutzernamen steht für Ornithologie – mein Hobby.)


    Ich kann das Buch nur schwer aus der Hand legen. Ich weiß spontan gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal solche Momente hatte.



    Und sprechen bedeutet doch auch immer analysieren. Und das kann manches Gefühl beschädigen.

    Ich weiß nicht, ob das damit gemeint ist. Aber mir geht es immer so, dass ich meine Gefühle gar nicht bennen kann, wenn ich danach gefragt werde.

    Sasaornifee :eiskristall



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    "Wer seid ihr und was wollt ihr?" - Die unendliche Geschichte - Michael Ende


  • Aber das passt irgendwie nicht zum Mönchsleben, wenn Narziß sich seinem Geist widmet. Er müsste sich doch seiner Seele widmen.

    Doch das passt sehr gut zu dem Mönchsleben wie Narziß es lebt. Er braucht sich seiner Seele nicht besonders widmen, weil er sie sicher in den Doktrinen der Religion aufgehoben weiß. Deshalb kann er sich mit Genuss seinen Gedanken widmen, die überwiegend abstrakter Natur sind. Er ist ein Liebhaber der Logik und kühlen Berechnung. Er denkt in Begriffen und Formulierungen - anders als Goldmund, der in Bildern und Gefühlen denkt.


    Und dass Goldmund auf dem richtigen Weg ist, bezweifle ich auch. Es ist doch eher sein Körper, auf das er sich konzentriert. Er geht seinem Trieb nach, dass das höchste der Gefühle bringt. Es macht ihn glücklich.? Auf was wirkt sich das aus? Auf die Seele oder den Geist?

    Für Goldmund ist es der ihm entsprechende Weg. Er lebt seine Gefühle aus.

    Seine Erlebnisse haben Einfluss auf sein Denken und prägen wohl auch seine Seele.

    Das wird später noch deutlicher ausgeführt.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Ich weiß nicht, ob das damit gemeint ist. Aber mir geht es immer so, dass ich meine Gefühle gar nicht bennen kann, wenn ich danach gefragt werde.

    :) Das geht nicht nur Dir so! Es gäbe keine Musik oder andere Kunstwerke, wenn sich Gefühle so einfach in Sprache ausdrücken lassen könnten - - - und keine Literatur, wenn man sie mit einem Wort umfassend benennen könnte.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Ich überlege immer wieder, was genau eigentlich der Unterschied zwischen Seele und Geist ist. Unter Geist verstehe ich unsere Denkmaschine. Seele ist für mich das, was in der Religion nach dem Tod weiterbesteht. Aber das passt irgendwie nicht zum Mönchsleben, wenn Narziß sich seinem Geist widmet. Er müsste sich doch seiner Seele widmen.

    Ich habe noch einmal die ersten Kapitel durchgeblättert. Wenn Narziß von Goldmunds Seele spricht, verwendet er das Wort im Sinn von Psyche.

    Und wenn von Geist die Rede ist, denke ich, dass da auch Meditation dazugehört.

    Und dass Goldmund auf dem richtigen Weg ist, bezweifle ich auch. Es ist doch eher sein Körper, auf das er sich konzentriert. Er geht seinem Trieb nach, dass das höchste der Gefühle bringt. Es macht ihn glücklich.? Auf was wirkt sich das aus? Auf die Seele oder den Geist? :gruebel

    Es geht nicht nur um Goldmunds Triebe. Es geht um die Wahrnehmung der gesamten Schöpfung mit allen Sinnen.