Ulrich Alexander Boschwitz - Der Reisende

  • Der Reisende

    Autor: Ulrich Alexander Boschwitz

    Gelesen von: Torben Kessler

    Spieldauer: 7 Std. 24 Min.

    ungekürztes Hörbuch

    Veröffentlicht: 09.03.2018

    Der Audio Verlag

    ASIN: B07BMS7BSM



    Über den Inhalt (vom Verlag):

    Berlin, November 1938: Otto Silbermann ist ein angesehener und erfolgreicher Kaufmann. Und er ist Jude. Als die Nationalsozialisten sein Haus aufsuchen, um ihn zu verhaften, muss er fliehen. So steht Silbermann hilflos auf den Straßen einer Heimat, in der er plötzlich nicht mehr willkommen ist – alte Bekannte wenden sich von ihm ab, Angestellte grüßen ihn nicht mehr und sein Freund und Geschäftspartner Gustav Beck zieht sich aus dem gemeinsamen Unternehmen zurück. Die belebte Stadt wird für Otto Silbermann zum Minenfeld voller Gefahr und Misstrauen, seine Identität macht ihn zum Verfolgten. Mit einer Aktentasche voller Geld flieht der Kaufmann aus Berlin und findet sich auf einer verzweifelten Irrfahrt wieder, die ihn kreuz und quer durchs Land führt.


    Über den Autor (vom Verlag):

    Ulrich Alexander Boschwitz

    geboren 1915, verfasste »Der Reisende« ab November 1938 innerhalb weniger Wochen. Der Roman wurde 1939 in Schweden und England, wenig später in den USA und in Frankreich publiziert. Kurz vor Kriegsbeginn wurde er trotz seiner jüdischen Wurzeln in England als »enemy alien« interniert und starb 1942 durch einen deutschen Torpedo bei einem Schiffstransport. »Der Reisende« erscheint nun erstmals in deutscher Sprache.


    Über den Sprecher:

    Torben Kessler, geboren 1975, studierte Schauspiel an der Folkwang Hochschule in Essen. Seit 2009 ist er festes Ensemblemitglied am Schauspiel Frankfurt. Rollen in »Polizeiruf 110« und »Tatort« machten ihn einem größeren Publikum bekannt. 2007 war er im Kinofilm» Der Baader Meinhof Komplex« zu sehen. Für den DAV hat er bereits »Das Einstein-Mädchen« von Philip Sington gelesen.


    Meine Meinung:

    Als ich mir das Hörbuch gekauft habe, wusste ich nichts über den Autor. Ich habe gezielt nach Hörbüchern gesucht, die von Torben Kessler gelesen werden und bin dann dabei auf „Der Reisende“ gestoßen.

    Ich wusste also nicht, dass Ulrich Alexander Boschwitz selbst Jude war, der aus Deutschland emigrieren musste und erst 23 Jahre alt war, als er dieses Buch 1939 im Exil schrieb. Mit ihm habe ich mich erst beschäftigt, als ich das Hörbuch zu Ende gehört habe. Ich wollte einfach wissen, wie authentisch diese Figur des jüdischen Kaufmann Otto Silbermann ist und wie nah der Autor seiner Geschichte.

    Umso überraschter, aber auch ein wenig erschüttert war ich, als ich all das erfahren habe. Er verwendet 1939 offen Begriffe wie „Konzentrationslager“ und benennt auch andere Bedrohungen für die jüdische Bevölkerung und Menschen die anders sind, was ein weiterer interessanter Aspekt in der Debatte ist, was, wer, wann und wie genau gewusst haben kann bzw. muss.


    Mir fällt es schwer zu beschreiben, wie nah mir die Beschreibungen von Otto Silbermanns Reise bzw. Flucht gegangen ist. Die ständige Bedrohung, die Ängste und Sorgen, schweben über allem, über jeder Begegnung, über jedem Gespräch. Das Schwanken zwischen Zuversicht und vollkommener Hoffnungslosigkeit und dann wieder unbändigem Lebenswillen stellt der Autor vor allem in den Gedanken Silbermanns sehr intensiv dar. Dieses Gefühl des ständigen gehetzt Seins und des gejagt Werdens geht unter die Haut. Hier schreibt jemand, der genau diese Ängste kennt. Anders kann ich es mir nicht vorstellen.


    Torben Kessler liest diese Geschichte einfach großartig. Er ist in der Lage diese Stimmungsschwankungen perfekt zu betonen. Das intensiviert das Gehörte nochmal mehr und hat mich sehr mitgenommen. Er haucht auch den Figuren, den Begegnungen und Gesprächen Leben ein. Er hat so viel Schmerz in der Stimme, gleichzeitig so viel Hoffnung, aber auch Boshaftigkeit und Arroganz. Und das wirkt nie aufgesetzt, sondern immer echt. Er liest nicht nur einfach vor, sondern ist ganz in dieser Geschichte drin.


    Das ist eine hörenswerte (und natürlich auch lesenswerte) leise, aber auch bedrückende und zeitlose Geschichte von jemandem, der Bescheid wusste und das wunderbar in Worte fassen konnte.

    Ich vergebe 10 Punkte für das Hörbuch.


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  • Und bei mir irgendwann die Taschenbuchausgabe des Buches. :wave

    Das wird bei mir auch einziehen.

    Ich bin neugierig, wie Herr Silbermann wirkt, wenn man es selbst liest.


    Danke für eure Kommentare. Ich freue mich ehrlich. Normalerweise bekomme ich keine oder eher selten Reaktionen auf meine Rezis. Ich schreibe ja auch selten welche. Aber das Buch hat Aufmerksamkeit wirklich verdient, finde ich.